Pokémon-Legenden: Arceus macht vieles neu und gut, aber irgendwie wurde die Technik etwas vernachlässigt.
Pokémon-Legenden - Arceus im Test: Gameplay hui! Technik pfui?
Pokémon-Legenden: Arceus, der aktuellste Teil der beliebten Rollenspielreihe, wurde vor nicht einmal einem Jahr angekündigt. Jetzt ist er seit wenigen Tagen erhältlich und erfreut sich enormer Beliebtheit. Gut, das machen andere Teile der Serie in der Regel auch, aber Pokémon-Legenden: Arceus ist dennoch etwas Besonderes. Zum ersten Mal seit langer Zeit wird mit einigen Konventionen gebrochen, ohne jedoch die Wurzeln der Reihe zu vergessen. Aber es gibt auch eine Schattenseite. Alles Weitere verraten wir euch in unserem Test.
Worum geht’s diesmal?
Pokémon-Legenden: Arceus ist das erste Spiel der Hauptreihe, das endlich mal nicht nach Schema F beginnt. Ihr wacht nicht irgendwo schlaftrunken auf, sollt zum besten Trainer aller Zeiten werden und nebenbei eine Verbrecherorganisation bekämpfen. Stattdessen fallt ihr aus dem Himmel und landet ohne Gedächtnis am Strand einer Region, die sich Hisui nennt und in mehrere große Gebiete aufgeteilt ist. Spieler von Pokémon Diamant und Perl kenn sie als Sinnoh-Region. Pokémon-Legenden: Arceus spielt in der Vergangenheit und ihr seid offensichtlich aus dem Raum-Zeit-Gefüge gerissen worden.
In Hisui ist vieles anders. Die Menschen haben noch nicht gelernt, mit Pokémon zusammen zu leben, es gibt keinen Pokédex und zu allem Überfluss sind durch den Riss im Raum-Zeit-Gefüge einige Monster so sehr in Rage geraten, dass die Bewohner Angst haben. Irgendwie hat auch das legendäre Pokémon Arceus seine Finger im Spiel, doch wir wollen nicht zu viel verraten. Ihr schließt euch kurzerhand in Jubeldorf, dem Ausgangpunkt von fast allem, der Galaktik-Expedition an, um erstmals einen PokéDex anzulegen, das Geheimnis hinter dem Riss und vielleicht auch Arceus zu lüften und den Pokémon zu helfen.
Frischer Wind unter alten Mänteln
Auch wenn die Geschichte von der sonstigen Formel abweicht, eine Sache wird sich vermutlich nie ändern: Zu Beginn des Spiels muss auch hier das erste Partner-Pokémon gewählt werden. Dieses Mal stehen Bauz (Alola), Feurigel (Johto) und Ottaro (Einall) zur Wahl. Aber keine Sorge, im späteren Spielverlauf, könnt ihr die anderen beiden ebenfalls fangen. Während der ersten Schritte werdet ihr noch etwas an die Hand genommen. Das Spiel zeigt euch, was es alles braucht, um den ersten Pokédex der Region anzulegen. Dabei wird schon ersichtlich, dass Pokémon-Legenden: Arceus einige Dinge anders macht als vorherige Teile.
Da Arceus einen deutlich größeren Fokus auf die Geschichte legt, ist auch der Aufbau etwas anders. Es gibt zahlreiche Haupt- und Nebenmissionen, um die große Story und die vielen kleineren Nebenhandlungen zu erzählen. Letztere sind zwar optional, aber schmücken teilweise das Bild einer Bevölkerung, die noch keine Ahnung von den kleinen Monstern hat, weiter aus. Bevor ihr euch allerdings der Galaktik-Expedition anschließen könnt, müsst ihr erst einmal euer Verständnis von der kleinen Viechern unter Beweis stellen und einige von ihnen fangen.
Freiheit beim Jagen und Fangen
Ihr werdet ins erste Gebiet geschickt, das ihr frei erforschen dürft. Eine der größten Neuerungen ist der nahtlose Übergang zwischen dem Umherstreifen in der Welt und den Kämpfen. Die laufen zwar immer noch rundenbasiert ab und ihr müsst je nach gegnerischem Pokémon eure Attacken weise wählen, aber da sich die Gefechte vollständig in die eigentliche Spielwelt einfügen (und nicht in Extrabildschirmen stattfinden), entsteht ein großes Maß an Immersion. Neu hinzugekommen ist die Möglichkeit, bei manchen Attacken zwischen einer Tempo- und einer Kraftversion zu wählen, was weitere Taktiken eröffnet. Zudem ist es möglich, Pokémon auch ohne Kämpfe zu fangen. Dazu müsst ihr euch in vielen Fällen allerdings unbemerkt anschleichen. Entweder nutzt ihr dazu hohes Gras oder Hilfsmittel wie Rauch und Früchte oder ihr vermeidet es generell, im Blickfeld des Monsters zu landen. Zufallsbegegnungen gibt es nicht mehr. Genau das macht das Fangen in Pokémon-Legenden: Arceus so spannend und motivierend. Ihr seid stets selbst Herr der Lage und könnt nebenbei die Pokémon auch noch studieren.
Neben den Hauptmissionen, die die Geschichte vorantreiben, ist das Komplettieren des Pokédex die Hauptaufgabe im Spiel. Wer jetzt allerdings gedacht hat, es reicht aus, lediglich die Pokémon zu fangen, ist schief gewickelt. Da es noch nahezu keine Informationen über die Tiere gibt, muss viel geforscht werden, bis ein Eintrag komplett ist. Dazu zählt, wie und wo und zu welcher Tageszeit ein Pokémon gefangen wurde, wie schwer es ist und noch einige andere Dinge. Außerdem werden mit fortlaufender Forschungsarbeit weitere Gebiete freigeschaltet. Die Struktur des Ganzen erinnert mehr an Monster Hunter als an ein traditionelles Open-World-Spiel. Die einzelnen Gebiete sind zwar komplett frei begehbar, aber durch Ladebildschirme voneinander getrennt und ihr müsst, wenn ihr von einer Zone in eine andere wechseln wollt, immer den Weg über Jubeldorf nehmen.
Sobald die ersten Einträge im Pokédex sind und ihr die ersten Hauptmissionen erfüllt habt, kommen immer mehr Dorfbewohner auf euch zu, die ihre eigenen Wehwehchen haben und eure Hilfe benötigen. Einige Nebenmissionen sind wirklich gelungen. Zum Beispiel müsst ihr mehrfach eine verirrte Forscherin retten. Andere Aufträge wie das Vervollständigen eines bestimmten Pokémon-Eintrags wiederholen sich jedoch recht häufig.
Elite-Pokémon und Rage ohne Ende
Selbstverständlich bietet Pokémon-Legenden: Arceus wieder eine Vielzahl unterschiedlicher Pokémon, die es erst einmal zu entdecken gilt. Allerdings sollte man sich nie zu sicher sein. Einige Monster sind den Menschen nicht freundlich gesinnt und greifen unvermittelt an. Außerdem gibt es sogenannte Elite-Pokémon mit rot leuchtenden Augen, die deutlich stärker sind als ihre normalen Versionen. Natürlich lassen auch die sich fangen, aber das erfordert entweder ein bisschen Geschick im Kampf, eine Portion Glück oder eine gute Ablenkung.
Einige der Bosskämpfe im Spiel müsst ihr sogar selbst bestreiten. Zwar können eure Pokémon euch unterstützen, aber die Hauptarbeit liegt bei euch. Insgesamt gibt es fünf Wächter-Pokémon, die durch den Riss im Raum-Zeit-Gefüge vollkommen den Verstand verloren haben. Da helfen keine normalen Kämpfe. Daher müsst ihr mit ihrer jeweiligen Lieblingsspeise anrücken und sie damit bewerfen. Hier wird Pokémon-Legenden: Arceus zum Action-Rollenspiel: Attacken ausweichen, vielleicht mal ein Pokémon einsetzen, um den Wächter ins Wanken zu bringen, und natürlich immer feste die Nahrungsbeutel werfen. Das ist neu, unverbraucht und macht eine Menge Spaß.
Darüber hinaus gibt es verschiedene Ereignisse wie Ansammlungen mehrerer Monster von einer bestimmten Art oder Verzerrungen im Raum-Zeit-Gefüge. Bei letzteren erscheint für eine bestimmte Zeit eine Sphäre irgendwo in der Welt, in der ihr auf seltene und besonders starke Pokémon trefft. Wenn ihr den PokéDex vervollständigen wollt, ist ein Besuch dieser Sphären Pflicht. Für die eigentliche Handlung des Spiels sind diese Ereignisse aber vollkommen optional.
Mehr Fokus auf Reittiere und Crafting
Die weitläufige Welt führt jedoch zu vielen Laufwegen und Fahrräder wie in anderen Teilen sind nicht vorhanden. Zwar gibt es Schnellreisepunkte, aber die müssen zunächst gefunden werden. Zum Glück macht ihr schon früh Bekanntschaft mit dem ersten Reittier. Insgesamt gibt es fünf Stück, die jeweils einen anderen Zweck haben. Nach einiger Zeit seid ihr daher in der Lage, mit euren Pokémon zu reiten, zu schwimmen, zu fliegen, zu klettern und nach Schätzen zu buddeln. Hier zeigt sich ebenso die größere Immersion. Statt nämlich nach irgendwelchen TMs wie in früheren Teilen zu suchen, setzt ihr das „Reit“-Pokémon, sobald es sich euch angeschlossen hat, auf Knopfdruck ein. Verfügt ein normales Pokémon, dass ihr dabei habt, über die entsprechende Attacke, lassen sich Felshindernisse aus dem Weg räumen.
Das Crafting nimmt in Pokémon-Legenden: Arceus ebenfalls eine weitaus wichtigere Rolle ein. War es in früheren Teilen so, dass die meiste Ausrüstung in irgendwelchen Shops erstanden wurde, könnt ihr auf eurer Reise das meiste selbst herstellen. Die notwendigen Materialien findet ihr in der Natur. Einige Dinge liegen einfach herum, für andere müsst ihr Pokémon nutzen, um sie zu bekommen. Wer darauf keine Lust hat, kauft weiterhin beim Händler in Jubeldorf ein. Das ist aber auf Dauer teuer und nicht so effektiv.
Was ist denn bei der Technik passiert?
So gelungen und frisch das Gameplay ist, so merkwürdig mutet die technische Ausführung des Spiels an. Betretet ihr ein Gebiet zum ersten Mal, kaschieren die Entwickler von Game Freak die technischen Defizite des Spiels durch geschickte Kameraperspektiven und Winkel, so dass wir ein ums andere Mal dachten: „Wow, hier wollen wir sofort auf die Jagd gehen!“ Je länger man sich jedoch in den Weiten der Welt aufhält, umso eklatanter wird das Gesamtbild. Es gibt enorm viele freie Flächen, in denen sich nichts tut oder etwas anderes als Wiesen oder Bäume vorhanden sind. Teilweise sind auch die Texturen in diesen Bereichen nicht sonderlich hochaufgelöst. Richtig nervig sind zudem die zahlreichen Pop-ups. Während die Pokémon geschmeidig und teilweise gewollt eingeblendet werden, erscheinen beim Einsatz der Reittiere ganze Felsformationen, Bäume und Texturen wie aus dem Nichts. Im Vergleich zu anderen Spielen fällt ebenfalls auf, dass die Architektur sämtlicher Gebäude und Konstruktionen eckiger ist. Organisch wirkt lediglich das Terrain.
Im krassen Kontrast dazu stehen die liebevoll animierten Pokémon und die sehr gelungenen Lichtspielereien während der unterschiedlichen Tagesszeiten. Kurzum: Pokémon-Legenden: Arceus ist nicht wirklich hässlich, aber technisch einem Spiel dieser Größenordnung auch nicht würdig. Akustisch hingegen überzeugt es. Die Melodien und Musikstücke sind teilweise auf die Umgebungen abgestimmt, während die Pokémon mit ihren Lauten für das bekannte Feeling sorgen. Das eigentliche Highlight sind aber die Soundeffekte, Jingles und Co. Im ersten Augenblick klingen die eher ungewöhnlich, aber mit zunehmendem Spielverlauf entsteht eine ganz eigene Atmosphäre mit hohem Wiedererkennungswert. Eine Sprachausgabe gibt es serientypisch nicht.
Fazit
Pokémon-Legenden: Arceus ist genau das Pokémon-Spiel, wie wir es uns seit langer Zeit gewünscht haben. Keine Zufallsbegegnungen, frei erforschbare Gebiete und ein nahtloser Übergang zwischen Kämpfen und Erkunden. Genauso muss sich ein Spiel der Reihe anfühlen und spielen. Das Vervollständigen des Pokédex ist unglaublich motivierend und in eine durchaus interessante Geschichte verpackt. Dazu kommen sinnvolle Neuerungen wie das Crafting, Action-Adventure-Elemente und das Fangen von Pokémon, ohne zu kämpfen.
Schade nur, dass die Technik dagegen so extrem abfällt. Die Gebiete wirken über weite Strecken karg und öde, was noch zu verschmerzen wäre (wenn die eigene Fantasie noch vorhanden ist), wenn da nicht die endlos vielen Pop-ups wären. Dabei handelt es sich nicht einmal um eine komplette Open World und dennoch erscheinen Bäume, Felsen und ganze Konstruktionen oft plötzlich. Das ist nicht nur schade, sondern schadet dem Spiel auf lange Sicht.
Ohne diese Schwierigkeiten wäre Pokémon-Legenden: Arceus das bis dato beste Spiel der Reihe. So hingegen ist es der exzellente, aber technisch verbesserungswürdige Grundstein für zukünftige Abenteuer.
- Keine Zufallsbegegnungen
- Frei erkundbare Gebiete
- Nahtloser Übergang zu Kämpfen
- Größerer Fokus auf die Story
- Viele frische Ideen
- Unglaublich motivierend
- Technisch der Marke nicht würdig
- Spielwelt wirkt nicht lebendig
- Zahlreiche Pop-ups von Objekten