Autor: Dennis Leschnikowski
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State of Decay 2: Der neue Stern am Survival-Horror-Himmel?
Vor rund fünf Jahren veröffentlichten die Entwickler der Undead Labs mit State of Decay einen Survival-Horror-Titel, der sich angenehm vom typischen „Wir schießen alle Zombies über den Haufen“-Allerlei abhob.
Auch wenn das Abenteuer im technischen Bereich einem Totalausfall gleich kam, sorgten Features wie die Möglichkeit, eine eigene Basis zu errichten und diese zu verwalten, oder die Tatsache, dass Charaktere, die ihr Leben ließen, für immer verloren sind, dafür, dass State of Decay zu einem kommerziellen Überraschungshit mit mehr als zwei Millionen verkauften Einheiten avanciert.
Mit State of Decay 2 steht ab sofort der offizielle Nachfolger bereit, der nicht nur die technischen Macken des Vorgängers vergessen machen soll. Zudem versprachen die Undead Labs im Vorfeld der Veröffentlichung, die spielerische Seite mit einem "Online Coop"-Modus und zahlreichen Verbesserungen auf ein neues Level zu heben. Ob dieses Unterfangen von Erfolg gekrönt war?
State of Decay 2 Trailer:
Tutorial & Einführung
Zunächst ein paar Worte zur Verfügbarkeit von State of Decay 2: Um möglichst viele Spieler anzusprechen, entschloss sich Microsoft dazu, die Standard-Version zum Preis von 29,99 Euro abzubieten. Wer bereit ist, 49,99 Euro zu investieren, kommt in den Genuss der Ultimate Edition, die neben State of Decay 2 auch eine digitale Ausgabe der State of Decay: Year One Survival Edition sowie die beiden kommenden DLCs „Unabhängigkeits-Paket“ beziehungsweise „Morgengrauen-Paket“ umfasst. Des Weiteren sei angemerkt, dass es sich bei State of Decay 2 um einen Xbox-Play-Anywhere-Titel handelt. Käufer der digitalen Version erhalten also einen Code, der den Zugriff auf die Xbox-One- und Windows-10-Versionen gleichermaßen einräumt.
Vorkenntnisse sind zum Spielen von State of Decay 2 nicht vonnöten. Hier und da warten zwar kleine Verweise auf den Vorgänger. Diese sind allerdings eher klassischer Easter-Egg-Natur zuzuordnen. Ansonsten erzählt der Nachfolger eine eigenständige Geschichte und zeichnet nach dem Start eine vermeintlich erholsame Kulisse. Der eigene Charakter landet in einem Camp, das zunächst durch einen malerischen Sonnenuntergang und seine Ruhe einen ruhigen Nachmittag vorgaukelt. Wie so oft täuscht die Idylle jedoch. Schnell kristallisiert sich heraus, dass das Camp ursprünglich von Flüchtlingen bevölkert und von Untoten überrannt wurde. Die folgenden Minuten verstehen sich als ein Tutorial, das den Spielern alle wichtigen Funktionen der Steuerung näher bringt und sie erste Erfahrungen im Überlebenskampf sammeln lässt. Nach dem erfolgreichen Abschluss der Einführung wartet die erste Neuerung auf Veteranen der Reihe.
Drei verschiedene Maps und der Kampf um das tägliche Überleben
Vor dem Start in die Kampagne steht nämlich die Wahl zwischen drei verschiedenen Maps auf dem Programm. Während in der Stadt mehr Häuser und somit mehr Ressourcen wie Medikamente oder Nahrung warten, sind Gebäude auf der ländlichen Map eher spärlich gesät. Dafür werden die Areale von deutlich weniger Zombies bevölkert als ihre städtischen Pendants. Die Map im Tal liegt irgendwo dazwischen. Doch unerheblich davon, für welche Map ihr euch auch entscheidet, an euren grundlegenden Zielen ändert die Wahl nichts. So übernimmt der Spieler in State of Decay 2 die Kontrolle über eine zunächst überschaubare Basis und sieht sich dort mit allerlei Herausforderungen konfrontiert. In erster Linie geht es natürlich darum, das Überleben der eigenen Bewohner zu sichern, indem Untote abgewehrt und lebensnotwendige Vorräte gesammelt werden. Die Ressourcen reichen von lebenswichtiger Nahrung, über Medizin bis hin zu Munition für die Schießeisen eurer Truppe.
Um an die wertvollen Ressourcen zu gelangen, stehen regelmäßige Erkundungstouren auf dem Programm, mit denen ihr in State of Decay 2 die meiste Zeit verbringen werdet. Auf euren Erkundungstouren durchsucht ihr verlassene Häuser, reißt euch Fahrzeuge unter den Nagel oder handelt mit anderen Enklaven. Regelmäßig sehen sich die Überlebenden dabei den Angriffen von hungrigen Untoten ausgesetzt. Zur Wehr setzen sich die Charaktere sowohl mit Schuss- als auch mit unterschiedlichen Nahkampfwaffen wie Brechstangen, Baseballschlägern oder Beilen. Sonderlich anspruchsvoll fallen die Kämpfe zumindest in Scharmützeln, in denen ihr es mit den Standard-Zombies zu tun bekommt, nicht aus. Stattdessen reicht es aus, einen gesunden Abstand zu den Untoten zu halten und stetig die Action-Taste zu malträtieren, um den modrigen Gestalten Kopfzerbrechen zu bereiten – im wahrsten Sinne des Wortes. Da Munition in der Welt von State of Decay 2 ein rares und somit wertvolles Gut ist, sollte mit dieser sparsam umgegangen werden. Zumal diese dem eigenen Überlebenden spätestens dann den Allerwertesten retten kann, wenn unverhofft eine der gefährlicheren Zombie-Art aus dem Gebüsch schießt, die den Schwierigkeitsgrad angenehm ansteigen lässt und für besonders intensive Gefechte sorgt. Zu den besonders tödlichen Bestien gehören beispielsweise die aus dem Vorgänger bekannten Kreischer, die mit ihren Schreien weitere Zombies auf sich aufmerksam machen, oder die neuen Blutseuchen-Zombies.
Wird ein Charakter von einem Zombie, der die Blutseuche überträgt, gebissen, ist Eile gefragt, da sich die Krankheit relativ schnell ausbreitet und lediglich über einen bestimmten Zeitraum geheilt werden kann. Wird das Zeitlimit überschritten, verwandelt sich der Überlebende in einen Untoten. Hier hilft dann nur noch eine Kugel genau zwischen die Augen. Eine rabiate Vorgehensweise, die besonders dann für Ärger sorgen kann, wenn ein gut ausgebildeter Recke das Zeitliche segnet. Im direkten Vergleich mit dem ersten Teil der Reihe wurde die Charakter-Entwicklung nämlich deutlich aufgewertet und sorgt in Kombination mit dem Permadeath-Feature dafür, dass der Tod eines Überlebenden eine empfindliche Lücke in das Gefüge eurer Überlebenden reißen kann.
Die Basis: Diversität und Komplexität sind die Stichwörter
Nichts geändert hat sich an den Grundwerten der Charaktere, die deutlich machen, wie es um deren Ausdauer, das Geschick im Kampf oder ihre Auffassungsgabe bestellt ist. Durch stetiges Training lassen sich die Werte wie gehabt verbessern und ab einem gewissen Level durch exklusive Fertigkeiten individualisieren. Neu ist, dass die Überlebenden mit abgeschlossenen Missionen, getöteten Zombies oder gelieferten Ressourcen Rufpunkte sammeln und so ihren Ruf innerhalb der Gruppe verbessern. Wird der höchste Rang erreicht, kann ein Überlebender zum Anführer gewählt werden. Weitere Überlebende lassen sich in der Spielwelt rekrutieren, indem ihr diesen bei Missionen hilfreich zur Seite steht oder ihnen beim Kampf gegen Untote unter die Arme greift. Da die Charaktere stets prozedural generiert werden und somit mit individuellen Stärken und Schwächen aufwarten, gleicht kein Spieldurchlauf dem anderen. Dafür sorgen vor allem die neuen Fähigkeiten, die auf die Berufe der Überlebenden zurückzuführen sind und sich maßgeblich auf den Ausbau der eigenen Basis beziehungsweise das Alltagsleben der Gruppe auswirken.
Während eine Krankenschwester beispielsweise bei der Versorgung von Verwunderten von unschätzbarem Wert ist, profitiert von einem erfahrenen Landwirt vor allem der Nahrungsvorrat. Geht es darum, Umbauten möglichst schnell abzuschließen, ist der Handwerker euer Mann. Und hier kommt die strategische Komponente von State of Decay 2 ins Spiel: Aufgrund der begrenzten Ressourcen beziehungsweise Vorräte solltet ihr stets abwägen, wie viele Überlebende ihr auf einmal versorgen könnt und welchen Berufen ihr den Vorzug gebt. Selbiges gilt für die Frage, in welche Richtung die Basis ausgebaut werden soll. Auch hier stehen mehr Möglichkeiten denn je zur Verfügung, die durch die Mods noch weiter aufgewertet werden. Mit den Mods lässt sich die Effektivität von Bereichen wie dem Garten, dem Schlafzimmer oder der Krankenstation deutlich steigern. Wer gerne tüftelt, um das Optimum aus seiner Basis herauszuholen, wird in State of Decay 2 seine helle Freude haben. Doch wo es Licht gibt, da wartet bekanntlich auch Schatten. Spätestens wenn es darum geht, eine wachsende Basis zu versorgen, artet das Ganze schlichtweg in Stress aus. Natürlich ist auch uns klar, dass man eine Zombie-Apokalypse nicht mit einem Cuba Libre in der Hollywoodschaukel verbringt. Wenn während einer Erkundungstour allerdings in Abständen von wenigen Minuten Warnhinweise auf mangelnde Ressourcen oder Funksprüche von anderen Überlebenden auf einen einprasseln, wird man irgendwann das Gefühl nicht los, dass weniger in diesem Fall mehr gewesen wäre.
Zumal die ständige Hektik zwei weitere Kritikpunkte nach sich zieht. Zum einen stellt sich schnell eine gewisse Routine – um nicht zu sagen Monotonie - ein, da es oftmals nur darum geht, Punkt A aufzusuchen, ein paar Zombies weich zu klopfen und mit den gesammelten Ressourcen zur Basis zurückzukehren. Hinzukommt, dass die ohnehin schon kaum existente Handlung in der Hektik komplett untergeht. Selbiges gilt für die Interaktionen unter den Überlebenden, die sich beispielsweise eigenständig auf Erkundungstouren begeben und die Basis mit kostbaren Ressourcen versorgen. Allerdings ist eure Basis auch vor kleinen Missgeschicken nicht gefeit. So kam es im Zuge unseres Tests beispielsweise vor, dass einer unserer Überlebenden wertvolle Benzinkanister umstieß oder im Munitionslager für eine lautstärke Explosion sorgte, die unseren Munitionsvorrat in Flammen aufgehen ließ. Momente, in denen unweigerlich der Wunsch aufkommt, den Verantwortlichen mit einer Kuhglocke um den Hals in eine Horde hungriger Zombies zu schubsen. Meist sind es jedoch genau diese Momente, die die ständige Suche nach neuen Vorräten angenehm auflockern.
Gefundenes Videomaterial einer Krankenschwester:
Coop & Technik: Verschenktes Potential an allen Fronten
Zu den wichtigsten Neuerungen, mit denen State of Decay 2 im Vorfeld beworben wurde, gehört der kooperative Mehrspieler-Modus, der es euch ermöglichen sollte, die Spielwelt mit bis zu drei Freunden zu erkunden. An für sich ein spannend klingendes und gut gemeintes Feature. Wenn das Wörtchen „wenn“ nicht wäre. Heben wir zunächst die positiven Aspekte der Online-Komponente hervor. Dank der Unterstützung von Xbox Play Anywhere ist ein plattformübergreifender Mehrspieler-Modus an Bord. Gemischte Gruppen, bestehend aus Xbox-One- und Windows-10-Spielern, sind also kein Problem. Ebenfalls gefallen hat uns die Tatsache, dass der Online-Coop auf intelligente Art und Weise in das Spielgeschehen eingebunden wurde. Genau wie es beispielsweise in Capcoms Monster Hunter World der Fall war, lassen sich Notrufe absetzen, die anderen Spielern signalisieren, dass ihr Hilfe benötigt. Wer möchte, kann zudem auf Notrufe anderer Spieler reagieren oder wie erwähnt Gruppen mit Freunden zusammenstellen. Hinsichtlich der technischen Umsetzung gibt es keinen Grund zur Klage, da es im Rahmen unserer Test-Sessions weder zu Lags noch zu Verbindungsabbrüchen kam. Und das, obwohl State of Decay 2 lediglich auf Peer2Peer-Verbindunen setzt.
Dummerweise führt eine Design-Entscheidung der Entwickler die Coop-Komponente schnell ad absurdum. Der Missionsfortschritt wird lediglich für den Host gespeichert. Alle anderen Spieler dürfen zwar ihre Charaktere weiterentwickeln und sich ein paar Ressourcen sichern, wer mit einem Freund jedoch die Story-Missionen beziehungsweise die Kampagne bestreiten möchte, wird nicht umherkommen, diese mit wechselnden Hosts mehrfach in Angriff zu nehmen. Darüber hinaus gilt zu beachten, dass sich die Spieler aus unerklärlichen Gründen nicht allzu weit vom Host entfernen können, ohne die Verbindung zu diesem zu verlieren. Ebenfalls nicht ohne Kritik kommt die technische Umsetzung von State of Decay 2 davon, die vor allem mit ihrer altbackenen Präsentation zu kämpfen hat. Egal ob Animationen, Details oder Texturen; zu keinem Zeitpunkt kann es das neue Werk der Undead Labs technisch mit aktuellen Titeln aufnehmen. Mängel, die vor allem dann auftreten, wenn ihr euch tagsüber durch die Spielwelt bewegt. Wird es hingegen Nacht, spielt State of Decay 2 seine atmosphärischen Stärken aus und konfrontiert die Spieler mit einer Welt, in der man selbst mit einer Taschenlampe kaum die Hand vor Augen sieht. Machen nun noch gefährliche Zombies Jagd auf die Überlebenden, läuft die Dramaturgie zu bisher ungekannter Stärke auf. Probleme gibt es auf der Xbox One und der Xbox One S bedauerlicherweise mit der Framerate.
Versteht uns nicht falsch. Momente wie im Vorgänger, in denen die Bildwiederholungsrate ihr Glück regelmäßig sehr erfolgreich als Daumenkino versuchte, gehören zum Glück der Vergangenheit an. Trotz allem kämpft auch State of Decay 2 immer wieder mit kleineren Framerate-Einbrüchen. Besitzer einer Xbox One X hingegen können sich entspannt zurücklehnen. Zwar wird auch auf Microsofts High-End-Konsole lediglich technischer Durchschnitt geboten, unter dem Strich punktet die Umsetzung für die Xbox One X jedoch mit mehr Details, einer stabilen Framerate sowie der Unterstützung von HDR sowie der nativen 4K-Auflösung.
Abschließend sei uns noch eine Anmerkung zur Bug-Problematik erlaubt. Auch wir sahen uns in der zunächst vorliegenden Review-Fassung mit Fehlern wie sich festlaufenden Charakteren, plötzlich vom Himmel fallenden Objekten und sogar einem kleinen „Zombie-nado“ konfrontiert. Nach der Installation des Day-One-Updates gehörten diese Fehler jedoch der Vergangenheit an. Zwar können wir an dieser Stelle nicht garantieren, dass wirklich alle Bugs behoben wurden, für eine spürbare Besserung sorgte der Patch in unserem Test aber definitiv.
Fazit:
Selbst auf die Gefahr hin, dass nun ein Euro für das Phrasenschwein fällig wird, lässt sich unser Fazit zu State of Decay 2 im Prinzip mit einem Satz zusammenfassen: Wer den Vorgänger mochte, wird auch hier seinen Spaß haben. Wie versprochen wurden sowohl die Charakterentwicklung als auch die Möglichkeiten beim Ausbau der eigenen Basis massiv ausgebaut. In Kombination mit den zufällig auftauchenden Nebenmissionen und den prozedural generierten Charakteren ist für ausreichend Wiederspielwert gesorgt. Trotz allem wird man zu keinem Zeitpunkt das Gefühl los, dass einfach mehr möglich gewesen wäre. Die ohnehin schon nicht sonderlich packend inszenierte Geschichte beispielsweise geht in der Hektik des Spieldesigns fast komplett unter.
Stets hetzt ihr von einer Aufgabe beziehungsweise Mission zur nächsten und könnt eigentlich zu keinem Zeitpunkt euer eigenes Spieltempo an den Tag legen. Was in den ersten Stunden noch für einen steigenen Spannungsbogen sorgt, artet mit zunehmender Spieldauer schlichtweg in Arbeit und Monotonie aus. Für einen möglichen dritten Teil wünschen wir uns daher eine deutlich robustere und entsprechend hochwertige inszenierte Rahmenhandlung, die sich auch in der Hektik des Überlebenskampfes behaupten kann.
Aber sei es drum. Aufgrund des niedrigen Preises können wir State of Decay 2 allen ans Herz legen, die auf der Suche nach einer ungewöhnlichen Survival-Horror-Erfahrung sind. Trotz des verschwendeten Potentials spielt sich die Mischung aus dem Ressourcen-Management, dem alltäglichen Kampf um das Überleben und der klassischen Aufbau-Strategie nämlich einzigartig und unverbraucht genug, um Anhängern des Survival-Genres einen Abstecher in die Welt von State of Decay 2 ans Herz zu legen.