Die Masse an Programmen, die ich heutzutage für all meine PC-Spiele brauche, nervt tierisch. Aber es gibt Hoffnung.
Weniger Launcher, mehr Komfort bitte!
Vor zwei Nächten habe ich die PC-Version von Red Dead Redemption 2 heruntergeladen. Der Download wiegt circa 112 Gigabyte und ich habe daheim nur eine bescheidene 25-Mbit-Leitung. Da blieb mir nichts anderes übrig, als den Rechner über Nacht laufen zu lassen. Als ich ins Bett ging, sagte mir die Download-Anzeige, dass es noch 8 Stunden dauern würde, bis das Western-Epos spielbereit wäre. Ich dachte mir: "Gut, das passt ja! Wenn ich aufstehe, ist das Ding komplett heruntergeladen!"
Pustekuchen! Am nächsten Morgen stand ich auf, ging an den Rechner und erblickte die Botschaft: "Ein Update für den Rockstar Games Launcher wurde installiert. Bitte neustarten!" Zunächst dachte ich mir nichts dabei, bis ich nach dem verlangten Neustart des Programms sah, dass die Download-Anzeige ein "Noch sechs Stunden" angab. Jup, der Rockstar Games Launcher hatte den Download circa zwei Stunden, nachdem ich mich ins Land der Träume verabschiedete, aufgrund eines Updates angehalten. "Sei verflucht, Rockstar!", war mein erster Gedanke. "Mit Steam wäre so was nicht passiert!"
Wisst ihr noch, als ihr Steam doof fandet?
Der Rockstar Games Launcher ist das jüngste Beispiel in einer Reihe vieler Programme für den PC, die heutzutage zwingend notwendig sind, um gewisse Spiele spielen zu können. An besagtes Steam haben wir uns mittlerweile alle gewöhnt. Nicht nur das, die meisten Menschen finden's sogar richtig gut. Als Valve den Dienst 2003 startete, war die öffentliche Meinung eine ganz andere. Plötzlich brauchte man zwingend dieses Programm, um Counter-Strike 1.6 spielen zu können.
Und noch schlimmer wurde es für viele mit dem Release von Half-Life 2 ein Jahr später. Um den reinen Singleplayer-Shooter (das beiliegende Counter-Strike: Source mal ausgeklammert) installieren zu können, war eine Internetanbindung nötig, denn man musste den Titel auf Steam aktivieren. Auf der Verpackung (damals ging man noch in den Laden und kaufte sich Spiele auf Disc) war nur ganz klein vermerkt, dass ein Internetanschluss Voraussetzung war, um Half-Life 2 spielen zu können. Blöd nur, dass 2004 noch nicht jeder daheim Internet hatte. Das waren eben noch andere Zeiten und der Aufschrei dementsprechend groß.
Vom nervigen Zwang zum Programm, das niemand missen will
Steam hat DRM (Digital Rights Management), also die Bindung von Spielelizenzen an einen Account als Maßnahme gegen Raubkopien, etabliert. Das ist heute der Standard auf dem PC. Was jedoch vor 15 Jahren vor allem wie eine Maßnahme wirkte, die bloß den Herstellern von Vorteil sein sollte, entwickelte sich im Laufe der Zeit zur wichtigsten Anlaufstelle für PC-Zocker.
Steam ist mehr als nur ein Shop: Es ist eine soziale Plattform, bietet tolle Dienste wie Cloud Saves, die Option, von jedem beliebigen Rechner aus auf die eigene Bibliothek zugreifen zu können oder die eigenen Spiele mit Freunden und Familienmitgliedern per Family Share zu teilen. Jüngst ist sogar die Möglichkeit hinzugekommen, per Remote Play den lokalen Multiplayer eines jeden Titels online mit Freunden zu spielen.
Jeder macht sich sein eigenes Süpchen
Gäbe es nur Steam, wäre die Welt in Ordnung. Aber ach, ein paar Publisher mussten ja auf die Idee kommen, ihr eigenes Ding durchzuziehen. Heutzutage gibt es EAs Origin, Ubisofts Uplay, Activisions Battle.net, die Xbox App für sämtliche Game-Pass-Spiele, Epic Games ging 2018 mit einem eigenen Launcher an den Start, jüngst folgte Rockstar Games und dann hat auch noch Bethesda versucht, sein eigenes Süppchen zu kochen. Letzteres ging jedoch in die Hose, denn außer Fallout 76 (und wen interessiert das schon?) sind seitdem alle anderen Spiele des Publishers auf Steam erschienen. Den Bethesda Launcher können wir daher getrost ausklammern.
Nichtsdestotrotz: Es gibt mittlerweile verdammt viele Programme, die ich auf meinem Rechner installiert haben muss, um alle Spiele zocken zu können, die mich interessieren. Da hilft es auch nicht, dass es die Ubisoft-Spiele im Epic Games Store gibt und Electronic Arts seine Titel künftig wieder auf Steam veröffentlicht. Denn in beiden Fällen brauche ich trotzdem Uplay beziehungsweise Origin. Kaufe ich Red Dead Redemption 2 bei Epic oder im Dezember auf Steam (dann soll es auch dort erscheinen), muss ich ebenfalls den Rockstar Games Launcher installiert haben. Die anderen Shops sind in diesen Fällen nicht viel mehr als eine Erweiterung des Marktes für den jeweiligen Hersteller – zusätzliche virtuelle Ladenfläche in anderen Geschäften.
Zerfaserte Spielesammlung
Mein Problem mit dieser Masse an Launchern ist nicht, dass diese Programme Festplattenspeicher benötigen. Die Clients sind ja maximal ein paar 100 Megabyte groß, wenn überhaupt. Mich stört die fehlende Übersicht. Zugegeben, es ist noch nicht vorgekommen, dass ich vergas, über welchen Launcher ich ein Spiel starten muss, das ich zocken möchte. Anders verhält es sich aber, wenn ich etwas spielen will, aber noch nicht weiß, welcher Titel es sein soll. Da öffne ich Steam, gehe meine Liste durch und finde nichts, was mich in dem Moment anspricht. Das mache ich genauso mit dem Epic Games Launcher, komme auf das gleiche Ergebnis, grübele vor mich hin und dann fällt mir ein: "Hey, du hast doch auch noch Origin. Ist denn nicht da was dabei?"
Worauf ich hinaus will: Ich hätte gerne alle meine Spiele auf einen Blick. Ok, ich könnte Verknüpfungen der jeweiligen .exe-Dateien anlegen und sie alle in einem Ordner sammeln. Aber warum muss ich mir selbst die Arbeit machen? Zum Glück hat sich das dank einem Anbieter bald erledigt: Good Old Games. Dessen Software GOG Galaxy in meine Kritik an der Launcher-Flut aufzunehmen, wäre unfair. Schließlich dient es nur als Sammelstelle für die Spiele, die ich bei GOG gekauft habe, und es ist nicht mal Pflicht. DRM gibt es hier nicht, ich könnte alle Spiele auch einfach auf der Webseite von Good Old Games herunterladen. GOG Galaxy macht's bloß bequemer.
Der Hoffnungsträger aus Polen
Nun steht mit GOG Galaxy 2.0 etwas in den Startlöchern, dass alle anderen Launcher fast obsolet machen soll – zumindest wird es euch es ersparen, jene regelmäßig zu öffnen. Die Idee dahinter ist, dass ihr die Spiele aus euren unterschiedlichen Bibliotheken in GOG Galaxy 2.0 importiert, um sie dann über jenes Programm zu installieren und zu starten. Ihr kauft also zum Beispiel Steam-Spiele weiterhin auf Steam, aber alles andere läuft über GOG Galaxy. Auch eure Freundesliste, Achievements, einfach alle Daten eures Steam-Kontos werden importiert. Noch gibt es kein Release-Datum für GOG Galaxy 2.0. Derzeit läuft das Programm in der geschlossenen Betaphase, auf der offiziellen Webseite könnt ihr euch dafür registrieren. Aber wenn es vermutlich irgendwann nächstes Jahr erscheint, ist es die ideale Lösung für alle PC-Spieler.
Gute Launcher, schlechte Launcher
Es ist aber nicht nur die fehlende Übersicht, die mich stört. Hinzu kommt, dass es deutlich qualitative Unterschiede zwischen den Launchern gibt. Steam ist die unangefochtene Nummer 1, daran besteht für mich kein Zweifel. Origin und Uplay funktionieren sehr gut und sie beide bieten mittlerweile mit Origin Access beziehungsweise Uplay+ (wobei ich letzteres nicht nutze) gute Abo-Angebote.
Weniger zufrieden bin ich mit der Microsoft-Software. Die Xbox App ist zwar halbwegs gut strukturiert, die Downloads erfolgen aber allesamt über den Microsoft Store von Windows 10, der selbst nach Jahren immer noch eine Katastrophe ist. Immer wieder habe ich Probleme damit, Spiele herunterzuladen, weil irgendeine Fehlermeldung genau das verhindert. Von meinem jüngsten Ärgernis mit dem Rockstar Games Launcher habe ich euch bereits eingangs erzählt. Das Battle.net wiederum funktioniert reibungslos, ist aber auch nur für ganz wenige Spiele nötig. Blizzard und Activision veröffentlichen halt nicht so viele Titel pro Jahr.
Der Hass gegen Epic Games
Ja, und dann wäre da noch der Epic Games Store beziehungsweise Launcher. Der Hass, den einige Leute im Netz dagegen schüren, ist riesig. Unter jeder News, die auch nur im Entferntesten was damit zu tun hat, findet man irgendeinen Kommentar der Marke: "Das Spiel gibt's nur bei Epic – ohne mich!" Es gibt keinen anderen Launcher, der von so vielen Leuten öffentlich boykottiert wird, sofern wir denn nach den Kommentaren im Netz gehen.
Grund dafür sind die Exklusivdeals. Viele namhafte Spiele gibt es nur im Epic Games Store, zumindest für einen bestimmten Zeitraum. Control, Borderlands 3 oder auch Metro Exodus, um nur mal ein paar der prominenteren Beispiele zu nennen, sind für ein Jahr Epic-exklusiv und landen erst danach auf Steam. Das stinkt einigen Spielern gewaltig. Ihrer Meinung nach manipuliere Epic den Markt, wolle sich eine Monopolstellung mit großen Geldsummen, die man für jene Deals ausgibt, erkaufen.
Der Haken daran: Bevor Epic den Markt 2018 betrat, hatte bereits jemand das Monopol, nämlich Valve mit Steam. Klar gab es auch da längst Origin, Uplay und GOG, aber sind wir mal ehrlich: Bei Origin kauft man sich nur Spiele von EA, bei Uplay nur Ubisoft-Titel und das Hauptgeschäft von Goold Old Games dürften neben den Spielen von CD Projekt RED (ist ja alles ein Unternehmen) die alten Klassiker sein, die es sonst nirgends mehr zu kaufen gibt. Für aktuelle Spiele von Drittherstellern war und ist auch immer noch Steam die Nummer 1. Und wenn sich dann wirklich mal ein Mitbewerber traut, Valve einen Teil des Kuchens streitig zu machen, finden das alle doof?
Im Krieg braucht man effektive Waffen
Wie sollte Epic sonst den Kampf gegen Steam führen? Nun kann man argumentieren, dass dessen Launcher bei weitem nicht die Features bietet, die Steam hat. Das ist richtig, Epic Games hat da sehr viel Nachholbedarf. Es gibt noch keinen Cloud-Save-Support für jedes Spiel, keine User-Reviews, keine Foren, Spielzeiten werden nicht aufgezeichnet und das ist nur ein Bruchteil der Funktionen, die auch ich vermisse. Aber selbst wenn der Epic Games Launcher alle Funktionen hätte, die Steam auch hat, würde das allein nicht dazu führen, dass die Leute plötzlich ihn nutzen.
Es ist wie mit Konsolen: Ich würde mir heutzutage keine Xbox One mehr kaufen, wo ich doch alle Spiele von Microsoft auf dem PC spielen kann. Eine PS4 würde ich mir aber jederzeit in die Bude holen, weil ich nur darauf ein Uncharted 4, Marvel's Spider-Man, God of War und demnächst The Last of Us: Part 2 spielen kann. Nein, ich freue mich nicht darüber, den Epic Games Launcher für Borderlands 3 oder Metro Exodus installiert haben zu müssen. Aber lieber lasse ich ihn ein paar Megabyte Speicherplatz belegen und kämpfe mit der Unübersichtlichkeit meiner digitalen Spielesammlung, als dass ich zwölf Monate auf solch tolle Spiele verzichten muss.
Geld für die Hersteller, Geschenke für die Spieler
Darüber hinaus dürfen wir die guten Aspekte des Epic Games Stores nicht unter den Tisch fallen lassen: Da wäre einerseits die Tatsache, dass die Entwickler und Publisher mit den Verkäufen hier mehr Geld verdienen als auf Steam. Valve behält in der Regel 30 Prozent des Verkaufspreises für sich. Epic nimmt nur zwölf Prozent und sollte ein Spiel auf dessen Unreal Engine basieren, sind die fünf Prozent Umsatzbeteiligung, die normalerweise zusätzlich anfallen würden, damit bereits abgegolten.
Die Exklusivdeals sind für die Hersteller von Spielen eine gute Sache. Bestes Beispiel ist Control: Dessen Entwickler Remedy Entertainment hat seit fast zwei Jahrzehnten das Problem, dass seine Spiele nie sonderlich erfolgreich sind. Das jüngste Werk der Finnen drohte, ein finanzieller Flop zu werden, weil es zu speziell ist – nicht spielerisch, aber in Sachen Story und Setting. Control ist kein typisches Massenmarktspiel. Epic Games hat mit seinem Angebot den Release für Remedy und Publisher 505 Games deutlich entspannter gemacht. 10,45 Millionen US-Dollar hat sich der US-Konzern die Zeitexklusivität kosten lassen. Um so viel Umsatz mit dem Verkauf des Spiels zu machen, hätten mindestens mehrere 100.000 Exemplare abgesetzt werden müssen.
Tja, und dann wäre da noch der große Vorteil für uns Spieler: die wöchentlichen Gratisspiele. Jeden Donnerstag gibt es derzeit einen oder sogar noch mehr Titel gratis im Epic Games Store. Da waren schon richtig namhafte Spiele dabei, etwa die "Batman: Arkham"-Teile von Rocksteady, Alan Wake, For Honor und auch viele Indie-Perlen wie Super Meat Boy und This War of Mine. Ob Epic Games diese Strategie, die dazu dient, Leute auf die eigene Plattform zu lotsen, 2020 weiterfahren wird, ist unklar. Aber wer den Epic Games Store 2019 regelmäßig besucht hat, hat richtig viele hervorragende Spiele für seinen Pile of Shame angesammelt, ohne auch nur einen Cent dafür ausgegeben zu haben. Und was kann daran schon schlecht sein?
Optimistisch in die Zukunft blicken
Die große Hoffnung ist nun, dass a) kein weiterer Launcher mehr hinzukommt und b) GOG Galaxy 2.0 wirklich mit allen vorhandenen Diensten kompatibel ist. Dann blicke ich durchaus optimistisch in die Zukunft. Dass Steam mit Epic endlich mal einen richtigen Konkurrenten erhalten hat, ist aber in jedem Fall gut. Valve hat ja zumindest schon mal in Ausnahmefällen (Spiele, die mindestens 10 Millionen US-Dollar Umsatz erzielen) seine Umsatzbeteiligung auf 15 Prozent reduziert. Das ist eine Gegenreaktion auf Epics Geschäftsgebaren gewesen. Klar, dem privaten Spieler kann das egal sein, den Herstellern ist es das definitiv nicht. Und je mehr Geld die einnehmen, desto mehr können sie dann wiederum in die Entwicklung weiterer Titel stecken. Und wer profitiert davon am Ende? Richtig, wir.