Mit Fallout 76 könnte Bethesda das bislang beste Survival-Spiel abliefern - mit den gleichen Problemen wie ARK und Co.
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Fallout 76: Das erste AAA-Survival-Spiel
Am 31. Mai überraschte Bethesda Softworks uns mit der Ankündigung von Fallout 76. Dachte manch einer zunächst noch, es würde ein Spin-off à la Fallout: New Vegas werden, sprachen Leaks eine andere Sprache. Jason Schreier von Kotaku schrieb, der Titel sei ein Survival-Spiel wie Rust und DayZ und dass man sich doch besser nicht darauf freuen solle, ein großes Einzelspieler-RPG serviert zu bekommen, wie man es von Bethesda gewohnt ist. Nun liegt die E3-Pressekonferenz des Publishers hinter uns. Fallout 76 spielte dabei, wie zu erwarten war, eine der Hauptrollen.
Mehr als 20 Minuten lang präsentierte Todd Howard von Bethesda Game Studios den Titel und gab demnach jede Menge Informationen preis. Nun haben wir Gewissheit: Ja, Fallout 76 wird ein Survival-Spiel mit Online-Zwang. Das ist sicherlich eine Nachricht, die nicht jeder Fan der Serie gerne hört. Und gerade nach der „Save Player 1“-Aktion von Bethesda, mit der das Unternehmen seine Absichten klarstellte, nicht wie manch anderer Hersteller den Fokus auf Multiplayer-Spiele zu legen, wirkt die Ankündigung von Fallout 76 auf manch einen wie ein Scherz. Doch einerseits bedeutet das ja nicht, dass Bethesda niemals ein richtiges Fallout 5 entwickeln wird oder nur noch Online-Titel produziert (die Ankündigungen von Starfield und The Elder Scrolls 6 beweisen das Gegenteil). Andererseits ist Fallout 76 äußerst vielversprechend, denn es wird das erste Survival-Spiel auf AAA-Niveau sein.
Das Für und Wider der Survival-Sandboxen
Wenn wir von Survival-Games sprechen, dann meinen wir in erster Linie Titel wie DayZ, ARK: Survival Evolved oder Conan Exiles. Und versteht uns nicht falsch: Gerade die beiden letzteren Spiele können durchaus mit hübschen Welten und inhaltlichen Qualitäten punkten. Das macht sie aber noch längst nicht zu AAA-Spielen. Dafür fühlen sie sich zu unrund an. Die Spiele haben Bugs und andere technische Probleme. Man merkt ihnen an, dass die zuständigen Entwicklerstudios nicht das Budget beziehungsweise die Manpower haben, die etwa Bethesda Game Studios zur Verfügung steht.
Survival-Sandboxen üben einen ganz besonderen Reiz aus. Sie ermöglichen es den Spielern, Welten selber zu formen. Sie enthalten vielleicht keine von den Entwicklern vorgefertigten Geschichten, dafür schreiben die Spieler ihre Story selbst. Leute verbünden sich zu Clans, bekriegen sich mit anderen, entführen Mitglieder einer gegnerischen Gilde und so weiter. ARK und Co bieten viele enorm viele Möglichkeiten, Rollenspiel zu betreiben. Nur leider werden die von den meisten Spielern nicht genutzt.
Solche Survival-Spiele haben stets eine Schattenseite: Sie motivieren manche Leute dazu, anderen Bewohnern dieser virtuellen Welten das Licht auszuknipsen. Wie oft wurden wir schon in DayZ hinterrücks von jemandem erschossen, weil der einfach Lust darauf hatte, uns zu töten? Ob wir wertvolle Gegenstände bei uns trugen, die unser Mörder hätte gebrauchen können, spielte dabei oft gar keine Rolle. So etwas nervt und raubt uns den Spaß an jenen Sandbox-Titeln.
Atomraketen als Druckmittel
Fallout 76 wird aller Voraussicht nach die Stärken von Open-World-Spielen dieser Art haben, aber auch die Schwächen. Die Errichtung einer eigenen Basis wird eine große Rolle spielen. Doch was ihr baut, kann eben auch von anderen wieder zerstört werden. Bethesda gibt euch sogar eine besonders mächtige Option, die Camps feindlicher Gruppen vom Erdboden verschwinden zu lassen: Atomraketen. In der Spielwelt, die viermal so groß ausfallen soll wie die von Fallout 4, werdet ihr Silos finden, von denen aus ihr die Sprengkörper abfeuern könnt. Die Code-Sequenz, die ihr dafür benötigt, findet ihr zum Glück nicht überall am Straßenrand. Ihr müsst euch die einzelnen Fragmente erkämpfen. Sind sie im Besitz anderer Spieler, ihr könnt euch aber auch theoretisch mit ihnen verbünden. Der Clou an der Atomraketenmechanik: Das Gebiet, wo die Bomben einschlagen, wird sich natürlich verändern. Dort lassen sich dann besonders wertvolle Ressourcen finden.
Wir wissen noch nicht so ganz, was wir von dieser Idee halten sollen. In der Theorie klingt es spannend, wenn Spielerfraktionen um die Raketencodes kämpfen und die Gruppierung, die alle nötigen Fragmente besitzt, die Kontrolle auf einem Server übernimmt. Schließlich verfügt sie dann über die mächtigste Waffe im Spiel und kann jedem drohen, sie zu benutzen. Aber was ist, wenn in der Praxis alle zwei Tage die Atompilze über West Virginia emporsteigen? Dann ist das Feature nicht mehr sonderlich cool, sondern einfach nur nervig.
Ohne Rollenspiel geht der Spaß flöten
Doch allein schon gewöhnliche Attacken auf unseren Avatar oder unsere Basis könnten zu einem Element werden, dass uns schnell den Spaß an Fallout 76 verdirbt. Sein volles Potenzial wird der Titel nur auf richtigen Rollenspiel-Servern mit fest definierten Regeln entfalten können, wo wir nicht jeden Tag aus Jux und Tollerei abgeknallt werden. Stattdessen gibt sich dort jeder Spieler die Mühe, seine Taten so zu verpacken, dass daraus eigene Geschichten entstehen, die man gerne weitererzählt. Und ganz ehrlich: Wenn es Server geben wird, auf denen das funktioniert, könnte Fallout 76 zum mit Abstand besten Survival-Spiel werden.
Der Trailer hat bereits ein paar Eindrücke von der Spielwelt geliefert. Was wir da sehen, macht Lust auf mehr. Auch wenn es keine von NPCs bevölkerten Städte geben wird, in denen wir Quests annehmen und tolle Geschichten erleben, so freuen wir uns dennoch darauf, das virtuelle West Virginia zu erkunden. Bethesda verspricht Hunderte interessante Orte, an denen wir Items, Ressourcen und natürlich gefährliche Mutanten finden.
Vielleicht erleben wir in Fallout 76 auch wieder das „Environmental Storytelling“, das in Teil 4 so großartig funktioniert hat. In der Gegend rund um Boston gibt es viele Orte, die mit keiner Quest verbunden sind, aber deren Gestaltung in Kombination mit Briefen und Computer-Logs eigene Geschichten erzählt. Macht Fallout 76 das genauso gut wie Fallout 4, können wir es kaum abwarten, seine Welt zu erforschen. Dass wir das dann auch noch gemeinsam mit Freunden machen können, ist schon ziemlich spitze.
Kein Spiel für jedermann, aber mit viel Potenzial
Klar ist, dass Fallout 76 kein Spiel sein wird, das diejenigen befriedigt, die von einem Fallout ein Übermaß an skurrilen Charakteren und Quests und einen Spielplatz für sich allein erwarten. Den müssen sie mit anderen teilen und auf Ersteres werden sie wohl gänzlich verzichten müssen. Fallout 76 wird die Spieler spalten, das zeichnet sich jetzt schon in Kommentarsektionen der diversen Videospielwebseiten und in Foren ab.
Wir selber machen uns Sorgen aufgrund der PvP-Aspekte. Zeitgleich haben wir in der Vergangenheit mit Spielen wie ARK: Survival Evolved und DayZ unsere Freude gehabt, ähnliches ist also auch von Fallout 76 zu erwarten. Aufgrund der Expertise von Bethesda für das Erschaffen detailreicher Spielwelten und den finanziellen Mitteln, die dem Studio zur Verfügung stehen, stehen die Chancen gut, dass der Titel alle Konkurrenten überflügeln wird. Doch am Ende entscheidet das Verhalten der Community darüber, ob Fallout 76 tolle Erlebnisse bieten oder uns doch eher in Rage bringen wird.