Nach fast vier Jahren rettet die freundliche Spinne aus der Nachbarschaft nun auch auf Windows-Rechnern Manhattan – mit schickem Raytracing, das jedoch seinen Tribut fordert.
- home
- marvels-spider-man
marvels-spider-man-remastered-im-test-spidey-schwingt-auf-den-pc
Marvel's Spider-Man Remastered im Test: Spidey schwingt auf den PC
PC-Spieler können Sony mittlerweile echt dankbar sein. Nach und nach finden immer mehr PlayStation-Blockbuster den Weg auf Steam und Co. Wenn wir mal vom unbefriedigenden Launch-Zustand von Horizon Zero Dawn absehen, hat sich das Warten auch stets gelohnt. Zuletzt begeisterte der Konzern mit der Top-Portierung des Meisterwerks God of War. Nun ist der Spinnenmann aus New York an der Reihe. Zugegeben, Marvel's Spider-Man ist kein Spiel auf dem Niveau von Kratos' erstem Ausflug in den hohen Norden, aber für Fans der Comics und Filme trotzdem ein spaßiges Abenteuer. Das gilt auch für die PC-Version, die den Titel Marvel's Spider-Man Remastered trägt. Unter diesem Namen ist das Spiel bereits 2020 für die PS5 erschienen, allerdings nur im Bundle mit der Standalone-Erweiterung Miles Morales. PC-Zocker müssen auf die vorerst noch verzichten, dürfen dafür aber das Remaster einzeln erwerben.
Tolle Story, altbackene Open World
Wir haben uns 2018 nicht ganz der Jubelarie angeschlossen, die die internationale Presse für Marvel's Spider-Man angestimmt hat. Ein Metascore von 87? Ne, der ist schon ein wenig zu hoch ausgefallen, auch wenn kein Zweifel daran besteht, dass wir es hier mit einem guten Actionspiel zu tun haben. Marvel's Spider-Man ist vor allem auf erzählerischer Ebene ein Genuss. Die Geschichte rund um Peter Parkers Kampf als maskierter Vigilant gegen den bösen Mr. Negative lässt sich zwar schon als Superheldenstandard bezeichnen und ist hier und da etwas in die Länge gezogen, bietet aber filmreife Zwischensequenzen sowie gut geschriebene Dialoge. Figuren wie Mary Jane Watson und Tante May dürften selbst Leuten, die wenig bis gar nichts mit der Vorlage anfangen können, schnell ans Herz wachsen.
Die Hauptmissionen von Marvel's Spider-Man sind abwechslungsreich und bieten so manche Schauwerte. Auf die Schleicheinsätze mit MJ und Miles Morales hätten wir aber gut verzichten können. Dafür macht es immer Spaß, mit Spidey Bösewichte zu verkloppen oder in Stealth-Manier auszuschalten. Und die Fortbewegung durch die Open World ist absolut grandios. Wenn ihr euch durch die Wolkenkratzerschluchten Manhattans schwingt, kommt ein tolles Geschwindigkeits- und Freiheitsgefühl auf, das noch kein Spider-Man-Spiel zuvor so gut eingefangen hat.
Auch auf dem PC funktioniert das am besten mit einem Gamepad. Im Idealfall habt ihr sogar einen DualSense-Controller. Marvel's Spider-Man Remastered unterstützt auch in der Windows-Version die besonderen Features des PS5-Eingabegeräts, also das haptische Feedback und die analogen Trigger. Mit Maus und Tastatur ist das Comicabenteuer zwar spielbar, aber gerade dann, wenn ihr beim Schwingen durch New York auch noch möglichst cool aussehen und Tricks vollführen wollt, besteht schon die Gefahr, eure Finger zu verknoten. Wer ein Gamepad hat, sollte es also unbedingt benutzen.
Der große Schwachpunkt von Marvel's Spider-Man bleibt die Open World. Die sieht zwar auch nach vier Jahren mit ihrer detaillierten Nachbildung Manhattans beeindruckend aus und wirkt dank der vielen Passanten und stark befahrenen Straßen lebendig, rein spielerisch ist sie aber nicht mehr als die typische Ubisoft-Spielwelt. Es gibt ein Pendant zu den Türmen aus Assassin's Creed, mit dem ihr die Karte nach und nach aufdeckt. So füllt sich die Map mit immer mehr Icons zum Abarbeiten. Die meisten Nebenaktivitäten sind extrem generisch. Es gibt zwar auch um die 20 Story-Nebenmissionen, aber die stellen nur einen Bruchteil des Buffets dar, das ansonsten einen faden Beigeschmack hat. Und blöderweise könnt ihr den ganzen Kram nicht vollständig ignorieren. Immer wieder im Verlauf der Haupthandlung wird euch gesagt: "So, die Story macht eine kurze Pause. Ihr könnt ja währenddessen was in der Open World erledigen." Das hat uns damals auf der PS4 schon genervt und heute finden wir es logischerweise nicht besser.
Überall spiegelt sich was
Inhaltlich gibt es keine Unterschiede zur Konsolenversion. Die drei DLCs, die einst für die PS4-Fassung erschienen sind, sind wie schon auf der PS5 direkt mitgeliefert und erweitern das Vergnügen nochmal um circa zehn Stunden Spielzeit, aber es gibt keine exklusiven Inhalte für PC-Spieler. Dafür kommen die in den Genuss der technisch fortschrittlichsten Form von Marvel's Spider-Man. Auf maximalen Einstellungen sieht das virtuelle Manhattan mit all seinen Bewohnern trotz dessen, dass wir hier eigentlich von einem PS4-Titel reden, verdammt gut aus. Steht man auf dem Dach eines Wolkenkratzers und lässt seinen Blick über die Stadt schweifen, während die Sonne im Hintergrund auf- oder untergeht, kommt man aus dem Staunen kaum heraus.
Was es schon auf der PS5 gibt, darf auf dem PC erst recht nicht fehlen: die Raytracing-Reflektionen. Entsprechend starke Hardware vorausgesetzt, kommt ihr in Marvel's Spider-Man Remastered in den Genuss von richtig guten Spiegelungen auf nahezu jeder Oberfläche in der Spielwelt, die auch in der Realität die Umgebung reflektieren würde. Das sieht sehr schick aus, hat aber in den höchsten Einstellungen seinen Preis. Wir haben es auf einem PC mit einer GeForce RTX 3080 Ti, einem Intel i7 11700K und 32 Gigabyte Arbeitsspeicher ausprobiert: Selbst bei gerade mal 1080p und aktiviertem DLSS (auf "Qualität") ist es nicht möglich, mit durchgehend 60 FPS zu spielen. Immer wieder kommt es zu heftigen Schwankungen, die das Ganze zwar nicht unspielbar machen, aber den Genuss stark schmälern.
Drehen wir die Raytracing-Einstellungen ein bisschen herunter, sehen die Spiegelungen aber immer noch gut aus (die Unterschiede fallen während der Action sowieso kaum auf) und das Spiel läuft bedeutend flüssiger. Nichtsdestotrotz sollte hier noch etwas Optimierungsarbeit geleistet werden. Ein Cyberpunk 2077 hat auch eine große, belebte Open World, macht aber noch exzessiveren Gebrauch von Raytracing und läuft besser.
Trotzdem soll das nicht heißen, dass Sony hier eine schlechte PC-Umsetzung abgeliefert habe. Von der Performance mit vollem Raytracing einmal abgesehen, ist Marvel's Spider-Man Remastered eine 1A-Portierung, die sauber läuft und genug Einstellungsmöglichkeiten bietet, um sie an eure Hardware anzupassen.
Fazit
An der Umsetzung für den PC haben wir nicht viel zu meckern. Marvel's Spider-Man Remastered sieht vor allem angesichts seines Alters immer noch zum Anbeißen aus und wenn wir das Raytracing mal ausklammern, ist die Performance sehr gut. In Sachen Maus- und Tastatursteuerung haben die Entwickler ihr Bestes getan, für eine gute Spielbarkeit zu sorgen, aber letztendlich ist Marvel's Spider-Man eben ein Titel, der mit Gamepad gezockt werden möchte. Die großen Kritikpunkte bleiben die gleichen wie schon einst auf der PS4: die generische Open-World-Struktur mit ihren Türmen, Copy-&-Paste-Nebenaktivitäten und den viel zu vielen Icons auf der Karte. Wer damit aber leben kann und bislang nicht in den Genuss kam, die Hauptgeschichte zu erleben und mit Spidey durch Manhattan zu schwingen, kann das auf dem PC bedenkenlos nachholen. Dafür lohnt sich Marvel's Spider-Man Remastered allemal. Es ist eben nur nach wie vor so schade, dass nicht das Gesamtpaket dieses hohe Niveau hat.
- Grafisch immer noch hervorragend
- Viele Einstellungsmöglichkeiten
- Alle DLCs mit dabei
- Sehr schöne Raytracing-Spiegelungen, ...
- ... die aber viel Leistung kosten