Das Service-Modell von Battlefield 5 ist gescheitert, weil DICE lieber experiment hat, statt die Stärken auszubauen.
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Battlefield 5: Chance vertan
Wir beginnen diesen Artikel mit einem Selbstzitat: "Battlefield 5 ist noch nicht der Heiland für Fans, aber wie ein kleines Kind, dem Großes vorherbestimmt ist und das seine Chance nur ergreifen muss, um sich selbst unsterblich zu machen." Mit diesen Worten führten wir unseren am 23. November 2018 erschienenen Artikel zu Ende, in dem wir der Frage auf den Grund gegangen sind, ob Battlefield 5 der beste Teil der Reihe ist. Kurz gesagt: Nein, er zeigte aber das Potenzial, genau das zu werden. Wir waren vom Gameplay begeistert, von der Grafik, dem Sound, dem Kartendesign und den spielerischen Neuerungen. Und was die Sache mit dem etwas mageren Umfang zum Release betraf: Da waren wir optimistisch, dass DICE genug Maps, Waffen, Fahrzeuge und vor allem Fraktionen per Updates nachreichen würde – und das auch noch kostenlos, dem Wegfall des Premiumpasses sei Dank. Oh Boy, wie wir uns getäuscht haben!
Wir möchten zunächst nochmal festhalten, dass Battlefield 5 beileibe kein schlechter Shooter ist. Was wir vor knapp vier Monaten zur Technik, Spielmechanik und den Karten geschrieben haben, dazu stehen wir nach wie vor. Es ist nicht so, als hätte DICE so sehr an dem Spiel herumgeschraubt, dass dabei irgendwelche großen Schäden entstanden wären. Die Multiplayer-Gefechte spielen sich auch heute noch grandios. Nur so richtig Lust, uns aufs Schlachtfeld zu wagen, hatten wir in letzter Zeit nicht mehr. Und das liegt vor allem daran, dass die Entwickler zu wenig von dem geliefert haben, was wir uns von dem "Games as a Service"-Modell versprochen haben, und sich zu sehr auf Dinge konzentriert haben, die den Fans gar nicht so wichtig sind.
Zwei Nationen machen noch keinen Weltkrieg
Wagen wir einen Blick zurück: Battlefield 5 ist am 20. November 2018 offiziell erschienen, wobei Abonnenten von Origin Access schon am 9. November loszocken durften. Das Spiel ging mit drei der sogenannten Kriegsgeschichten, also kurzen Einzelspielerkampagnen, und einer Reihe an Mehrspielermodi, die auf acht Karten gespielt wurden, an den Start. Die Anzahl an Schauplätzen war den Spielern zu gering. In jedem der Vorgänger gab es mehr Maps, Battlefield 1 hatte wenigstens noch neun Stück zum Release.
Außerdem störten sich viele daran, dass nur die Briten und Deutschen spielbar waren - keine Sowjets, Amerikaner, Franzosen oder Japaner. Somit fehlten auch die Ostfront sowie der Pazifik als Szenarien. Aber hey, es war ja angekündigt, dass DICE viele Inhalte gratis nachschieben würde. All das, was fehlte, würde also sicherlich im Verlauf der Zeit den Weg ins Spiel finden.
DICE spart an Maps
Anfang Dezember erschien die erste Inhaltserweiterung, die eine vierte Kriegsgeschichte und die Karte "Panzersturm" ins Spiel implementierte. So richtig gut kam die auf Panzerschlachten ausgelegte Map nicht an, weil es auf ihr kaum Deckungsmöglichkeiten für Infanteristen gab. Wer zu Fuß unterwegs war, war ein leichtes Ziel für feindliche Fahrzeuge (das änderte sich zum Glück später mit einem Update). Immerhin: Nach nicht mal einem Monat gab es die erste neue Karte und die Community freute sich auf mehr Nachschub.
Im Januar erschien das erste Update des "Blitzeinschlag"-Kapitels von Battlefield 5. Diesmal gab es keine neue Map, sondern den Modus "Trupp-Eroberung", eine kleinere Variante von "Eroberung" mit weniger Spielern, Kontrollpunkten und nur begrenztem Zugriff auf Fahrzeuge. Dazu gab es frische Waffen. Wer darauf gehofft hatte, das Kapitel werde in seinem späteren Verlauf noch ein weiteres Schlachtfeld bereithalten, der wurde enttäuscht. Stattdessen führte DICE im Februar den Koop-Modus "Combined Arms" ein, der sich leider als riesiger Flop entpuppte. Statt spannend inszenierten PvE-Missionen bekamen wir bloß lahme Partien auf den bekannten Karten gegen wenig intelligente Bots geliefert. Das hat so niemand in Battlefield 5 gebraucht.
Im März hielt dann endlich ein Spielmodus Einzug, der einst zum Standardrepertoire eines jeden Battlefields gehörte, zumindest seit dem ersten Bad Company. Die Rede ist von "Rush". Doch wieder wurden die Fans enttäuscht: Zum einen war das Ganze nur bis zum 20. März spielbar und verabschiedete sich dann wieder aus dem Actionspiel. Zum anderen gab es erneut keine neue Karte. Na gut, Ende des vergangenen Monats wurde schon ein frisches Schlachtfeld eingebaut. Doch das ist keine gewöhnliche Mehrspieler-Map für "Eroberung" und die anderen Modi, sondern der Level von "Feuersturm", der Battle-Royale-Variante von Battlefield 5.
Nachschub kommt, aber im Schneckentempo
Nun haben wir Anfang April, Battlefield 5 ist seit über fünf Monaten auf dem Markt und zählt gerade mal neun Maps für "Eroberung" und die "Großen Operationen", also die beliebtesten Modi – so viele, wie Battlefield 1 zum Release hatte. Das ist eindeutig zu wenig. So toll die Karten auch sind, irgendwann hat sich die Community an ihnen einfach satt gespielt. Und das ist längst eingetreten. Die gute Nachricht: DICE hat jüngst eine Roadmap für das restliche Jahr veröffentlicht und neue Schlachtfelder angekündigt. Die schlechte: Bis Sommer bekommen wir lediglich zwei große, typische Battlefield-Karten geliefert. "Merkur" spielt auf Kreta und "Marita" in Griechenland.
Nun hat DICE auch noch enthüllt, dass im Sommer ein neuer Spielmodus erscheinen wird, in dem Fünf-Mann-Teams auf engen Karten gegeneinander antreten. Jene Levels werden neugebaut, sind also keine Ausschnitte der großen Schlachtfelder aus "Eroberung" und Co. Das könnte eine nette Abwechslung zu den großen Massenschlachten werden, keine Frage, aber wird dieser Modus das sein, was Fans von einem Battlefield haben wollen? Wohl kaum!
DICE lässt nach
Das vierte Kapitel namens "Gegen jede Chance", zu dem "Martia" gehört, startet im Juni. Jedes Kapitel von Battlefield 5 umspannt drei Monate. Nach aktuellem Wissensstand sieht es also so aus, dass das Spiel ein Dreivierteljahr nach seiner Veröffentlichung zwölf gewöhnliche Battlefield-Maps umfassen wird. Zum Vergleich: Battlefield 1 startete mit neun Karten und erhielt in seinen ersten neun Monaten acht weitere Schauplätze. Wer im Mathematikunterricht aufgepasst hat, dem wird aufgefallen sein, dass das fünf Maps mehr sind. Klar, bei Battlefield 1 gab es die DLCs nur gegen echtes Geld. Im Fall von Teil 5 sind alle Erweiterungen kostenlos. Doch es ist schon bezeichnend, wie viel weniger Inhalt DICE für das, was die Community an einem Battlefield am meisten schätzt (also die normalen Online-Matches auf großen Karten mit Fahrzeugen und bis zu 64 Spielern), nachschiebt.
Am Fan vorbeientwickelt
Nun ist es nicht so, dass in den vergangenen Monaten kaum neuer Inhalt für Battlefield 5 allgemein erschienen sei. Neue Spielmodi, eine zusätzliche Kampagne, viele frische Waffen, mehrere Fahrzeuge und eine riesige Menge an kosmetischen Items – quantitativ betrachtet ist das schon in Ordnung. Doch nichts davon hat für Jubelstürme der Community gesorgt.
Der jüngst erschienene "Feuersturm"-Modus ist ein gutes Beispiel dafür, was DICE falschgemacht hat: Er ist grundsätzlich nicht schlecht. Battle Royale war noch nie hübscher und die zerstörbare Umgebung sowie die Panzer bringen frischen Wind in das noch junge Untergenre. Doch kaum jemand dürfte Battlefield 5 auf längere Sicht zocken, weil er einfach nur "Feuersturm" spielen möchte. Als Abwechslung vom "Eroberung"-Alltag ist das nett, doch wer einzig auf das Battle-Royale-Erlebnis aus ist, ist mit dem kostenlosen Apex Legends viel besser bedient. Das spielt sich komfortabler und hat nicht so viele technische Probleme. Letztere plagen leider noch die jüngste Ergänzung von Battlefield 5.
Wer Battlefield spielen möchte, will in der Regel das klassische Battlefield-Erlebnis: 2 Teams à 32 Spieler, große Karten, Kontrollpunkte zum Erobern und klassenbasiertes Gameplay. Für genau die Zielgruppe hat DICE in den vergangenen Monaten einfach zu wenig interessante Neuerungen fabriziert und der Ausblick auf die Zeit bis August stimmt nicht deutlich positiver.
Der goldene Herbst für Battlefield 5?
Der große Hoffnungsschimmer ist das fünfte Kapitel, das im Herbst ansteht. Es hat noch keinen Namen und die Entwickler haben auch noch keine Details verraten. Es ist aber die Rede davon, dass "ein Riese" geweckt wird und eine "groß angelegte Invasion an einem neuen Kriegsschauplatz" stattfinden solle. Das deutet stark auf die USA und den Pazifikkonflikt hin. Das würde bedeuten, dass es fast ein Jahr nach dem Release von Battlefield 5 endlich zwei neue Fraktionen (die US-Armee und Japan) geben würde. Und die würden sich hoffentlich auf mehr Karten als nur einer einzigen bekriegen.
Bis Kapitel 5 startet, vergehen nun aber nochmal fünf Monate. Und bevor DICE keine handfesten Infos zu dessen Neuerungen preisgibt, können wir eben nur hoffen, dass sich damit alles zum Guten wendet. Doch richtige Vorfreude will sich bei uns noch nicht entwickeln. Wir haben das Gefühl, DICE habe komplett vergessen, was Battlefield auszeichnet. Statt sich auf das Kern-Gameplay zu konzentrieren, hat man viel zu viel Energie in Spielelemente gesteckt, wegen denen so gut wie niemand Battlefield 5 kauft.
Tatsächlich sind die Verkaufszahlen hinter den Erwartungen von EA geblieben, was aber auch am missglückten Marketing vor Release sowie der wenig überzeugenden Beta liegt. Doch eine neue Map alle paar Monate, Events und kosmetischer Kram werden das Ruder nicht herumreißen. Für DICE gilt nun: klotzen statt kleckern. Kapitel 5 muss richtig rocken, dann könnte Battlefield 5 doch noch zu einem Dauerbrenner wie zuletzt Battlefield 4 werden. Dessen Geschichte sollte den Entwicklern eigentlich Motivation genug sein: War der vierte Teil anfangs ein technisches Desaster und lief erst nach vielen Updates halbwegs rund, gilt er nun schon seit einigen Jahren als eines der besten Battlefields und zählt immer noch recht viele Spieler. Wäre doch klasse, wenn sich Teil 5 genauso entwickeln würde.