Horizon Forbidden West erfindet das Rad nicht neu, aber es bietet ein paar wirklich gute Neuerungen.
Horizon Forbidden West: Unsere Lieblingsneuerungen
In unserem Test haben wir euch bereits verraten, was Horizon Forbidden West allgemein auf dem Kasten hat und ob es sich lohnt, die 70 oder 80 Euro (je nachdem, ob ihr euch die PS4- oder PS5-Version holt) für das Open-World-Spiel von Guerrilla Games auszugeben. In diesem Artikel wollen wir noch ein wenig näher auf gewisse Neuerungen eingehen, die uns richtig gut gefallen und die Horizon Forbidden West zumindest auf spielerischer Ebene zu einem besseren Spiel machen als den Vorgänger.
Gelobt sei das Vorratslager!
In Horizon Zero Dawn ist es echt nervig gewesen, wenn zum Beispiel mal wieder der Medizinbeutel voll war und man keine Beeren mehr einsammeln konnte. Dieses Problem hat sich in Horizon Forbidden West erledigt. Nein, euer Inventar ist nicht endlos groß und ihr müsst auch nach wie vor Dinge wie euren Köcher oder eben den oben genannten Beutel ausbauen (ersteren per Crafting, letzteren per Talentbaum), damit mehr hineinpasst. Aber das Spiel hindert euch nicht mehr daran, so viele Ressourcen einzupacken, wie ihr lustig seid, denn dafür gibt es ja das Vorratslager.
Könnt ihr keine Beeren mehr mit euch tragen, wandern sie automatisch in jenes Lager – Videospielmagie macht's möglich. In jeder Siedlung sowie bei Unterschlüpfen findet ihr Vorratstruhen, ähnlich wie in Diablo oder anderen Rollenspielen mit viel Loot und begrenztem Inventarplatz. Jede dieser Truhen bietet Zugriff auf euer globales Lager, das unbegrenzt viel Platz bietet. Wenn ihr nun zum Beispiel ganz viel Holz darin, aber keines mehr in eurem Inventar habt, weswegen ihr keine Pfeile herstellen könnt, geht ihr einfach zu einer Vorratskiste und drückt "Kreuz". Daraufhin öffnet sich das entsprechende Menü. Nun braucht ihr nur noch "Viereck" kurz gedrückt halten, um eure Bestände aufzufüllen. Schon könnt ihr wieder euren Köcher vollmachen – super praktisch!
Die Reliktruinen sind unser kleines Open-World-Highlight
Ruinen ließen sich schon in Horizon Zero Dawn erkunden. Wirklich interessant sind die aber nie gestaltet gewesen. Für den Nachfolger hat sich Guerrilla Games mehr ins Zeug gelegt. In Horizon Forbidden West gibt es die Reliktruinen, die eine neue Form von Open-World-Aktivität sind und sehr an die Gräber der "Tomb Raider"-Spiele erinnern.
Es handelt sich um Orte mit Umgebungsrätseln. Die sind nicht unbedingt innovativ (es geht etwa gerne mal darum, Kisten zu verschieben), aber sehr gut designt und eine wunderbare Abwechslung zu der ganzen Action, die das Spiel sonst zu bieten hat. Die Lösungen liegen in der Regel auf der Hand, ihr müsst euch nur genau umsehen und Dinge im Kopf richtig miteinander kombinieren, wenn es zum Beispiel darum geht, eine geladene Batterie von A nach B zu befördern, ohne dass sie dabei mit Wasser in Berührung kommt – was sich nicht verhindern lässt, wenn ihr sie einfach selbst an ihren Bestimmungsort tragen wollt (es ist eben eine sehr große, schwere Batterie). Die Kopfnüsse sind nie zu hart, aber ihr fühl euch trotzdem clever, wenn ihr sie gelöst habt.
Reiten ist viel besser
Dass ihr manche Maschinen überbrücken und als Reittiere nutzen könnt, ist nichts Neues. Das ist bereits in Horizon Zero Dawn möglich gewesen. Allerdings hat Guerrilla Games die Steuerung deutlich verbessert. Im Vorgänger ist es noch nötig, die "Kreuz"-Taste gedrückt zu halten, wenn ihr nicht bloß im Trab vorankommen wollt. Das ist alles andere als komfortabel, weil ihr dann nur schwer mit dem rechten Analog-Stick die Kamera drehen könnt, da euer Daumen ja bereits auf der Aktionstaste liegt. In Horizon Forbidden West ist damit Schluss.
Hier gibt es vier unterschiedliche Geschwindigkeiten (fünf, wenn man das Schritttempo mitzählt, in dem ihr euch bewegt, wenn ihr den linken Analog-Stick nur leicht nach oben bewegt), zwischen denen ihr per "Kreuz" und "Kreis" wechselt. Erstere Taste erhöht euer Tempo, letztere senkt es – und ihr müsst sie jeweils nur einmal drücken, um eine Stufe hoch oder runter zu schalten. Ihr könnt sie aber auch kurze Zeit gedrückt halten, um direkt die Maximalgeschwindigkeit zu erreichen beziehungsweise zum Stillstand zu kommen.
Das beste Minigame seit Gwint
Wenn ihr in The Witcher 3: Wild Hunt Gefahr gelaufen seid, stundenlang Gwint zu spielen, anstatt als Geralt nach seiner Ziehtochter Ciri zu suchen, könnte euch in Horizon Forbidden West ähnliches passieren. Guerrilla Games hat mit Maschinenstreik ein clever designtes Brettspiel konzipiert. Auf unterschiedlichen Brettern tretet ihr mit Maschinenfiguren gegen einen Kontrahenten an und versucht, sieben Siegpunkte zu erzielen, indem ihr seine Figuren besiegt.
Das Spiel erinnert ein wenig an Schach, hat aber einen Sammelkartenspiel-artigen Aspekt, denn jede Figur hat ihre eigenen Werte. Zudem stellt ihr euch selbst Sets zusammen, könnt Figuren bei Händlern kaufen und euch auch auf andere Art und Weise in der Spielwelt verdienen. Dank eines guten Tutorials habt ihr die Regeln schnell verinnerlicht, Maschinenstreik hat aber trotzdem genug taktischen Tiefgang, sodass ihr richtig darin versinken könnt, ganze Abende lang einfach nur einen Spieler nach dem anderen in der Welt zu besiegen und euch so ein paar Metallscherben zu erspielen. Uns würde es nicht überraschen, wenn Guerrilla und Sony einen ähnlichen Weg wie CD Projekt RED gehen und in Zukunft ein eigenständiges Maschinenstreik-Spiel mit Multiplayer-Komponente veröffentlichen. Das Potenzial dafür ist auf jeden Fall vorhanden.
Der Nahkampf ist nicht mehr doof
Zum Schluss haben wir noch einen Punkt, der zwar nicht mit Fehlerfreiheit glänzt, aber doch dank neuer Mechaniken erheblich besser ist als im Vorgänger: Der Nahkampf macht in Horizon Forbidden West tatsächlich halbwegs Spaß. Ja, da ist noch viel Luft nach oben. Es gibt auch diesmal wieder keine Lock-on-Funktion und dass Aloy gegnerische Angriffe nicht blocken kann, stört uns ebenfalls – zumal sie ja früh im Spiel von einem Widersacher den Schildgleiter erbeutet, der den wiederum als Schild benutzt hat.
Jetzt zum großen, positiv gemeinten Aber: In Horizon Zero Dawn ist der Nahkampf wirklich Mist gewesen. Da haben wir noch mit lediglich leichten und schweren Angriffen auskommen müssen. Der Nachfolger bietet richtige Kombos sowie aktive Fähigkeiten und mit dem Resonatorstoß einen Skill, der Nah- und Fernkampf auf simple, aber clevere Art verbindet: Haut ihr mit eurem Speer mehrfach auf einen Gegner ein, wird an einer Körperstelle "energetisiert". Das wird durch eine Art blaue Kugel dargestellt. Auf die feuert ihr dann einen Pfeil ab, was eine kleine Explosion auslöst und extra viel Schaden verursacht und sich auch einfach sehr befriedigend anfühlt. Im nächsten Teil darf der Nahkampf gerne noch besser werden, damit die Gefechte mit menschlichen Feinden zumindest ansatzweise so unterhaltsam werden wie die mit den Maschinen. Aber die Steigerung von Zero Dawn zu Forbidden West ist groß genug, dass wir sie hier noch einmal würdigen wollen – was wir ja soeben getan haben.