Bethesda-Spiele spielt man vor allem wegen ihrer großen Welten, in denen es viel zu entdecken gibt. Blöd nur, wenn die Story dann impliziert, dass eine gewisse Dringlichkeit besteht. Doch in Starfield wird das (scheinbar) nicht der Fall sein.
Erkundung ist DAS zentrale Thema und das ist gut so
Stellt euch vor, ihr erfahrt morgens aus dem Fernsehen, dass eine Atomrakete in Richtung eurer Heimat fliegt. Eure Familie findet Schutz in einem nahegelegenen Bunker, doch dort werdet ihr in den Kälteschlaf versetzt. Eines Tages erwacht ihr aus der Kryostase und müsst zusehen, wie Fremde euren Sohn entführen und euren Ehepartner töten. Ihr schlaft nochmal ein, wacht zu einem euch unbekannten Zeitpunkt wieder auf und verlasst den Bunker. Was macht ihr nun? Versucht ihr euren Sohn zu finden? Ach, Quatsch! Ihr durchstöbert die postapokalyptische Welt nach Aluminiumdosen und Ventilatoren und helft dabei, ganze Siedlungen aus dem Boden zu stampfen. Das ist Fallout 4 in aller Kürze. Hier steht die Story der Open World im Weg – naja, oder eher umgekehrt. Wiederholt Bethesda diesen Fehler in Starfield? Gute Nachricht: Es sieht nicht danach aus.
Kein Druck, kein Problem
Zugegeben: So viel wissen wir über die Story von Starfield noch gar nicht. Bekannt ist nur, dass ihr ein Mitarbeiter von Constellation seid. Das Unternehmen hat sich der Erforschung des Weltalls verschrieben. Der Plot dreht sich um die Suche nach alten Artefakten – vermutlich von einer untergegangenen Alien-Zivilisation. Das war's mit den offiziellen Infos zur Geschichte des Sci-Fi-RPGs. Das reicht aber schon aus für eine ordentliche Portion Optimismus. Das sehen nicht nur wir so, sondern auch Leute auf Reddit. Ein Thread bringt es auf den Punkt: "Erkundung ist der Sinn des Ganzen."
Der Ersteller schreibt, dass Starfield in seinen Augen das erste Bethesda-Spiel sei, in dem sich die Hauptstory komplett ums Erkunden dreht und es deshalb keine Dissonanz zwischen dem gebe, was ihr tut, und dem, was die Geschichte euch eigentlich vorgibt zu tun. Vergesst ihr die Hauptgeschichte, werde es sich später nicht komisch anfühlen, weil ihr eben nicht auf der Suche nach eurem Sohn seid oder die Welt vor Drachen, Dämonen oder was auch immer retten müsst. Es besteht eben nicht diese riesige Dringlichkeit, sofern Bethesda nicht irgendwas wie "Wenn du diese Artefakte nicht bis Tag X findest, wird die Menschheit untergehen" aus dem Hut zaubert.
Die ludonarrative Dissonanz umtänzeln
Sicherlich wird es irgendwann im Verlauf der Hauptgeschichte ernst. Irgendeine große Bedrohung wird es schon geben. Aber zumindest wirkt es so, als sei es anfänglich einfach nur eure Aufgabe, die Galaxie nach Artefakten abzusuchen und somit sie zu erkunden. Sofern das Spiel dabei nicht so tut, als stündet ihr unter Zeitdruck, wird es nicht zu einer ludonarrativen Dissonanz führen, wenn ihr euch für mehrere Stunden mit ganz anderen Dingen beschäftigt, beispielsweise eurem Aufstieg in einer der diversen Fraktionen oder dem Bau eurer eigenen Basis.
Andere Spiele tappen innerhalb der ersten Spielstunden in diese Falle. Nicht nur Fallout 4 ist ein Beispiel dafür. CD Projekt hat genauso ein Händchen dafür wie Bethesda. In The Witcher 3: Wild Hunt versucht ihr als Geralt, eure Ziehtochter Ciri zu finden, die von der Wilden Jagd verfolgt wird. Aber hey, warum sollte euch das davon abhalten, stundenlang Gwint zu spielen oder an Pferderennen teilzunehmen? Und in Cyberpunk 2077 läuft für euren Charakter wortwörtlich die Zeit ab, aber man kann ja trotzdem etliche Jobs annehmen, um sich dann endlich einen schicken Sportflitzer leisten zu können, anstatt strikt daran zu arbeiten, doch irgendwie eine Rettung für sich zu finden.
Starfield braucht gar keinen spannenden Plot
Open-World-Spiele haben nicht selten dieses Problem, doch bei Starfield scheint Bethesda zu wissen, wie man es umgeht. Das wäre auch extrem wichtig, dürfte der Titel doch noch weitaus mehr in die Sandbox-Richtung gehen als Skyrim oder Fallout 4. Immerhin stehen euch mehr als 100 Sternensysteme offen. Die Hauptquests werden euch wohl kaum auf alle der über 1000 Planeten führen. Es wird noch viel mehr abseits des Storypfads zu erkunden geben als in vorherigen Werken des Studios. Da ist es umso wichtiger, dass euch das Spiel nicht suggeriert: "Ey, du musst der Geschichte folgen, weil sonst etwas ganz Schlimmes passiert, also lass dich nicht ablenken!"
Gerade in Bethesda-RPGs geht es eben um diese Ablenkungen, sie sind einer der Hauptspielspaßfaktoren. Kaum ein anderer Hersteller entwickelt Spiele, in denen es so häufig passiert, dass man sich vornimmt, Quest XY zu absolvieren, und dann jedoch von einer anderen Entdeckung zur nächsten stolpert, bis man sich nach zehn Stunden fragt, was man eigentlich ursprünglich mal machen wollte. Daher wäre es nicht mal schlimm, wenn die Haupthandlung von Starfield eine wenig spannende Schnitzeljagd sein sollte. Bethesda ist eh nicht dafür bekannt, spannende Hauptstorys zu erzählen. Es sind eher die vielen kleineren Nebengeschichten, die in Erinnerung bleiben. Wenn wir uns ruhigen Gewissens auf die konzentrieren können, ohne uns die ganze Zeit komisch zu fühlen, weil wir doch eigentlich die Galaxie retten sollen, wäre das fantastisch.