Mafia feiert seinen 20. Geburtstag. Grund genug, einen Blick zurückzuwerfen auf eines der besten Spiele der 2000er.
Mafia erzählt die beste Gangster-Story der Videospielgeschichte
Auf die Frage, was das beste Gangsterspiel aller Zeiten ist, werden die meisten vermutlich mit GTA 5 antworten. Ist auch kein Wunder, das Ding ist schließlich das zweiterfolgreichste Videospiel aller Zeiten (hinter Minecraft) und in der Tat ein fantastisches Werk. Ich habe es geliebt, durch Los Santos zu fahren und mit Michael, Trevor sowie Franklin Raubüberfälle zu begehen. Doch so toll ich Rockstars Open-World-Hit finde, emotional hat es mich nie so sehr gepackt wie ein anderes Epos rund um Männer, die mit illegalen Aktivitäten ihr Geld verdienen. Und damit meine ich kein anderes GTA, sondern das großartige Mafia.
Schockverliebt in der Jugend
Vor 20 Jahren ist das Actionspiel aus dem Hause Illusion Softworks für den PC erschienen, Konsolenversionen folgten erst 2004. Ich las damals zwar schon Spielezeitschriften, so richtig aufmerksam wurde ich auf Mafia aber erst, nachdem ich zu einem späteren Zeitpunkt die Demo gespielt hatte. Die bot einerseits das Tutorial und andererseits die Mission, in der man eine Schnapslieferung in einem Parkhaus abholen soll, was mächtig in die Hose geht. Dieser kurze Einblick hat mir gereicht, um den Wunsch zu entwickeln, dieses Spiel unbedingt haben zu wollen.
Nun war ich eigentlich noch zu jung für Mafia. Das Spiel hat eine USK-Freigabe ab 16 Jahren erhalten, ich war damals 13. Zum Glück hatte ein Schulfreund eine Version, die ich mir ausleihen konnte. Und so wurde mir mein erster von vielen Durchläufen durch die fantastische Story rund um Thomas Angelo ermöglicht. Später schenkte mir mein Vater Mafia zum Geburtstag (und nein, da war ich immer noch nicht 16) und spätestens ab da war wurde es zu einem fast jährlichen Ritus, es einmal durchzuspielen. Keinen Abspann habe ich so oft gesehen wie den von Mafia (Filme ausgenommen).
Dabei muss ich zugeben, dass ich beim aller ersten Mal nicht ganz nach den Regeln der Entwickler gezockt habe. Mafia ist nämlich ein ganz schön schwieriges Spiel und zuweilen sogar regelrecht unfair designt. Nicht selten ist es mir passiert, bei Betreten eines Raumes sofort erschossen zu werden, weil der Gegner, der in irgendeiner Ecke hockte, ein viel schnelleres Reaktionsvermögen hatte, als ich es jemals hätte haben können. Was habe ich folglich als junger Bub gemacht? Richtig, den Unverwundbarkeits-Cheat genutzt. Ich wollte schließlich unbedingt wissen, wie die Geschichte ausgeht. Und zum berühmtberüchtigten Autorennen muss ich wohl nicht viel sagen, oder? Bevor es irgendwann mal einen Patch gab, der dafür mehrere Schwierigkeitsgrade geliefert hat, hat doch wohl jeder den Trick mit der Abkürzung genutzt. Wer das Ding in der Urversion mit fairen Mitteln gewonnen hat, verdient meiner Ansicht nach einen Orden.
Das "Der Pate" der Videospiele
Keine Bange, mittlerweile habe ich Mafia mehrere Male durchgespielt, ohne zu cheaten. Ich habe mich der Herausforderung gestellt, mich jedes Mal über mehrere besonders knackige Missionen geärgert, aber das war es stets wert. Für mich ist Mafia bis heute ein Spiel, das keinen würdigen Erben erhalten hat. Wie meine ich das? Nun, das hat vor allem mit seiner Geschichte zu tun. Die Story von Thomas Angelo, der vom Taxifahrer zum Gangster wird und sowohl seinen Aufstieg in den Reihen der Mafia als auch Abstieg thematisiert, gehört für mich zum Besten, was Videospiele zu bieten haben. Trotz all der schrecklichen Dinge, die Tommy im Verlauf der Handlung tut, fiebere ich mit ihm mit und kann mich sogar mit ihm identifizieren – zumindest ansatzweise. Kein anderes Spiel, in dem ich einen (Gewalt-)Verbrecher spiele, hat das in dem Ausmaß. Nicht mal irgendein GTA erreicht dieses erzählerische Niveau.
Zugeben, auch Mafia ist narrativ nicht perfekt. Dass Tommys Frau Sarah nur ein einziges Mal im Spiel zu sehen ist, hat mich schon immer etwas gestört. Viel gewichtiger ist jedoch, dass der Protagonist in einer Mission eine bestimmte Person liquidieren soll, es dann aber nicht tut, weil er sie kennt … und ich als Spieler keine Ahnung habe, wer sie eigentlich ist, weil sie bis zu diesem Moment nur einen einzigen Satz in die Kamera sagt. Trotzdem: Der Plot an sich, die zentralen Figuren, die Inszenierung – all das war vor 20 Jahren meisterlich. Selbst aus heutiger Sicht kann man, wenn man das Alter bedenkt, noch Respekt vor der Leistung der Entwickler haben.
Mafia bietet mehr als nur eine gute Story
Noch dazu sah Mafia damals grafisch richtig gut aus, viel hübscher als das kurze Zeit später erschienene GTA: Vice City. Aber gut, da hat sich eben bemerkbar gemacht, dass es primär für den PC und nicht die Konsolen entwickelt wurde. Dadurch waren für damalige Verhältnisse sehr detaillierte Charaktermodelle möglich, die mit ihren guten Animationen den Figuren Leben einhauchten – auch ein Grund, warum die Zwischensequenzen zum Besten gehörten, was man Anfang der 2000er so gekannt hat.
Ich habe mich aber nicht nur in die Story und Präsentation verliebt, sondern auch in das Gameplay. Ich gebe zu, dass mein Vergleichshorizont damals recht klein war. Sicherlich waren zu dem Zeitpunkt schon bessere Third-Person-Shooter erschienen (hallo, Max Payne), aber mir hat das Ballern mit abgesägter Schrotflinte, Tommy Gun und Co sehr viel Spaß gemacht. Gleiches gilt für die Autofahrten durch die belebte Stadt Lost Heaven, die nur als Kulisse dient. Mafia ist kein richtiges Open-World-Spiel, es gibt abseits der linearen Missionen nichts zu tun. Trotzdem würde ich die offene Stadt nicht missen wollen, weil sie ein sehr atmosphärischer Schauplatz ist. Eine zusammenhängende Welt, in der ich frei herumfahren kann und wo ich genau weiß, wo welche Location ist, ist schlicht immersiver, als wenn das Spiel von einem separaten Schlauchlevel zum nächsten springen würde.
Zu guter Letzt sind mir die abwechslungsreichen Missionen von Mafia im Gedächtnis geblieben. Mal ballere ich mich durch ein Bordell, mal schleiche ich nachts in eine Villa, um Sachen aus einem Safe zu klauen. Gut, die meisten Aufträgen laufen darauf hinaus, dass ich etliche feindliche Mafiosi oder Polizisten über den Haufen schieße oder mir eine Autoverfolgungsjagd mit ihnen liefere. Aber die vielfältigen Schauplätze und immer wieder eingestreuten Zwischensequenzen verhindern das Aufkeimen von Langeweile komplett.
Ein großartiges Remake für einen großen Klassiker
Mir ist bewusst, dass Mafia heute nicht mehr so ganz den Test der Zeit bestehen würde. Wer damit nicht aufgewachsen ist, wird die Grafik sicherlich als vollkommen veraltet und deshalb hässlich abstempeln. Und auch das Gameplay lockt heute niemanden mehr hinterm Ofen hervor. Doch zum Glück gibt es seit 2020 das Remake. Die Mafia: Definitive Edition ist eine Neuauflage, wie man sie sich nur wünschen konnte: Moderne Shooter-Mechanik, zeitgemäße Optik und sogar einige erzählerische Verbesserungen gegenüber dem Original. Mehr dazu lest ihr in unserem Test zur Mafia: Definitive Edition.
Vermutlich wird das Remake das alte Spiel für mich nie vollständig ersetzen. Ich kann mir vorstellen, auch den Klassiker noch das eine oder andere Mal zu installieren. Und falls ihr den noch gar nicht kennt und euch ein wenig Computerspielhistorie draufschaffen wollt: Bis zum 5. September gibt es Mafia gratis auf Steam. Einmal eurer Bibliothek hinzufügen und das Ding gehört euch.
Je höher die Zahl, desto niedriger der Spielspaß
Mafia hat bislang zwei Nachfolger erhalten. 2010 erschien nach langer Wartezeit Mafia 2, von dem ich damals schwer enttäuscht war. Es ist bei weitem kein schlechtes Spiel gewesen. Allerdings hat es erzählerisch nicht die Klasse des Vorgängers. Hauptcharakter Vito Scaletta ist deutlich unsympathischer als Thomas Angelo, bis auf seinen besten Kumpel Joe mangelt es dem Spiel an interessanten Nebenfiguren und das Ende ist sehr abrupt und offen.
Hinzu kommt noch, dass die Entwickler vorhatten, einen richtigen Open-World-Titel mit Nebenmissionen und -beschäftigungen zu bauen, den ganzen optionalen Kram aber kurz vor knapp entfernt haben. Verweise darauf findet man an mehreren Ecken im Spiel. Blöd nur, dass im Vorfeld eben versprochen wurde, dass Mafia 2 nicht so linear ausfallen sollte wie Teil 1. Dementsprechend war ich nicht ganz glücklich damit, als ich beim Spielen herausfand, dass an vielen Stellen die Schere angesetzt wurde.
Und Mafia 3? Nun, das ist ein Kapitel für sich. Die Mafia spielt hier nicht mehr die Hauptrolle, da ich als schwarzer Vietnamveteran Lincoln Clay gegen die italienischen Gangster kämpfe. Die Story ist zwar gut, aber das Spiel hätte auch einen ganz anderen Namen tragen können. Ein richtiges Mafia ist es jedenfalls nicht mehr. Hinzu kommt, dass der Titel schwere technische Probleme zum Release hatte und zu viele der Missionen zu generisch sind.
Mich hat es sehr an das erste Assassin's Creed erinnert, wo ich als Altair auch ständig irgendwelche angeblichen Nebenmissionen erledigen muss (die total langweilig sind), damit ich bereit bin für das nächste große Attentat in der Hauptgeschichte. Mafia 3 ist ganz ähnlich aufgebaut und wird daher schnell sehr eintönig. Dass die Gegner-KI dann auch noch ziemlich dämlich ist und dadurch das ansonsten solide Stealth- und Shooter-Gameplay nur mäßig viel Spaß macht, hilft logischerweise auch nicht.
Hoffnungsvoller Blick gen Mafia 4
Dass Entwickler Hangar 13 doch was Gutes fabrizieren kann, haben die Kalifornier mit der Mafia: Definitive Edition unter Beweis gestellt. So haben sie mein Vertrauen zurückgewonnen und dementsprechend erfreut mich die Nachricht, dass das Team an einem neuen Mafia-Spiel arbeitet. Das wurde anlässlich des Jubiläums von Teil 1 offiziell bestätigt, nachdem bereits vor ein paar Monaten ein Gerücht dazu aufkam. Weitere Infos hat Hangar 13 noch nicht verraten, angeblich werkele man aber an einem Prequel. Wenn das stimmen sollte, fände ich das prächtig.
Mafia 1 spielt in den 30ern. Es wäre daher naheliegend, dass das neue Spiel in den 20ern angesiedelt ist und die Prohibition thematisiert. In dem Fall bekämen wir wieder eine klassische Mafiageschichte präsentiert und genau das wollen wir Fans doch, oder? Bei allem Respekt dafür, dass Hangar 13 sich für Mafia 3 an das Thema Rassismus herangetraut hat, aber in einem Mafiaspiel möchte ich bitte jemandem in Nadelstreifenanzug und Trenchcoat spielen, der Teil der Cosa Nostra ist.
Von mir aus darf auch der neue Teil wieder eine lineare Erfahrung mit einer Länge von 10 bis 15 Stunden sein. Ich meckere nicht, wenn Hangar 13 diesmal eine richtig gute Open World mit interessanten optionalen Inhalten kreiert. Jedoch gibt es heutzutage so viele Umfangsmonster, dass ich ein kompakteres Spiel, dessen Spielwelt einfach nur zur Stärkung der Atmosphäre dient, sehr begrüßen würde.
Bis wir genau erfahren, was es mit dem nächsten Mafia auf sich hat, werden noch einige Jahre vergehen. Bis dahin werde ich vermutlich den ersten Teil noch mehrere Male durchspielen – in seiner legendären ursprünglichen Form und als Definitive Edition. Zwar hat er vor vier Jahren mit Red Dead Redemption 2 einen starken Konkurrenten bekommen, wenn es darum geht, was denn nun mein absolutes Lieblingsspiel ist, aber er wird für immer einen Platz in meinem Herzen haben. In diesem Sinne: Alles Gute zum 20. Geburtstag!