Planet Zoo ist fast die Zoosimulation geworden, auf die wir schon so lange gewartet haben.
Planet Zoo im Test: Ein tierischer Spaß
Vor 18 Jahren erschien mit Zoo Tycoon ein Aufbauspiel, das die Kindheit desjenigen, der diese Zeilen gerade tippt, begleitet hat. Voller Freude baute er damals seinen eigenen Tierpark mit Maus und Tastatur, doch leider sollte so schnell kein weiteres Spiel dieses Erlebnis rekreieren können. Weder der Nachfolger noch Konkurrenten wie Wildlife Park oder der "Zoo Tycoon"-Reboot von 2013 konnten qualitativ anknüpfen.
Letzteres Spiel ist ein gutes Stichwort, schließlich stammt es von Frontier Developments. Das britische Studio versucht es nun erneut mit einer Zoosimulation. In Planet Zoo werden aber keine halben Sachen gemacht. Erwies sich Zoo Tycoon als viel zu simples Spiel mit zu wenigen Bauoptionen, beweist Planet Zoo, dass Frontier auch ganz anders kann. Das wissen wir bereits zu gut, entwickelten die Engländer doch auch Planet Coaster. Wer sich beim Aufbau eines eigenen Freizeitparks kreativ austoben möchte, kommt an dem Titel nicht vorbei, trotz Schwächen im Wirtschaftsbereich. Für Planet Zoo gilt im Großen und Ganzen das Gleiche – leider auch das mit der Wirtschaft.
Große Artenvielfalt
Die Stars in Planet Zoo sind die Tiere. So sollte es in einem Zoospiel ja auch sein, denn wer geht schon in einen Tierpark, um sich irgendwelche langweiligen Blumen anzuschauen oder eine überteuerte Currywurst mit Pommes zu essen? Das neue Werk von Frontier übertrifft in Bezug auf seine tierischen Hauptakteure aber wirklich alles bisher Dagewesene. 2018 beeindruckte man schon mit fantastisch animierten Dinosauriern in Jurassic World Evolution. Nun Kreaturen in fast lebensechter Form auf dem Bildschirm zu sehen, die in der Realität nicht schon vor zig Millionen Jahren ausgestorben sind, ist noch beeindruckender.
Über 70 Tierarten bietet Planet Zoo zum Start, weitere werden sicherlich per DLCs nachgereicht. Die Vielfalt kann sich jetzt schon sehen lassen: Es gibt Schimpansen, Elefanten, Löwen, Grizzlybären, Krokodile, Schildkröten, Nashörner, kleine und große Pandas, Wölfe und vieles mehr. Zwar sind fast 20 der enthaltenen Tierarten bloß Wesen, die in Vivarien gesteckt werden und sowohl spielerisch als auch optisch weniger zu bieten haben als die Bewohner größerer Gehege, trotzdem sind wir mit dem derzeit vorhandenen Angebot äußerst zufrieden.
Wobei: Ein paar Tiere vermissen wir dann doch sehr. Zum Beispiel fehlen derzeit noch Arten aus den Polarregionen. Es gibt keine Pinguine und keine Eisbären. Zudem müsst ihr auf sämtliche Meeresbewohner verzichten. Aquarien mit Fischen und Meeressäugern werden sicherlich Teil einer Erweiterung sein. Hoffentlich ist die dann ihr Geld aber auch wirklich wert.
Was in diesem Spiel wird nicht simuliert?
Nun gilt es an dieser Stelle aber nicht über potenzielle DLCs zu urteilen, sondern über das, was bereits im Spiel enthalten ist. Und in Sachen Simulation können wir Planet Zoo bezüglich seiner Tiere keinen Vorwurf machen. Im Grunde ist es wie damals im alten Zoo Tycoon: Jede Tierart hat Bedürfnisse, die erfüllt werden müssen, damit sich eure Schützlinge wohlfühlen. Welchen Boden bevorzugt ein Tier? Welche Pflanzen möchte es in seinem Zuhause haben? Außerdem will es natürlich ausreichend mit Futter versorgt werden, vielleicht braucht es auch einen Wassergraben, und ein wenig Spielzeug kann ebenfalls nicht schaden.
War Zoo Tycoon von 2001 jedoch sehr simpel, geht Planet Zoo richtig ins Detail – mit der heutigen Technik ist das weitaus einfacher als damals. So wird wirklich alles simuliert, was ihr euch nur vorstellen könnt: Tiere bekommen nicht nur Nachwuchs, sie sterben auch irgendwann (sofern ihr das nicht in den Optionen deaktiviert). Sie können krank werden, wobei das Spiel zwischen unterschiedlichen Krankheiten unterscheidet. Wollt ihr etwas gegen sie unternehmen, solltet ihr sie zuvor erforscht haben, sonst stehen die Heilungschancen nicht sonderlich gut. Dann weisen die Tiere ein unterschiedliches Sozialverhalten auf. Die einen sind eher Einzelgänger, andere brauchen unbedingt viele Artgenossen, um sich wohl zu fühlen. Manchmal kommt es sogar zu Revierkämpfen. Bevorzugt eine Spezies ein besonders warmes oder kühles Klima, müsst ihr mit Klimaanlagen für die entsprechende Wärme beziehungsweise Kälte sorgen.
Es gibt wirklich viele Dinge zu beachten. Glücklicherweise bietet Planet Zoo die eingebaute Zoopedia, die gut geschriebene Texte zu allen Tierarten umfasst. Ihr entnehmt ihr alle wichtigen Informationen, die ihr als Zoodirektor benötigt, und lernt dabei auch noch etwas über die verschiedenen Tiere. Planet Zoo lässt sich ein gewisser Bildungsfaktor nicht absprechen, weshalb es sich also eigentlich auch gut für Kinder eignen würde.
Komplizierte Bauvorhaben
Kinder dürfte Planet Zoo jedoch ziemlich überfordern. Das Spiel ist zwar nicht wirklich schwierig, aber eben sehr komplex und noch dazu ist die Bedienung nicht perfekt. Das macht sich vor allem beim Bauen bemerkbar. Es kann manchmal etwas frickelig sein, Dinge so zu platzieren, wie ihr das gerne haben wollt.
Richtig knifflig wird es dann, wenn ihr die zahlreichen Möglichkeiten des Spiels wirklich ausnutzen und zum Beispiel eigene Gebäude oder Kletteranlagen für eure Tiere errichten wollt. Denn das Verschieben und Drehen auf den unterschiedlichen Achsen ist nicht gerade intuitiv. Hier ist viel Einarbeitungszeit nötig, sofern ihr nicht schon reichlich Erfahrung mit Planet Coaster gemacht habt. Habt ihr aber mal den Bogen raus, könnt ihr eurer Kreativität freien Lauf lassen. Planet Zoo setzt euch kaum Grenzen, sodass ihr wirklich euren absoluten Traumzoo aus dem Boden stampfen könnt. Die vielen Objekte aus unterschiedlichen Themengebieten und die etlichen Pflanzen machen es möglich, dass kein Zoo dem anderen gleicht.
Der Rubel rollt
So sehr Planet Zoo auf Seiten der Tiersimulation und der gestalterischen Freiheit glänzt, so unterentwickelt ist der wirtschaftliche Aspekt. Zugegeben, das Spiel lässt euch auch hier diverse Optionen. Neben dem Ticketverkauf sichern euch diverse Shops euer finanzielles Einkommen und ohne die würden es die Besucher nicht lange in eurem Park aushalten. Jeder muss irgendwann mal was essen.
Außerdem könnt ihr überall Spendenboxen aufstellen – und das solltet ihr auch unbedingt tun, denn die bringen am meisten Geld ein. Es sei jedoch angemerkt, dass es wirklich schwer ist, in Planet Zoo in finanzielle Nöte zu gelangen. Geht es euren Tieren gut, stimmt das auch die Besucher zufrieden, sodass einer nach dem anderen Münzen in die Spendenboxen einschmeißt. Da spielt es dann kaum noch eine Rolle, dass ihr zum Beispiel Marketingkampagnen organisieren könnt.
Die Kampagne ist nur das Vorspiel
Planet Zoo bietet vier Spielmodi. Wenn ihr die Simulation zum ersten Mal startet, solltet ihr euch mit der Kampagne befassen – nicht, weil die richtig gut gemacht wäre, sondern weil sie als Tutorial dient. Den Job erfüllt sie ganz ordentlich, auch wenn nicht alle Systeme ausreichend gut erklärt werden. Zudem ist die Aufmachung sympathisch. Ihr besucht in den einzelnen Szenarien unterschiedliche Zoos des alten Bernie Goodwin und erhaltet von seiner Kollegin Nancy Jones eure Anweisungen sowie hilfreiche Tipps. Die beiden Sprecher machen einen sehr guten Job und die Zoos bieten genug Abwechslung. Um den Einstieg in Planet Zoo zu meistern, ist die Kampagne also brauchbar, einen wirklichen Kaufgrund stellt sie aber nicht dar. Von einer richtigen Kampagne erwartet man ja doch, mehr zu sein als nur ein umfangreiches Tutorial.
Die meiste Zeit werdet ihr also in den anderen Modi verbringen. Der Fokus liegt ganz klar auf dem Franchise-Modus. Hier errichtet ihr euren eigenen Zoo von Grund auf. Die Besonderheit ist die Online-Anbindung. Ihr könnt Tiere anderer Spieler kaufen und umgekehrt auch eure eigenen Löwen, Elefanten und Co verkaufen. Zudem gibt es Community-Herausforderungen, an denen alle Spieler gemeinsam arbeiten. Habt ihr keine Lust auf diesen Mehrspielerkram, spielt ihr den Herausforderungsmodus. Der verzichtet auf diese Dinge, unterscheidet sich sonst aber kaum vom Franchise-Modus.
Zu guter Letzt darf eine Sandbox-Variante nicht fehlen, in der Finanzen keine Rolle spielen und alle Tiere sowie Bauoptionen von Anfang verfügbar sind. So könnt ihr eurer Fantasie und Kreativität direkt freien Lauf lassen, ohne auf irgendwelche Grenzen zu stoßen. Alles in allem sind wir mit der Modi-Auswahl von Planet Zoo sehr zufrieden. Hier stellt das Spiel eine große Verbesserung gegenüber Jurassic World Evolution dar, das kein Äquivalent zum Franchise- oder Herausforderungsmodus bietet, sondern nur die Kampagne und Sandbox.
Wunderschön und zuckersüß
Grafisch ist Planet Zoo ähnlich wie Planet Coaster und Jurassic World Evolution ein wahrer Augenschmaus. Zwar finden sich unter den Besuchern viele Klone, dafür überzeugen die Tiere mit detaillierten Modellen und vor allem nahezu lebensechten Animationen. Die Bewegungen sehen realistisch aus, Fell und Haut wirken aus der Nähe enorm detailliert. Ach ja, haben wir schon erwähnt, wie unfassbar niedlich die ganzen Jungtiere sind? Direkt im ersten Level der Kampagne lässt sich ein Löwenbaby beobachten und wir sind erst mal mehrere Minuten lang mit der Kamera an dem Kleinen hängengeblieben, weil er einfach so enorm putzig ist. Die authentischen Soundeffekte tragen ebenfalls ihren Teil zur gelungenen Zooatmosphäre und der Glaubwürdigkeit der virtuellen Tiere bei.
Fazit
Planet Zoo ist nah dran am Traum vom ultimativen Zoospiel. Das liegt nicht nur an den grandios umgesetzten Tieren. Es verbindet die große Stärke von Planet Coaster, also die enorme gestalterische Freiheit, mit den gelungenen Simulationsaspekten von Jurassic World Evolution. Glücklicherweise hat Frontier Development diesmal auch nicht auf einen freien Modus verzichtet, in dem euch nicht alles wie in der Sandbox-Variante geschenkt wird. Denn so nett die Kampagne für den Einstieg auch sein mag, das Herzstück ist dann eben doch der Franchise-Modus. Mit dem könnt ihr euch Wochen und Monate beschäftigen, ohne dass euch langweilig wird.
Allerdings gilt wie bei Planet Coaster: Ihr solltet eine kreative Ader haben. Denn der Schwierigkeitsgrad ist recht niedrig – sowohl in der Tutorial-lastigen Kampagne als auch den anderen Modi. Wenn ihr überhaupt keine Lust darauf habt, euch gestalterisch auszutoben, steckt für euch in Planet Zoo deutlich weniger Spielspaß drin als für andere Spieler. Als Zoosandkasten macht es aber eine hervorragende Figur. Bleibt nur zu hoffen, dass Frontier sich Mühe mit den DLCs gibt und ihr am Ende keine überzogenen Preise ausgeben müsst, nur damit endlich Pinguine in euren Tierpark einziehen können.
- Grandiose Simulation der Tiere
- Enorm viele Bauoptionen
- Viele Designfreiheiten
- Franchise-Modus mit guten Online-Features
- Detaillierte Grafik
- Wirtschaftsteil nicht ganz ausgereift
- Kampagne nicht mehr als ein Tutorial
- Wenige spielerische Herausforderungen