Splitgate ist der perfekte Shooter, um die Wartezeit auf Halo Infinite zu überbrücken – und noch so viel mehr.
Splitgate angespielt: Halo + Portal = Der Hammer!
Was haben Splitgate und Among Us gemeinsam? Science-Fiction-Setting? Check! Ein Indie-Studio als Entwickler? Check! Mord und Totschlag? Doppelcheck! Vor allem aber sind beide Titel richtige Spätzünder. Sie erschienen 2019 (Splitgate jedoch nicht als finales Spiel, sondern als Early-Access-Version), interessierten damals aber kaum jemanden. Among Us hatte vor über einem Jahr dank Twitch seinen verspäteten Durchbruch. Bei Splitgate hat es noch etwas länger gedauert. Im Sommer dieses Jahres fand es als Betaversion den Weg auf die Konsolen von Sony und Microsoft – und damit war es in aller Munde. Der Andrang auf die Server war so groß, dass sie teilweise komplett überfüllt waren. Entwickler 1047 Games wollte den Titel eigentlich dieses Jahr offiziell veröffentlichen, entschied sich dann aber dazu, den Betastatus für unbestimmte Zeit beizubehalten – wegen dem großen Erfolg. So was passiert auch nicht alle Tage.
Auch auf dem PC wollten plötzlich viel mehr Leute das Ding spielen als jemals zuvor. Ein Blick auf SteamCharts verrät: Bis Juni 2021 lag die durchschnittliche Spielerzahl, vom Release-Monat Mai 2019 mal abgesehen, durchgehend im dreistelligen Bereich. Zu keinem Zeitpunkt in diesen zwei Jahren waren mal 1000 Spieler zeitgleich online. Im vergangenen Juli gab es dann einen Anstieg von über 1000 Prozent auf um die 3700 Spieler im Durchschnitt – und im August waren es auf einmal über 36.000. Zugegeben, die Zahlen sind wieder gesunken, auf 6633 in den vergangenen 30 Tagen. Nichtsdestotrotz: Für ein Indie-Spiel liest sich selbst das doch noch ganz gut, oder? Tatsächlich hätte Splitgate aber dauerhaft den Erfolg verdient, den es im Spätsommer hatte, denn spielerisch ist es ein wahres Highlight.
Ein Mischung, die frohlocken lässt
Splitgate ist nichts Geringeres als ein Kind von Halo und Portal. Im Kern handelt es sich um einen Arena-Shooter mit arcadigem, aber auch nicht zu simplem Gunplay, in dem ihr die meisten Waffen auf der Karte aufheben müsst, um sie zu nutzen. Und es gibt Jetpacks. So weit ist das nichts Besonderes, mal davon abgesehen, dass diese Art Spiel heutzutage eine Rarität ist. Es gab hier und da Versuche, so was wieder zu etablieren (man erinnere sich an das gescheiterte LawBreakers von Cliff Bleszinski), aber abseits von Halo fehlte lange Zeit ein erfolgreicher Vertreter – bis sich nun eben Splitgate durchgesetzt hat.
1047 Games hat dieser Formel aber noch etwas hinzugefügt. Genau wie im Knobelspielhit Portal von Valve könnt ihr stets zwei Portale öffnen, die miteinander verknüpft sind. Statt einer schweren Kanone nutzt ihr dazu aber einfach eine Vorrichtung, die an eurem linken Arm angebracht ist – ihr müsst ja die Hände für die richtigen Waffen freihaben. Die Portale lassen sich zwar nicht an jeder beliebigen Stelle auf den Karten platzieren, sondern nur auf speziell dafür vorgesehenen, blauen Flächen, aber die sind so zahlreich in der Umgebung verteilt, dass man die Freiheit aus Portal gar nicht vermisst.
Außerdem ist Splitgate ja immer noch ein kompetitives Multiplayer-Spiel, wo eine gute Balance wichtig ist. Es ist eben Teil des fantastischen Map-Designs, dass ihr die Portale nur an bestimmten Stellen öffnen könnt. Genug taktischen Spielraum gibt es in jedem Fall. Ihr könnt euch dank dieses im Shooter-Genre einzigartigen Features schnell aus brenzligen Situationen retten, weite Distanzen im Nu überbrücken und dem Gegner in den Rücken fallen. Besonders cool: Nur ihr könnt durch euer eigenes Portal hindurchschauen und sehen, was auf der anderen Seite ist. Wer es geschickt anstellt, kann so von einer erhöhten Stelle im Level aus snipern, ohne selbst an jenem Ort zu stehen – die Portale machen es möglich. Klar, man muss mit dieser Mechanik erst mal warm werden und vor allem die 20 Maps kennenlernen. Aber selbst dann, wenn ihr die Portale nicht exzessiv nutzt und Splitgate die meiste Zeit wie einen gewöhnlichen Arena-Shooter spielt, könnt ihr a) Erfolge feiern und b) viel Spaß haben.
Die Knarren kennen wir doch!
Wir haben momentan richtig viel Freude mit Splitgate. Und dass, obwohl wir uns manchmal noch schwer mit dem klugen Einsatz der Portale tun. Aber die Idee und das Potenzial für coole Manöver, die sie ermöglichen, sehen wir in jedem Fall. Zusätzlich macht uns die reine Shooter-Mechanik große Freude. Die Schießprügel fühlen sich allesamt gut und sehr unterschiedlich an. Es macht einfach Laune, Gegner über den Haufen zu schießen, zumal das auch gerne mal mit den für Arena-Shooter-typischen Kommentaren wie „Double Kill!“ oder „Killing Spree!“ untermalt wird. Hach, wie sehr wir das doch vermisst haben!
Die Waffen von Splitgate erinnern dabei frappierend an das Arsenal aus Halo. Man schaue sich nur mal das Kampfgewehr mit seinen 3-Schuss-Salven an. Es wäre nicht unberechtigt, es als dreiste Kopie der gleichnamigen Knarre aus Halo zu bezeichnen. Auch die Railgun kennen wir in ähnlicher Form aus den Spielen von Bungie beziehungsweise 343 Industries. 1047 Games kann gar nicht leugnen, wovon man sich hier offensichtlich hat inspirieren lassen. Aber wie heißt es so schön: Besser gut geklaut, als schlecht selbst gemacht. Das gilt natürlich genauso für die Portalmechanik, die das Indie-Team ja auch nicht erfunden hat. Aber mit der Kombination aus dem Portal-Markenzeichen und dem Halo-Gameplay haben die Jungs und Mädels aus Nevada dann doch etwas Innovatives geschaffen, weswegen ihnen erst recht niemand böse sein kann.
Ein (zu) bunter Haufen
Splitgate ist ein Free-to-Play-Spiel und als solches kommt es nicht ohne Mikrotransaktionen aus. Auf seinen Shop macht es auch sehr gerne aufmerksam: Immer, wenn es darin etwas Neues gibt, prangert unter dem entsprechenden Button im Hauptmenü eine „Neu!“-Grafik. Und die geht erst weg, wenn ihr euch wirklich die ganze Neuware einmal angeschaut habt. Für Menschen, die den Drang haben, solche Markierungen stets wegzuklicken, ist das ein Graus (wir sprechen da aus eigener Erfahrung).
Im Shop finden sich aber nur kosmetische Items wie Skins für die Waffen und den eigenen Charakter, weshalb das Geschäftsmodell für einen Free-to-Play-Titel vollkommen in Ordnung geht. Das Art Design der Figuren ist recht fragwürdig. Splitgate folgt optisch keiner klaren Linie. Während die Standardcharaktere dem „Rot und Blau“-Schema aus Halo entsprechen und normale Sci-Fi-Kampfanzüge tragen, gibt es auch einen Skin mit Häschenhelm, einen untoten Piraten und eine dicke, anthropomorphe Katze mit Weste und Schiebermütze. Für sich genommen sind diese Skins gut gemacht, auch wenn sie nicht unbedingt jedem Geschmack entsprechen. Aber in Kombination ergeben sie schlicht ein unstimmiges Gesamtbild. Man weiß einfach nicht, welche Tonalität 1047 Games hier anstrebt: Soll Splitgate cool und erwachsen sein oder doch eher in die Fortnite-Kategorie fallen?
Auch sparsame Naturen werden bedient
Falls ihr befürchtet, als nichtzahlender Spieler die ganze Zeit mit einem Standardcharakter und Waffen in Standard-Looks herumlaufen zu müssen: Ihr bekommt auch rein fürs Spielen genug Skins als Belohnung. Mit jeder abbsolvierten Partie sammelt ihr Erfahrungspunkte, steigt im Level auf und erfüllt zusätzlich zahlreiche tägliche, wöchentliche, saisonale und an Waffen gebundene Herausforderungen. Entweder schaltet ihr direkt Skins frei oder erhaltet Drops, also Lootboxen, die jeweils ein zufälliges Item enthalten. Die virtuellen Überraschungskugeln gibt es auch nicht für Echtgeld zu kaufen – gut so! Ach ja, ein Battle Pass ist selbstverständlich auch mit dabei und funktioniert so wie üblich: Es gibt ein paar Gratisbelohnungen, für den Großteil der Preise müsst ihr ihn aber kaufen.
Ganz ehrlich: Wir sind sogar versucht, 1047 Games mal ein wenig Geld in die Kassen zu spülen. Denn was die Entwickler uns hier an Modi und Maps servieren, kann sich sehen lassen. 14 Standardspielvarianten gibt es derzeit, hin und wieder sind auch Event-Modi spielbar wie „Teabag bestätigt“, wo Kills nur dann Punkte bringen, wenn ihr eure Opfer … Na, ihr wisst schon. Ansonsten gibt es aber auch die Klassiker wie „Team Deathmatch“, „King of the Hill“, „Gun Game“, „Domination“ und das gute alte „Instagib“. Ja sogar ein Modus mit großen Köpfen und lediglich dem Scharfschützengewehr als Ausrüstung ist mit dabei.
Noch dazu gibt es die Möglichkeit, auf allen Karten Rennen gegen die Uhr zu bestreiten, inklusive Ranglisten – perfekt, um die Arenen besser kennenzulernen und vor allem das flotte Platzieren von Portalen zu trainieren. Ach ja, einen Schießstand gibt es ebenfalls, außerdem könnt ihr eigene Lobbys mit Modifikatoren erstellen und gewertete Modi sind auch mit an Bord. Letztere müsst ihr aber erst freischalten, indem ihr bestimmte Levels erreicht.
Einschätzung
Splitgate ist ein wahrer Spielspaßgarant, wenn man denn was mit Halo-artigen Shootern anfangen kann. Durch die Portalmechanik ist der Titel wirklich etwas Besonderes innerhalb seines Genres und ein Spiel, das sich dank der taktischen Möglichkeiten wunderbar als eSports-Disziplin eignet. Der Umfang kann sich ebenfalls sehen lassen und haben wir schon erwähnt, dass Splitgate gut aussieht und klingt? Nein? Nun wisst ihr es. Falls ihr sehnsüchtig auf Halo Infinite wartet, dass noch anderthalb Monate entfernt ist, solltet ihr Splitgate unbedingt eine Chance geben. Kostet ja nix! Und vielleicht haltet ihr ihm dann auch noch länger die Treue, weil es eben so verdammt gut ist. Das hier ist kein vollwertiger Test, weil das Spiel noch nicht offiziell fertig ist. Aber wäre es einer, würde die Wertung definitiv im hohen Bereich liegen.