Die aufgeregte Stimmung hatte sich schon langsam wieder gelegt, doch dann taucht plötzlich Mojang auf und erteilt NFTs und Blockchain-Technologie eine Absage … naja fast.
Nächster Akt im NFT-Drama: Auftritt Mojang
Sie selbst hören es nicht gerne, aber die Spieler in der Gamer-Community, die in den sozialen Netzwerken am lautesten schreien, sind sehr konservativ. Veränderungen sind schlecht. Immer. Eine Kapitalisierung von Games sowieso. Bei einigen Mikrotransaktionen und Lootboxen waren sich noch alle halbwegs einig: Dieses Geschäftsmodell gilt es zu kritisieren. Konkurrenzlos erfolgreich wurde beides trotzdem. Als dann Begriffe wie „Blockchain“ und „NFT“ (Abkürzung für Non-Fungible Token, die auf einer Blockchain hinterlegt sind) langsam in die Games-Branche einsickerten, bildeten sich allerdings zwei Lager in der Spielerschaft heraus: Das eine hat sich geschworen, bis zum letzten Mann gegen dieses Teufelszeug zu kämpfen. Und das andere Lager versucht mit brennender Passion alles und jeden davon zu überzeugen, dass diese Art virtueller Güter die genialste Erfindung der Menschheit sind. Sogar noch besser als Brot. Dazwischen existiert wenig.
Wie auch? Klar gibt es erfolgreiche Indie-Titel wie Axie Infinity, aber bis zum heutigen Tag hat es kein großes Games-Unternehmen tatsächlich hingekriegt, NFTs so in ihre Spiele zu integrieren, dass sie nicht uninspiriert oder völlig fehl am Platz wirken oder beides. Fairerweise sei auch gesagt, dass bisher überhaupt kaum ein großer Publisher NFT-Projekte veröffentlicht hat. Betrachtet man einmal die aktuelle Situation auf dem Kryptomarkt ist zudem fraglich, ob sich daran auch in naher Zukunft etwas ändern wird. Die Rahmenbedingungen für Krypto-basierte Projekte sind dieser Tage nicht sehr positiv. Die Hauptursache ist schnell gefunden: Der große Krypto-Crash.
Der Krypto-Crash und glühender Hass gegen NFTs
Die wichtigsten Krypto-Währungen, Bitcoin und Ether, haben seit November 2021 70 bis 80 Prozent an Wert verloren. Die Ursache für diesen Rückgang ist laut Marktbeobachtern Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine mit all seinen Folgen inklusive der allgemeinen Rezessionsangst. Da ist es blöd, dass auch die meisten NFTs in Kryptowährung bezahlt werden. Die großen Games-Publisher sehen sich aber noch mit einem ganz anderen Problem konfrontiert. Die allgemeine Stimmung, die in den vielen Gaming-Communitys gegenüber NFTs in Spielen vorherrscht, ist extrem schlecht.
Dabei ist das zugrunde liegende Konzept total passend für Spiele, insbesondere für Online-Spiele. In MMOs kaufen wir ständig digitale Güter und stellenweise sogar virtuelle Grundstücke mit pixeligen Immobilien darauf. Items ohne realen Gegenwert zu erwerben ist nichts, was vielen Spielern fremd ist. Die Umsetzung war bisher der große Knackpunkt. Es folgen drei Fallbeispiele:
Ubisoft Quartz: Wie man es nicht macht
Ubisoft implementiert NFTs in Ghost Recon: Breakpoint als ersten Testlauf für Ubisoft Quartz.
Die Spieler können sich Kosmetika mit einzigartigen Seriennummern kaufen, die in einer Blockchain hinterlegt sind. Ja, richtig gelesen: Seriennummern!
Das Projekt floppt, die Spieler laufen Sturm.
Nach vier Monaten wird alles wieder eingestellt.
Square Enix’ vollmundige Versprechen werden zu NFT-Merch
Square Enix hat eine Actionfigur und ein paar Sammelkarten angekündigt.
Actionfiguren und Sammelkarten werden im Bundle mit den dazugehörigen NFTs verkauft.
Von der groß angekündigten Neuausrichtung des Konzerns ist scheinbar nicht viel übrig geblieben.
Das Stalker-Metaverse wird zum Stalker-Shitstorm
GSC Gameworld kündigen an, dass sich die Spieler mit NFTs als NPCs im kommenden Stalker verewigen können.
Der Gegenwind und der daraus resultierende Shitstorm ist so heftig, dass die Entwickler zurückrudern, sich entschuldigen und das Projekt komplett einstellen.
Das opportunistische Statement von Mojang
In diesem Umfeld haut Mojang nun ein Statement mit einer vermeintlich klaren Absage an NFTs raus. Bis dato sind bereits einige Minecraft-NFTs im Umlauf, allerdings ohne offizielle Unterstützung durch Mojang. Das Studio begründet den angekündigten NFT-Bann mit den Worten „NFTs sind nicht inklusiv für die gesamte Community und schaffen ein Szenario der Besitzenden und Besitzlosen.“ Das liest sich erstmal überzeugend und wird auch von der Presse wohlwollend aufgenommen. In entsprechenden Reddit-Communitys knallen bereits die Sektkorken.
Wer allerdings bis zum Ende des Statements liest, stößt auf folgenden Satz: „Wir werden auch genau beobachten, wie sich die Blockchain-Technologie im Laufe der Zeit weiterentwickelt, um sicherzustellen, dass die oben genannten Grundsätze eingehalten werden, und um festzustellen, ob sie sicherere Erlebnisse oder andere praktische und integrative Anwendungen im Bereich des Gamings ermöglichen wird.“ Eine klare und entschlossene Absage würde man anders formulieren. Hier wird ganz klar eine Hintertür offen gelassen, durch die man bei einem nächsten Krypto-Boom noch schnell durchhuschen könnte.
Hinzu kommt: Vor zwei Jahren hätten wir so eine Äußerung mutig genannt, aber in einem Marktumfeld, das zur Zeit von so vielen negativen Einflüssen dominiert wird, fällt es natürlich auch leicht, so ein Statement abzugeben. EA hat alle NFT- und Blockchain-Projekte auf Eis gelegt, Blizzard hat mit Nachdruck versichert, dass niemand im Unternehmen an NFTs arbeiten würde. Ob Ubisoft einen zweiten Versuch wagt, darf bezweifelt werden und sogar Strauss Zelnick, CEO von Take Two, schlägt inzwischen deutlich ruhigere Töne an, wenn es um Blockchain oder NFTs geht. Bei den Plattformbetreibern sieht es kaum anders aus: Valve hat kategorisch Blockchain-Technik und NFTs von Steam verbannt, Phil Spencer, der CEO von Microsoft Gaming, hält NFTs gar für potenziell „ausbeuterisch“ und auch Sony und Nintendo verfolgen keine Blockchain- oder NFT-Pläne. Besonders mit Phil Spencer als Rückendeckung hat Mojang hier nichts zu verlieren und kann sich im Gegenteil sogar noch als Bewahrer von Gleichheitsprinzipien inszenieren. Der letzte Satz des Statements macht diesen Ansatz natürlich kaputt. Wirkung hat das Statement trotzdem allemal entfaltet. Die Preise für NFTs mit Minecraft-Bezug sind absolut im Keller.