Fortnite Battle Royale hat sich zu einem beliebteren Spiel als PUBG gemausert. Wie konnte das passieren?
Der Weg zum Massenphänomen
Es ist schon komisch: Jahrelang arbeitete Epic Games still und leise an Fortnite. Kaum irgendwelche Infos gerieten ans Tageslicht und viele dachten wahrscheinlich schon gar nicht mehr daran, dass das Spiels jemals erscheinen würde. Das war quasi noch bis Sommer 2017 der Stand der Dinge. Fast ein Jahr später ist Fortnite Battle Royale ein Internetphänomen. Fast 50 Millionen Spieler kämpfen in dem kostenlosen Third-Person-Shooter ums Überleben und es werden jeden Tag mehr.
Auf Twitch ist es das Spiel mit den meisten Zuschauern – vor League of Legends und dem direkten Konkurrenten Playerunknown’s Battlegrounds. Und seit Kurzem gibt es Fortnite Battle Royale sogar für iOS-Geräte, was bereits in einigen Schulen für Probleme gesorgt hat. Denn gerade bei den Jüngeren ist das Spiel extrem beliebt, so dass in den Klassenräumen gerne mal die Smartphones zum Zocken gezückt werden.
Doch wie wurde das Spiel zu einem derartigen Megahit? Wir beleuchten den Erfolgsweg von Fortnite und versuchen zu ergründen, warum es mittlerweile sogar PUBG in den Schatten stellt.
Die lange Vorgeschichte
Wenn wir euch erzählen, dass Epic Games nur zwei Monate gebraucht hat, um Fortnite Battle Royale zu entwickeln, haltet ihr uns dann für verrückt? Schließlich haben wir es hier mit einem technisch nahezu einwandfreien Spiel zu tun, das spaßige Spielmechaniken bietet. Es wäre zwar nicht richtig, wenn wir sagen würden, dass alles, was Fortnite Battle Royale zu einem gut funktionierenden Spiel macht, in nur acht Wochen entstanden ist. In der Tat hat die Produktionsphase des PvP-Spiels aber nicht mehr Zeit in Anspruch genommen, wie Epic Games selbst zugegeben hat – wobei wir nicht vergessen sollten, dass es offiziell immer noch ein Early-Access-Spiel ist. Die Basis ist aber schon wesentlich älter. Denn die Arbeiten an dem eigentlichen Fortnite begannen bereits 2011.
Es ist bald acht Jahre her, dass Epic Games den ersten Trailer zu Fortnite veröffentlicht hat. Damals versprach uns der Entwickler ein Multiplayer-Spiel, in dem wir kooperativ mit Freunden eigene Basen errichten und sie gegen anstürmende Zombiehorden verteidigen sollten. Wie wir heute wissen, wurde aus Fortnite ja auch genau das. Aber bis die breite Masse Hand anlegen konnte, vergingen etliche Jahre. Epic arbeitete im stillen Kämmerlein an dem Shooter mit Comic-Optik, nur wenige Infos gerieten an die Öffentlichkeit. Die PR-Abteilung des Studios war in all den Jahren anderweitig beschäftigt. Denn man hatte ja auch noch den MOBA-Shooter Paragon in Arbeit, der erstmal im Mittelpunkt zu stehen schien, während Fortnite in den Hintergrund gerückt wurde. „Ach ja, da arbeitet Epic ja auch noch dran“, war eine typische Reaktion, wenn irgendwer Fortnite erwähnte.
Von jetzt auf gleich auf dem Markt
Im Sommer 2017 machte das Spiel dann einen großen Schritt, der für Außenstehende sehr überraschend kam: Epic Games kündigte an, Fortnite als Early-Access-Titel zu veröffentlichen. Das war im Juni, im Juli wurde das Spiel dann als Vorabfassung veröffentlicht. Zunächst gab es vor allem Kritik aufgrund des Geschäftsmodells: Epic Games verlangt mindestens 40 Euro, Fortnite soll aber nach der Early-Access-Phase auf ein Free-to-Play-Modell wechseln. Die Mikrotransaktionen sind schon von Anfang an im Spiel (und das nicht zu knapp). Außerdem wirkte der Titel bereits zum Start nicht wie ein unfertiges Produkt. Manch einer vermutete schon, dass der Early Access nur ein Vorwand sei, um ein Jahr lang den Verkaufspreis abzukassieren und dann durch den Wechsel auf Free-to-Play noch mehr Spieler hinzuzugewinnen.
Letztendlich schien das Geschäftsmodell vielen Leuten egal zu sein, denn bereits nach zwei Tagen hatten 500.000 Leute zugeschlagen. Fortnite entwickelte sich für Epic Games zum Erfolg, war aber noch weit von dem entfernt, was später folgen sollte.
Schnell reagieren lohnt sich
In den ersten zwei Monaten war Fortnite ein ordentlicher Koop-Shooter mit netter Comic-Optik, der eine ausreichend große Fangemeinde um sich scharen konnte. Es war aber weit davon entfernt, ein Massenphänomen zu sein. Im September 2017 pflanzte Epic die Saat, aus der in kürzester Zeit ein riesiger, prächtiger Baum mit saftigen Früchten werden sollte: Das Studio erweiterte seinen jüngsten Titel um den „Battle Royale“-Modus. Epic Games sah den Erfolg von Playerunknown’s Battlegrounds, das ein halbes Jahr zuvor als Early-Access-Version veröffentlicht wurde und sich in Windeseile zum meistverkauften Spiel auf Steam entwickelte, und wollte ein Stück vom Kuchen abhaben.
Also produzierte man ganz schnell, in zwei Monaten, Fortnite Battle Royale. Zunächst dominierte der Eindruck, dass die Amerikaner hier nur eine dreiste Kopie von PUBG veröffentlichen wollten. Es war und ist ersichtlich, dass sich Epic an dem „Battle Royale“-Spiel von Bluehole orientiert hat. Das Spielprinzip gleicht dem des Vorbilds fast wie ein Haar dem anderen. Die einzigen Unterschiede sind die Dinge, die Fortnite Battle Royale vom eigentlichen Fortnite geerbt hat: der Comic-Look und die Möglichkeit, per Crafting Items herzustellen und beispielsweise Gebäude zu bauen.
PUBG vs. Fortnite – Steht der Gewinner fest?
Bluehole war wenig begeistert und kritisierte Epic Games aufs Schärfste. Doch das öffentliche Anprangern zeigte keine Wirkung, ganz im Gegenteil: Fortnite Battle Royale wurde schnell zum größten Konkurrenten für Playerunknown’s Battlegrounds. Eine Zeit lang lieferten sich beide Spiele ein Wettrennen darum, wer denn nun die meisten Spieler hat.
Mittlerweile hat Epics „Battle Royale“-Shooter PUBG überholt: Während Letzteres laut SteamSpy mehr als 33 Millionen Spieler auf dem PC verzeichnet und sich auf der Xbox One über fünf Millionen Mal verkauft hat, ist Fortnite Battle Royale kurz davor, die 50-Millionen-Marke zu knacken. In beiden Fällen kommen noch die jüngst veröffentlichten Mobile-Versionen hinzu, hier liegen aber noch keine Download-Zahlen vor. Dass Fortnite aktuell die Nase vorn hat, würde aber wohl kaum jemand anzweifeln.
Vier Gründe für den Erfolg
Dass Epic Games ein so durchschlagender Erfolg gelungen ist und man PUBG von der Spitze des noch jungen „Battle Royale“-Genres verdrängt hat, kommt jedoch nicht von ungefähr. Denn so dreist das Studio auch das Vorbild kopiert haben mag, so clever ist es dabei vorgegangen.
Grund Nummer 1, warum Fortnite Battle Royale so ein Hit ist: Es ist kostenlos. Epic Games hat es nicht einfach nur als zusätzlichen Modus für das nach wie vor kostenpflichtige Hauptspiel, sondern auch als eigenständigen Titel veröffentlicht. Jeder kann sich das Spiel herunterladen und spielen, ohne Fortnite besitzen zu müssen.
Grund Nummer 2: Fortnite Battle Royale ist seit seinem Release ein Multiplattformtitel und sowohl auf dem PC als auch der PlayStation 4 und der Xbox One spielbar. PUBG hingegen wurde zunächst nur auf Steam veröffentlicht, bevor im Herbst 2017 die Xbox-One-Fassung folgte. Für die PS4 ist es aufgrund eines Deals zwischen Bluehole und Microsoft bis heute nicht angekündigt.
Grund Nummer 3: Fortnite Battle Royale ist technisch wesentlich ausgereifter als der Konkurrent. Playerunknown’s Battlegrounds wurde zwar im Dezember offiziell für den PC in der Version 1.0 veröffentlicht, trotzdem hapert es noch an vielen Stellen. Die Performance des Spiels ist immer noch nicht ideal, die Server könnten besser funktionieren und Bugs gibt es nach wie vor in großen Mengen. Fortnite Battle Royale wirkt da wesentlich polierter und es läuft dank der simplen Comic-Grafik auch auf älteren Rechnern flüssig.
Grund Nummer 4: Fortnite Battle Royale ist viel zugänglicher. Bei PUBG haben die Entwickler den Anspruch, ein möglichst realistisches Gameplay zu bieten. Der Titel hat eine ausgeklügelte Kugelphysik. Wer hier seinen Gegner auf große Distanz treffen möchte, muss stets an die Flugbahn der Projektile denken. Fortnite Battle Royale ist viel arcadiger und dadurch einfacher zu erlernen. Ok, dafür hat man als Einsteiger mit Profis zu kämpfen, die mitten im Gefecht die wildesten Baumanöver ausführen, um sich so einen Vorteil zu verschaffen. Dennoch ist der Titel von Epic besser für Gelegenheitsspieler geeignet als PUBG.
Ein Feldzug fordert Opfer
Man muss letztendlich anerkennen, dass Epic Games verdammt viel richtig gemacht hat. Das Studio hat den Trend erkannt, schnell reagiert und das Ganze so vermarktet, dass sich einfach viele Spieler angesprochen fühlten. Dennoch darf man die Schattenseite nicht unbeachtet lassen: Fortnite Battle Royale ist nicht nur ein wenig kreatives Spiel, auch hat sein immenser Erfolg dazu geführt, dass die Fans anderer Titel von Epic Games nun das Nachsehen haben.
Zunächst gab das Unternehmen bekannt, den Ego-Shooter Unreal Tournament erst mal nicht mehr weiterzuentwickeln. Seit Juni erhielt die Alphaversion kein größeres Update mehr. Noch heftiger hat es Paragon erwischt: Weil das Spiel nicht so erfolgreich geworden ist, wie Epic sich das erhofft hat, werden die Entwickler auf Fortnite angesetzt und der Betrieb des Free-to-Play-Titels diesen Monat eingestellt.
Darüber hinaus mag sich vielleicht mancher Fan des „Rette die Welt“-Modus von Fortnite darüber ärgern, dass der nicht so stark weiterentwickelt wird, wie es vielleicht in einer Welt ohne Fortnite Battle Royale der Fall wäre. Aber Epic Games veröffentlicht ja noch regelmäßig Updates für das, was Fortnite einst in Gänze war. Irgendwie ist es trotzdem verständlich: Da gibt man 40 Euro oder gar mehr für eine Early-Access-Version aus, weil man das Konzept cool findet und die Entwicklung unterstützen möchte, nur um dann Monate später zu erleben, wie ein ganz anderer Modus in den Mittelpunkt gerät.
Wir werden Fortnite Battle Royale und den Konkurrenzkampf mit PUBG natürlich weiterhin für euch beobachten. Aktuell macht es den Anschein, als würde Ersteres zum klaren Genreprimus werden, der bei der breiten Masse besser ankommt, während die anspruchsvolleren Core-Gamer PUBG die Treue halten. Aber das so eine Marktsituation für beide Titel gut funktionieren kann, beweisen die erfolgreichsten Vertreter eines anderen Genres: League of Legends und Dota 2. Ersteres ist das einfachere, zugänglichere Spiel, Letzteres das komplexere. Beide haben große Fangemeinden, nur ist bei LoL die Spielerzahl nochmal um einiges höher. Gut möglich, dass es bei Fortnite und PUBG in die gleiche Richtung gehen wird. Oder wird am Ende gar ein dritter Titel die Dominanz erringen? Wir sind gespannt.