New York, Tokio und andere Städte kann man in zahlreichen Spielen erkunden, warum also nicht auch mal Berlin oder Köln?
Warum gibt es keine Open World Games in einer deutschen Stadt?
Open-World-Spiele erfreuen sich nach wie vor großer Beliebtheit. Neben zahlreichen Fantasy-Vertretern und Spielen mit historischem Hintergrund gibt es auch Titel, die eine reale Großstadt in der Jetztzeit virtuell abbilden. Meistens handelt es sich dabei aber um amerikanische Metropolen. Gut, sowohl The Getaway als auch das bald erscheinende Watch Dogs: Legion bieten mit London eine europäische Großstadt als Spielwiese an. Aber was ist eigentlich mit deutschen Städten? Die finden in der Videospielwelt, gerade wenn es große Titel und Open-World-Spiele betrifft, nicht statt.
Deutsche Städte aus der Sicht von Entwicklern
Ab und an tauchen deutsche Städte in Spielen auf, aber meist es ist dann wie in Hollywoodfilmen: Die Kulisse wird derart verfremdet, dass man sich streckenweise fragt: “Welche Drogen haben die Entwickler bitte genommen? Das sieht doch in der realen Welt ganz anders aus!“ Kleines Beispiel gefällig? Zwei Missionen in Call of Duty: Modern Warfare 3 spielen in Hamburg und Berlin. Während die Hansestadt mit dem Rathaus und dem dazugehörigen Vorplatz noch einen relativ großen Wiedererkennungswert hat, wird es mit dem Ausflug in die deutsche Hauptstadt etwas kurioser.
Im Verlauf der Mission muss ein Bürogebäude durchkämmt werden. Schaut man währenddessen aus dem Fenster, kann man den Fernsehturm am Alexanderplatz in nicht all zu weiter Entfernung entdecken. Klingt eigentlich gar nicht schlecht, oder? Blöd ist nur, dass der Alex (so nennt der Volkmund den Turm) lediglich als Objekt im Hintergrund auftaucht. Je näher man ihm kommt, desto kleiner und kleiner wird er. Wirklich nah kommt man dem Alex leider nicht. Dass es sich hier um das höchste Gebäude Deutschlands handelt, war den Entwicklern offensichtlich nicht so wichtig. Auch das Gelände, in dem man sich bewegt, sieht nicht wirklich nach Berlin aus. Hier und da finden sich zwar ein paar Texturen mit deutschen Texten, aber ob das Geschehen nun in Kleinkleckersdorf, Dingenskirchen oder wirklich in Berlin spielt, lässt sich nicht sagen.
Mit anderen Metropolen klappt es auch
Merkwürdig, denn bei Spielen wie The Division, Watch Dogs, Sleeping Dogs und True Crime funktioniert es ja auch. New York, San Francisco, Hong Kong, Los Angeles oder auch Chicago werden mehr oder weniger detailgetreu dargestellt. Wer schon einmal live vor Ort war, kann das bestätigen. Für Rennspiele werden sogar Höhenunterschiede gemessen und Koordinaten per GPS ausgelesen, damit die Strecke möglichst nah an das reale Vorbild herankommt. Warum kann man mit dieser Detailverliebtheit nicht einmal eine deutsche Stadt virtualisieren?
Gut, auf der einen Seite kommen viele der Entwicklerstudios, die an solchen Projekten arbeiten, aus den USA und allein die geographische Nähe zu diesen urbanen Strukturen macht es für diese Teams einfacher, amerikanische Städte umzusetzen. Aber zahlreiche Spiele zeigen, dass zumindest Paris und andere weltbekannte Metropolen auch anständig umgesetzt werden können. Wie Originalgetreu London in Watch Dogs: Legion letztendlich wird, können wir in einigen Wochen selbst sehen.
Es gibt so viele verschiedene Facetten
Kommen wir wieder zurück zur Ausgangsfrage: Warum gibt es kein großes Open-World-Spiel, das in einer deutschen Stadt spielt? Sind unsere Städte zu langweilig? Vielleicht, schließlich gibt es bei uns nicht einmal ansatzweise so viele Hochhäuser wie in anderen Ländern. Aber braucht es das wirklich? Berlin, München oder auch Hamburg bieten so viele Möglichkeiten der Interaktion. Gerade unsere Hauptstadt würde sich als Open-World-Umgebung bestens eignen. Sie ist groß, hat viele Gesichter, verfügt über ein verzweigtes U-Bahn-Netz und wenn die Entwickler wirklich mal etwas wagen würden, würden sie sich die 80er-Jahre als Zeitrahmen aussuchen.
Dann hätte die Stadt ein kommunistisch geprägtes Erscheinungsbild auf der einen Seite und eine westlich orientierte Gesellschaft auf der anderen Seite. Würde man das Ganze dann auch noch als Spionagespiel aufziehen, wäre sofort die Motivation vorhanden, beide Teile der Stadt zu besuchen. Würde es in diesem Titel dann auch ein paar Stealth-Elemente geben, könnte eine Mission daraus bestehen, unbemerkt die Berliner Mauer zu überwinden. Mit dem ländlichen Brandenburg drumherum hätte man sogar eine weitläufige Fläche außerhalb der Stadt wie etwa in Cyberpunk 2077 oder GTA V. Das wäre ein Traum.
Es war mal etwas in Planung...
So ganz abwegig scheint die Idee nicht einmal zu sein. Im Frühling dieses Jahres hat ein Dataminer ein bisschen tiefer in den Dateien der Definitve Edition von Mafia 3 herumgeschnüffelt und siehe da: Es gibt eine komplette Map von Berlin. (Warum die in nun Mafia 3 auftaucht, ist nicht ganz klar.) Die Karte ist zwar nicht einmal ansatzweise fertig, aber gewisse Dinge wie der Fernsehturm oder die Marienkirche in Mitte sind erkennbar. Wenn man zahlreichen Gerüchten dazu Glauben schenken will, solle es sich dabei um Projekt Rhapsody von Hangar 13 handeln, das jedoch vor einer möglichen Ankündigung eingestellt wurde. Schade, denn die reinen Ausmaße der Karte wirken schon in dieser frühen Version unglaublich groß. Wenn man sich jetzt noch überlegt, dass zahlreiche Gebäude betretbar wären und Spieler das U-Bahn-Netz nutzen könnten, hätte daraus eine unvergleichliche Umgebung entstehen können.
An dieser Stelle würde ich gern noch anmerken, dass mit Industria derzeit ein Shooter bei Publisher Head Up Games und Entwickler Blackmill Games entsteht, der während des Ende des Kalten Krieges in Ost-Berlin spielt. Allerdings findet das Geschehen in einer Paralleldimension statt und auch der erste Teaser zeigt nicht wirklich, wie sich der Ostteil der Stadt verändert hat.