Das Remake von Trials of Mana bleibt dem Original sehr treu und das wird ihm teilweise zum Verhängnis.
Trials of Mana im Test: Treue ist nicht immer gut
Der April 2020 war wahrlich der Monat der Remakes. Die Neuauflage von Final Fantasy 7 oder zumindest das, was uns Square Enix als erste Episode dieses Remakes präsentiert hat, lieferte viel Diskussionsstoff und Capcom haute nicht mal anderthalb Jahre nach der Wiederauferstehung von Resident Evil 2 die Neuinterpretation des dritten Serienteils auf den Markt. Beide Spiele haben etwas gemeinsam: Sie nehmen die Story, Charaktere und Schauplätze aus den Originaltiteln, binden sie aber in ein völlig neues Gameplay-Konstrukt ein.
Ähnliches hätte Square Enix auch mit seinem zweiten Remake im vergangenen Monat machen können, hat man aber nicht getan. Das Trials of Mana von 2020 erweckt den dritten Teil der "Seiken Densetsu"-Reihe, der bei uns im Westen erst vergangenes Jahr als Teil der Collection of Mana für die Switch erschienen ist, in 3D zu neuem Leben, hält sich ansonsten aber sehr stark ans Original. Das können wir als Kritiker respektieren, aber richtig gut finden müssen wir es nicht.
Erzählerisch lahm
Trials of Mana oder Seiken Densetsu 3, wie es in seiner Heimat heißt, erschien ursprünglich 1995 für das Super Famicom, das japanische Pendant zum SNES. In den Westen schaffte der Nachfolger von Secret of Mana es damals nicht. Dementsprechend ist das Remake für viele die erste Berührung mit dem Werk, denn sicherlich hat nicht jeder Käufer auch die Collection of Mana in seiner Sammlung, die zudem Switch-exklusiv ist. Auf dem PC und der PlayStation 4 gibt es das Original somit gar nicht. Wer völlig unbedarft an Trials of Mana herangeht und ein gutes Action-Rollenspiel erwartet, der ... nun ja, sagen wir es, wie es ist: Habt ihr keine emotionale Bindung an das Original, was eh für die wenigstens Europäer gilt, wird das Remake es schwer haben, euch zu überzeugen.
Das liegt unter anderem an der Story. Machen wir uns nichts vor: Schon Secret of Mana ist nicht als Klassiker in die Geschichtsbücher eingegangen, weil es eine tiefsinnige, komplexe Handlung erzählt. Trials of Mana bleibt seinem Vorgänger treu. Es bietet eine sehr simple, sehr klassische Fantasy-Geschichte mit dem allseits bekannten Motiv der Heldenreise. Es gibt die große Bedrohung und ihr verkörpert den Auserwählten, der dazu auserkoren ist, das Manaschwert zu finden und die Welt zu retten. Wirklich spannend ist das nicht und zudem sind uns die Figuren auch ziemlich egal. Das liegt an dem schwachen Writing. Die Dialoge wirken ganz und gar nicht natürlich und werden zumindest in der englischen Vertonung von nicht sonderlich guten Sprechern vorgetragen. Daher waren wir ständig in Versuchung, Zwischensequenzen zu überspringen.
Da hilft es auch nicht viel, dass die sechs spielbaren Charaktere allesamt ihre eigene Hintergrundgeschichte samt individuellem Prolog haben. Das erinnert zwar ein wenig an die "Origin"-Geschichten aus Dragon Age: Origins, die erzählerische Qualität ist aber wesentlich geringer als in dem modernen BioWare-Klassiker. Trials of Mana nimmt sich an dieser Stelle zu wenig Zeit, die unterschiedlichen Ausgangssituationen zu etablieren. Alles fühlt sich etwas gehetzt an.
Welches Trio darf's sein?
Mit welchen Charakteren ihr Trials of Mana spielen wollt, entscheidet ihr direkt vor Beginn der Kampagne. Dabei wählt ihr einen Helden oder eine Heldin als Hauptfigur und zwei weitere als Begleiter aus, über die ihr im Spiel aber auch jederzeit die Kontrolle übernehmen könnt. Die drei übrigen Recken trefft ihr dann als NPCs in der Welt. Wollt ihr deren Geschichten in Gänze erleben, müsst ihr das Spiel mit ihnen ein zweites Mal durchspielen. Da Trials of Mana aber eben erzählerisch nicht viel Hochwertiges zu bieten hat, ergibt sich der Wiederspielwert eher aus den Klassenkombinationen in den Kämpfen.
Jeder der sechs Charaktere entspricht einem gewissen Archetypen. Durand etwa ist der klassische Krieger, Angela die offensive Magierin, Charlotte die Heilerin, Hawkeye der Schurke. Das Skill-System ist recht überschaubar. Durch erfolgreich bestrittene Kämpfe sammeln eure Helden Erfahrungspunkte und steigen im Level auf. Erlangte Lernpunkte investiert ihr in unterschiedliche Kategorien, um so Werteboni und neue Fähigkeiten freizuschalten. Im späteren Spielverlauf spezialisiert ihr dann eure Charaktere. Für jeden schaltet ihr nach und nach Klassen frei, zwischen denen ihr im Nachhinein auch beliebig wechseln könnt. Genug Raum zum Experimentieren, um die für euch beste Gruppenkonstellation zu finden, ist also gegeben. Erwartet aber eben kein komplexes Rollenspiel à la Divinity: Original Sin 2! Trials of Mana richtet sich eher an Gelegenheits-RPG-Spieler.
Simple, aber spaßige Gefechte
Square Enix hat wirklich in allen Belangen ein seichtes Spiel abgeliefert. Quasi passend zur wenig tiefgehenden Handlung und dem überschaubaren Skill-System ist der Schwierigkeitsgrad ziemlich niedrig gehalten, zumindest über weite Strecken des rund 30-stündigen Abenteuers. Die Echtzeitkämpfe in Trials of Mana stellen euch selten vor echte Herausforderungen, selbst die Bosskämpfe sind im Vergleich mit anderen Genrevertretern extrem einfach. In den ersten Stunden könntet ihr blind spielen und würdet kaum in Gefahr geraten, das Zeitliche zu segnen. Ja, der Anspruch zieht nach einiger Zeit etwas an, richtig große Hürden gibt es jedoch nicht. Profis sollten daher von vornherein den Schwierigkeitsgrad auf "Schwer" stellen, aber auch dann nicht erwarten, so richtig gefordert zu werden.
Das meinen wir aber nicht mal gänzlich negativ. So viel Spaß wir auch mit knackigen Souls-likes wie Nioh 2 haben, ab und zu darf es ruhig mal ein Spiel sein, das simples, flottes Geschnetzel bietet, bei dem wir unser Hirn in den Ruhemodus umschalten können. Und es ist ja auch nicht so, dass die Kämpfe in Trials of Mana keinen Spaß machen würden. Sie sind sogar das Highlight des Spiels. Die Steuerung geht größtenteils sehr gut von der Hand, wir hätten uns bloß eine automatische Lock-on-Funktion gewünscht. Sobald ihr nämlich ein anvisiertes Ziel besiegt, müsst ihr selbstständig den rechten Analog-Stick drücken, um die Kamera auf den nächsten Feind zu fixieren. Das nervt ein wenig.
Davon abgesehen haben wir richtig Gefallen an den Scharmützeln gefunden. Ihr attackiert die Gegner abwechselnd mit leichten und schweren Angriffen und sobald sich die Energie für Spezialfähigkeiten aufgeladen hat, entfacht ihr stärkere Attacken. Wir empfehlen euch jedoch, zu Spielbeginn einen Nahkämpfer als Hauptfigur zu wählen, denn die magiebegabten Recken verfügen zu Beginn noch nicht über Zaubersprüche und machen daher in den ersten Stunden weniger Spaß als etwa Durand mit seinen mächtigen Schwerthieben oder Bestienmann Kevin mit seinen schnellen Klauenangriffen.
Wenig Optionales
Abseits der Kämpfe erkundet ihr die Spielwelt von Trials of Mana, die aus größtenteils recht linearen, aber nie zu beengten Gebieten besteht. Abzweigungen, die zu Item-Kisten führen, gibt es zuhauf, das Erkunden wird durchaus belohnt. Gerade in den Städten und Dörfern sind viele Truhen versteckt. Später habt ihr auch Zugriff auf eine klassische Oberweltkarte und könnt die verschiedenen Orte nach Belieben ansteuern, während euch in den ersten Stunden die Handlung durch die Gegend leitet und ihr den Pfad nicht verlassen könnt. Trials of Mana ist aber auch nach dieser Phase ein sehr lineares Spiel. Nebenquests wie in Dragon Quest 11 gibt es nicht und von einer Open-World-Erfahrung ist das Spiel weit entfernt. Das finden wir nicht schlimm, ihr solltet eben nur wissen, worauf ihr euch hier einlasst.
Neue, aber doch veraltete Grafik
Optisch präsentiert sich Trials of Mana als nicht gerade zeitgemäß. An jeder Ecke wird deutlich, dass Square Enix dem Projekt verhältnismäßig wenig Budget zugewiesen hat. Vom Aufwand, den man bei Final Fantasy 7 Remake betrieben hat, ist man hier weit entfernt. Die Umgebungen sind nicht wirklich detailliert und es gibt sehr viel Asset-Recycling. Die gute Nachricht: Das alles ist besser als im enttäuschenden "Secret of Mana"-Remake von 2018. Trials of Mana wirkt nicht wie ein Mobilegame, sondern wie ein Spiel aus der PS3-Ära – etwas angestaubt, aber nicht billig. Zudem hat es als eines der wenigen 3D-Spiele der heutigen Ära (vielleicht sogar als einziges) einen gewissen SNES-Charme. Square Enix hat sich eben sehr stark an das Original gehalten und dessen 2D-Welt schlicht und einfach in 3D neugebaut und das hat durchaus was.
Nichtsdestotrotz wären mehr Modernisierungen, wie sie etwa beim Soundtrack geschehen sind, nett gewesen. Die Musik wurde mit einem Orchester neu aufgenommen und klingt fantastisch. Wer möchte, kann im Menü aber auch jederzeit zu den alten MIDI-Klängen wechseln. Letztere werden euch aber nicht aufgezwungen und das ist auch die einzig richtige Entscheidung. Ebenso gut wäre es eben gewesen, die Autoren hätten sich bei der Story nochmal richtig ins Zeug gelegt und die Dialoge deutlich überarbeitet. Was Mitte der Neunziger vielleicht noch nicht viele gestört haben mag, fällt heute in Zeiten erzählerischer Meisterwerke wie Persona 5 oder NieR: Automata (um mal beim Thema JRPGs zu bleiben) besonders negativ auf. Es ist ja schön und gut, wenn ein Entwickler dem Origjnal treu bleiben möchte, aber manchmal muss man davon eben doch ablassen, damit am Ende etwas wirklich Gutes entsteht.
Fazit
Trials of Mana ist kein richtig gutes Spiel. Es ist aber auch kein schlechter Zeitvertreib. Das liegt am sehr soliden Gameplay. Der Mix aus kurzweiligen Echtzeitkämpfen und Levelerkundung funktioniert wunderbar. Das Spiel hätte aber dringend mehr erzählerisches Fleisch gebrauchen können. Im Ansatz bietet es zwar nette Charakter-Storys, doch denen wird nicht genug Luft zum Atmen gegeben und die ungelenken Dialoge machen es nicht besser.
Ach ja, und beinahe hätten wir es vergessen: Den Koop-Modus des Originals hat Square Enix einfach so gestrichen. Weder online noch offline könnt ihr mit anderen Leuten gemeinsam die Welt retten – für uns unverständlich, war der Multiplayer doch stets das Markenzeichen der Reihe. Letztendlich ist Trials of Mana ein Action-RPG, das das Prädikat "Nett, aber kein Muss" erdient hat. Wer ein lockeres, seichtes Spiel für den Feierabend sucht, wird bedient, sollte aber vor dem Kauf hinterfragen, ob einem das wirklich 50 Euro wert ist. Als Titel im mittleren Preissegment hätte Trials of Mana eine deutlich bessere Figur gemacht. Unser Tipp daher: Wartet auf einen Sale!
- Spaßiges Kampfsystem
- Sechs spielbare Charaktere
- Erkunden wird belohnt
- Schöner Soundtrack
- Hat einen gewissen SNES-Charme
- Schwache Story
- Angestaubte Grafik
- Auf "Schwer" dürfte es gerne knackiger sein
- Kein Koop-Modus