Magic: Legends verbindet Hack & Slay und Sammelkartenspiel. Das ist eigentlich cool, aber was wir bislang gespielt haben, eher weniger.
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Magic – Legends angespielt: Eine interessante Idee, viele Probleme
Von Wizards of the Coast kennt man vor allem das Sammelkartenspiel Magic: The Gathering sowie Dungeons & Dragons. Nun wollen die US-Amerikaner aber nicht mehr nur im Bereich des analogen Spielspaßes Erfolge verzeichnen. Seit einiger Zeit läuft bereits Magic: The Gathering Arena, die digitale Variante des eigenen Kartenspiels, und im Sommer erscheint mit Dark Alliance ein neues Hack and Slay auf Basis von Dungeons & Dragons. Das dritte Spiel im Bunde, Magic: Legends ist jüngst in die offene Betaphase gestartet. Man könnte sagen, es handelt sich hierbei um eine Fusion aus den beiden anderen Videospielprojekten. Hier treffen Action-RPG und Sammelkarten aufeinander.
In Magic: Legends erkundet ihr als Planeswalker die verschiedenen Welten des Multiverums. Sechs Klassen stehen zur Auswahl, wobei ihr jedoch zu Spielbeginn nur fünf davon zur Auswahl habt: den Geomagier als Nahkämpfer mit Hang zu Erd- und Feuermagie, den Gedankenmagier, der Projektile per Telekinese in Richtung seiner Feinde schleudert, den Bestienrufer, der eben darauf spezialisiert ist, verschiedene Monster zu beschwören, den Weihepriester, der in der Gruppe die Rolle des Heilers übernimmt, und den Nekromagier, die Klasse für all diejenigen, die in Diablo 3 den Totenbeschwörer am liebsten spielen. Den Dimi-Meuchler gibt es nur in einem speziellen Booster-Pack und ihr zieht ihn auch nur, wenn ihr viel Glück habt.
Ein vorhersehbarer Twist
Im Prinzip spielt sich Magic: Legends wie jedes andere Hack and Slay: Die Kamera schwebt stets über dem Geschehen und ihr schnetzelt euch durch Horden von Gegnern, um Erfahrungspunkte zu sammeln und so im Level aufzusteigen. Auf eurer Reise durch die Welten erkundet ihr weitläufige Oberweltenkarten und kämpft euch durch sehr lineare, instanzierte Missionsgebiete. Klingt alles sehr gewöhnlich, aber dann wäre da eben der Sammelkarten-Twist: Anders als in Diablo und Co erlernt ihr nicht etwa neue Fähigkeiten bei Stufenaufstiegen oder indem ihr Talentpunkte in einen Skill-Baum investiert.
Stattdessen ist fast alles, was über den Standardangriff hinausgeht, eine Karte. Im Verlauf der ersten Spielstunden erhaltet ihr genug davon, um ein komplettes Deck (zwölf Skills) zu haben. Aber natürlich will euch das Spiel auf lange Sicht mit der Jagd nach immer besseren Zaubern fesseln. Na gut, und der Hersteller möchte, dass ihr hin und wieder ein wenig Geld ausgebt, um euch Kartenpakete für echtes Geld zu kaufen.
Magic: Legends ist ein Free-to-Play-Spiel und finanziert sich über Mikrotransaktionen. Dass die nicht rein kosmetischer Natur sind, war angesichts der Grundidee abzusehen. Wir finden es nicht gut, dass zahlende Spieler schneller an neue Karten kommen, aber im Endeffekt ist das Geschäftsmodell von Magic: Legends nicht schlimmer als das eines Hearthstone oder eben Magic: The Gathering Arena. Solange es nie in zu großen Grind ausartet, sich neue Karten zu erspielen, stört uns das Ganze nicht allzu sehr, zumal Magic: Legends ein reines PvE-Spiel ist und sich damit sämtlichen Pay-to-Win-Diskussionen entzieht.
Vertraut auf das Herz der Karten!
Zurück zur Spielmechanik: Die Grundidee, dass Zauber eben als Sammelkarten behandelt werden, ihr euch verschiedene Decks zusammenstellen und jederzeit zwischen ihnen wechseln könnt, finden wir super. Etwas unschlüssig sind wir uns jedoch bezüglich des Zufallsfaktors in den Kämpfen: Euch stehen immer nur maximal drei Zauber zur Verfügung. Sobald ihr einen eingesetzt habt, wird er gegen einen anderen zufälligen aus eurem Deck ausgetauscht. Feste Angriffsrotationen wie in anderen Action-Rollenspielen sind in Magic: Legends also nur bedingt möglich. Einzig die jeweils zwei Klassenfähigkeiten, die jeder Planeswalker hat und die auch kein Mana kosten, stehen euch immer zur Verfügung.
Klar, Entwickler Cryptic Studios (Star Trek Online, Neverwinter) greift mit diesem System den Zufallsfaktor des Sammelkartenspiels auf, nur eben mit dem Unterschied, dass euer Deck in Magic: Legends viel kleiner ist, euch dafür aber nicht die Karten irgendwann ausgehen. Und sollte es im späteren Spielverlauf Kämpfe geben, in denen ihr genau überlegen müsst, wann ihr welchen Skill einsetzt, könnte sich das Ganze auch bezahlt machen.
So weit, wie wir die Beta nun gespielt haben, lässt sich jedoch sagen: Wir haben einfach immer dann einen Zauber eingesetzt, wenn er bereit war und wir ausreichend Mana hatten, um mehr Schaden zu machen oder uns einen Diener wie einen Steingolem an die Seite zu rufen. Mit Taktik hat das nichts zu tun. Das Sammelkartenprinzip ist am Ende des Tages aber kein Problem, sondern ein durchaus netter Ansatz. So setzt sich Magic: Legends einerseits von der Konkurrenz an und bleibt andererseits der Marke treu. Die Probleme finden sich an anderen Stellen.
Keine Befriedigung
Magic: Legends spielt sich nicht wirklich toll. Ok, es ist super, dass wir frei zwischen Maus und Tastatur sowie dem Gamepad hin- und herwechseln können. Die Controller-Steuerung geht auch gut von der Hand. Mehr Spaß machen die Gefechte damit aber nicht. Es fällt uns schwer, das zu beschreiben, aber irgendwie ist es einfach nicht befriedigend, die Monster ins Jenseits zu befördern. Dabei sind die Animationen wirklich gut gemacht und die Zauber sehr effektvoll. Feinde werden auch mal durch die Gegend geschleudert. Es ist nicht so, als gäbe es gar kein Trefferfeedback. Aber trotzdem fühlt sich alles nicht so mächtig an, wie es aussieht.
Das liegt sicherlich auch daran, dass die Gegner zu viele Treffer einstecken. In Diablo 3 gibt es etliche Feinde, die nach einem Spezialangriff zu Boden gehen. Magic: Legends lässt uns zwar auch so manche Widersacher mit einem Zauber direkt erledigen, aber oftmals sind dann doch mehrere Treffer notwendig. In Kombination mit der schieren Masse an Gegnern führt das zu teilweise sehr langen Kämpfen gegen ein und dieselbe Gruppe, sodass wir viel zu lange an einem Ort verweilen. Darunter leidet das Pacing. Apropos zu viele Feinde: Oftmals ging uns die Übersicht verloren. Gerade dann, wenn ihr eine Mission im Koop mit anderen Leuten spielt, jeder von euch noch Diener beschworen hat und dann im Kampf alle ihre Zauber abfeuern, ist der Bildschirm zum einen voll mit Effekten und zum anderen lassen sich Freund und Feind kaum voneinander unterscheiden.
Optimierung? Was ist das?
Eine andere große Baustelle von Magic: Legends ist seine Technik. Das Spiel sieht nicht schlecht aus, die Grafik haut uns aber auch nicht von den Socken. Es ist ungefähr auf dem Level von Diablo 3, das aber schon neun Jahre auf dem Buckel hat. Das ist aber gar nicht das Problem. Das große Ärgernis in der Open Beta ist die Performance. Unser Testrechner mit einem i7 7700K, 16 Gigabyte Arbeitsspeicher und einer GeForce 2070 SUPER ist sicherlich kein High-End-PC, aber er sollte eigentlich locker ausreichen, um Magic: Legends in maximalen Einstellungen flüssig spielen zu können.
Aber nein, gerade in Kämpfen mit vielen Gegnern, wenn viel auf dem Bildschirm passiert, kommt es zu deutlichen Einbrüchen der Bildrate, die den Spielfluss erheblich stören. Außerdem ist es lachhaft, dass Magic: Legends im Vollbildmodus nur in 720p läuft – und es gibt keine Option im Spiel, die Auflösung zu ändern. Wir müssen es im Fenstermodus spielen, um ein scharfes Full-HD-Bild zu haben.
Einschätzung
Wir wollen Magic: Legends nicht direkt nach dem Betastart verdammen. Das Sammelkartenprinzip hat großes Potenzial. Durch die Möglichkeit, euch mehrere Decks zu basteln, könnte hier einiges an Spieltiefe drinstecken, zumindest eben im Endgame, wenn die Herausforderungen hoffentlich auf einem deutlich höheren Niveau sind. Was wir bislang erlebt haben, hat sich jedoch als recht anspruchslos erwiesen. Und dann ist da eben die Sache, dass sich die Kämpfe nicht toll anfühlen und es ihnen an Übersicht mangelt. Und schon allein aufgrund des technischen Zustands fragen wir uns, ob Perfect World nicht lieber noch weiter hätte an Magic: Legends feilen sollen, bevor man es in die Open Beta schickt – in der es natürlich schon möglich ist, reichlich Echtgeld auszugeben. Das Spiel muss sich noch gehörig steigern, wenn es gegen die starke Konkurrenz bestehen möchte.