Call of Duty: Modern Warfare hat das Zeug dazu, der bislang beste Teil der Reihe zu werden – zumindest im Multiplayer.
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Call of Duty – Modern Warfare: Beta angezockt
Nach circa elf Stunden mit der Open Beta von Call of Duty: Modern Warfare können wir den 25. Oktober kaum erwarten. Was uns Entwickler Infinity Ward hier präsentiert, ist eine echte Überraschung. Und dass wir das mal über ein Call of Duty schreiben würden, können wir selbst nicht so ganz fassen. Aber zäumen wir das Pferd nicht von hinten auf, schließlich wissen wir genau, was ihr jetzt denkt: "Wie, überraschend?! Das sieht doch genauso aus wie immer." Nun, ja, irgendwie schon. Aber wer die Beta gespielt hat, wird uns vielleicht zustimmen, wenn wir sagen, dass sich ein Call of Duty noch nie so gut angefühlt hat.
Endlich hübsch
Wo wir gerade schon beim Aussehen sind: Das neue Modern Warfare sieht richtig gut aus. Also, nicht falsch verstehen, es ist nicht auf "Battlefield 5"-Niveau. Infinity Ward hat nicht solch aufwendige Effekte in seinen Ego-Shooter gepackt, wie ihr sie auf den Schlachtfeldern aus dem Hause DICE regelmäßig zu Gesicht bekommt. Zudem fehlt in Call of Duty: Modern Warfare die zerstörbare Umgebung und damit verbunden die aufwendige Physik-Engine der jüngeren Battlefields. Aber in Sachen Texturqualität, Beleuchtung und Animationen ist die Reihe endlich in der Gegenwart angekommen – nach dem technisch veralteten Black Ops 4 ist das auch bitter nötig gewesen.
Apropos Black Ops 4: In unserem Test haben wir vor allem die Soundeffekte stark kritisiert. Call of Duty: Modern Warfare wirkt wie eine Entschädigung für diesen Fauxpas. Zwar haben Battlefield und auch das jüngst erschienene Hunt: Showdown (zum Test) akustisch immer noch die Nase vorn, der Abstand ist aber deutlich knapper geworden. Jede Waffe in Modern Warfare klingt richtig gut. Speziell die Schrotflinten, aber auch die Selbstlade- und designierten Scharfschützengewehre knallen wahrhaftig aus den Boxen odern Kopfhörern. Da macht es schon allein aufgrund der Geräusche Spaß, sie abzufeuern.
Treffen sich zwei Soldaten…
Spaß am Ballern kommt in Call of Duty: Modern Warfare jede Menge auf. Das Kern-Gameplay gefällt uns ausgesprochen gut. Das Gefühl, den virtuellen Abzug zu drücken und einem Gegenspieler Kugeln in den Leib oder – noch besser – in den Kopf zu jagen, ist absolut großartig und eine deutliche Steigerung im Vergleich zu Black Ops 4. Gerade das Trefferfeedback überzeugt auf ganzer Linie. Ihr wisst immer, ob ihr einen Feind getroffen habt oder nicht. Und wenn er stirbt und authentisch in sich zusammensackt oder im Fall einer Schrotflintenattacke durch den hohen Druck nach hinten geschleudert wird, fühlt sich das sehr befriedigend an.
Auch die Bewegung macht einen sehr guten Eindruck auf uns. Call of Duty: Modern Warfare spielt sich leicht schwerfälliger als die Vorgänger und dadurch einen Tick langsamer. Es bleibt zwar ein Shooter der eher schnellen Sorte, ist aber nicht mehr so arcadig wie Black Ops 4. Das Körpergefühl ist somit wesentlich besser. In der Hinsicht erinnert Modern Warfare mehr an Battlefield oder Rainbow Six: Siege.
Türen und Sprints, die begeistern
Die neuen kleinen Mechaniken fügen sich daher gut ins Spiel ein. Zum einen lehnt ihr euch auf Knopfdruck an Häuserecken, Mauern oder andere Objekte an und blickt um die Ecke. Wir hätten uns zwar gewünscht, dass das wie in Battlefield 5 funktioniert, indem wir einfach nur die rechte Maustaste drücken, während wir auf die Deckung starren, nett ist diese kleine Neuerung trotzdem. Noch besser gefällt uns die Möglichkeit, Türen nicht bloß normal zu öffnen oder im Sprint hindurchzustürmen, sondern sie auch nur einen Spalt breit zu öffnen, während wir durchs Visier unserer Waffe schauen. Das ist etwas, was sich DICE gerne abschauen darf.
Die auffälligste Gameplay-Neuerung dürfte jedoch der Taktiksprint sein. In Call of Duty: Modern Warfare gibt es zwei Arten der schnellen Fortbewegung: den normalen Sprint wie in den Vorgängern und die neue Variante, die ihr auf dem PC durch doppeltes Drücken der "Shift"-Taste auslöst. Dann lauft ihr noch schneller, hebt die Waffe aber an und braucht somit ein bisschen länger, um zum Schuss anzusetzen. Die Funktion eignet sich gut, um entweder schnell hinter einen Kontrahenten zu gelangen, den ihr um eine Ecke habt flitzen sehen, oder feindlichem Beschuss zu entkommen – das nennen wir mal eine sinnvolle Erweiterung der Spielmechanik.
Große Modi-Auswahl
Die Multiplayer-Beta bot genügend Möglichkeiten, gegen andere Spieler anzutreten und sie mit Kugeln zu durchlöchern. Insgesamt zehn Spielmodi standen zur Verfügung, allerdings leider nicht immer alle zeitgleich: "Realismus" (vermutlich das, was in den Vorgängern "Hardcore" heißt), "Feuergefecht" (die 2-gegen-2-Variante) und der Nachtsichtgerätmodus, der mit Gefechten in absoluter Finsternis aufwarten, wechselten sich ständig ab. Das hat leider dazu geführt, dass wir es verpasst haben, letztere Spielvariante auszuprobieren. Schade, gehört sie doch zu den spannendsten Neuerungen im Mehrspielerteil.
Für reichlich Abwechslung war aber auch so gesorgt. Es hat sich jedenfalls schon abgezeichnet, dass Call of Duty: Modern Warfare der bislang vielseitigste Teil der Reihe werden dürfte. Seine Kerndisziplin bleiben sicherlich die Scharmützel auf engem Raum mit bis zu zwölf Spielern, sei es nun im simplen "Team Deathmatch" oder den klassischen CoD-Modi "Herrschaft" (drei Flaggenpunkte einnehmen und halten, um zu punkten) und "Hauptquartier" (ein wechselnder Punkt, der erobert und eine bestimmte Zeit lang gehalten werden muss).
Counter-Strike ohne Antiterroreinheit
Sehr gut gefallen hat uns "Cyberangriff". Das ist quasi wie "Suchen und Zerstören" oder eben die "de"-Karten in Counter-Strike, nur dass beide Teams das Ziel haben, eine EMP-Bombe zu legen. Die liegt zunächst irgendwo auf der Karte. Es gilt also, sie aufzuheben, bevor die Gegner sie in die Finger kriegen, und dann am Zielort zu platzieren. Genau wie bei Counter-Strike: Wer stirbt, darf erst in der nächsten Runde wieder mitspielen – es sei denn, er wird von einem Teamkameraden wiederbelebt. Das mag nach nichts Besonderem klingen, bringt aber nochmal eine neue taktische Ebene ins Spiel. Stellt euch vor, es sind nur noch zwei Spieler übrig. Einer von beiden hat die Bombe und könnte sie legen. Doch stattdessen reanimiert er seine gefallenen Kollegen, deren Leichen nicht allzu weit von seinem Standpunkt entfernt lagen, und schafft so plötzlich wieder eine Überzahlsituation, die den Gegenspieler richtig in Bedrängnis bringt.
Darüber hinaus spielt sich "Cyberangriff" so schön anders als die sonstigen "Close Quarters Combat"-Modi von Call of Duty: Modern Warfare. In "Team Deathmatch" laufen bekanntlich alle Spieler wild hin und her, Teamplay und taktisches Vorgehen sind nur selten zu beobachten. Selbst in "Herrschaft" und "Hauptquartier" merkt man in der Regel nicht viel davon, dass hier jeweils sechs Spieler pro Fraktion zusammenarbeiten sollen – zumindest dann, wenn ihr komplett mit fremden Leuten spielt. In "Cyberangriff" ist jedoch aufgrund der fehlenden Respawns bedachtes Vorgehen oberstes Gebot. Hier solltet ihr also nicht blind über die Karte sprinten, sondern euch wirklich mit den Kameraden absprechen, sonst seht ihr im Normalfall kein Land. Wer also eine Pause von der hektischen Action in den anderen Modi braucht, ist hier bestens aufgehoben.
Fast wie Battlefield
Während solche Modi wie "Cyberangriff" aber schon immer irgendwo Teil der CoD-DNS waren, ist "Bodenkrieg" etwas völlig Neues für die Reihe. Hier kämpfen 32-köpfige Teams auf großen Karten mit Fahrzeugen gegeneinander. Das kommt euch bekannt vor? Nun, Infinity Ward kann es gar nicht verbergen, hier bei DICE abgeschaut zu haben, zumal es wie in Herrschaft und dem Battlefield-Standardmodus "Eroberung" darum geht, Flaggenpunkte zu erobern. Es spielt sich somit genauso wie der Konkurrent – mit der Ausnahme, dass es keine zerstörbare Umgebung gibt und ihr Flugzeuge nicht direkt selbst steuern könnt. Aber Hubschrauber, Panzer sowie Truppentransporter stehen euch mit all ihren Funktionen zur Verfügung. Der Haken: Sie steuern sich – zumindest mit Maus und Tastatur – längst nicht so gut wie in Battlefield. Ein schnelles Quad fühlt sich etwa leicht schwammig an, ein Panzer wiederum zu träge. Hier wäre noch etwas Feintuning angebracht.
Davon abgesehen macht der "Bodenkrieg"-Modus durchaus Laune. Klar, das Herzstück von Call of Duty: Modern Warfare werden trotzdem die Gefechte auf kleinen Karten sein. Die waren schon immer die Stärke der Reihe und das wird auch in Zukunft sicherlich so bleiben. Aber wenn ihr eben Lust auf Call of Duty habt, sowieso noch euren Rang erhöhen und die nächste vielversprechende Waffe freischalten, aber eben mal was anderes als Kämpfe auf engem Raum erleben möchtet, ist "Bodenkrieg" eine gute Wahl. Ein Battlefield wird es nicht ersetzen und die Reihe von DICE wird auch weiterhin der König der großen 64-Mann-Multiplayer-Schlachten mit Fahrzeugen bleiben. Aber solange die Entwickler bei den anderen Modi nicht an Kartenvielfalt sparen, ist es eine willkommene Ergänzung.
Apropos Karten: Wir hoffen, dass das fertige Spiel etwas mehr optische Abwechslung bieten wird. Die Maps, die es in der Beta zu sehen gab, sind zwar allesamt sehr gut designt und bieten dank mancher Schleichwege viel Futter für spannende Gefechte, aber die Farbpalette erwies sich als relativ beschränkt. Zwischen einem Hafengebiet und einem Fabrikgelände ist der Unterschied auf rein optischer Ebene nicht sonderlich groß. Ein Bergdorf samt Höhle im nahen Osten ist zwar schon was anderes, allerdings ist Braun nicht so weit von Grau entfernt. Wir erhoffen uns für die Vollversion Schlachtfelder im Wald (immerhin bislang das Setting für eine "Feuergefecht"-Karte), auf grünen Wiesen, im Schnee, vielleicht auch an markanten Orten wie einem Einkaufszentrum oder auf einer Insel samt Sandstrand und Palmen.
Nicht der Modus, den wir wollten
Eine weitere Hoffnung unsererseits: eine alternative Variante des "Feuergefecht"-Modus. Das, was wir davon in der Beta gespielt haben, ist bislang unser einziger größerer Kritikpunkt an Call of Duty: Modern Warfare. Das Versprechen seitens der Entwickler klang anfangs großartig: Zwei Duos treten auf sehr kleinen Karten gegeneinander an, jeder Spieler hat die gleiche zufällige Ausrüstung, die ständig wechselt. In der Beta war es nun aber so, dass ihr mit nichts in den Händen startet und eure Waffen wie in einem Arena-Shooter erst aufsammeln müsst.
Zwar sind die Karten symmetrisch aufgebaut und die Schießprügel genauso gleichmäßig auf beide Seiten verteilt, sodass an sich Chancengleichheit herrscht, doch oftmals wurden wir erschossen, während wir eine Waffe gerade aufhoben und die entsprechende Animation abgespielt wurde. Uns würde es viel besser gefallen, jeder Spieler hätte vom Start an seine Ausrüstung im Gepäck und es ginge nur darum, wer besser mit ihr umgehen kann. Da im Auswahlbildschirm der Beta noch eine Abkürzung hinter dem Namen "Feuergefecht" stand (die wir allerdings nicht zuordnen konnten), haben wir die Vermutung, dass es eben mindestens noch eine weitere Version des Modus' geben wird. Warten wir also mal ab, ob unsere Wunschvariante nicht doch am Ende Teil des Spiels ist.
Einschätzung
Warum hat uns die Beta von Call of Duty: Modern Warfare überrascht? Der Grund dafür ist sicherlich nicht das Spielkonzept oder der "Bodenkrieg"-Modus. Ersteres ist im Kern unverändert geblieben, letzteres schon seit einiger Zeit angekündigt. Überrascht hat uns, wie deutlich sich die Reihe mit dem neuen Ableger, der eigentlich nur ein Reboot ist, weiterentwickelt. Das neue Modern Warfare ist nicht bloß Black Ops 4 in einem anderen Szenario, es fühlt sich deutlich anders an, ohne die eigene Identität zu verraten. Das Gunplay hat einen großen Schritt nach vorn gemacht.
Zusätzlich haben wir es hier mit dem ersten Call of Duty nach vielen Jahren zu tun, dass grafisch wirklich mal einen großen Sprung nach vorn macht. Nach der Beta steht für uns fest: Im Multiplayer hat der Titel das Zeug zum Hit und könnte alle seine Vorgänger übertrumpfen. Wenn dann noch die Kampagne und der Koop-Modus überzeugen, steht uns Ende Oktober ein sehr gutes Shooter-Gesamtpaket ins Haus.