Jens spielt Rust auf einem Roleplay-Server und berichtet von seinen ersten Erfahrungen.
Rust: Erlebnisbericht von der Roleplay-Insel
Erinnert ihr euch noch an meine letzte Kolumne zu Rust? Ende Januar habe ich darüber geschrieben, dass die Streamer-Server zeigen, wie man das Survival-Spiel von Entwickler Facepunch spielen sollte. An deren Ende habe ich den Wunsch geäußert, dass es doch mehr solcher Server geben sollte, auf denen auch Leute ohne Riesen-Followerschaft spielen dürfen. Und siehe da: Meine Gebete wurden erhört. Nicht lange nach der Veröffentlichung des Textes entdeckte ich gleich mehrere Roleplay-Server für den Pöbel. Ich entschied mich für den von WeAreStars und stellte schnell fest, dass das eine gute Wahl gewesen ist.
Es gibt mittlerweile ein recht klares Regelwerk ohne allzu große Lücken und die Admins machen einen guten Job. Wer sich nicht an die Servergesetze hält, etwa kein Roleplay betreibt, sondern einfach so Leute erschießt, wird schnell gebannt und auch mit anderen problematischen Individuen, etwa rechten Trollen, wird kurzen Prozess gemacht. Ok, der Server hat seither Probleme mit Lags, aber auch daran wird stetig gearbeitet und angesichts der tollen Community nehme ich das gerne in Kauf. Ich würde nicht mehr auf einen anderen Server wechseln wollen. Allerdings soll dieser Artikel nicht bloß Werbung für das Projekt sein. Stattdessen möchte ich euch daran teilhaben lassen, was mir bislang auf der Insel widerfahren ist und warum es keiner Action benötigt, damit Rust Spaß macht.
Der übliche Start
Rust beginnt für jeden Spieler gleich: Man startet an der Küste, ist völlig nackt und hat nur zwei Dinge bei sich: einen Stein und eine Fackel. Auf Roleplay-Servern ist das nicht anders. Und genau wie auf gewöhnlichen PvP-Welten gilt es, erst mal mit dem grauen Brocken in den Händen auf Bäume und Felsen einzuschlagen, um Holz und Stein zu gewinnen. Daraus lässt sich dann richtiges Werkzeug herstellen. Außerdem muss dringend Nahrung her, also sucht man sich entweder Beeren oder, noch besser, Kürbisse, Mais oder Kartoffeln. Oder man bastelt sich einen Speer und geht auf Tierjagd.
Viele würden sich, nachdem sie diese Punkte abgehakt haben, direkt einen guten Platz für ihre Basis suchen und drauflos bauen – aber nicht ich auf dem Roleplay-Server. Denn zuerst galt es, mich mit einem meiner Mitspieler zu treffen (der andere war da noch nicht online). Da die Regeln es verbieten, sich außerhalb des Spiels großartig abzusprechen, haben wir einfach nur einen Treffpunkt vereinbart: das Banditenlager. Tatsächlich sind wir uns dort dann relativ schnell über den Weg gelaufen. Das war nicht gerade unwichtig, denn die nächste Aufgabe war es, Informationen zu erhalten.
Ein virtuelles Zuhause
Wir hatten im Vorhinein gehört, dass irgendwo auf der Insel eine Siedlung entstehen sollte. Wir wussten aber nicht, wo das sein würde. Also fragten wir jede Person, der wir begegneten, ob sie denn wüsste, wo wir hinmüssten. Die ersten zwei, drei Leute hatten keine Ahnung, doch dann trafen wir tatsächlich jemanden, der den genauen Standort des Dorfes kannte. Ganz in den Süden mussten wir, direkt an die Küste. Wir machten uns schnurstracks auf den Weg und kamen noch am selben Abend dort an. Wir wurden herzlich empfangen, erhielten direkt etwas zu essen, weil unsere Mägen bereits wieder vollkommen leer waren, und eine kleine Führung. Kurz darauf stieß auch Mitspieler Nummer 2 hinzu.
Nachdem wir uns ein schönes, freies Plätzchen für unser Eigenheim ausgesucht hatten, begannen wir mit dem Bau. Doch es galt nicht nur, ein Wohnhaus zu errichten. Wer auf einem Roleplay-Server spielen will, sollte sich auch eine Rolle ausdenken, in die er oder sie schlüpfen möchte. Viele suchen sich einfach einen Beruf aus. Die einen werden Farmer, die anderen Schmiede, wieder andere bilden eine Polizei und so weiter. Wir haben beschlossen, ins Dienstleistungsgewerbe zu gehen und ein Kreditinstitut zu eröffnen. Weil wir uns früh im Spiel Kürbisse über die Köpfe gestülpt hatten, stand der Name unseres Unternehmens schnell fest: Pumpkin Credits. Seitdem sind wir auch als Kürbiskopf-Gang bekannt – weshalb es mich viele Tage später auch ziemlich verärgert hat, als ich bei einem langen Fußmarsch durch die Wildnis auf ein Gebäude stieß, das mit der Aufschrift "Hier wohnt die Kürbiskopf-Gang" (oder so ähnlich) versehen gewesen ist. Wir haben uns noch nicht weiter mit den dortigen Bewohnern befasst, aber Zündstoff für einen Konflikt ist auf jeden Fall vorhanden.
Unser Business entsteht
Nach wenigen Stunden standen unser Zuhause und unser Laden. Nun hatten wir bloß ein Problem: Wir brauchten Metallschrott. Viel Metallschrott. Das ist die Währung in Rust. Und wir konnten ja schlecht etwas verleihen, wenn wir selbst nicht viel gehabt hätten. Also galt es, erst mal jede Menge Fässer und Kisten an den Straßen zu durchsuchen. Die enthalten neben Metallschrott auch Gegenstände wie Sicherungen, Metallklingen und Rohre, die zwar für einige Crafting-Rezepte nötig sind, aber auch recycelt werden können, um so weiteren Schrott zu gewinnen. Recht schnell etablierte sich eine feste Route zwischen unserem Heimatdorf und einem verlassenen Supermarkt, wo so ein Schredder zum Wiederverwerten von nicht mehr benötigten Objekten steht.
Nach zwei, drei Tagen war es endlich soweit, dass wir mehrere 1000 Einheiten Metallschrott hatten und unser Institut eröffnen konnten. Eine Vertragsvorlage hatte ich kurz zuvor erstellt, denn Kreditvereinbarungen müssen ja schriftlich festgehalten werden. Die Basics: Jemand leiht sich Summe X und zahlt die entweder zwei Tage später auf einen Schlag oder in bis zu vier Raten zurück – je mehr Einzelzahlungen, desto höher der Zinssatz. Wer nicht rechtzeitig das Geld vorbeibringt, muss Mahngebühren blechen und sollte es mal wer komplett übertreiben...
Nun ja, in dem Fall würden wir ihn dann persönlich aufsuchen und mal, ähem, ein ernstes Wörtchen mit ihm reden. Also nein, wir sind nicht unbedingt ein komplett seriöses Kreditinstitut. Aber jeder, der sich an die Vereinbarungen hält, bekommt auch keinerlei Probleme mit uns. Und ein Zinssatz von maximal 40 Prozent (bei vier Ratenzahlungen) ist in Rust, wo der Metallschrott wortwörtlich am Straßenrand liegt, ja wohl alles andere als Abzocke.
Eine kuriose Wahl und erster Ärger
Das erste Großereignis in unserem Dorf war die Wahl des Bürgermeisters. Sonntagsabends versammelten wir uns in der örtlichen Taverne, um unser Oberhaupt zu bestimmen. Sechs Kandidaten wurden nominiert, von denen sich aber erst mal die Hälfte wieder von der Liste streichen ließ, weil sie auf das Amt gar keine Lust oder überhaupt nicht die Zeit dafür gehabt hätten. Von den drei Übriggebliebenen war einer nicht anwesend und ein weiterer fiel mitten in seiner Rede in Ohnmacht (er verlor die Verbindung zum Server) und wachte auch nicht mehr auf. Am Ende gewann die Wahl klar und deutlich der Gründer der Siedlung mit 16 Stimmen. Zugleich wurden auch noch Vertreter für die unterschiedlichen Unternehmensgruppen bestimmt, also jeweils einer für die Händler, Farmer, Dienstleister und so weiter.
Stichwort Vertreter: Für die Händler übernahm diese Rolle ein NASA-Mitarbeiter namens Nightwarrior, der den lieben langen Tag im Astronautenanzug herumlief. Warum ich den hier so gesondert erwähne? Nun, das hat mit der folgenden Geschichte zu tun: An unserem ersten Tag lernten wir einen Biobauern namens Zottel kennen. Wir verstanden uns direkt ganz gut und beschlossen, eine Geschäftsbeziehung einzugehen: Er würde einen Verkaufsautomaten, gefüllt mit Kartoffeln, in unseren Laden stellen und wir würden an jeder verkauften Knolle verdienen – ein sehr guter Deal für uns.
Tage später kam Zottel uns besuchen, wir zeigten ihm unser Geschäftsgebäude und er machte sich anschließend nochmal auf, um den Automaten zu holen. Während wir auf ihn warteten, kam besagter Nightwarrior zu uns und wollte wissen, was wir denn so beruflich machen. Und aus irgendeinem Grund schien er uns ärgern zu wollen. Er behauptete, als Vertreter der Händler ja für uns verantwortlich zu sein und dass wir uns mit ihm gut stellen, ihm Metallschrott geben sollten – aber eben nicht als Kredit, sondern als eine Art Schutzgeld oder so. Darauf ließen wir uns natürlich nicht ein, zumal der Kerl wohl nicht verstand, dass wir ja gar nicht zu den Händlern gehörten, sondern den Dienstleistern. Geld verkaufen und verleihen sind zwei völlig unterschiedliche Dinge.
In dem Moment kam Zottel zurück und natürlich geriet auch er mit Nightwarrior ins Gespräch. Weil der für die NASA arbeitet, die ja laut dem Farmer mit Brennstoffen hantieren, die nicht gut für die Umwelt sind, und dann auch noch behauptete, unser Chef zu sein, dachte Zottel, wir würden ebenfalls zur NASA gehören. Er erklärte unsere Geschäftsbeziehungen für beendet und lief weg. Vielen Dank auch, Herr Nightwarrior!
Alles wird wieder gut....und dann doch nicht
Am nächsten Tag habe ich wirklich alles dafür gegeben, die Sache mit dem Biobauern zu klären und ihm klarzumachen, dass wir nichts mit dem NASA-Typen zu tun haben. Weil Zottel schon öfters was bei ihm daheim zerstört und sein Gemüse gestohlen wurde, sollte ich ihn zu seiner Farm begleiten und sie auf ihre Sicherheit überprüfen. Da der gute Mann direkt an einem größeren Felsen gebaut hatte, war es sehr einfach, von dessen Spitze aus aufs Dach und dann in den Garten zu springen. Ich gab im Ratschläge, wie er seine Farm sicherer machen könnte und so gewann ich ihn wieder für uns. Kurze Zeit später stand sein Automat in unserem Laden. Und tags darauf kam es zum Armageddon.
Na gut, die Welt ist nicht untergegangen. Das passiert in Rust für gewöhnlich nur einmal im Monat, wenn Facepunch ein neues Update veröffentlicht und es einen globalen Wipe gibt. Aber unser Dorf, das zu dem Zeitpunkt nicht mal einen Namen hatte, wurde quasi aufgelöst. Irgendwie (ich habe es nicht so ganz mitbekommen) kam es zum Streit zwischen der Dorfführung und dem Server-Admin. Es ging dabei wohl vor allem darum, dass diverse Gebäude viel zu groß waren, was der Server-Performance stark geschadet hat. Plötzlich hatten mehrere Leute aus dem Dorf, darunter der Bürgermeister, die Insel verlassen.
Vorübergehende Trennung
Wie sollte es nun weitergehen? Nun, die übriggebliebenen Siedler beschlossen, an einen anderen Ort zu ziehen, nämlich in die Wüste im Osten des Eilands. Wir überlegten, ob wir mitgehen wollten und waren uns intern darüber nicht ganz einig. Ein Kollege hatte zuvor schon eine mehr oder weniger geheime Zweitbasis außerhalb des Dorfes errichtet, um dort Ressourcen für den Notfall zu lagern. Meine beiden Mitstreiter brachten, während ich mich zu Fuß in die Wüste aufmachte, um mir dort mal die neue Siedlung und deren Umgebung anzuschauen, all unser Hab und Gut in jenes Lager und machten daraus ein neues Heim.
Tja, nun war es aber so, dass ich mich für das neue Dorf entschieden hatte. Ich mochte es, nicht irgendwo in der Wildnis zu wohnen, sondern wollte weiterhin Teil einer größeren Gemeinschaft sein. Zudem gibt es in der Wüste jede Menge Metallschrott zu holen, zwei Bergbauaußenposten mit Schreddern in direkter Umgebung der Siedlung und sogar eine Höhle mit reichen Stein- und Metallerzvorkommen. Als ich zu meinen beiden Kumpanen stieß und feststellte, dass sie es sich an Ort und Stelle bereits gemütlich gemacht hatten, kam es zu einer Diskussion über das weitere Vorgehen. Für mich stand aber fest: Wenn ich nicht mehr in einer Siedlung wohnen würde, wollte ich nicht mehr länger auf der Insel bleiben.
Ich beschloss, alleine in die Wüste zu ziehen, dort ein Haus aufzubauen und jemanden zu suchen, der uns mit einem Auto oder Hubschrauber beim Umzug helfen könnte, falls die anderen beiden doch nachkommen wollten. Ihr Hauptgrund, mich nicht direkt gen Osten zu begleiten, war schließlich, dass es ein riesiger Aufwand wäre, all die Sachen zu Fuß den weiten Weg in die Wüste zu schleppen. Mehrfaches Hin- und Herlaufen ließe sich dabei nicht vermeiden.
Ein Haus verschwindet nicht einfach so!
Ganz so wie gedacht, verlief mein Plan aber nicht. Nachdem ich das neue Haus fertiggestellt hatte, legt ich mich für eine lange Zeit aufs Ohr – sprich, ich spielte an den darauffolgenden zwei Tagen kein Rust. Als ich dann wieder im Spiel aufwachte, war die komplette Hütte wie vom Erdboden verschluckt. Der Grund dafür: Ich hatte zu wenig Ressourcen im Werkzeugschrank gelagert. In Rust ist es nötig, Rohstoffe wie Holz und Stein in jenem Möbelstück zu haben, damit für die Instandhaltung der eigenen Basis gesorgt ist und sie nicht zerfällt.
Blöderweise war mir also nicht bewusst, dass die Ressourcen nicht für drei Tage ausreichten und so war ich plötzlich obdachlos. Doch das hat mir die Möglichkeit gegeben, meiner Rolle im Spiel einen neuen Dreh zu verleihen. "Mein Haus ist verschwunden! Das kann ja nur einen Grund haben: Aliens müssen es entführt haben!" Tja, und ratet mal, was mein Charakter nun denkt, was oder besser gesagt wer für diese Zeitanomalien (gemeint sind die Server-Lags) verantwortlich ist?
Eine tolle Erfahrung
Ich muss wirklich sagen: Ich hätte nicht erwartet, dass mir Rust auf einem Roleplay-Server auch ohne PvP-Action so viel Spaß machen würde. Wie ihr nun wisst, bin ich bislang in keinen gewalthaltigen Konflikt geraten. Hier und da musste ich mal einen Wolf erschießen, der mich anknabbern wollte, aber das war's auch schon. Im Vorhinein hatte ich mir gedacht, es könnte auf Dauer langweilig werden, wenn es keine PvP-Bedrohung in Form von Banditen oder ähnlichem gibt, aber dem ist nicht so.
Natürlich hoffe ich darauf, irgendwann mal in einen Krieg oder ähnliches zu gelangen. Aber so wirklich vermisst habe ich solche Momente in der bisherigen Zeit nicht. Auch das friedliche Rollenspiel macht enorm viel Spaß und sorgt immer wieder für lustige Situationen, die ich so schnell nicht vergessen werde. Ich werde auf jeden Fall weiterhin viel Zeit auf der Insel verbringen und vielleicht habe ich demnächst weitere Geschichten zu erzählen.