In Metroid Dread ist Samus in Bestform. Der erste 2D-Teil seit 19 Jahren hätte aber mehr mit der Zeit gehen können.
Metroid Dread im Test: Metroidvania in seiner reinsten Form
Wir haben alle nicht schlecht gestaunt, als während Nintendos E3-Stream dieses Jahr überraschend ein neues 2D-Metroid angekündigt wurde, das auch noch die mit dem ersten Teil für das NES gestartete Saga endgültig beenden und sogar schon im Oktober erscheinen sollte. Nintendo und Entwickler Mercury Steam, bekannt durch Castlevania: Lords of Shadow und Metroid: Samus Returns, haben sich viel vorgenommen und liefern grundsätzlich auch ein sehr gelungenes Ergebnis ab – wenn man denn weiß, worauf man sich einlässt.
Bevor ihr Metroid Dread startet, sollte euch bewusst sein, dass euch die Entwickler im Grunde ein Metroidvania-Spiel in seiner reinsten Form anbieten. Viel Gerede sowie eine ausdifferenzierte und vor allem ausschweifend erzählte Geschichte werdet ihr hier nicht finden. Es geht fast ausschließlich um den reinen Spielspaß. Um den möglichst pur anbieten zu können, verzichten die Entwickler zum Beispiel darauf, sonderlich viele Zwischensequenzen mit Grafikbombast einzubauen, wie es beispielsweise Spieler der Ori-Titel gewohnt sind. Ihr solltet euch also bewusst machen, was ihr erwarten dürft und was nicht, bevor ihr euch auf Metroid Dread stürzt.
Rein ins Geschehen
Direkt nach dem Start geht es auch schon ohne große Umschweife los. Ein kleiner Einführungstext skizziert grob die aktuelle Lage und rekapituliert im Schnelldurchlauf die Geschehnisse des Vorgängers Metroid: Fusion. Nach 19 Jahren kann eine kleine Auffrischung sicher nicht schaden. Auf Planet ZDR ist ein X-Parasit entdeckt worden, eine hochgefährliche Lebensform, die eigentlich von der Galaktischen Föderation für ausgerottet gehalten wurde. Immerhin hatte Samus im Vorgänger eigentlich alle X-Parasiten ausgelöscht. Um den Vorfall zu untersuchen, schickt die Föderation mehrere E.M.M.I.-Kampfroboter, zu denen allerdings kurz nach der Landung der Kontakt abbricht. Das sieht ganz nach einem Fall für Samus aus. Die wird auch prompt losgeschickt, um die Geschehnisse zu untersuchen.
Die Föderation sollte mit ihrer Sorge Recht behalten, denn die Situation auf ZDR ist außer Kontrolle geraten. Samus trifft nicht nur auf einen Vertreter einer uralten Vorgänger-Zivilisation, auch alle einst freundlich gesinnten Roboter wollen sie ausschalten. Nach einer ersten spektakulären Konfrontation mit einem Krieger der Chozo (besagte Vorgänger-Zivilisation) verliert Samus all ihre Gadgets und findet sich im Inneren einer gigantischen Forschungsanlage wieder. Die neuen und wichtigsten Ziele: überleben und fliehen.
Nach diesem cineastischen Einstieg, der euch in Form einer coolen Filmsequenz präsentiert wird, war’s das aber auch schon mit der Story. Von jetzt stehen die Erkundung der Anlage und das Überleben von Samus im Fokus von Metroid Dread. In den Gameplay-Passagen offenbart sich schnell, dass die Entwickler die Präsentation auf das Wesentliche beschränkt haben. Das Spiel sieht zwar schick aus und hat uns optisch nie gelangweilt, Innovationspreise gewinnt das Art Design aber keine, ganz im Gegensatz zur Technik des Titels. Nintendo hat Metroid Dread in einem ausgezeichnetem Zustand veröffentlicht. Während unserer gesamten Spielzeit ist uns nicht ein einziger Ruckler aufgefallen. Selbst mit der Lupe konnten wir keine Bugs finden, abgerauscht ist das Spiel auch nie. Diese Form von Polish darf sich gerne bei anderen Publishern durchsetzen.
Obwohl die Story eher durch Abwesenheit glänzt und bis auf die wenigen, aber sehr coolen Filmsequenzen nur durch sporadische Monologe eurer Bord-KI vorangetrieben wird, schwebt über der gesamten Anlage zu jeder Zeit etwas Mystisches und Unheimliches. Besonders im ersten Areal fühlen wir uns unwohl, weil zunächst nicht klar ist, was hier eigentlich passiert ist. Das konstante Gefühl von Gefahr und eine Atmosphäre, die in uns den Gedanken „Ich wäre lieber woanders“ weckt, haben die Entwickler ausgezeichnet eingefangen.
Pures Metroidvania ohne Wenn und Aber
Zwischen den kleineren Story-Abschnitten erwartet euch reiner Metroidvania-Spaß. Ihr bewegt euch durch Genre-typisch enorm verschachtelte Gänge, stößt dabei immer wieder auf Blockaden, die ihr mit bestimmten Fähigkeiten oder durch das Betätigen von Schaltern an anderen Orten aus dem Weg räumt. Nicht jeder Weg lässt sich von vornherein öffnen. Beispielsweise hat Samus ihre Hitze- und Kälte-Resistenz verloren. Das versperrt etliche Areale, die ihr aber später aufsuchen könnt, wenn ihr die entsprechenden Gadgets wiedergefunden habt – Metroidvania wie früher eben. Generell nehmen Samus’ Fähigkeiten einen wichtigen Stellenwert ein. Die Entwickler beweisen ein enorm gutes Händchen dafür, genau an den richtigen Stellen die verlorengegangenen Gadgets zu platzieren. So entsteht eine ausgezeichnet funktionierende Motivationsspirale, bei der wir stets auf das nächste Puzzleteil und somit neue Gebiete hinfiebern.
Natürlich sind die Areale nicht frei von Gegnern. Immer wieder müsst ihr gegen Aliens kämpfen. Da die Entwickler von Mercury Steam das Gunplay – wie alles andere Gameplay-Relevante auch – einwandfrei und sauber implementiert haben, laufen die Kämpfe in Metroid Dread flüssig und spaßig ab. Überhaupt steuert sich Samus so präzise, dass die Bildschirmtode in der Regel eure Schuld sind. An den Bosskämpfen gibt es ebenfalls nichts auszusetzen. Die lockern das Spielgeschehen in einem angenehmen Rhythmus auf. Der Schwierigkeitsgrad zieht in diesen Konfrontation zwar spürbar an, die Kämpfe sind aber keineswegs unfair. Wer die Mechaniken des Bosses verstanden hat, kann ihn auch ohne gemeine Überraschungen zur Strecke bringen.
Auf eurem Weg durch die Welt von Metroid Dread stoßt ihr hin und wieder auf irritierende Design-Entscheidungen. Grundsätzlich geben euch die Entwickler mit der Karte ein extrem hilfreiches Tool an die Hand, um euch in den verwinkelten Gängen zurecht zu finden. Allerdings fehlen jegliche Hinweise darauf, wo es denn nun weitergeht. Habt ihr bereits ein gutes Stück des momentanen Areals aufgedeckt und sucht einfach nach dem nächsten Punkt, kann es durchaus passieren, dass ihr eine ganze Weile damit beschäftigt seid. Hier wäre mehr Orientierungshilfe sinnvoll gewesen. Es muss ja kein großer leuchtender Pfeil sein, aber dezente Hilfen hätten viel unnötige Sucherei erspart.
Die Sache mit den Robotern
Schon früh im Spiel stößt Samus auf die korrumpierten E.M.M.I.-Roboter, die ihr das Licht ausknipsen wollen. Sobald ihr euch im Areal eines dieser Widersacher befindet, werden die Ausgänge verschlossen und eine Verfolgungsjagd beginnt. Die Roboter sind immun gegen alles, was Samus von Haus aus auf sie feuern kann. Also bleibt nur die Flucht. Wenn so eine Maschine aber direkt vor oder hinter Samus erscheint und euch das Areal unbekannt ist, habt ihr eigentlich keine Chance und sterbt mit Sicherheit den Bildschirmtod.
In solchen Situationen ist es besonders nervig, dass ihr euch gegen die Roboter überhaupt nicht zur Wehr setzen könnt. Sobald sie euch einmal packen, habt ihr theoretisch die Chance, den tödlichen Angriff abzuwehren. Allerdings müsst ihr dafür in exakt dem Moment die “X”-Taste drücken, indem ein Blitz vor dem E.M.M.I. erscheint. Dieses Timing zufällig im richtigen Moment zu erwischen, ist nahezu unmöglich. Dadurch arten die Konfrontationen mit den Robotern leider sehr schnell in nerviges Trial-and-Error aus. Die Entwickler haben zwar in jedem der großen Areale einen Spezialschuss versteckt, der die nervigen Biester für immer ausschaltet, aber logischerweise existieren deutlich mehr Robo-Hunde als Spezialschüsse.
Fazit
Metroid Dread ist ein würdiger Abschluss der 2D-Metroid-Spiele. Die Entwickler setzen Altbewährtes gekonnt um und reichern die Spielwelt hier und da mit neuen Ansätzen an. Allerdings muss jedem Spieler vorher klar sein, auf welche Art von Metroidvania man sich hier einlässt. Grafischer Bombast und eine Geschichte epischen Ausmaßes sind in Metroid Dread nicht zu finden. Viele Spielmechaniken oder Features sucht ihr außerdem vergebens. Dafür erwartet euch auf Hochglanz polierter Spielspaß und das vermutlich reinste Metroidvania-Spiel inklusive Protagonistin Samus der letzten Jahre.
- Schicke 2,5D-Optik
- Sehr präzise Steuerung
- Coole, wenn auch wenige Filmsequenzen
- Nützliche Karte
- Atmosphärisches Sci-Fi-Setting
- Sympathischer Retro-Charme
- Fokus auf Erkundung
- Fordernde Bosskämpfe
- Ausbalancierter Schwierigkeitsgrad
- Hervorragender technischer Zustand
- Kaum Story-Inhalte
- Extrem nervige E.M.M.I.-Roboter
- Samus bleibt sehr blass
- Recht spartanische Anmutung