Dank Nintendo Switch Sports steht häufige sportliche Betätigung wieder auf dem Tagesplan. Aber es fehlt noch was.
Nintendo Switch Sports im Test: Wie ein Klassentreffen, nur anders
2006 schlug Wii Sports ein wie eine Bombe. Jeder wollte es haben und spielen und monatelang war die Wii ausverkauft. Das Beste war: Der Titel lag in vielen Ländern der Konsole direkt bei. So ist es auch nicht verwunderlich, dass Wii Sports mit über 80 Millionen verkauften Einheiten zu den erfolgreichsten Spielen aller Zeiten gehört. Auch der Nachfolger Wii Sports Resort mit verbesserter Bewegungssteuerung hat sich enorm gut verkauft, aber danach ebbte die Erfolgswelle merklich ab. Wii Sports Club, das 2013 für die Wii U erschien, konnte nicht mehr an die Verkaufszahlen seiner Vorgänger anknüpfen. Exzessive Bewegungssteuerung war da nicht mehr so en vogue wie noch wenige Jahre zuvor. Dass der Markt für solche Spiele aber noch heute enorm viel Potenzial bietet, hat unlängst Ring Fit Adventure bewiesen. Jüngst ist Nintendo Switch Sports erschienen und setzt die Tradition von Wii Sports fort. Doch reicht das heutzutage noch?
Was ist neu? Was ist bekannt?
Nintendo Switch Sports ist ähnlich aufgebaut wie das Original. Nach der Erstellung eines eigenen Charakters kann es sofort losgehen. Ihr könnt aber auch einen vordefinierten Sportler spielen. Habt ihr eure Wahl getroffen, seid ihr sofort mittendrin. Eine Einführung? Gibt es nicht! Es geht direkt zur Wahl der sechs vorhandenen Sportarten. Das Spiel bietet mit Tennis, Chanbara (Schwertkampf) und Bowling bekannte Kost aus den Vorgängern. Komplett neu sind Badminton, Volleyball und Fußball. Passend zu letzterem liegt der physischen Version von Nintendo Switch Sports noch ein Beingurt bei, in den ihr einen Joy-Con einsetzen könnt. Noch hat der aber keinen Einsatzzweck, das wird sich erst mit einem Update im Sommer ändern, wenn ein passender Modus erscheint. Übrigens folgt im Herbst mit Golf noch eine siebte Sportart per kostenlosem Patch.
Wer einen der Vorgänger gespielt hat, der weiß, dass bei jeglichen Aktivitäten in Nintendo Switch Sports die Bewegungssteuerung im Fokus steht. Irgendwo auf der Couch rumlümmeln und lustlos einen Button drücken ist nicht. Dabei werden mittels einem oder beiden Joy-Cons die Bewegungen der tatsächlichen Sportart nachgeahmt. Selbst mit der Spielfigur laufen müsst ihr bis auf wenige Ausnahmen nicht, aber dazu später mehr. Wer mit Bewegungssteuerung jedoch noch nicht vertraut ist, muss sich erst einmal herantasten. Zwar werden immer wieder Tipps während der Ladezeiten angezeigt, aber ein Tutorial gibt es nur für den Schwertkampf, Fußball und Volleyball. Feinheiten und Tricks müsst ihr beim Bowling, Tennis und Badminton selbst herausfinden.
Badminton, Volleyball und Fußball
Da wir sowohl Wii Sports als auch Wii Sports Resort rauf und runter gespielt haben, haben wir uns zunächst auf die drei neuen Disziplinen gestürzt. "Unterscheidet sich Badminton wirklich so sehr von Tennis?", war eine unserer ersten Fragen. Direkt vorweg: Ja, tut es und das hängt mit dem etwas anderen Bewegungsablauf zusammen. Während beim Tennis eher ausladende Bewegungen mit einem Joy-Con das Geschehen bestimmen, sind es beim Badminton kleinere und schnellere. Es entsteht tatsächlich das Gefühl, gerade in einer Badminton-Halle zu stehen, in der ständig das Quietschen von Turnschuhen zu hören ist. Volleyball funktioniert ebenfalls erstaunlich gut. Pritschen, Blocken, Baggern und Schmettern entspricht ziemlich genau dem realen Vorbild. Lediglich, dass ihr nur einen Joy-Con benötigt und somit einhändig spielt, kratzt an der Illusion. Dafür dürft ihr die Position eurer Spielfigur mit dem Stick wechseln.
Das bringt uns zum Fußball. Ganz klassisch wie in FIFA und eFootball steuert ihr euren Charakter in einem Spiel 4-gegen-4 oder 1-gegen-1 mit dem Stick. Sämtliche anderen Aktionen führt ihr mit Bewegungen aus. Für einen Schuss schwingt ihr einen Joy-Con und für einen Flugkopfball beide gleichzeitig. Für uns hat es sich zwar nicht so angefühlt, als würden wir Fußball spielen, aber Spaß haben unsere Partien dennoch gemacht. Die Kombination aus klassischer Steuerung und Bewegung wird jedoch nicht jedem zusagen. Durch die Konstellation, dass maximal vier Spieler in einer Mannschaft sind, fühlten wir uns dafür sofort an unsere Kindheit auf dem Bolzplatz erinnert, wo die Teams auch kaum größer waren und der hinterste Feldspieler auch zugleich das Tor verteidigen musste. Und in der Offensive galt einfach nur: immer feste druff!
Chanbara und Tennis
Die drei bekannten Sportarten Schwertkampf, Bowling und Tennis fühlen sich bis auf ein paar kleine Unterschiede nahezu identisch wie die Originale aus Wii Sports beziehungsweise Wii Sports Resort an. Insbesondere Tennis fängt das Flair eines echten Matches ziemlich gut ein, auch wenn wir dabei zum Glück nicht in unserem Zimmer umherrennen müssen. Lob, Schmetterball oder auch mal einen Ball longline am Gegner vorbei an die Grundlinie setzen, ist mit ein bisschen Übung kein Problem. Chanbara funktioniert ebenfalls tadellos. Vor allem hatten wir es gar nicht so taktisch in Erinnerung. Wildes Rumfuchteln führt nur in Ausnahmefällen zum Erfolg, denn die Bewegungen, also wie wir das Schwert halten und Schwingen, werden in 99 Prozent der Fälle tadellos erkannt. Dadurch ergibt sich gerade bei Duellen unter erfahrenen Spielern ein interessantes Wechselspiel. Wer zuckt zuerst? Wer hat die Deckung richtig einkalkuliert? Das ist reiner Nervenpoker.
Und natürlich Bowling
Müssen wir noch ein Wort über Bowling verlieren? Es wird vermutlich wieder zu den beliebtesten Sportarten gehören. Fast jeder versteht die Regeln, die Bewegungssteuerung ist kinderleicht und besonders mit Freunden vergehen Stunden wie im Flug, solange kein Joy-Con unbeabsichtigt durch die Gegend fliegt.
Alle Sportarten könnt ihr allein in verschiedenen Schwierigkeitsgraden, lokal mit maximal drei Freunden sowie online mit, je nach Regelwerk und Sportart, bis zu 16 Spielern zocken. So lässt sich ein Bowling-Abend auch genießen, wenn mal keine Freunde Zeit haben vorbeizukommen.
Bewegungssteuerung ist nicht out!
Es ist wirklich erstaunlich, wie viel Spaß Bewegungssteuerung auch heute noch macht. Sicher, es werden nicht immer alle Bewegungen perfekt erkannt, aber Nintendo Switch Sports ist auch kein eSports-Titel, bei dem es auf Nuancen ankommt. Der Spaß steht klar im Vordergrund und das hat Nintendo exzellent hinbekommen. Die neuen Sportarten machen eine Menge Gaudi und jeder wird seine persönlichen Favoriten schnell finden. Allerdings hat Nintendo an anderer Stelle viel Potenzial liegen lassen. Es gibt keinerlei Statistiken oder etwas in der Art. Fragen nach der Anzahl von Siegen und Niederlagen stellen sich daher gar nicht.
Nicht einmal in der App, wo wir zum Beispiel unsere "Splatoon 2"-Statistiken nachschauen können, ist etwas zu sehen. Die einzige Möglichkeit, anderen zu zeigen, wie viel man schon gespielt hat, sind freischaltbare Accessoires für den Charakter und das geht auch nur im Online-Spiel. Schade, denn so lassen sich keine lokalen Ranglisten mit Freunden oder etwas Vergleichbares führen. Ihr dürft lediglich, wenn ihr eine Sportart mindestens zehn Mal online gespielt habt, auf einer weltweiten Rangliste aufsteigen, um dementsprechend gegen bessere Gegner zu spielen. Bei Bedarf könnt ihr aber auch jederzeit pausieren und wieder zwanglos ohne Druck online antreten. Allerdings ist besagte Rangliste auch nicht gerade mit vielen Informationen ausgestattet.
Fazit
Nintendo Switch Sports fühlt sich an wie das erste Klassentreffen nach zehn Jahren. Einige Dinge haben sich verändert, vieles ist gleich geblieben und ein paar Sachen vermisst man schon. Nintendo hat die Pflicht meisterlich abgeliefert, aber patzt bei der Kür. Ob freispielbare Klamotten, Sportgeräte und Accessoires sowie eine einfache Rangliste für die Langzeitmotivation reichen, bezweifeln wir stark. Zudem wären mehr Einstellungsmöglichkeiten für die einzelnen Sportarten wünschenswert gewesen. Dafür ist Nintendo Switch Sports besonders im Mehrspielermodus eine echte Spaßgranate. Zwar macht der Titel auch allein Laune, aber erst, wenn man sich gemeinsam mit Freunden online oder vor der Couch verausgabt, kommt richtig Freude auf. Schade nur, dass man nirgends sehen kann, was man alles schon erreicht hat. Nur für das Minispiel in den Credits findet sich eine Highscore-Möglichkeit. Klar, das hat auch unbedingt eine gebraucht!
- Bewegungssteuerung wird gut erkannt
- Sechs verschiedene Sportarten
- Bis zu 16 Spieler online
- Sehr kurzweilig
- Keinerlei Statistiken
- Kosmetische Items nur online erspielbar
- Fehlende Einführung für Anfänger