Die Dota Mod Auto Chess geht bei Steam gerade härter durch die Decke als das Geplärre der Nachbarskinder in der Wohnung unten drunter. Aber was hat es mit dem ganzen Getöse eigentlich auf sich?
Was zur Hölle ist Auto Chess und wie wird es gespielt?
Was wären Games nur ohne Mods? Skyrims Vegetation bestünde weiterhin aus drögen Bäumen und Sträuchern satt aus dekorativen menschlichen Extremitäten und GTA V hätte so gar nichts mit Pokémon zu tun, obwohl die beiden Spiele ganz offensichtlich füreinander gemacht sind. Abgesehen von schierer Durchgeknalltheit gibt es dann noch Mods, die aus dem Ausgangsmaterial tatsächlich ein völlig neues Spielerlebnis basteln. Die eine oder andere Mod bringt es am Ende gar zu mehr Popularität als das Original. Bestes Beispiel: Dota. Geboren als Mod für Warcraft III hat sich das MOBA und sein Nachfolger Dota 2 zur weltweiten Sensation entwickelt. "Yo dawg, wir hörten, du magst Mods? Also haben wir eine Mod aus deiner Mod gemacht", dachten sich wohl findige Zocker frei nach Xzibit und haben Dota 2 noch einmal modifiziert. Dabei herausgekommen ist Dota Auto Chess.
Sogar die Publisher wollen ein Stück vom Hype-Kuchen
Aber was erzählen wir euch eigentlich? Wenn ihr nicht gerade unter einem Stein lebt, sollte euch Auto Chess mehr als nur ein Begriff sein. Seit die Modifikation Anfang des Jahres bei Steam an den Start ging, hat sie eingeschlagen wie ein Sprengsatz von Squee, Spleen und Spoon. Inzwischen verbucht das Spiel fast 10 Millionen Abonnenten im Steam Store. Let’s Player und Streamer senden auf YouTube und Steam in Dauerschleife und, der größte Ritterschlag von allen, die Industrie versucht, auf den Hype-Zug aufzuspringen. Dota-Entwickler Valve stellt mit "Underlords" inzwischen eine offizielle Version von Auto Chess, Riot Games hat seinerseits eine an Auto Chess angelehnte Variante von League of Legends entwickelt, die auf den sagenhaft generischen Namen "Teamfight Tactics" hört. Wobei man fairerweise sagen muss, dass der Name besser passt als der des Originals.
Wie spielt sich Auto Chess denn nun?
Dota Auto Chess hat nämlich so gar nichts mit Schach zu tun, auch nicht mit Autos und nur im Entferntesten mit Dota. In Wirklichkeit hat es mehr Gemeinsamkeiten mit Quartett. Lediglich die Spielwelt ist von Valves MOBA geborgt, der facettenreiche Heldenpool, um genau zu sein. In Auto Chess tretet ihr nämlich in rundenbasierten Matches gegen andere Spieler oder die KI an, in denen Figuren in Duellen automatisch gegeneinander kämpfen, bis eine von ihnen den virtuellen Löffel abgibt. Mit dem actiongeladenen Gameplay in Echtzeit, das sonst in Dota Programm ist, ist das weit entfernt.
Aber erst mal auf Anfang: In Auto Chess spielen pro Match acht Kontrahenten gegeneinander, ob echt oder künstlich intelligent. Bevor das Spiel richtig losgeht, müssen alle Spieler ihr Geld in ein Portfolio an Helden investieren. Es gibt viele verschiedene Einheiten, die sich nicht nur optisch unterscheiden. Jede Einheit verfügt über andere Basiswerte, Effekte und Boni. Letztere erhaltet ihr, indem ihr zueinander passende Mitglieder für eurer Teams wählt und im Laufe des Spiels so lange wie möglich an ihnen festhaltet. Theoretisch könnt ihr euren Kader nach jeder Runde nämlich neu mischen beziehungsweise erweitern. Aber dafür müsst ihr die vorangegangene Runde erst einmal überleben.
A U T O Chess
Eine Runde beginnt, wenn ihr euer Team auf dem Spielbrett positioniert habt. Pro Runde tretet ihr gegen das Team eines anderen Spielers an, beziehungsweise gegen eine Kopie des Teams. Denn in Auto Chess habt ihr nie direkten Kontakt zum Gegner. Das ist auch gar nicht nötig, weil ihr keinen Einfluss mehr auf den Spielverlauf habt, sobald eine Runde startet. Die Spielfiguren kämpfen automatisch gegeneinander, bis ein Team vom Feld gefegt wurde. Daher das "Auto" im Spieltitel. Der Besitzer oder die Besitzerin des Siegerteams erhält nach einer Runde zur Belohnung Gold, das er oder sie in der nächsten Runde in neue Einheiten investieren kann. Außerdem gehen Erfahrungspunkte auf das Konto des oder der Triumphierenden beziehungsweise an die XP-Leiste des sogenannten "Couriers".
Der Courier fungiert stellvertretend für Spieler als zentrale Figur im Game. Er gewinnt pro Runde Erfahrungspunkte und langfristig Levels. Jeder Courier beginnt auf Level 1 und kann sich im Laufe eines Spiels bis auf Level 10 steigern. Für jeden Level eures Couriers dürft ihr eine Einheit für euer Team rekrutieren. In der ersten Runde könnt ihr also nur eine Spielfigur aufs Feld schicken, in der zehnten Runde zehn. Hin und wieder setzt ihr eine Runde des regulären Spielbetriebs aus und kämpft stattdessen gegen schwächere KI-Creeps. So könnt ihr zusätzlich Gold und Erfahrung kassieren und im Glücksfall Items abstauben. Diese Items verleihen euren Figuren zusätzliche Fähigkeiten oder erhöhen ihre Kampfwerte.
Läuft es nicht so gut, sprich, wenn ihr eine Runde verliert, geht euer Courier nicht nur leer aus. Er nimmt zudem Schaden. Hat er keine HP mehr übrig, scheidet ihr aus dem Spiel aus. Schade Marmelade. Wie gut ihr in einem Match abschneidet, wirkt sich langfristig auf euer Ranking aus. Die Pyramide in Dota Auto Chess unterteilt Spieler in sechs Ränge: Bauer, Springer, Läufer, Turm, König und Dame. Am Ende jedes Spiels erhaltet ihr "Candies", die ihr in kosmetische Ausstattungsgegenstände für euren Courier investieren könnt. Je höher euer Rang, desto mehr Candies erhaltet ihr nach jedem Spiel.
Kleine aber feine Unterschiede bei den Kommerzvarianten
Sowohl Dota Underlords als auch Teamfight Tactics orientieren sich im Wesentlichen an diesem Genregrundgerüst für "Auto-Battler", das Auto Chess vorgibt. Es gibt allerdings den einen oder anderen Unterschied im Kleingedruckten. Underlords ist verständlicherweise näher am Original dran. Allerdings ließ es sich von Anfang an auch via Android und iOS zocken. Außerdem ist der Look etwas polierter und die Belohnungen sind nicht ganz so wahllos wie in Auto Chess. Stattdessen sahnt ihr mehr ab, je weiter ihr es in einem Spiel bringt. Teamfight Tactics unterscheidet sich natürlich in erster Linie dadurch, dass Setting und Figuren aus League of Legends stammen und nicht aus Dota 2. Außerdem legt es den Fokus etwas mehr auf das geteilte Spielerlebnis. In Riots Interpretation des Genres habt ihr tatsächlich Gegnerkontakt. Ihr könnt mit eurem Gegenüber kommunizieren und wählt eure Figuren vor jeder Runde aus einem gemeinsamen Pool.
Ist das Game oder kann das weg?
Hype ist immer schwer einzuschätzen. Insbesondere, wenn er ein Spiel umgibt, das gleich ein neues Genre begründet hat. Aber Fakt ist: Auto Chess feuert immer noch aus allen Zylindern. Die Kombination aus vertrauter Spielumgebung mit neuem, einfach zu verstehenden Gameplay erzeugt einen Suchtfaktor, der Hearthstone-Spielern nicht fremd sein sollte. In den letzten Wochen haben die Auto-Chess-Mod-Entwickler via Dragonest bereits einen großen Schritt gewagt: Seit Juni wird Auto Chess als eigenständiges Game im Epic Store angeboten und ist als Mobile Game herunterzuladen. Wir sind gespannt, womit das Genre und sein Ziehvater noch so aufwarten.