Es gibt Spiele, in denen ihr andere Titel spielen könnt. Wir nennen euch die, die mit diesem coolen Feature aufwarten.
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Digitale Matrjoschka: Wenn man Spiele in Spielen spielen kann
Jeder kennt sie: Matrjoschka-Puppen. Das sind diese kleinen, aus Holz gefertigten Figuren aus Russland. Ihr Markenzeichen: In jedem Exemplar stecken mehrere kleine Matrjoschkas. Etwas Ähnliches gibt es auch in der Videospielwelt. Es gibt Games, in denen wiederum andere Titel enthalten sind, sei es nun als Easter Eggs oder als dem Spieler gegenüber offen präsentierte Minigames, mit denen er sich abseits der Hauptgeschichte beschäftigen kann. Über Minispiele im Allgemeinen haben wir bereits in einem vergangenen Artikel geschrieben. Diesmal soll es also wirklich nur um die Fälle gehen, bei denen sich Spiele, die früher vielleicht selber in den Händlerregalen standen, in neueren Werken spielbar sind.
Alte Klassiker in modernen Spielen
Tatsächlich ist es so, dass es sich bei den Beispielen, die wir in diesem Special aufführen, komplett um Spiele dreht, innerhalb deren Welten ihr alte Klassiker zocken könnt. Das ist ja auch irgendwie logisch: Es würde wohl kaum ein Entwickler hingehen und ein Spiel, das erst vor wenigen Monaten erschienen ist, in einen späteren Titel implementieren. Sowieso könnte beispielsweise ein Far Cry 5 wohl kaum das komplette Assassin’s Creed Origins enthalten, da beide im Abstand von nur wenigen Monaten erschienen sind. Mal abgesehen davon, dass Ubisoft wohl kaum den einen Vollpreistitel in den anderen integrieren würde, hätten es die „Far Cry 5“-Entwickler auch schwer, in ihr Werk noch das jüngste Assassinenabenteuer zu quetschen, wenn das doch erst kurze Zeit vor dem eigenen Spiel fertig wurde.
Eine weitere Gemeinsamkeit: Wenn in einem Spiel andere Titel zu finden sind, handelt es sich dabei stets um Games, die vom selben Entwickler beziehungsweise Publisher stammen. In einem Assassin’s Creed (um bei dem Beispiel zu bleiben), werdet ihr wohl kaum jemals ein altes Call of Duty oder FIFA spielen können, sofern Ubisoft nicht Activision Blizzard beziehungsweise Electronic Arts aufkauft (der umgekehrte Fall wäre da noch wahrscheinlicher).
Japaner lieben Arcade-Hallen
Eines der offensichtlichsten Beispiele für Titel, in dem ihr andere Games zocken könnt, ist die Yakuza-Reihe von SEGA. Klar, hierzulande mögen ihr noch nicht so viele Leute Aufmerksamkeit schenken wie in Japan. Die Open-World-Spiele, die sich, der Name deutet es an, immer mit dem japanischen Äquivalent zur Mafia befassen, sind zwar fast alle im Westen erschienen, kamen hierzulande aber stets deutlich später raus als in Japan. Außerdem gibt es nur die Originalsprachausgabe und englische Untertitel, eine deutsche Lokalisierung existiert nicht.
Dennoch steht kaum eine Serie dafür, dass alte Arcade-Games als Nebenaktivität dienen, wie Yakuza. In dem Prequel Yakuza 0 zum Beispiel, das in den Achtzigern spielt, könnt ihr euch in den Arcade-Hallen mit Klassikern vergnügen, die in dem Jahrzehnt topaktuell waren. Unter anderem ist OutRun spielbar, das 1986 auf den Markt kam. In dem Rennspiel fahrt ihr mit einem Cabriolet und einer hübschen Blondine als Beifahrerin durch eine Spielwelt, die an das sonnige Kalifornien erinnert. Euer Gegner ist dabei die Zeit. Ihr müsst vier Checkpoints erreichen, bevor der Counter abgelaufen ist, sonst heißt es „Game Over“. Neben OutRun sind in Yakuza 0 auch noch Space Harrier, Fantasy Zone und Hang-On spielbar. Besonders cool: Ihr könnt jene Titel sogar per Remote Play auf der PlayStation Vita zocken – also, wenn ihr denn einer der zwei Menschen auf Erden seid, die den Handheld besitzen.
Modernes Prügelspiel als Beigabe
Yakuza 6, der jüngste Teil der Serie, hat noch einen draufgelegt. Der spielt in der Gegenwart, weshalb ihr nicht nur OutRun, Space Harrier und Super Hang-On, sondern auch zwei jüngere Titel spielen könnt. Das wäre zum einen Puyo Puyo, das Tetris sehr stark ähnelt, zum andern Virtua Fighter 5 Final Showdown. Ja, richtig gelesen: Yakuza 6: The Song of Life enthält die komplette Arcade-Version des Kampfspiels von 2010, das zwei Jahre später für die PS3 und Xbox 360 erschienen ist.
Euch stehen 20 Charaktere zur Verfügung, ihr könnt euch durch den klassischen Arcade-Modus prügeln und habt sogar die Möglichkeit, im lokalen Multiplayer-Modus gegen einen Freund anzutreten. Sofern ihr also zu den Spielern gehört, die sich eh nicht auf die Online-Server eines solchen Titels trauen, weil sie dort nur windelweich geprügelt werden, braucht ihr euch Virtua Fighter 5 eigentlich gar nicht mehr separat kaufen. Holt euch einfach Yakuza 6 für die PS4! Ihr spart es euch, eure alte PS3 oder 360 abstauben zu müssen, und stellt euch obendrein noch ein richtig gutes, umfangreiches Actionspiel mit packender Gangster-Story ins Regal.
Klar, seid ihr nur auf Virtua Fighter 5 aus, müsstet ihr euch erst mal durch den kompletten Anfang von Yakuza 6 spielen, bis ihr die Gelegenheit bekommt, in die entsprechende Arcade-Halle zu gehen. Aber für Fans beider Serien ist es doch einfach großartig, dass so ein vergleichsweise modernes Spiel als Nebenbeschäftigung in einem anderen Titel steckt.
SEGA und Nintendo lassen Retroherzen höher schlagen
Wenn wir über Yakuza und dessen Arcade-Hallen sprechen, kommen wir auch nicht drumherum, Shenmue zu erwähnen. Die Spiele von Yū Suzuki sind zum einen die geistigen Vorgänger der Yakuza-Reihe (beide Serien haben viele Gemeinsamkeiten), zum anderen sind die Arcade-Titel, die ihr in Shenmue und beispielsweise in Yakuza 0 spielen könnt, teilweise identisch. Denn unter anderem sind Hang-On und Space Harrier in dem Dreamcast-Klassiker enthalten. Das ist auch kein Wunder, schließlich stammen die beiden ebenfalls von Herrn Suzuki.
Ein anderes Beispiel aus Japan, wir wechseln von SEGA zu Nintendo, ist Animal Crossing. Der erste Teil der Reihe, der hierzulande 2001 für den GameCube erschienen ist, bietet die Möglichkeit, alte NES-Spiele zu zocken. In der Simulation könnt ihr auf verschiedenen Wegen den Besitz von entsprechenden Modulen kommen. Zum Beispiel sind Donkey Kong, Tennis, Excitebike und noch ein paar andere Titel als Gewinne bei der Lotterie von Tom Nook zu haben. Auf der Insel, die es in Animal Crossing gibt, lassen sich Wario’s Woods und Baseball ergattern. Und per e-Reader-Karten, die es nur in Amerika gab, konnte man Mario Bros. sowie Ice Climber in den GameCube-Titel importieren.
Nathan Drake lernt Crash Bandicoot kennen
Nicht nur die Japaner haben alte Klassiker in jüngere Spiele implementiert. In der jüngeren Vergangenheit wurden wir beispielsweise von Uncharted 4: A Thief’s End damit überrascht, dass wir in einem der ersten Kapitel des Actionspiels plötzlich Crash Bandicoot zocken – das Jump and Run, mit dem der Entwickler Naughty Dog zu weltweiter Bekanntheit gelangte. Der Klassiker ist dabei auf sehr charmante Art in Uncharted 4 integriert: Zwar steuert ihr praktisch gesehen den Nasenbeutler Crash, eigentlich spielt ihr aber immer noch Nathan Drake, nur dass der eben gerade Crash Bandicoot zockt.
Was in älteren Spielen eine komplette Zwischensequenz gewesen wäre, ist hier interaktiv. Das Lustige an der Szene: Nathan ist eigentlich gar kein Videospieler. Er kennt nicht mal den Namen des Spiels. Seine Frau Elena ist die „Expertin“. Nathans Ziel ist es, ihren Highscore zu knacken. Ob euch das gelingt? Das Beste an der Szene ist aber sowieso der Dialog zwischen Nathan und Elena. Wenn Nate anfangs darüber herzieht, dass es so lange dauert, bis das Spiel läuft, können wir uns als Zuschauer ein Schmunzeln nicht verkneifen. Überhaupt: Wer bei der Szene nicht in Nostalgie verfällt, ist entweder nicht älter als Crash Bandicoot selbst, nicht mit der PlayStation aufgewachsen oder schlicht kein Fan von Jump and Runs.
Ein Adventure-Klassiker in einem anderen
Zum Schluss haben wir noch ein Schmankerl für alle Fans von klassischen Adventures: Mit Day of the Tentacle lieferte LucasArts 1993 einen Genremeilenstein ab. Es ist nicht der einzige Titel des Studios, der diese Bezeichnung verdient hat (für Monkey Island gilt das Gleiche), aber für viele ist DOTT, wie es abgekürzt wird, das beste Point-and-Click-Abenteuer aller Zeiten. Das entscheidende Detail, weshalb wir es in diesem Artikel nicht unerwähnt lassen dürfen: Ihr könnt darin den kompletten Vorgänger Maniac Mansion von 1987 zocken. Der ist das erste Spiel mit der berühmten SCUMM-Engine gewesen, die für damalige Verhältnisse absolut revolutionär war.
In Day of the Tentacle ist Maniac Mansion als Easter Egg versteckt: Ihr müsst einfach als Bernard in das Zimmer von Eddy gehen. Dort steht ein Computer, den ihr benutzen könnt, um den Vorläufer zu spielen. Und ja, das geht auch in der Remastered-Fassung von DOTT, die vor circa zwei Jahren erschienen ist. Maniac Mansion ist dabei aber nicht aufgehübscht, sondern exakt in der Version spielbar, die vor 21 Jahren auf den Markt kam.
Wir sind gespannt, was es in Zukunft für Spiele geben wird, die ältere Titel enthalten. Ob es in Shenmue 3 wieder Arcadegames geben wird? Sicherlich werden wir auch im nächsten Yakuza nicht darauf verzichten müssen. Vielleicht überraschen uns aber auch noch andere Franchises mit ähnlichen Dingen. Rockstar Games, wie wäre es, wenn ihr uns in GTA 6 das erste Grand Theft Auto spielen lasst? Würde sich doch gut anbieten.