Destruction AllStars ist ein netter Zeitvertreib, aber wer nicht eh schon PS Plus hat, sollte die Finger davon lassen.
Destruction AllStars im Test: Dieses Spiel zerstört sich selbst
Update vom 01.03.2021: Mittlerweile hat Sony bekannt gegeben, dass Destruction AllStars ab April zum Preis von circa 20 Euro verkauft wird. Das mag ein deutlich angemessenerer Preis sein als die ursprünglich angekündigten 80 Euro, jedoch haben wir uns dafür entschieden, das Spiel deshalb nicht aufzuwerten. Es bleibt am Ende des Tages aufgrund seiner Mängel ein durchschnittlicher Titel. Davon abgesehen bleiben wir dabei, dass Destruction AllStars eigentlich ein Free-to-Play-Spiel sein müsste, da es sich (vom Kaufpreis einmal abgesehen) genauso finanziert wie Titel mit jenem Geschäftsmodell und auch alles in allem so wirkt wie sie.
Originaltest:
Man merkt Destruction AllStars an, dass es eigentlich schon zum Release der PlayStation 5 im November vergangenen Jahres hätte erscheinen sollen. Es fühlt sich nämlich sehr stark wie ein typischer Launch-Titel einer neuen Konsole an: Die Grafik ist nett, aber zeigt noch nicht, was die Hardware wirklich kann, und spielerisch ist es irgendwo im gehobenen Mittelfeld einzuordnen. Nun ist aus der Veröffentlichung zur PS5-Markteinführung nichts geworden, dafür dürfen sich alle PS-Plus-Abonnenten freuen, denn sie kriegen Destruction AllStars gratis – na ja, was man heutzutage halt "gratis" nennt. An sich bezahlt ihr schon für das Spiel, so ein Abo gibt es schließlich nicht geschenkt. Und genau das ist der Haken, denn eigentlich sollte niemand etwas für Destruction AllStars bezahlen.
Destruction Derby für Fortnite-Kids
Der Name ist gut gewählt. In Destruction AllStars geht es einerseits um viel Zerstörung, andererseits um die sogenannten AllStars, also die 16 spielbaren Fahrer, einer abgedrehter als der andere. Auf den ersten Blick wird ersichtlich: Hier möchte Entwickler Lucid Games Fortnite nacheifern: Die Figuren sind comichaft, überzogen, freakig. Es gibt den nigerianischen Actionfilmstar mit Tigermaske, den Möchtegern-Superheld Boxtop in kurzer Sportlerhose und mit einem Pappkarton auf dem Kopf, der auch gut ins Browsergame Hero Zero passen würde, und den mexikanischen, volltätowierten Hard-Rock-Fan mit Gasmaske sowie Stierhörnerkapuze – muss man halt drauf stehen. Jeder Charakter ist durchaus detailliert gestaltet, aber nach diversen Spielen mit so einem Stil wirken sie alle recht austauschbar.
Jeder AllStar hat ein eigenes Fahrzeug und eine Spezialfähigkeit, doch beides kommt nur zum Einsatz, wenn ihr zu Fuß in den Arenen unterwegs seid und genügend Kristalle eingesammelt habt. "Zu Fuß? Geht es hier nicht um Destruction Derby mit Autos?" In der Tat, wie ein gewisser Doktor Klenk sagen würde. Im Kern fahrt ihr hier einfach nur Autos zu Schrott – im Idealfall nur die eurer Gegenspieler natürlich. Entweder löst ihr einen Boost aus und rammt Kontrahenten mit eurer Frontseite oder knallt seitlich in sie rein. Es gibt verschiedene Arten von Fahrzeugen, etwa kleine, wendige, die aber nicht viel aushalten, und breite Humvees, die langsamer, dafür aber weniger zerbrechlich sind.
Man muss auch mal aussteigen
Zum Start eines Matches sitzt ihr aber noch gar nicht in einem Auto, stattdessen springt ihr gemeinsam mit den anderen Teilnehmern zu Fuß in die Arena und schnappt euch dann hoffentlich vor euren Widersachern die Karre, die ihr haben wollt. Und wenn euer Wagen nur noch Schrott ist, geht es erst mal wieder auf zwei Beinen weiter, bis ihr euch ein neues Fahrzeug krallt. Ihr könnt aber auch jederzeit auf Knopfdruck aussteigen, etwa kurz bevor euer Vehikel Totalschaden erleidet. So enthaltet ihr der Konkurrenz wertvolle Punkte vor, denn Autos zu zerstören, in denen kein Fahrer sitzt, wird nicht belohnt.
Wer per pedes unterwegs ist, muss gehörig aufpassen, nicht überfahren zu werden. Doch es gibt allerlei Plattformen, auf die ihr hochspringen könnt. Außerdem ist jeder Charakter ein geborener Parkour-Läufer und beherrscht Wallruns. Des Weiteren könnt ihr eben zu Fuß eure Spezialfähigkeit einsetzen, wenn ihr genügend Edelsteine eingesammelt habt. Doch so richtig viel Spaß macht es nicht, in Destruction AllStars nicht hinter dem Steuer eines Autos zu sitzen, zumal sich nur mit einem Fahrzeug wirklich Punkte verdienen lassen (mit Ausnahme eines Spielmodus', aber zu dem kommen wir noch). Wenn ihr also euren Wagen verloren habt, solltet ihr schnellstmöglich einen neuen finden. Entweder schnappt ihr euch eines der leerstehenden Gefährte oder ihr hängt euch ans Dach eines Gegners und übernehmt in einem Quick-Time-Event dessen Vehikel.
Solide Basis
So viel zu den Grundlagen von Destruction AllStars, das sich sehr eingängig spielt. Auch wenn jeder Charakter eine besondere Fähigkeit und einen speziellen Wagen hat, der es ihm erlaubt, ebenfalls regelmäßig jenen Skill einzusetzen, ist das Gameplay trotzdem sehr simpel gehalten. Das ist aber nicht schlimm, denn Spaß macht es auf jeden Fall. Einen Gegner mit voller Wucht zu rammen, ist dank der knalligen Effekte und den Features des DualSense-Controllers (passende Vibrationen, Sounds, die aus dem Lautsprecher kommen) sehr befriedigend.
Die Fahrphysik ist natürlich sehr arcadig und auch etwas zu direkt. Dadurch fühlen sich die Wagen allgemein zu leicht an. Für ein Rennspiel wäre das Fahrverhalten ein großes Problem, für Destruction AllStars reicht es aber. Trotzdem wäre es natürlich besser gewesen, man könnte geschmeidiger Kurven fahren.
Mageres Buffet
Der Fokus von Destruction AllStars liegt klar auf dem Multiplayer. Die Solospielerinhalte sind eigentlich kaum der Rede wert: Es gibt den freien Übungsmodus, im Arcade-Bereich tretet ihr gegen Bots an und dann wäre da noch die Herausforderer-Serie, in der ihr aber auch einfach nur normale Matches spielt und dabei bloß bestimmte Challenges meistern müsst, um Sterne zu sammeln und so kosmetische Items freizuschalten. Wer keine Lust auf Online-Action hat, sollte also gleich die Finger von Destruction AllStars lassen.
Allerdings ist es leider nicht so, dass das Mehrspielerangebot im Ausgleich dafür richtig reichhaltig wäre. Es gibt vier Spielmodi: "Mayhem" ist gewöhnliches "Deathmatch". Es spielt jeder gegen jeden, wer die meisten Punkte holt, gewinnt. ""Gridfall" ist eine "Last Man Standing"-Variante, bei der die Arena mit der Zeit immer kleiner beziehungsweise löchriger wird. Wer in die Tiefe stürzt, scheidet aus und der letzte lebende Spieler siegt.
Mit "Carnado" und "Stockpile" gibt es zudem zwei Teammodi. Ersterer dreht sich darum, dass ihr Zahnräder erhaltet, wenn ihr Gegner rammt, mit die ihr in eurem Wagen bunkert. Habt ihr eine größere Anzahl gesammelt, fahrt ihr in den Tornado in der Mitte der Arena, um euren Wagen zu opfern und damit die Zahnräder in Punkte für euer Team umgewandelt werden. Hier steckt also eine gewisse taktische Komponente drin: Wie viele Zahnräder holt ihr euch, bevor ihr gen Wirbelsturm rast? Je weniger es sind, desto weniger lohnt sich das Opfer, aber je mehr ihr bunkert, desto schmerzhafter ist es, wenn euch jemand den Todesstoß verpasst und ihr somit alles verliert. Daher ist "Carnado" neben dem simplen, aber eben sehr kurzweiligen "Mayhem" unser zweiter Favorit.
"Gridfall" und "Stockpile" wollen für uns aber nicht wirklich zünden. In ersterem Modus ist es ratsam, vorsichtig zu fahren, aber mal ehrlich: Wer will denn in einem Spiel namens Destruction AllStars Vorsicht walten lassen? Und "Stockpile" wiederum hat das große Problem, dass ihr hier nur gewinnen könnt, wenn ihr auch mal öfters freiwillig euren Wagen verlasst. Nur zu Fuß lassen sich hier Zahnräder einsammeln, die dann bei den drei Banken auf der Karte deponiert werden müssen, um die Kontrolle über jene zu übernehmen. Die Idee ist nicht schlecht, aber wie gesagt: Wir wollen ja eigentlich gar nicht so gern aussteigen, weil der Spielspaß außerhalb von Fahrzeugen schnell sinkt.
Diese Fehler darf man schlicht nicht machen
Letztendlich wollen wir also von vier Modi nur die Hälfte spielen und dann kommt noch weitere Probleme hinzu: Für jeden Modus gibt es nur drei Arenen. Die haben zwar jeweils ihre Besonderheiten wie etwa riesige, sich drehende Rotoren, mit denen ihr nicht kollidieren solltet, aber es sind einfach zu wenige Maps.
Hinzu kommt, dass ihr den "Mayhem"-Modus nicht gemeinsam mit Freunden zocken könnt, weil hier eben alle gegen alle spielen. Sobald ihr eine Party aufmacht, stehen euch nur noch die "Carnado" und "Stockpile" zur Verfügung und die Möglichkeit für private Lobbys besteht gar nicht erst. Nun könnten wir es verstehen, dass man als Gruppe nicht gewerteten "Mayhem"-Runden beitreten kann. Nur gibt gar keinen Ranglistenmodus in Destruction AllStars. Ihr könnt euch gar nicht mit den Leistungen anderer Spieler vergleichen, von der Punktetabelle am Ende eines jeden Matches mal abgesehen. Im Vergleich zu einem Rocket League etwa lässt der Titel diesbezüglich stark zu wünschen übrig.
Natürlich gibt es einen Shop
Generell mangelt es Destruction AllStars an Inhalt. Ja, es gibt einige kosmetische Inhalte zum Freischalten, aber die sind größtenteils ziemlich langweilig. Farbvariationen für Fahrer und Autos locken niemandem hinterm Ofen hervor. Ach ja, ein paar davon gibt es nur für Echtgeld, manch andere lassen sich auch mit der erspielten In-Game-Währung freischalten, wenn man nicht ungeduldig ist und doch Euros dafür investiert, um sie früher zu bekommen. Das allein stört uns nicht wirklich, da es sich eben nur um Kosmetik handelt und Destruction AllStars langfristig mit kostenlosen Inhalten erweitert werden soll, so zumindest das Versprechen.
Was jedoch gar nicht geht: Zwei der drei im Spiel enthaltenen Herausforder-Serien gibt es nur für die Premiumwährung! Ihr müsst mindestens zehn Euro zahlen, um sie freizuschalten. Abgesehen davon, dass das schon zu viel Geld für ein paar Bot-Matches mit zusätzlichen Herausforderungen sind, ist es auch noch eine Frechheit, wenn wir bedenken, dass Destruction AllStars kein Free-to-Play-Spiel ist.
Hier stimmt was nicht
Damit wären wir bei der Kernproblematik: Dieses Spiel schreit so sehr: "Ich bin im Herzen ein Free-to-Play-Titel!", aber Sony verlangt dennoch eine Eintrittsgebühr. Momentan gibt es Destruction AllStars nur für PS-Plus-Kunden. Ihr könnt das Spiel nicht kaufen. Bis Ende April können Abonnenten es ihrer Bibliothek ohne Aufpreis hinzufügen. Danach wird es dann wohl auf normalem Weg im PlayStation Store und bei anderen Anbietern erhältlich sein. Auf Amazon könnt ihr Destruction AllStars vorbestellen – zum Preis von 79,99 Euro, also dem neuen Vollpreis für Sony-eigene PS5-Spiele.
Mal ganz abgesehen davon, dass 80 Euro eh schon verdammt viel Geld für etwas ist, das andere Hersteller für 10 oder gar 20 Euro weniger anbieten würden: Destruction AllStars überhaupt zu verkaufen und nicht generell zum kostenlosen Download anzubieten, ist schlichtweg dreist. Selbst bei einem Preis von 20 Euro würden wir mit den Zähnen knirschen, aber es ins gleiche Regal wie Demon's Souls oder die Ultimate Edition von Marvel's Spider-Man: Miles Morales, ist vollkommen absurd. Sicherlich, Destruction AllStars ist hochwertig produziert. Die Grafik lässt zwar keine Next-Gen-Gefühle aufkommen, weiß aber mit schicken Effekten, sehr ordentlichen Auto- und Charaktermodellen und scharfem 4K-Bild (bei durchgehend 60 FPS) zu gefallen. Dazu kommt die starke Soundkulisse mit Kommentatoren, die an US-amerikanische Sportübertragungen erinnern (deutsche Sprachausgabe gibt es nicht), fetziger Musik und krachenden Kollisionsgeräuschen. Aber all das rechtfertigt trotzdem nicht, dass Destruction AllStars kein Free-to-Play-Spiel ist, für den ihr PS Plus gar nicht benötigen würdet.
Fazit
Ganz ehrlich: Destruction AllStars macht Spaß. Für zwischendurch sind ein, zwei Runden "Mayhem" wunderbar geeignet. Hier Gegner zu verschrotten, ist wahrlich ein Vergnügen. Und wenn es mal etwas taktischer sein soll, spielen wir halt "Carnado". Warum es der Titel trotzdem nicht schafft, eine überdurchschnittliche Wertung einzufahren? Nun, das liegt weniger daran, dass die beiden anderen Modi nicht zu gefallen wissen oder die Charaktere ziemlich austauschbar sind.
Es ist die Kombination aus geringem Umfang, dem Fehlen eines Ranglistenmodus bei zeitgleichen Limitierungen für Partys und dem Umstand, dass dieses Spiel eigentlich ein Free-to-Play-Modell haben müsste. Kurzum: Wenn ihr eh PS Plus habt, nehmt es mit! Für ein paar launige Stunden ist Destruction AllStars zu gebrauchen. Aber extra wegen ihm ein Abo abzuschließen, weil ihr es derzeit nicht anderweitig bekommt, oder es demnächst zum Vollpreis zu kaufen, ist es nicht wert.
- Spaßiges Kern-Gameplay
- Starke Soundkulisse
- DualSense-Features gut genutzt
- Flüssige 60 FPS bei 4K-Auflösung
- Free-to-Play-Spiel, das keines ist
- Viel zu wenig Inhalt
- Keine privaten Lobbys
- Kein Ranglistenmodus
- Nur zwei Modi mit Freunden spielbar
- Solo-Inhalte hinter Paywall
- Fahrverhalten eher mäßig