So schnell ist eine gamescom-Woche auch schon wieder rum. Zeit, ein Résumé zu ziehen und die Tops und Flops zu benennen.
Die High- und Lowlights der gamescom 2019
Die gamescom ist schon wieder vorbei und mit dem Rückblick auf die vergangene Woche müssen wir sagen: So spannend war die Messe leider nicht. Dabei klang im Vorfeld alles so vielversprechend: Eine große Show am Voraband des Event-Beginns mit vielen Weltpremieren namhafter Hersteller sollte es geben, allein THQ Nordic hatte vier Neuankündigungen für die gamescom angekündigt. Doch irgendwie war am Ende wenig dabei, was uns so richtig begeistert und aus den Socken gehauen hat. Die ganz großen Enthüllungen haben gefehlt. Hier hat sich wieder einmal gezeigt, dass es einfach unglücklich ist, dass die gamescom zeitlich zwischen der E3 und Tokyo Game Show liegt. Nichtsdestotrotz gab es ein paar Dinge, die uns erfreut haben. Die Messe hat uns jedoch auch Enttäuschungen beschert. An dieser Stelle verraten wir euch unsere High- und Lowlights der Messe. Und immerhin: Die Tops sind leicht in der Überzahl.
Top: Death Stranding
Ja, wir geben es zu: Wir haben immer noch nicht verstanden, was für eine Art Spiel Death Stranding nun eigentlich werden soll. Irgendwie wünschen wir uns, Hideo Kojima würde einfach mal das Maul aufmachen und uns ein klareres Bild von dem verschaffen, was uns da am 15. November auf der PlayStation 4 erwartet. Andererseits macht diese Unwissenheit, dieses Rätseln, worum es in Death Stranding geht und was uns da spielerisch erwartet, auch den Reiz aus, oder?
Death Stranding kann man Ende ein sehr langweiliges Erlebnis werden. Immerhin haben wir bislang vor allem gesehen, wie Hauptcharakter Sam durch du Einöde läuft, ohne dass irgendwas Spannendes passiert. Es kann aber auch eines der faszinierendsten Spiele der vergangenen Jahre werden. Wie die Welt funktioniert, haben wir noch nicht begriffen, aber sie wirkt trotzdem sehr interessant. Abgesehen davon müssen wir auch mal das Offensichtlichste ansprechen: Technisch hinterlässt Death Stranding einen hervorragenden Eindruck. Dank Performance Capture sehen die virtuellen Abbilder der Hollywood-Stars Norman Reedus und Guillermo del Toro grandios aus. Die Bewegungen und gerade auch die Mimik der Charaktere wirken so real, dass man bei einem flüchtigen Blick auf den Bildschirm fast meinen könnte, da stünde der echte Darryl aus "The Walking Dead". Und sowas kann eben auch dazu beitragen, dass ein Spiel zu den Highlights einer Messe zählt.
Flop: Age of Empires 4
Gut, mittlerweile wissen wir, dass es am 14. November dieses Jahres erstes Gameplay von Age of Empires 4 zu sehen geben wird. Aber das ändert nichts daran, dass wir darüber enttäuscht sind, dass Microsoft auf der gamescom nichts von dem Strategiespiel gezeigt hat. Es ist ja nicht so, als hätte die Entwicklung erst gestern begonnen. Relic Entertainment werkelt seit mindestens zwei Jahren an dem Titel, denn auf der gamescom 2017 wurde Age of Empires 4 angekündigt. Dass Microsoft es da auf der diesjährigen Ausgabe der Videospielmesse nicht geschafft hat, was davon zu zeigen, ist schon traurig.
Hinzu kommt, dass der Konzern die Fans noch vor der "Inside Xbox"-Ausgabe am Montag der vergangenen Woche per Twitter angeteast hatte. "Großartige Neuigkeiten" zu Age of Empires sollte es während des Livestreams geben. Kein Wunder, dass da die meisten sofort an News zu Age of Empires 4 denken. Am Ende war es "nur" der Release-Termin für die Definitive Edition von Age of Empires 2 und die Bekanntgabe, dass die Neuauflage des ersten Teils fortan auch auf Steam erhältlich ist. Na ja, Microsoft hätte auch gleich sagen können, dass es nix zum vierten Serienteil geben wird. Dann wäre man zumindest darauf vorbereitet gewesen.
Top: Everspace 2
Kürzlich ist mit Rebel Galaxy Outlaw ein Spiel für den PC erschienen, von dem sich viele erwartet hatten, es würde das geistige Erbe von Freelancer antreten: Mit einem Raumjäger durch ein offenes All fliegen, Handel treiben, spannende Dogfights bestreiten, das eigene Schiff immer weiter verbessern, neue Schiffe kaufen und das alles verpackt in einer unterhaltsamen Geschichte. Nun haben wir Rebel Galaxy Outlaw nur kurz angespielt, aber das, was wir gesehen haben, hat uns am Ende nicht sonderlich gut gefallen. Der nächste Hoffnungsträger wurde aber glücklicherweise direkt auf der gamescom angekündigt: Everspace 2.
Beim ersten Teil setzte der Hamburger Entwickler Rockfish noch auf ein Rogue-like-Konzept, der Nachfolger hingegen wird eine richtige Open World und spielerische Freiheit bieten. Das erste Gameplay-Material von der gamescom sieht schon mal sehr vielversprechend aus. Die Kämpfe in Teil 1 haben schon viel Spaß gemacht, weil die Steuerung wunderbar funktioniert und die Optik überzeugt. Zumindest was die Grafik betrifft, behält Everspace 2 diese Qualität bei, so viel können wir schon mal sagen. Hoffentlich taugen auch Geschichte, Missionsdesign, Progressionssystem und die Gestaltung der Spielwelt was. Dann könnte das ein Fest für Weltraumspielfans werden, die es gerne etwas arcadiger mögen. Leider haben wir aber noch einiges an Wartezeit vor uns: Everspace 2 soll erst 2021 erscheinen.
Flop: Comanche
Wir bleiben bei fliegenden Maschinen, verlassen aber das All und nähern uns etwas mehr dem Erdboden. Man soll ja nicht sagen, die gamescom hätte keine Überraschungen bereitgehalten. Die gab es sehr wohl, denn wer hat schon damit gerechnet, dass THQ Nordic die Comanche-Marke ausgräbt? Nur leider sieht das, was der schwedische Publisher da angekündigt hat, nicht aus wie Comanche. Für die jüngeren unter unseren Lesern: Comanche ist eine Reihe von Hubschrauberspielen, die ursprünglich von NovaLogic entwickelt wurde. 1992 erschien der erste Teil, darauf folgten bis 2001 noch drei Fortsetzungen.
Die alten Teile sind im Grunde Flugsimulationen, wobei der spielerische Anspruch nicht so hoch ist wie bei anderen Genrevertretern. Es geht weniger um die Beherrschung der Helikopter und mehr darum, Feinde in Kriegsgebieten auszuschalten. Das Ganze ist aber eben schon ziemlich bodenständig und keine Arcade-Action. Zudem liegt der Fokus auf der Einzelspielerkampagne. Das neuer Comanche, das vom deutschen Team Nukklear entwickelt wird, wirkt wie das komplette Gegenteil zu seinen Ahnen: ein Multiplayer-Spiel, das im ersten Trailer viel arcadiger aussieht. Nicht falsch verstehen, die Online-Gefechte könnten durchaus Laune machen, aber mit Comanche hat das abseits der Hubschrauber nicht mehr viel zu tun. Es wirkt so, als hätte Nukklear die Idee zu dem Spiel gehabt, habe einen Publisher gesucht und THQ Nordic hätte dann gesagt: "Hey, wir haben hier noch die Comance-Lizenz herumfliegen. Lasst sie uns doch dafür nutzen!" Ein Nachfolger, der wirklich den Geist der alten Teile atmet, wäre den Fans sicherlich lieber gewesen.
Top: Empire of Sin
Der Vorteil der gamescom: Auf der Messe in Köln kommen auch mal die Spiele zur Geltung, die auf der E3 zwischen den ganzen Ankündigungen und sonstigen News im AAA-Bereich komplett untergehen würden, so zum Beispiel Empire of Sin. Das wird zwar von zwei namhaften Entwicklergrößen gemacht, dem Ehepaar Romero (John Romero ist einer der Väter von Doom und Quake, seine Frau Brenda hat an Jagged Alliance 2 und Wizardry 8 mitgearbeitet), trotzdem ist es eher ein Nischentitel. Es vermischt den Aufbau eines Mafiaimperiums mit den rundenbasierten Taktikkämpfen von XCOM. Das allein macht schon Lust auf mehr, aber es kommt noch eine wichtige Komponente hinzu, die im "Inside Xbox"-Livestream hervorgehoben wurde: Emergent Storytelling.
Wir haben euch ja schon mal in einem eigenen Artikel geschildert, was das überhaupt ist und wie toll wir diese Form des Geschichtenerzählens finden. Empire of Sin soll eine ganze Menge davon bieten, zum Beispiel in Form der Charaktere, die sich im Verlauf einer Partie unterschiedlich entwickeln können. Jeder hat zufällige Eigenschaften, die sich verändern können. Brenda Romero sagte dazu im Interview: "Sagen wir, du und ich spielen ein Spiel und wir beide starten mit Tammy. Am Ende des Spiels ist deine Tammy eine andere als meine. Sie kann abhängig davon, wie du das Spiel gespielt hast und welche anderen Charaktere du rekrutiert hast, die mit ihr zusammenarbeiten, zu einer Serienmörderin werden. Meine kann sich verliebt haben. Es gibt viele unterschiedliche dynamische Dinge bezüglich der Charaktere im Spiel, die widerspiegeln, wie du gespielt hast."
Klingt das nicht fabelhaft? Wir hoffen, dass Empire of Sin wirklich ein so dynamisches Spielerlebnis sein wird, wie die Romeros es versprechen. Dann könnte das ein sehr interessantes Strategiespiel für all diejenigen werden, die gerne mal ihre kriminelle Ader ausleben wollen, ohne dass dabei jemand zu Schaden kommt.
Flop: Final Fantasy 7 Remake
Ok, ok, keine Panik! Wir wissen genau, was ihr jetzt denkt. "Final Fantasy 7 Remake eine der Enttäuschungen der gamescom? Wart ihr nicht nach der E3 noch begeistert von dem, was gezeigt wurde?" Ja, das ist richtig. Wir mögen zwar ein paar kleine Zweifel haben, vor allem bezüglich der Episodenstruktur, aber alles in allem freuen wir uns auf Final Fantasy 7 Remake fast genauso sehr wie auf Cyberpunk 2077. Wo liegt nun also das Problem? Ganz einfach: Zur gamescom hat uns Square Enix einen ersten Vorgeschmack auf die deutsche Sprachausgabe des Rollenspiels gegeben. Und der mundet uns ganz und gar nicht. Aber seht beziehungsweise hört selbst:
Wo Oberschurke Sephiroth noch ganz vernünftig klingt, machen vor allem die ersten Textzeilen, die wir vom deutschen Sprecher von Cloud zu hören bekommen, einen ganz miesen Ersteindruck. Ausgerechnet die Hauptfigur wurde von den Charakteren, die in dem Trailer zu hören sind, mit Abstand am schlechtesten besetzt. Und auch Tifas deutsche Stimme gefällt uns nicht. Klar, es ist nur ein Trailer und die Vertonungsarbeiten sind sicherlich noch nicht abgeschlossen. Aber das Video hat uns jedenfalls darin bekräftigt, Final Fantasy 7 Remake definitiv mit englischer Sprachausgabe zu spielen.
Top: Mount & Blade 2 – Bannerlord
Schließen wir diesen Artikel mit etwas Positivem ab! Ehrlich gesagt, so viel Neues gab es auf der diesjährigen gamescom von Mount & Blade 2: Bannerlord nicht zu sehen. Aber der türkische Entwickler TaleWorlds hatte eine frohe Botschaft zu verkünden: Ab März 2020 kommt ihr endlich in den Genuss, das Mittelalterspiel zu zocken. Dann erfolgt zwar nicht der finale Release, aber immerhin gibt es eine Early-Access-Version. Nun mag manch einer sagen: "Wie, Early Access?! Nach über sieben Jahren Entwicklung und Wartezeit kriegen wir nicht mehr als eine unfertige Version?!" Klar, nicht ohne Grund muss sich TaleWorlds Bemerkungen darüber, wie langsam das Team arbeitet, gefallen lassen. Die Entwicklungsgeschichte von Mount & Blade 2: Bannerlord weckt mit ihrer Länge ja schon fast Erinnerungen an Duke Nukem Forever, bei dem es auch lange Zeit hieß: "Es kommt, wenn es fertig ist."
Aber die ganz großen Fans dürfte es sehr freuen, nun zumindest zu wissen, ab wann sie daheim an ihrem Rechner die große Sandbox-Kampagne von Mount & Blade 2 spielen können. Es wird kein fertiges Spiel sein und sicherlich viele Ecken und Kanten haben (mit denen aber so oder so zu rechnen ist, TaleWorlds ist schließlich ein kleines Team mit großen Ambitionen). Doch die Early-Access-Phase könnte dem Rollenspiel wirklich guttun. Die Entwickler werden hoffentlich viel Feedback von den Spielern erhalten und die Einnahmen durch die Verkäufe lassen sich gleich in den Titel investieren, um ihn zu dem Spiel zu machen, dass die Fans beim offiziellen Release haben wollen – wann auch immer der erfolgen wird.