Die Entwicklung war mühsam, dafür ist LEGO Star Wars: Die Skywalker Saga das beste "Krieg der Sterne"-Spiel seit langem.
LEGO Star Wars – Die Skywalker Saga im Test: Galaktisch gut
"Star Wars"-Fans hatten es in den vergangenen Jahren nicht leicht. Die Sequel-Trilogie hat mittlerweile gefühlt einen schlechteren Ruf als die Prequels der frühen 2000er. Selbst diejenigen, die "Die letzten Jedi" mögen, müssen einsehen, dass alle drei Teile zusammen keine gute Filmreihe ergeben. Und auf Videospielseite? Nun, jahrelang hatte Electronic Arts die Exklusivrechte … und wenig damit angestellt. Star Wars Jedi: Fallen Order ist ein spaßiges Actionspiel geworden, aber weit unter seinem Potenzial geblieben. Star Wars: Squadrons hingegen hat sich als richtige Positivüberraschung entpuppt, ist aber mit seinem Simulations-artigen Ansatz nichts für jeden "Krieg der Sterne"-Fan. Es ist echt mal wieder an der Zeit, dass ein Spiel um die Ecke kommt, das nun wirklich große Begeisterungsstürme entfacht. Die gute Nachricht: Mit LEGO Star Wars – Die Skywalker Saga ist jüngst genau so ein Titel erschienen.
Eine schwierige Entwicklung
Für Entwickler Traveller's Tales ist LEGO Star Wars: Die Skywalker Saga das bislang größte Projekt – mit einer der Gründe, warum es mehrfach verschoben wurde. Eigentlich hätte es schon 2020 erscheinen sollen. Aber Probleme mit der eigenen NTT-Engine (die auch mit jeder Menge Crunch verbunden gewesen sind) und die großen Ambitionen verzögerten den Release-Termin immer weiter. Letztere machen sich allein schon dadurch bemerkbar, was das Spiel alles nacherzählt: Alle neun Filme der Skywalker-Saga sind enthalten. Und an dieser Grundidee hing für die Entwickler ein ellenlanger Rattenschwanz, schließlich mussten sie dafür nicht nur sehr viele Charaktere, sondern vor allem auch Levels bauen.
Nun wollen wir an dieser Stelle das Thema Crunch nicht relativieren. Den Berichten nach zu urteilen, hat die Führungsetage beim Entwickler großes Missmanagement betrieben, worunter die einfachen Level-Designer, Programmierer und Co litten. Hoffentlich wird sich das für sie am Ende finanziell ausgezahlt haben. Auf artistischer Ebene hat es das auf jeden Fall, denn LEGO Star Wars: Die Skywalker Saga ist für jeden "Star Wars"-Fan ein Must-Have, allein schon aufgrund der gelungenen Umsetzung der neun Filme.
Hier machen auch die schlechten Filme Spaß
Ob ihr die Geschichte der kompletten Skywalker-Saga in chronologischer Reihenfolge erleben (also mit Episode 1 beginnen), lieber erst mal die klassische Trilogie rund um Luke Skywalker spielen oder doch tatsächlich mit Reys Abenteuern loslegen wollt, ist euch überlassen. Jeweils der erste Teil einer jeden Trilogie ist von Anfang an spielbar, nur die anderen Episoden müsst ihr freischalten. Das finden wir klasse, weil sich so jeder Spieler erst mal auf seinen Lieblingsabschnitt der Saga konzentrieren kann.
Nun kann man von den Geschichten der Prequels und Sequels halten, was man will, in LEGO Star Wars: Die Skywalker Saga sind sie nicht weniger unterhaltsam als die (ganz) alte Trilogie. Dafür sorgt die fantastische Präsentation. Nicht nur, dass das Spiel mit seinen schicken Lichteffekten, Reflexionen (Screen Space Reflections, kein Raytracing), den detaillierten Umgebungen und den fantastischen Charakteranimationen eine starke Grafik bietet, es punktet auch mit schicken Zwischensequenzen voller Humor. Für letzteren sind die LEGO-Spiele von Traveller's Tales schon immer bekannt gewesen und er funktioniert nach wie vor hervorragend. Größtenteils handelt es sich um simplen Slapstick. Hier und da werden aber auch Story-Details der Filme durch den Kakao gezogen, etwa wenn Amidala Anakin in Episode 2 fragt, ob es in seinem zuvor erlebten Traum viel Sand gab und er nur trocken antwortet: "Ja, sehr viel, aber darum geht es nicht." Und in der Sequel-Trilogie erwartet euch eine klassische Trainingsmontage mit einem selbstverständlich oberkörperfreien Kylo Ren.
Warum lesen, wenn man auch lauschen kann?
Im Gegensatz zu den ersten beiden "LEGO Star Wars"-Spielen aus der Mitte der 2000er bietet Die Skywalker Saga richtige Sprachausgabe – und das sogar in größerem Umfang, als wir es erwartet hätten. Selbst sämtliche NPCs, die euch mit Nebenmissionen versorgen oder auf Puzzles hinweisen, ja sogar die, die gar keine spielerische Bewandtnis haben, sind vollvertont. Das ist angesichts des immensen Spielumfangs (dazu kommen wir noch) extrem beeindruckend. Schade nur, dass die deutsche Sprachausgabe mäßig ist. Die Qualität der Sprecher schwankt stark. Ein paar sind ganz gut, Amidala hat sogar die Originalsynchronstimme von Natalie Portman aus den Filmen. Die meisten Sprecherleistungen bewegen sich jedoch im Mittelmaß und es existieren auch einige Ausreißer nach ganz unten.
Wer keinen Groll gegen Untertitel hegt oder sowieso Englisch gut versteht, sollte die deutlich bessere Originalvertonung aktivieren. Eine andere Alternative wäre der Nuschelmodus, den ihr im "Extras"-Bereich des Holoprojektors (dem In-Game-Menü) aktivieren könnt. Der ist eine nette Referenz an die alten LEGO-Spiele, mehr aber auch nicht. Die ganzen Zwischensequenzen sind schließlich daran angepasst, dass die Charaktere richtige Sätze von sich geben. Früher wurde viel mehr auf rein visueller Ebene erzählt, weshalb es keine richtige Sprachausgabe gebraucht hat. Das ist in LEGO Star Wars: Die Skywalker Saga definitiv nicht der Fall.
Über jeden Zweifel erhaben sind Musik und Soundeffekte, was niemanden überraschen dürfte. Immerhin reden wir hier von den Original-Soundtracks von John Williams und die aus den Filmen bekannten Geräusche, etwa die der Lichtschwerter, Blaster und Raumschiffe. Da hätte es schon mit dem Teufel zugehen müssen, wenn Traveller's Tales diesbezüglich Fehler passiert wären.
Puh, ganz schön viel zu tun
LEGO Star Wars: Die Skywalker Saga bietet massenweise Inhalt. Die Geschichte mit den eigentlichen Hauptmissionen macht nur einen kleinen Teil davon aus. Jede Episode besteht aus fünf in sich geschlossenen, linearen Levels, die manchmal nur wenige Minuten in Anspruch nehmen. Sie sind aber enorm abwechslungsreich gestaltet. Mal nehmt ihr an einer Raumschlacht teil, mal fechtet ihr ein Lichtschwertduell aus oder feuert mit Katapulten auf eine anrückende Droidenarmee. Dazwischen seid ihr sozusagen in Mini-Open-Worlds unterwegs. Die sind für sich genommen wirklich nicht groß, aber dafür gibt es halt enorm viele von ihnen. Im Verlauf der neun Episoden erkundet ihr immerhin mehr als 25 Planeten und manche davon, etwa Tatooine und Coruscant, bieten mehr als nur ein Gebiet. Dann kommen noch Weltraumareale hinzu, in denen ihr euch kurzweilige Dogfights mit feindlichen Raumschiffpiloten liefert.
In den Umgebungen gibt es jede Menge zu tun. Um das festzustellen, reicht schon ein Blick ins "Aufträge"-Menü: 140 Nebenmissionen, 731(!) Puzzles, dazu noch einige weitere Herausforderungen. Dieses Spiel ist echt galaktisch groß. Aber es muss ja auch so viele Betätigungsmöglichkeiten geben, denn wie sonst sollt ihr die weit über 300 Charaktere, zig Raumschiffe und Fertigkeiten freischalten?
So komisch das klingen mag angesichts der genannten Zahlen, aber LEGO Star Wars: Die Skywalker Saga gelingt es, sich nicht wie ein typisches Listen-abarbeiten-Open-World-Spiel der Marke Assassin's Creed anzufühlen. Das liegt zum einen daran, dass die Nebenaufgaben allesamt Spaß machen. Es gibt zwar sowohl bei den Rätseln als auch optionalen Quests hier und da Wiederholungen im Ablauf, aber in vielen Fällen handelt es sich um sehr individuelle Inhalte. Nebenquests erzählen immer kleine, sympathische Geschichten und erstrecken sich teilweise sogar über mehrere Planeten. Manches Puzzle überrascht plötzlich mit einer Actionsequenz und hätte somit auch fast schon als Nebenquest durchgehen können. Man merkt LEGO Star Wars: Die Skywalker Saga also nicht nur innerhalb seiner Hauptgeschichte, sondern auch dem ganzen Drumherum an, mit wie viel Herzblut die Entwickler trotz Crunch bei der Sache waren.
Alles kann, nix muss
So nett die dicke Ladung an optionalem Inhalt auch ist, man kann sich trotzdem von ihr erschlagen fühlen und schnell an typische Ubisoft-Spiele denken. Aber lasst euch gesagt sein: Wenn ihr keine Lust auf all den Kram habt und nur die Geschichten der Filme nachspielen möchtet, könnt ihr das problemlos machen. "Optional" ist in diesem Zusammenhang wortwörtlich zu verstehen. Ihr sammelt zwar durch das Lösen von Rätseln die sogenannten Kyber-Steine, mit denen ihr Fertigkeiten freischaltet sowie aufwertet, aber nichts davon ist nötig, um das Spiel durchzuspielen. Das hat den Nachteil, dass die Skills kein sonderlich starker Motivationsfaktor sind, weil sie sich nur geringfügig auf das Gameplay auswirken. Dafür machen die meisten Rätsel intrinsisch Spaß, auch wenn sie nie überaus herausfordernd sind. Die Belohnung ist uns da nahezu egal.
Bei den Nebenmissionen sieht das etwas anders aus, denn durch die schaltet ihr neue Charaktere und Raumschiffe frei – oder zumindest die Möglichkeit, sie mit verdienten Steinen zu kaufen. Das Sammeln der Figuren und Vehikel ist für "Star Wars"-Fans definitiv ein Motivationsfaktor. Die möchte man schon alle haben. Cool ist auch, dass eben nicht nur die üblichen Verdächtigen dabei sind. In LEGO Star Wars: Die Skywalker Saga könnt ihr in die virtuelle Plastikhaut von Charakteren schlüpfen, die wohl kaum in irgendeinem anderen Titel nochmal spielbar sein werden, zum Beispiel der Yedi-Meisterin Yaddle. Anders wäre Traveller's Tales ja auch niemals auf diese gigantische Anzahl gekommen. Das ist Fan-Service der besten Sorte.
Gewohnt geringer Anspruch trotz komplexerem Gameplay
LEGO Star Wars: Die Skywalker Saga ist groß und ein Fest für Fans, aber wie spielt es sich eigentlich? Antwort: nicht mehr so wie die alten Teile. Die auffälligste Neuerung ist die Third-Person-Ansicht. Die Zeiten der fest im Raum platzierten Kamera sind vorbei. Ihr bestimmt, was im Bild sein soll. Dazu passt auch, dass ihr mit Fernkämpfern erstmals frei zielen dürft. Dadurch spielen sich die Schießereien wie ein simpler Third-Person-Shooter. Gegner haben verschiedene Trefferzonen und es gibt sogar ein Deckungssystem. Das alles ist nicht auf dem Niveau eines Uncharted 4 oder Gears of War, aber in dem dosierten Maß, wie Traveller's Tales es ins Spiel eingebaut hat, macht es Spaß.
Noch besser gefällt uns der Nahkampf mit dem Lichtschwert. Der profitiert von einem simplen Kombosystem, durch das ihr Schwerthiebe, Sprünge und Machtfähigkeiten flüssig miteinander verkettet. Für lange Kombos gibt es sogar Bonussteine, was dazu motiviert, eben doch nicht bloß die ganze Zeit die normale Angriffstaste zu hämmern. Allerdings gewinnt ihr auch damit jede Auseinandersetzung ohne Probleme, denn der spielerische Anspruch in LEGO Star Wars: Die Skywalker Saga ist so niedrig, wie wir es von den Traveller's-Tales-Titeln gewohnt sind. Es gibt auch keinen wählbaren Schwierigkeitsgrad. Ihr könnt lediglich in den Optionen einstellen, dass sich eure Lebensenergie nicht automatisch, sondern nur durch das Einsammeln von Herzen regenerieren soll. Da ihr beim Tod aber eh direkt an Ort und Stelle respawnt und lediglich einen kleinen Teil eurer Steine verliert, spielt das kaum eine Rolle.
Dass das Spiel wenig echte Herausforderungen bietet, sehen wir aber nicht als Kritikpunkt an. Die LEGO-Spiele haben sich schon immer primär an eine junge Zielgruppe gerichtet. Sie sind absichtlich einfach. Nun könnt ihr dagegen halten, dass wir im Test zu Kirby und das vergessene Land dessen geringen Anspruch bemängelt haben. In dem Fall gibt es aber eben auch einen höheren Schwierigkeitsgrad, der das Spiel knackiger machen soll. Wenn der immer noch zu niedrig ausfällt, ist das ein valider Kritikpunkt. LEGO Star Wars: Die Skywalker Saga macht gar nicht erst solche Versprechungen. Es sagt ganz klar: "Hey, ich will ein entspanntes Spiel sein, bei mir geht es um Charme, spielerische Abwechslung und jede Menge Fanservice, nicht um Herausforderungen." Und das ist vollkommen fein. Wir, die nun längst keine Kinder mehr sind, haben trotzdem aus den genannten Gründen sehr viel Spaß mit dem Titel.
Nicht der erhoffte Koop-Knüller
In einem Aspekt ist LEGO Star Wars: Die Skywalker Saga jedoch eine echte Enttäuschung: Der Koop-Modus ist nicht so gut wie in den alten Spielen. Aufgrund der frei drehbaren Third-Person-Kamera kommt im Multiplayer ein Splitscreen zum Einsatz. Beide Spieler haben dadurch ein recht kleines Sichtfeld, weil der Bildschirm in der Vertikale geteilt wird. Die alte, recht statische Kamera, die irgendwo im Raum hing, hat sich für Koop-Abenteuer einfach besser geeignet. Und leider gibt es auch in LEGO Star Wars: Die Skywalker Saga keinen Online-Modus. PC-Spieler haben zwar die Möglichkeit, per Remote Play mit einem Kumpel zu zocken, aber das ist a) nur eine Notlösung und b) habt ihr dann ja trotzdem einen geteilten Bildschirm. Somit haben wir es hier mit dem ersten LEGO-Spiel von Traveller's Tales zu tun, das tatsächlich im Singleplayer besser ist als im Mehrspielermodus.
Fazit
Ihr mögt LEGO und Star Wars und habt auch kein Problem damit, nicht sonderlich stark gefordert zu werden? Dann spielt LEGO Star Wars: Die Skywalker Saga! Als Fan des Universums geht einem hier immer wieder das Herz auf und man kommt aus der Sammelwut gar nicht mehr heraus, weil es so viele Charaktere und Raumschiffe gibt, die auf einen warten. Und der Weg, all das freizuschalten, macht auch noch enorm viel Spaß. Die Hauptstory-Levels sind abwechslungsreich, das Erkunden der offenen Areale macht Spaß, die Nebenbeschäftigungen sind allesamt gut gelungen und dann ist auch noch die Präsentation 1A. Schade nur, dass es keinen Online-Koop-Modus gibt. Das ist schlicht nicht mehr zeitgemäß. Doch auch solo ist der Titel ein großes und vor allem lang anhaltendes Vergnügen.
- Alle neun Filme in einem Spiel
- Humorvolle Zwischensequenzen
- Große spielerische Abwechslung
- Jede Menge erkundbare Mini-Open-Worlds
- Riesige Anzahl an Nebenaufgaben
- Über 300 spielbare Figuren
- Schicke Grafik
- Perfekter "Star Wars"-Sound
- Koop-Modus nicht so gut wie in alten Teilen
- Kein Online-Koop
- Skill-System kaum von Belang
- Mäßige deutsche Vertonung