**Wie wichtig Whistleblower sind, wissen wir spätestens seit Snowden und Manning. Nun können wir selbst in eine solche Rolle schlüpfen.
The Occupation im Test: Whistleblower unter Zeitdruck
Gerade Indie-Game-Entwickler trauen sich oft mehr als Big Player dieser Industrie und so verwundert es nicht, dass mit The Occupation ein Spiel mit dieser Thematik von einem recht kleinen Studio kommt. Doch macht es auch Spaß, sich als Informationssammler zu betätigen und für eine bessere Zukunft einzustehen und dabei womöglich sein eigenes Leben aufs Spiel zu setzen? Mit dieser und anderen Fragen im Kopf haben wir uns an The Occupation gesetzt.
Früher war alles besser... wirklich?
Den Rahmen dieses kleinen Abenteuers bildet eine fiktive Geschichte in Nordwestengland im Jahre 1987. Genauer gesagt schreiben wir den 24. Oktober. Es herrschen unruhige Zeiten. Politisch läuft nicht alles nach Plan und als eine Explosion die Gesellschaft noch weiter erschüttert, drohen die Folgen die bürgerlichen Freiheiten der Bevölkerung stark zu untergraben und einzuschränken. Nun liegt es an uns, die Hintergründe dieser Ereignisse zu untersuchen und Informationen an die Öffentlichkeit zu lancieren. Dazu müssen Gespräche geführt, Hinweise gesammelt und Details erfasst werden, denn jede Person hat eine andere Sicht auf die Dinge. Der Kniff des gesamten Geschehens ist die von den Entwicklern eingebaute Echtzeitmechanik. Das bedeutet, dass das Spiel so oder so weiterläuft, egal ob man selbst Informationen sammelt oder nicht. Je weiter man jedoch in die Hintergründe eintaucht, umso mehr Details kommen ans Tageslicht.
Launch-Trailer - The Occupation:
Jetzt aber schnell, bevor jemand schaut...
Die Geschichte klingt auf jeden Fall spannend, allerdings müssen schon diese anfänglichen Details, die die Grundlage für das gesamte Abenteuer bilden, selbst herausgefunden werden. Großartige Hilfestellungen oder eine klassische Einführung gibt es nicht. Jegliche Dinge und Hinweise, also prinzipiell alles, müssen wir selbst ergründen. Es erinnert ein wenig an den Adventure-Klassiker Myst. Bei diesem Titel wurde der Spieler ebenfalls nicht an die Hand genommen und musste alles selbst herausfinden. So ungefähr fühlt man sich zu Beginn. Doch dank der Echtzeitmechanik und dem Aufbau bleibt man als Spieler nicht stecken, denn die Credits werden nach ein paar Stunden so oder so über den Bildschirm flimmern. Je nachdem, wie viele Hinweise, Informationen und Dokumente man gefunden hat, ändert sich der Ausgang des Spiels. Zwei Sachen sind in The Occupation nämlich unveränderlich: Der Zeitrahmen und die Interviews, die man als Reporter mit Schlüsselcharakteren führt. Was allerdings dazwischen passiert, liegt komplett im Verantwortungsbereich des Spielers. Gleichzeitig eröffnen gefundene Hinweise mehr Gesprächsmöglichkeiten innerhalb der Interviews.
Zeit ist der entscheidende Faktor
Um die Untersuchungsabschnitte so authentisch wie möglich erscheinen zu lassen, sind die Entwickler einen etwas anderen Weg als sonst meist üblich gegangen. Statt nämlich Aktionen einfach per Knopfdruck ausführen zu lassen, entsprechen viele Abläufe ihrem realen Ebenbild. Beispielsweise muss ein Tresorhebel gezogen werden oder Jalousien werden abgedunkelt, indem die Lamellen gedreht werden. Das sorgt für ein erstaunlich immersives Spielgefühl, sofern man sich mit der pixelgenauen Steuerung zurechtgefunden hat. Mit einem Controller ist das mitunter etwas schwierig. Das ist bedauerlich, denn die Mischung aus Schleichen, Untersuchen und Rätseln ist wirklich gelungen. Man kann förmlich mit einem Whistleblower mitfühlen, wenn er auf der Suche nach Informationen ist und immer mit einem Auge darauf achten muss, nicht erwischt zu werden. Passiert das doch, wird man von Sicherheitsmitarbeitern kurzfristig eingelocht und man verliert wertvolle Zeit.
The Occupation Gameplay:
Wenn die Technik zickt!
Dass die Macher mit The Occupation kein Effektfeuerwerk abbrennen, dürfte sich von selbst verstehen. Dennoch herrscht eine dichte Atmosphäre, die streckenweise das Flair der 80er Jahre gut einfängt. Schade nur, dass die technische Umsetzung ziemlich schluderig durchgeführt wurde. Hat man sich mit der pixelgenauen Steuerung einmal arrangiert, geht es eigentlich. Je nach System stolpert man dafür über verrutsche Anzeigen, fehlende oder zu kleine Untertitel und einige andere Dinge. Nach Möglichkeit sollte man das Spiel erst nach den beiden Patches, die die Entwickler bislang veröffentlicht haben, zocken. Wir sind bei unserem Testlauf noch auf ein weiteres Problem gestoßen. Während das Spiel auf einer Xbox One S und einem HD-TV einwandfrei läuft, ist das Spiel auf der Xbox One X mit einem 4K-TV durch die verrutschen UI-Anzeigen absolut unspielbar. Einige der Anzeigen liegen nämlich im für den Spieler nicht sichtbaren Bereich.
Fazit:
The Occupation ist eines der Spiele, die man trotz ihrer Länge nicht mal eben zwischendurch verputzt und weiterzieht. Der Titel regt zum Nachdenken an, trotz des fiktiven Szenarios, denn auch wenn die Handlung in den 80er Jahren spielt, ist sie aktueller denn je. Traurig finden wir, dass die Technik dem ansonsten gelungenen Spiel einen Strich durch die Rechnung macht. Mit ein wenig mehr Feinschliff wäre daraus eine echt Perle unter den Indie-Games geworden. So aber wird man mit einigen Fehlern konfrontiert, die vermeidbar gewesen wären. Wer sich davon nicht abhalten lässt, bekommt ein kurzes knackiges Abenteuer serviert, das mehrfach durchgespielt werden will, um alle Facetten zu erleben.
- interessantes Zeit-Feature
- Detektivarbeit in Reinform
- aktuelle Thematik
- Spielzeit sehr kurz
- viele Fehler und Glitches