Macht Odyssey Elite Dangerous besser? Ja. Ist es ein gutes Addon? Nein. Und fertig ist es auch noch nicht.
Elite Dangerous – Odyssey im Test: Ein schwieriger Fall
Das hat sich Frontier sicherlich anders vorgestellt. Da veröffentlicht man nach Jahren endlich die lang geplante Erweiterung, die es den Spielern von Elite Dangerous ermöglicht, aus ihren Raumschiffen auszusteigen und Planeten zu Fuß zu erkunden, und dann sind die größtenteils nur am Meckern. Odyssey, so der Name des zweiten kostenpflichtigen Add-ons für die Weltraumsimulation, ist nun seit fast zwei Wochen für den PC erhältlich (die Konsolenversion folgt Ende des Jahres) und steht auf Steam bei einem "Größtenteils negativ". Von den derzeit knapp unter 4400 Nutzerwertungen sind gerade mal 32 Prozent positiv. Wie konnte das nur passieren? Klare Antwort: Frontier war zu voreilig.
Endlich Beine!
Elite Dangerous: Odyssey ist der bislang größte und wichtigste Schritt für das Spiel (von seinem Release im Jahr 2014 einmal abgesehen). Schon damals war klar: Irgendwann werdet ihr mal euer Raumschiff verlassen und auf Planeten herumlaufen können, so wie es in der Alpha von Star Citizen schon seit einiger Zeit möglich ist. Nun ist es endlich soweit. Zwar hat es schon die erste Erweiterung namens Horizons (die mittlerweile Teil des Basisspiels ist) ermöglicht, auf Planeten zu landen, sie aber nur mit einem Fahrzeug zu erkunden. Nun gibt es endlich "Space Legs".
Schon vor Odyssey konntet ihr euch in Elite Dangerous einen Charakter erstellen und dessen Äußeres festlegen. Nun kommt dieses Element endlich mal so richtig zur Geltung, weil ihr euch eben "in Person" mit anderen Spielern treffen könnt. Das geht sowohl auf Planeten als auch Raumstationen. Dort könnt ihr euch eine ganze Reihe neuer Missionen abholen. Ganz wichtig: Wollt ihr Aufträge haben, die euch auf Planetenoberflächen führen, müsst ihr nach dem Andocken an eine Station aus eurem Schiff aussteigen. Alle Quests, die ihr von eurem Pilotensitz aus annehmt, spielen sich im All ab. Diese Trennung ist etwas nervig. Sie soll vermutlich dazu dienen, dass das Schwarze Brett nicht überquillt, aber man hätte ja auch einfach eigene Kategorien für Weltraum- und Bodenmissionen anlegen können.
Nicht zu viel erwarten!
Das reichhaltigste Angebot an Aufträgen findet ihr vor, wenn ihr eines der Terminals nutzt, die es in jeder Station gibt. Ihr findet dort aber auch Quest-Geber. Jeder von ihnen hat eine Aufgabe für euch, die sogar eine Hintergrundgeschichte hat. Doch erwartet hier bitte nicht zu viel! Auch diese Missionen sind – wenig überraschend – prozedural generiert und somit gibt es für jeden Quest-Typ auch bloß den immer gleichen Text. Vertonte Gespräche sucht ihr hier eh vergeblich. Die Auftraggeber geben nur wenige generische Sätze von sich à la: "Ich habe da einen Auftrag für sie, der sich für sie lohnt." Die Besonderheit bei diesen Missionen ist aber, dass ihr über eure Belohnung verhandeln könnt. Abhängig davon, wie hoch euer Rang für den jeweiligen Karrierepfad ist, könnt ihr eurem Gegenüber höhere Credit-Summen oder mehr Ressourcen entlocken. Das war es dann aber auch schon mit den Unterschieden zu den sonstigen Aufgaben in Elite Dangerous.
Wir sagen es gleich vorneweg: Auch die neuen Missionstypen wiederholen sich sehr schnell. Für sich allein betrachtet, bietet Elite Dangerous: Odyssey gar nicht mal so viel Abwechslung. Es gibt einfache Transportaufträge, bei denen ihr zum Beispiel ein Item aus einer Siedlung abholen sollt. Wenn ihr mehr auf Action aus seid, löscht ihr ganze Gruppen von Gaunern aus oder begeht Auftragsmorde. Am spannendsten sind die Einsätze, in denen ihr zum Beispiel eine Einrichtung sabotieren sollt, indem ihr deren Stromversorgung abschaltet. Aber auch die werden schnell zur Routine, wenn ihr sie immer und immer wieder spielt. Aber so ist das eben in Elite Dangerous. Das Spiel ist ein großer Grind voller Wiederholungen und daran ändert sich mit Odyssey nichts.
Das Add-on sorgt aber dennoch für mehr Abwechslung, da ihr nun eben zu Fuß unterwegs sein könnt und die Weltraumsimulation dann oftmals mal zum Ego-Shooter wird. Auf den Raumstationen könnt ihr euch entsprechend Schusswaffen, verschiedene Anzüge sowie Medi-Kits und andere Verbrauchs-Items kaufen. Der Variantenreichtum hält sich zwar in Grenzen, aber dafür lassen sich Schießprügel und die eigene Klamotte aufwerten sowie modifizieren. So tauscht ihr dann etwa das Visier eures Sturmgewehrs aus oder bringt sonstige Aufsätze an euren Knarren an. Das geht aber nicht einfach in den Läden auf Stationen, sondern bedarf der Hilfe neuer Ingenieure, die erst mal in den Weiten der Galaxie gefunden werden wollen.
Diese Weltraumsimulation ist kein guter Shooter
Selbst das umfangreichste Anpassungssystem bringt aber nichts, wenn das Ballern keinen Spaß macht. Die spannende Frage im Vorfeld war, ob Frontier es gelingt, die Gefechte am Boden genauso unterhaltsam und befriedigend zu gestalten wie die Dogfights im All. Leider können wir das nur verneinen. Zum einen ist das Gunplay sehr mäßig. Das Trefferfeedback ist schwach, vor allem aber stört, dass die Entwickler das Grundprinzip der Weltraumkämpfe eins zu eins auf die Infanterieschießereien übertragen haben.
So wie jedes Raumschiff hat auch jeder NPC und jeder Spieler einen Schild, den es erst mal zu durchbrechen gilt, bevor man dem Gegner wirklich Schaden zufügen kann. Das macht ihr am besten mit Laserwaffen, während kinetische Knarren tödlicher sind, sobald der Schild eures Gegenübers einmal ausgefallen ist. Das führt dazu, dass ihr im Kampf gegen einen Feind immer mindestens einmal die Waffe wechseln müsst, wenn ihr maximal effektiv sein wollt. Das nervt, weil ihr somit ständig euren Argumentationsverstärker während eines Gefechts austauscht – und das nicht, weil sich die Kampfsituation ändert (etwa, wenn ihr aus großer Distanz mit einem Präzisionsgewehr feuert und euch dann dem Feind nähert, um ihn mit einer Schrotflinte auszuschalten).
Ihr feuert mit eurer Laserknarre auf Gegner A, zerstört seinen Schild, wechselt zum kinetischen Schießeisen, tötet ihn, holt dann wieder erstere Waffe hervor, um den Schild von Gegner B zu dezimieren, greift dann erneut zum Tötungswerkzeug mit kinetischer Munition und so weiter. Ja, das fügt den Kämpfen eine zusätzliche Gameplay-Ebene hinzu, zumal ihr selbst euren eigenen Schild managen müsst, weil der permanent Anzugenergie aufbraucht, die es regelmäßig mit entsprechenden Batterien aufzufrischen gilt. Aber es macht die Kämpfe nicht wirklich spaßiger. Hinzu kommt, dass die KI-Gegner nicht gerade clever agieren. Sie gehen zwar hier und da in Deckung, laufen ansonsten aber gerne mit recht langsamem Tempo geradewegs auf euch zu und ließen sich somit recht einfach abknallen, wenn sie selbst keine Schilde hätten.
Battlefield für Arme
Das Shooter-Gameplay kommt aber nicht nur in Missionen zum Tragen, sondern auch in den Kampfgebieten, die es nun nicht mehr nur im All, sondern auch auf Planeten gibt. In den Systemen, in denen Krieg herrscht, könnt ihr euch als Söldner einer der beteiligten Parteien verpflichten und kämpft dann in Battlefield-Manier um die Kontrolle über Basen. Es gilt nämlich, Kontrollpunkte einzunehmen und zu halten, um die Respawn-Tickets des Gegners schneller gen 0 sinken zu lassen. Hier könnt ihr auf gegnerische Spieler treffen, aber die meisten Feinde werden wohl doch immer Bots sein, was den Unterhaltungswert des Ganzen reduziert. Hinzu kommt, dass die Orte auf den Planeten zwar schon von Hand gebaut sind (es gibt 27 unterschiedliche Arten an Siedlungen und industriellen Anlagen), aber sie sind nun mal keine richtig gut gestalteten Multiplayer-Shooter-Maps. Immerhin gibt es auf den meisten Himmelskörpern die niedrige Schwerkraft als nettes Zusatzelement.
So schlecht ist unser PC nun wirklich nicht
Die Kampfgebiete sind aktuell aber noch aus einem ganz anderen Grund nur ein mäßiger Spielinhalt: Die Performance ist hier alles andere als zufriedenstellend. Nicht mal 30 Bilder pro Sekunde sind auf unserem Testrecher (i7 7700K, 16 Gigabyte Arbeitsspeicher, GeForce RTX 2070 Super) möglich. Ok, wir spielen auf maximalen Einstellungen, aber selbst wenn wir die Details herunterschrauben, läuft das Geschehen immer noch nicht flüssig. Nun ist Elite Dangerous durchaus ein hübsches Spiel und hat mit Odyssey sogar nochmal ein Upgrade hinsichtlich der Details auf Planeten und Monden erhalten, aber letztendlich reden wir hier von einem bald sieben Jahre alten Titel. Wenn der stellenweise nicht performanter läuft als die Alpha von Star Citizen, die noch dazu deutlich mehr Grafikpracht bietet, ist das inakzeptabel.
Allgemein ist Elite Dangerous Odyssey technisch noch ziemlich unausgegoren. Die Performance ist auch an anderer Stelle nicht optimal. Ob wir auf den Raumstationen ein flüssiges Bild haben oder Ruckler, ist mehr oder weniger vom Zufall abhängig. Richtig absurd wird es aber, wenn wir dort landen, niedrige FPS haben, dann mit einem Terminal interagieren und anschließend plötzlich alles flüssig läuft. Daran ist deutlich zu erkennen, dass das Add-on noch nicht Performance-optimiert ist. In den Tagen kurz nach Veröffentlichung machten zudem gerne mal die Server schlapp oder wir flogen aufgrund eines Fehlers aus dem Spiel heraus. Am Release-Abend konnten wir nur das Tutorial spielen und nicht mehr, weil alles zusammenbrach.
Da will man mal nichts Illegales machen ...
Ganz absurd war unsere erste Transportmission: Wir sollten einfach nur ein Item aus einem Schließfach in einer Siedlung abholen. Der Auftrag war nicht als illegal markiert und wir hatten ja auch den Code bekommen. Am Zielort angelangt, stellten wir fest, dass das Gebäude, in dem sich das Fach befindet, ein Sperrgebiet ist, das man nicht betreten darf. Sobald uns darin jemand gesehen hätte, hätte wir mächtig Ärger bekommen. Also sind wir im passenden Moment zum Schließfach gesprintet, haben flott den Code eingegeben, uns das Item geschnappt und sind schnell zurück zu unserem Schiff gerannt. Das war zwar irgendwie schon eine witzige Situation, aber wenn wir in Elite Dangerous eine harmlose Transportmission annehmen, dann jawohl, weil wir erwarten, keine Regeln brechen zu müssen. Das kann nur ein Bug gewesen sein, der entweder dafür gesorgt hat, dass die Mission fälschlicherweise als legal kategorisiert war, oder dass bei Ankunft am Zielort ein Schließfach im falschen Gebäude ausgewählt wurde.
Schön ist's ja doch irgendwie
Bei all der Kritik am Shooter-Gameplay und dem technischen Zustand kommen wir aber nicht umhin, auch die positiven Aspekte von Elite Dangerous: Odyssey zu erwähnen. Nicht nur, dass das Spiel fortan etwas mehr Abwechslung bietet, es ist auch ein ganzes Stück immersiver und beeindruckender geworden. Klar, die über 400 Milliarden Sternensysteme der Milchstraße sind nach wie vor prozedural generiert und ihr könnt auch noch nicht auf Planeten mit ausgeprägter Flora oder gar Fauna landen. Die erkundbaren Himmelskörper sind allesamt öde Gesteins-, Eis- oder Wüstenplaneten.
Die Siedlungen und Industrieanlagen wiederholen sich schnell, gleiches gilt für das Innere der unterschiedlichen Raumstationen. Aber trotzdem ist es verdammt cool, dass es all das nun in Elite Dangerous gibt und wir nicht mehr an den Sitz unseres Raumschiffs gefesselt sind. Die Planeten sind keine interessanten Orte, auf denen es sonderlich viel zu entdecken gibt. Aber wenn man zum Beispiel auf der Oberfläche eines Mondes steht und am Himmel den gewaltigen Gasriesen sieht, um den der Mond kreist, ist das schon verdammt cool. Zudem ist es nun endlich möglich, auf Planeten mit Atmosphäre zu landen, was wirklich schick aussieht, und ihr bekommt tatsächlich mal ein Gefühl dafür, wie groß die Raumschiffe sind. Der Umfang einer Anaconda zum Beispiel war vorher nie so deutlich zu erkennen wie jetzt.
Ein großes Versäumnis müssen wir aber noch erwähnen: Das Innere eurer Schiffe ist nicht begehbar. Anders als in Star Citizen gestaltet sich das Ein- und Aussteigen als schlichte Schwarzblende. Wir können nur hoffen, dass Frontier in Zukunft hier mit Chris Roberts' Space-Sim-Traum gleichzieht, weil das so wichtig für die Immersion wäre – wohlgemerkt, nachdem die Briten erst mal Odyssey repariert haben.
Fazit
Die negativen Steam-Reviews sind hauptsächlich dem schlechten technischen Zustand von Elite Dangerous: Odyssey geschuldet – und absolut berechtigt. Frontier hat die Erweiterung zu früh veröffentlicht. Das zeigt sich auch daran, dass die Spieler des Add-ons und die der Basisversion nicht gemeinsam zocken können. Diese Trennung soll Ende des Jahres, wenn Odyssey auch für die Konsolen erscheint, aufgehoben werden. Bis dahin müssen Käufer der Erweiterung jedes Mal, wenn sie mit jemandem ohne Odyssey zusammenspielen wollen, das pure Hauptspiel starten und auf die Neuerungen verzichten. Zudem ärgert es, dass es noch keine Teambodenmissionen gibt. Wie gerne würden wir gemeinsam mit anderen Sabotageakte durchführen?
Frontier hat noch einen langen Weg vor sich, wenn man das Ruder herumreißen will. Ein Ausmerzen sämtlicher technischer Probleme wird aber noch nicht dafür sorgen, dass Odyssey zu einer guten Erweiterung wird. Ja, es macht Elite Dangerous besser, weil es nun ein abwechslungsreicheres, immersiveres Spiel ist. Aber für sich gesehen ist das Add-on längst nicht das, was es sein könnte. Das hat uns die Bewertung nicht gerade leichtgemacht.
Würden wir Elite Dangerous Odyssey als ganzes Spiel bewerten, würde es (den technischen Zustand mal ausgeklammert) eine bessere Note als das Hauptspiel allein erhalten. Dieser Test gilt aber nur der Erweiterung an sich, die aufgrund des schwachen Shooter-Gameplays selbst ohne die technischen Mängel nur eine 2.5 erhalten würde. Ob ihr also als Fan Odyssey für 35 Euro kaufen sollt oder nicht, hängt ganz davon ab, ob ihr euch mit den spielerischen Mängeln arrangieren könnt beziehungsweise die größere Missionsvielfalt und Immersion euch das Geld wert sind. Solange aber nicht alles reibungslos läuft, raten wir eh noch dazu, mit dem Kauf zu warten.
- Mehr Missionsvielfalt
- Planeten mit Atmosphäre betretbar
- Erhöhte Immersion
- Schickere Planeten
- Mäßiges Shooter-Gameplay
- Gegner-KI mit Mängeln
- Große Performance-Probleme
- Bugs und Abstürze
- Siedlungen wiederholen sich schnell
- Schiffe ohne kompletten Innenraum