Für Jens hatte das gestrige EA Play Live nicht nur tolle News, sondern auch eine Menge Fremdscham zu bieten.
EA Play Live: Schluss mit dem Cringe!
Wie so viele habe auch ich gestern mir EA Play Live angeschaut, um zu erfahren, was Electronic Arts für die nahe (und ferne) Zukunft in petto hat. Und ganz ehrlich: Inhaltlich war es eine solide Show. Mit GRID Legends gab es eine Neuankündigung von EAs jüngstem Zuwachs, Codemasters, mit der ich nicht gerechnet hatte und die durchaus vielversprechend wirkt – für mich als Rennspielfan ein gelungener Start. "Battlefield Portal" finde ich ebenfalls cool, Lost in Random sieht nett aus und am Ende gab es dann auch noch tatsächlich die Ankündigung eines "Dead Space"-Remakes. Wir haben zwar nichts vom Spiel gesehen, sodass es eigentlich wieder mal eine Art der Ankündigung ist, die ich nicht gebraucht habe, aber hey: Schön, dass EA der Marke tatsächlich noch eine Chance gibt.
Was die Themen betrifft, habe ich also gar nicht so viel zu kritisieren, auch wenn es schade ist, dass es nichts Neues von BioWare gab. Aber ich habe dann doch einen Grund gefunden, um mal wieder ein wenig meckern zu dürfen: die Präsentation. Statt einfach nur eine Trailer-Show ohne große Moderation abzufahren, hat sich Electronic Arts dazu entschieden, beim klassischen Format zu bleiben.
Gut, immerhin hat man diesmal nicht wieder Greg Miller von Kinda Funny engagiert, der mich bei solchen Shows immer dazu anregt, den Ton stumm zu stellen, solange keine Trailer laufen, weil er zwanghaft versucht, lustig zu sein. Statt ihm stand diesmal Xavier Woods auf der Bühne. Manch einer weiß jetzt sofort Bescheid, andere denken sich: "Den Namen hör ich zum ersten Mal." Keine Bange, mir ging es genauso, denn Woods, der eigentlich Austin Watson heißt, ist WWE-Superstar. Nun interessiert mich Wrestling bloß ungefähr genauso viel wie das Paarungsverhalten der Großen Wabenkröte. Sorry, Watson, äh, Woods!
Ist das noch EA Play Live oder schon eine Fernsehpredigt?
Nun ist sein Beruf nicht das Problem im Fall der EA-Play-Live-Show gewesen. Man merkt ihm anhand seiner Aussprache und der Art, Dinge zu betonen, ja an, dass er durchaus moderieren kann. Aber am gestrigen Abend machten sich zwei Dinge negativ bemerkbar: Zum einen war Woods wohl zu sehr dahingehend gebrieft, alles zu hypen, was in der Show passiert. "Jens, sag bloß, du wunderst dich darüber? Das ist doch eine reine Werbeveranstaltung gewesen." Ja, da habt ihr recht. Natürlich weiß ich, womit ich es zu tun habe, wenn ich mir so eine Show von einem Publisher anschaue. Aber man kann das Ganze ja auch ein wenig dezenter machen.
Wenn jedoch Austin Woods mit langsamem Tempo seine Arme ausstreckt, während auf der großen Leinwand hinter ihm was zu Battlefield 2042 abgefahren wird, als ob er der Heiland sei, der seine Gaben präsentiert, sorgt das einfach nur für Fremdschämen. Gleiches ist schon am Anfang passiert, als per Zusammenschnitt mehrerer Rennspiele das Codemasters-Segment eingeleitet wurde und der Wrestler mit dem Rücken zur Kamera und bei geballten Fäusten mit den Armen jubelte. Ja, ist echt total geil, dass da Clips aus altbekannten Titeln zu sehen waren.
Und der Preis für das meist gekünstelte Interview geht an ...
Der zweite Punkt sind die Interviews mit Entwicklern. Ich möchte hier speziell das Gespräch mit Christian Grass, dem General Manager von Entwickler Ripple Effect Studios (vormals DICE LA) zu Battlefield 2042 hervorheben. Das ist ein klassischer Fall von "Scripted Conversation", wie ich es neudeutsch nennen würde, gewesen. Man merkt so deutlich, dass Grass alles, was er sagt, vom Teleprompter abliest – wirklich alles! Selbst das "Hey Austin, danke dass ich hier sein darf" ist kein Satz, den Grass so spontan hat fallen lassen. Und wenn man dann auf der einen Seite einen Moderator hat, bei dem alles, was er sagt, wie in einem Werbespot klingt, und auf der anderen einen Manager, der stumpf seinen Text vorträgt, als wäre er ein wandelndes Text-to-Speech-Programm, ergibt das ein unfassbar unnatürliches Gespräch.
Ich weiß nicht, warum Hersteller wie EA immer noch auf Shows in diesem Format setzen. Wenn sie einfach nur vorgeschriebene Werbebotschaften verkünden wollen, dann sollen sie es doch bitte wie Sony machen: keine Moderation auf einer Bühne, keine Interviews, sondern einfach nur eine Sprecherstimme, die einen Trailer nach dem anderen anmoderiert. Wenn es unbedingt eine Bühnenshow sein muss, dann bitte mit weniger Shopping-Kanal-Dialogen. Ja, wir wissen, dass ihr uns eure Spiele verkaufen wollt. Aber Werbung geht eben auch mit geringerem Fremdscham-Faktor.