Jens hat sich viele E3-Shows angeschaut und präsentiert euch seine persönliche Rangliste.
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E3 2021: Jens' Showcase-Ranking
Am heutigen Tag begleitet mich eine gewisse Form von Wehmut. Die E3 ist schon wieder vorbei. Seit dem 10. Juni habe ich jeden Abend damit verbracht, mir von diversen Herstellern erzählen und zeigen zu lassen, was sie denn in den kommenden Monaten oder Jahren für Spiele auf den Markt bringen, die mich bespaßen sollen. Und jetzt ist das auch schon wieder vorbei. Das ist schon schade, weil die E3-Phase für mich als Videospielfan zu den Highlights jedes Jahres gehört – na gut, fast jedes Jahres, 2020 gab es ja keine E3 wegen Corona.
Auch der diesjährigen digitalen Ausgabe hat man angemerkt, dass die Pandemie ihre weitreichenden Auswirkungen hat. Und das hat nicht nur damit was zu tun, dass es eben kein physisches Event in Los Angeles gab. Ein richtiger Reigen an Highlights, wie man ihn sich von jeder E3 erhofft, blieb leider aus. Dabei gab es genug Shows mit zahlreichen Ankündigungen und Trailern. Was nun konkret meine Höhepunkte und Enttäuschungen gewesen sind, lest ihr an anderer Stelle. In diesem Artikel geht es mir nicht um einzelne Spiele, sondern um die E3-Showcases an sich. Ich habe mir gedacht: "Hey, Ranglisten sind doch total beliebt, mach ich doch einfach eine zu den ganzen Präsentationen." Und hier ist sie. Als Disclaimer vorneweg: Ich habe nicht alle Shows gesehen, kann daher auch nicht alle bewerten, die der großen Hersteller sind aber alle mit an Bord.
Disqualifiziert: Bandai Namco Entertainment
Was war das denn bitte, Bandai Namco?! Das Unternehmen hat am Dienstagabend als letzter großer Publisher einen eigenen Slot im E3-Programm gehabt. Ich und sicherlich auch viele andere haben nochmal ein richtig interessantes Showcase erwartet. Es ist ja nicht so, als hätten die Japaner keine spannenden Spiele, die sie hätten zeigen können. Man denke nur an Elden Ring und Tales of Arise, zumal letzteres nur noch drei Monate von seinem Release entfernt ist. Aber was gab es? Nur einen Trailer und ein Entwicklerinterview zu The Dark Pictures: House of Ashes, das mich in etwa so sehr interessiert wie das Leben irgendwelcher Influencer in Dubai (sorry, aber Man of Medan war einfach ein Schuss in den Ofen).
Das war das gesamte Showcase von Bandai Namco. Nein, halt! Das war kein Showcase, sondern nur ein kleiner Beitrag zu einem Spiel. Hätte man es nicht wie Warner Bros. machen können, das vorab angekündigt hat, nur Back 4 Blood zu zeigen? Nö, dann hätten ja vermutlich kaum Leute eingeschaltet. Sorry, aber dafür ist mir selbst der letzte Platz zu schade.
Platz 11: Koch Media
Bei der Kick-Off-Show des Summer Game Fest hat Koch Media die Geburt des neuen Publishing-Labels Prime Matter angekündigt. Umso interessierter war ich somit an der am darauffolgenden Tag ausgestrahlten Koch Media Primetime Show. Aber was sich mir an jenem Abend, an dem zeitgleich Italien und die Türkei das Auftaktspiel der Fußball-Europameisterschaft austrugen, präsentierte, war dieses Namens nicht würdig.
Koch Media hat wohl im Frühjahr den ID@Xbox-Livestream gesehen gehabt und sich gedacht: "Hey, so was machen wir auch." Die ersten ungefähr 20 Minuten gab es nichts anderes als Gelaber. Die Show bestand fast komplett nur aus Entwicklerinterviews. Versteht mich nicht falsch: Wenn ich mich für ein Spiel interessiere, schau ich mir solche Gespräche gerne an. Und ich find es auch toll, wenn ein Publisher die kreativen Köpfe zu Wort kommen lässt. Aber so was gehört in Form einzelner Videos auf YouTube und nicht in eine E3-Show! Es hat seinen guten Grund, warum der Twitch-Chat am Anfang des Streams mit einer kurzen Frage voll war: "Videospiele? Videospiele? Videospiele?" Den Start eines Labels mit so einer drögen, langweiligen Präsentation zu feiern, ist äußerst unglücklich. Ja, es gab auch ein bisschen Gameplay zu sehen, aber das Verhältnis von Bewegtbildern zu Spielen und dem Gerede über Spiele war komplett unausgeglichen. Da darf sich Koch nicht wundern, dass man dafür viel Kritik einstecken muss.
Platz 10: Capcom
Capcoms E3-Show fällt in die Kategorie: "Tut niemandem weh, hätt's aber auch nicht gebraucht." Die Firma hinter den großen Marken Resident Evil und Monster Hunter hatte kaum etwas Neues zu zeigen. Ja, sie hat angekündigt, dass Resident Evil Village DLCs erhalten wird. Aber diese Ankündigung erwies sich lediglich als Texttafel ohne Infos. Na toll!
Ansonsten gab es einen neuen Trailer zu Monster Hunter Stories 2 mitsamt der Meldung, dass am 25. Juni eine Demo davon erscheint, und The Great Ace Attorney Chronicles wurde etwas näher vorgestellt. Aber dabei handelt es sich eben auch nur um ein Doppelpack aus zwei Remasters von 3DS-Spielen. Die sind zwar zuvor nie im Westen erschienen, aber mal ehrlich: Wir sprechen hier von Graphic Novels. Das ist nichts, womit man auf einer E3 große Jubelstürme auslöst. Kurzum: Nichts, was Capcom präsentiert hat, hat eine eigene Show gerechtfertigt.
Platz 9: Gearbox Software
Nach der Ankündigung von Tiny Tina's Wonderlands in der Eröffnungsshow des Summer Game Fest hatte ich gehofft, beim Gearbox-eigenen Showcase mehr von dem Loot-Shooter zu sehen, aber Pustekuchen! Da hat man einfach den gleichen Trailer nochmal gezeigt, ohne mehr Infos zu verraten.
Und sonst? Na ja, es gab noch ein bisschen "Behind the Scenes"-Material vom Borderlands-Film, das aber nicht wirklich interessant war, mehrere ganz kurze Clips zu Homeworld 3 (was sollte das eigentlich?), Infos zum kommenden Inhalts-Update von Godfall sowie ein wenig mehr Infos zum mäßig aussehenden Hack and Slay Tribes of Midgard. Alles in allem war die Gearbox-Show zum Vergessen – längst nicht so schlimm oder irrelevant wie die von Koch Media beziehungsweise Capcom, aber auch nicht gut.
Platz 8: Future Games Show
Ich bin ganz ehrlich: Ich verstehe nicht so ganz, welche Daseinsberechtigung die Future Games Show hat. Die PC Gaming Show, die vom selben Unternehmen (dem hinter PC Gamer und GamesRadar) produziert wird, hat sich etabliert, weil sie eben das einzige E3-Format ist, das den PC in den Mittelpunkt rückt, während alle anderen konsolenzentriert sind. Aber was ist das herausstechende Feature der Future Games Show? Spiele, die erst in der Zukunft erscheinen, gibt es bei allen E3-Showcases.
Ok, die Präsentation war ordentlich. Die beiden Synchronsprecher Troy Baker und Laura Bailey (Joel und Abbey aus The Last of Us: Part 2) haben einen guten Job gemacht und das Tempo war hoch. Allerdings hatte ich wie schon im letzten Jahr das Gefühl, das all die Spiele auch genauso gut in anderen Shows hätten gezeigt werden können. Teilweise war dem ja auch so. Und richtige Highlights gab es eben auch nicht.
Platz 7: PC Gaming Show
Von der Future Games Show zum Geschwisterformat, der PC Gaming Show. Die ist eben mittlerweile eine feste Größe in der E3-Woche und hat sich seit ihrer ersten Ausgabe auch konstant gesteigert. Ok, dieses Jahr war kein Fortschritt spürbar. Tatsächlich hatte sie diesmal sogar einen gewissen Cringe-Faktor, etwa weil Moderatorin Frankie Ward die ganze Zeit über im Cockpit eines Mechs sitzt, weil… Nun ja, weil MechWarior 5: Mercenaries einer der Sponsoren der Sendung war. Werbung zu machen, um so ein Format zu finanzieren, ist ja vollkommen in Ordnung, an dieser Stelle hat man es aber ein bisschen übertrieben.
Was den eigentlich interessanten Inhalt angeht, war die PC Gaming Show so wie immer: Es gab ein paar nette Trailer zu kleineren Titeln und ein klein wenig AAA-Futter war auch mit dabei, beispielsweise Dying Light 2. Der Wow-Faktor hat gefehlt, aber trotz 90 Minuten Lauflänge war die Sendung recht kurzweilig.
Platz 6: Ubisoft
Ich habe in diesem Jahr wirklich nicht viel von Ubisoft erwartet. Ich wusste im Wesentlichen ja schon, was die Franzosen zeigen würden. Mehr zu Far Cry 6? Check! Riders Republic? Check! Just Dance? Aber sowas von! Doch tatsächlich hat der Publisher es geschafft, mich zu überraschen. Ich hatte nämlich nicht mit Mario + Rabbids: Sparks of Hope gerechnet, dem Nachfolger zu Mario + Rabbids: Kingdom Battle. Klar, der erste Teil war erfolgreich und ist ein echt gutes Spiel, aber ich hatte diese Kooperation zwischen Ubisoft und Nintendo gar nicht mehr auf dem Schirm.
Zudem muss ich sagen: Riders Republic sieht gar nicht mal so schlecht aus. Es gab eine ordentliche Portion Gameplay dazu und auch wenn mich Steep vollkommen kalt gelassen hat (haha, lustig, wegen Wintersport und so, ihr wisst schon), interessiert mich dieser indirekte Nachfolger durchaus. Mit Freunden Mountainbike-Rennen zu veranstalten, stelle ich mir schon ganz unterhaltsam vor. Das "One more thing" am Ende fand ich jedoch enttäuschend. Zum einen war es für mich nichts Neues, dass Ubisoft ein neues Spiel zu "Avatar" entwickelt (der Filmreihe von James Cameron, nicht der Zeichentrickserie), zum anderen gab es halt keine Gameplay-Szenen zu sehen. Im Grunde weiß ich jetzt also nicht mehr als vorher. Da hätte man schon noch etwas mehr zeigen müssen, um mich zu begeistern.
Platz 5: Summer Game Fest Kick Off Live
Das Summer Game Fest startete mit einer Show, die mich sehr an die Opening Night Live der gamescom erinnert hat. Geoff Keighley stand eben allein auf einer Bühne und moderierte mehrere Trailer an. Viele Höhepunkte hatte das Ganze nicht. Es waren auch wieder die typischen Render-Trailer dabei, die ich nicht mehr sehen kann, weil sie mir so gut wie nichts zu den Spielen verraten. Aber es gab immerhin auch reichlich vernünftige Videos mit Gameplay-Szenen und am Ende eben das eine große Highlight.
Man merkte Geoff Keighley die Aufgeregtheit und Freude deutlich an, als er am Ende den ersten Gameplay-Trailer zu Elden Ring ankündigte. Alle Souls-like- und From-Software-Fans haben sehnsüchtig darauf gewartet, dass es endlich mal mehr zu dem ersten Open-World-Titel des japanischen Entwicklers gibt. Es gab so viele Leaks vorab und immer wieder haben irgendwelche Journalisten gesagt: "Ich habe gehört, Elden Ring kommt bald." Nun haben wir endlich Gameplay gesehen und einen Release-Termin: den 21. Januar 2022. All durch dieses Finale hat die Kick-Off-Show des Summer Game Fest es geschafft, sich in die Top 5 dieser Liste zu katapultieren.
Platz 4: Nintendo
Eigentlich bin ich ja schon ein wenig enttäuscht von Nintendo. Das liegt aber eher an meinen zu hohen Erwartungen als an der Show selbst. Die ganzen Gerüchte im Vorfeld rund um die Ankündigung der Switch Pro haben halt eben dazu geführt, dass ich mich dazu habe verleiten lassen, wirklich zu glauben, die Japaner würden sie zur E3 präsentieren. Am Ende der Nintendo Direct gab es aber keine neue Hardware, dafür jedoch einen neuen Trailer zum Nachfolger von The Legend of Zelda: Breath of the Wild – mit erstem Gameplay!
Das mit der fehlenden Konsolenankündigung kann ich in Zeiten von Corona verkraften. Wäre alles nach Plan verlaufen und keine Pandemie ausgebrochen, würde vielleicht wirklich Ende dieses Jahres eine Switch Pro mitsamt dem neuen Zelda als Launch-Titel erscheinen. So müssen wir uns eben noch weiter gedulden. Auch das zweite Open-World-Abenteuer mit Link wird sich nicht mehr 2021 blicken lassen, das bislang Gezeigte macht aber Lust auf mehr. Es hätte bloß gerne noch etwas mehr sein dürfen. Das Spiel wurde vor zwei Jahren angekündigt, da sind anderthalb Minuten Gameplay eben doch recht wenig. Trotzdem: Die Nintendo Direct war solide, vor allem auch dank Metroid Dread. Darüber hinaus aber richtige Highlights gefehlt.
Platz 3: Square Enix
Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass ich die Show von Square Enix auf Platz 3 packen würde. Aber Guardians of the Galaxy hat es mir angetan. Überraschend war die Ankündigung zwar nicht mehr, weil das Actionspiel bereits zuvor geleakt wurde, aber zum einen sieht es vielversprechend aus und zum anderen hat Square Enix richtig viel von dem neuen Titel aus dem Hause Eids Montréal gezeigt. Während zu viele andere Hersteller immer noch zu sehr auf Render-Trailer setzten, hat Square Enix reichlich Gameplay präsentiert. Es sind zwar noch einige Fragen offen, aber grundsätlich habe ich eine gute Vorstellung davon, was mich da im Oktober erwartet. Ja, allzu lange müssen wir gar nicht auf das Abenteuer mit Star-Lord, Gamora, Drax, Rocket und Groot warten.
Der Rest der "Square Enix Presents"-Show war auch recht solide. Gut, den Teil mit den Mobilegames hätte ich nicht gebraucht, aber mit Stranger of Paradise – Final Fantasy Origins gab es noch eine interessante Neuankündigung, auch wenn die a) genauso vorab geleakt wurde und b) das gezeigte Material noch nicht so sehr begeistert hat, wie ich mir das von einem Action-RPG der Nioh-Macher erwartet hätte. Dafür wirkt Platinum Games' Babylon's Fall, zu dem es endlich mal wieder was zu sehen gab, vielversprechend.
Platz 2: Devolver Digital
Bei E3-Shows geht es nicht nur um das, was gezeigt wird, sondern auch darum, wie es gezeigt wird. Kaum ein Publisher hat das so sehr verstanden wie Devolver. Seit Jahren inszeniert der seine Showcases wie kleine Filme, die reinste Satire sind und die Videospielbranche auf die Schippe nehmen. Auch dieses Jahr ist dem Unternehmen wieder eine vorzügliche Präsentation geglückt, die den einen oder anderen Lacher zu bieten hatte.
Dazu kam ein sehr solides Line-up. Ich freue mich auf Shadow Warrior 3 und Trek to Yomi sieht cool aus. Phantom Abyss ist ebenfalls ein cooles Spiel mit großem Potenzial. Devolver mag nicht die großen Blockbuster in seinem Portfolio haben, da man nun mal der "Indie-Publisher" der Branche ist. Aber dennoch ist für jeden was dabei und in Kombination mit der gelungenen Präsentation der Show macht das einen verdienten zweiten Platz.
Platz 1: Microsoft und Bethesda Softworks
Microsoft und Bethesda sind die klaren Sieger dieser E3. Keine Show war so prallgefüllt mit interessanten Spielen wie ihre. Noch dazu hatte sie ein fantastisches Pacing, weil es so gut wie kein Gelaber gab, sondern stattdessen einfach ein Trailer nach dem anderen abgefeuert wurde. Und viele davon waren auch noch richtig gut. Mit Forza Horizon 5 gab es eine richtig tolle Neuankündigung und das Spiel wurde auch noch mit reichlich Gameplay sowie Infos vorgestellt. So sollte jedes Spiel präsentiert werden, wenn es zum ersten Mal in einem solchem Rahmen gezeigt wird.
Ich muss allerdings sagen, dass auch bei Microsoft und Bethesda nicht alles perfekt war. Von Starfield etwa haben wir viel zu wenig gesehen. Und die letzte Ankündigung des Abends, der Koop-Shooter Redfall, hat nun auch keine große Vorfreude ausgelöst, weil es eben außer einem Render-Trailer nichts davon zu sehen gab. Zudem muss ich eines betonen: Microsoft hat seine Show auch dadurch aufgewertet, dass man diverse Dritthersteller an Bord geholt hat. Man denke nur an S.T.A.L.K.E.R. 2: Heart of Chernobyl (das immerhin eine Zeit lang Xbox-exklusiv sein wird), Battlefield 2042 und Diablo 2: Resurrected. Ja, auch ohne diese Spiele wäre die Show alles andere als schlecht gewesen und vermutlich immer noch auf meinem ersten Platz gelandet. Allerdings sollten wir eben nicht ausblenden, dass sich der Redmonder Konzern gerne mal etwas Vitamin B sichert, um eine so starke E3-Show abzuliefern.