Mit Dolmen schickt sich ein Team aus Brasilien an, Souls-like-Kost für Fans düsterer Science-Fiction zu bieten. Trotz guter Ideen kann der Titel aber nicht überzeugen.
Dolmen im Test: Spielt lieber Elden Ring!
Die Soulsborne-Spiele von FromSoftware sowie die meisten Nachahmer setzen auf düstere Fantasy-Szenarien. Nur selten haben Entwickler bislang die Rezeptur mit anderen Settings kombiniert. Souls-likes mit Sci-Fi-Anstrich haben wir bislang nur vom deutschen Studio Deck13 in guter Qualität bekommen. Das hat mit den beiden "The Surge"-Spielen echt solide Arbeit geleistet. Nun erscheint mit Dolmen ein weiterer Kandidat, der sich zwar spielerisch stark an Dark Souls und Co orientiert, artistisch aber seinen ganz eigenen Weg beschreitet. Blöd nur, dass Entwickler Massive Work Studio bei den Grundlagen eines guten Souls-likes patzt.
Genretypisches Storytelling
Man muss schon zugeben, dass das Genre der Souls-likes nicht viel für den Spielertyp zu bieten hat, der vor allem starke Geschichten erleben möchte. Klar, die Lore jedes FromSoftware-Titels ist cool, aber einen mitreißenden Plot erzählt kein Dark Souls, kein Bloodborne und auch kein Elden Ring. Die Konkurrenz macht es nicht besser. Scheint wohl eine Tradition zu sein und dementsprechend hält sich auch Dolmen daran. Das Spiel versetzt euch auf den Planeten Revion Prime, genauer gesagt in eine Bergbaustation. Dort werden Kristalle abgebaut, die mehrere Realitäten miteinander verbinden können und dem Spiel seinen Namen verleihen. Blöderweise ist in der Station die Hölle ausgebrochen. Monster und humanoide, aggressive Aliens haben sich dort breitgemacht. Ihr sollt die Krise eindämmen und Kristalle beschaffen.
Das alles ist so unspannend, wie es klingt. Dolmen erzählt seine Geschichte auch ähnlich passiv wie die meisten anderen Souls-likes. Ab und zu spricht mal jemand per Funk zu euch, ansonsten gibt es lediglich haufenweise Terminals, an denen ihr kurze Texte lesen könnt. Das hat den Vorteil, dass ihr die Story wunderbar ignorieren könnt, doch eine interessantere Handlung wäre wünschenswerter gewesen. Nun hätte Dolmen das mit einer dichten Atmosphäre ausgleichen können, aber weder hat das Spiel eine in irgendeiner Form besondere Soundkulisse noch hinterlassen die Umgebungen einen nachhaltigen Eindruck. Ihr lauft zwar nicht nur durch generische Korridore, sondern seid auch mal in Gebieten unterwegs, die mit großen organischen Gebilden sehr fremdartig wirken, aber durch den Mangel an Details und die allgemein schwache Grafik vermag es Dolmen nicht, uns rein mit seinem Art Design in den Bann zu ziehen.
Apropos Grafik: Wir haben die PS5-Version gespielt, bei der ihr zwischen einem Leistungs- und Qualitätsmodus wählen könnt. Ersterer bietet stabile 60 Bilder pro Sekunde, letzterer ist auf maximal 30 FPS limitiert. Dafür gibt es eine höhere Auflösung und Raytracing-Effekte. Klingt erst mal cool, doch die netten Reflexionen und das leicht schärfere Bild haben ihren Preis: Nach unserem Gefühl erreicht Dolmen im Qualitätsmodus auf der PlayStation 5 eher selten 30 Bilder pro Sekunde und in Kämpfen, wenn diverse kleine Partikel durchs Bild fliegen, geht die Bildrate merklich runter. Ein Souls-like ist so schlicht nicht spielbar. Abgesehen davon wird aus Dolmen auch mit Raytracing kein sonderlich hübsches Spiel. Dafür sind die Modelle der Figuren nicht detailliert und deren Animationen nicht geschmeidig genug und die Umgebungen sowie manche Effekte erinnern gar an PS3-Zeiten.
Ballern erlaubt, aber in Maßen
Wären Story, Inszenierung und Technik die einzigen großen Schwächen von Dolmen, würden wir wohl trotzdem eine Kaufempfehlung für Genrefans aussprechen. Man muss schließlich bedenken, dass Massive Work Studio ein kleines Team und Dolmen sein erster größerer PC- sowie Konsolentitel ist. Zudem dürfte das Budget relativ gering gewesen sein. Da kann man dann auch keine Grafikwunder erwarten. Außerdem ist es nicht so, als würde das Spiel alles falsch machen. In Dolmen stecken durchaus gute Ideen. Zum einen finden wir es cool, dass ihr nicht nur unterschiedliche Arten von Nahkampf-, sondern auch Schusswaffen einsetzen könnt. Es gibt beispielsweise Pistolen, Gewehre und Schrotflinten, dem Sci-Fi-Setting sei Dank. Als reinen Third-Person-Shooter könnt ihr Dolmen aber nicht spielen. Statt Munition verbrauchen alle Distanzwaffen Energie und die braucht ihr noch für etwas anderes, aber dazu kommen wir noch. Ihr solltet die Knarren also eher gezielt einsetzen, etwa um Schwächen eurer Gegner auszunutzen.
In Dolmen gibt es neben physischem auch Feuer-, Eis- und Säureschaden. Und so wie ihr je nach gewählter Ausrüstung resistenter gegen das eine oder schwächer gegenüber dem anderen seid, so gilt das auch für eure Widersacher. Passenderweise gibt es viele Waffen jeweils in einer Feuer-, Eis- und Säurevariante und ihr könnt sowohl für den Nah- als auch Fernkampf eine zweite Waffe als Backup ausrüsten, zu der ihr dann während des Spiels per Tastendruck wechselt. Gleiches gilt im Übrigen auch für Schilde.
Das Outfit ist entscheidend
Eine weitere coole Idee ist das Technologiesystem: In Dolem gibt es keinen Talentbaum oder ähnliches, stattdessen bestimmt eure Ausrüstung, welche passiven Fähigkeiten ihr habt. Eure Rüstungsteile sind einer von drei Kategorien zugeordnet: Mensch, Revianer und Bohrer. Je mehr Items einer Art ihr tragt, desto mehr Punkte im jeweiligen Technologiestrahl habt ihr, was spezielle Boni freischaltet.
Tragt ihr viel von Menschen geschaffene Teile, generiert ihr mit Treffern mehr Energie und verursacht mehr Fernkampfschaden. Revianische Ausrüstung sorgt unter anderem für eine erhöhte Lebensenergie, während Bohrerklamotten sowohl eure Defensive stärken als auch die Ausbeute an Naniten (das Äquivalent zu den Seelen aus Dark Souls) erhöhen. Entscheidet ihr euch für ein komplettes Set aus Rüstungsgegenständen einer Kategorie, gibt es einen richtig starken Effekt, den ihr sonst nicht hättet. Die letzte Technologie der Menschen etwa bewahrt euch vor dem Tod. Sobald eure Lebensenergie auf 0 sinkt, regeneriert ihr automatisch 50 Prozent euer maximalen Lebenspunkte, Ausdauer und Energie. Das hat zwar eine Abklingzeit von zehn Minuten und es ist nicht unüblich in Dolmen, dass zwischen zwei Toden eine geringere Zeitspanne liegt. Enorm nützlich ist die Fähigkeit trotzdem.
Bosse kann Massive Work, ...
Massive Work hat auch für das Design der Bosskämpfe ein Lob verdient. Der zweite Endgegner beispielsweise hockt in einem großen Raum, in dem mehrere blaue Sphären durch die Gegend schweben. Wenn ihr sie durchquert, verlangsamen sie euch. Kommt der Feind mit so einer in Berührung, absorbiert er sie zwar, hockt dann aber für ein paar Sekunden regungslos am Boden. Das gibt euch die perfekte Gelegenheit, ihm Schaden zuzufügen, ohne dass er sich wehren kann. Die Taktik ist also klar: Ihr müsst dafür sorgen, dass sich die Wege von Boss und einer Sphäre kreuzen. So eine nette Designidee für einen Bosskampf sieht man auch nicht immer in Souls-likes.
Uns gefällt auch durchaus das Leveldesign. Wie schon erwähnt, können die Umgebungen zwar optisch nicht überzeugen, aber sie sind schön verzweigt und bieten viele alternative Pfade. Dolmen ist zwar kein Open-World-Spiel wie Elden Ring und kann daher auch nicht dessen Freiheitsgefühl rekreieren, aber die klassische Leveldesignphilosophie hat ja auch immer noch ihren Reiz. Massive Work erreicht zwar nicht das Niveau der großen Vorbilder, liefert aber beispielsweise bedeutend bessere Arbeit ab als zuletzt Team NINJA mit Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin.
… Loot eher weniger
Unser Erkundungsdrang war aber schnell verflogen. Das liegt weniger an den Umgebungen selbst, sondern mehr an den Belohnungen, die uns am Ende optionaler Wege erwarten. Alles, was ihr in Dolmen findet, sind Crafting-Materialien. Sämtliche Waffen und Rüstungsteile müsst ihr euch an Bord eures Raumschiffes, das als Hub dient, selbst basteln. Nun gibt es aber auch noch so viele unterschiedliche Materialien, dass man schnell den Überblick verliert. Dadurch ist es umso unbefriedigender, ein Item zu finden, denn der einzige Gedanke, der uns dabei durch den Kopf fährt, ist: "Ok, beim nächsten Mal, wenn wir uns im Schiff aufleveln gehen, werfen wir mal einen Blick ins Crafting-Menü, denn vielleicht können wir ja was Neues bauen". Würden wir direkt Waffen und Klamotten in den Levels finden, wäre das Belohnungsgefühl und damit die Motivation zum Erkunden um ein Vielfaches größer.
Das Schlimmste kommt aber erst noch: Auch Bosse lassen nur Crafting-Krempel fallen. Und zwar immer nur ein Item. Um nun aber beispielsweise die Waffe zu herzustellen, die ihr aus den Überresten des ersten Bosses anfertigt, braucht ihr die entsprechende Zutat dreimal. Das bedeutet, ihr müsst den Kampf dreimal bestreiten. Dazu ist es immerhin nicht zwingend notwendig, darauf zu hoffen, dass ihr der Multiplayer-Sitzung eines anderen Spielers beitreten könnt, der Hilfe gebrauchen könnte (klar, dieses Feature darf in einem Souls-like nicht fehlen). Ihr könnt an einem speziellen Terminal, das direkt vor dem Eingang zur Bossarena steht, den Feind auf Knopfdruck wiederbeleben. Das macht es aber nicht besser, dass Dolmen euch zum Grind zwingt, wenn ihr eine bestimmte Waffe haben möchtet. "Aber in Monster Hunter finden das doch alles super!" Ja, richtig, doch Dolmen ist ein Souls-like, kein "Monster Hunter"-like. Da passt diese Mechanik einfach nicht rein und ist einfach nur Spielzeitstreckung.
Wenn man mal wieder von der Alien-Gang verkloppt wird
Das Schlimmste haben wir bis hierhin ausgespart: Das Kämpfen in Dolmen macht nicht sonderlich viel Spaß. Das liegt zum einen daran, dass sich eure Attacken nicht wirklich befriedigend anfühlen. Das Trefferfeedback ist dafür viel zu schwach. Die Wucht, mit der wir beispielsweise in Elden Ring auf unsere Feinde eindreschen, ist hier kaum zu spüren. Das viel größere Ärgernis ist jedoch die Balance: Dolmen begeht den Fehler, dass es euch oftmals größere Gegnergruppen vor die Nase setzt, die aber nicht aus Feinden bestehen, die ihr mit zwei oder drei Hieben ins Jenseits befördert. Oh nein! Wir hatten meistens das Gefühl, zu wenig selbst auszuteilen und zu wenig einstecken zu können. Bei Begegnungen mit einzelnen Widersachern ist das halb so schlimm. Aber wenn sich drei oder vier Aliens auf euch stürzen, kann das ganz schnell im Bildschirmtod und somit in Frust münden. Ein Day-One-Patch soll zwar das Balancing verbessern, inwiefern, ist aber nicht bekannt und zum Zeitpunkt dieses Tests ist er auch noch nicht erschienen.
Besonders ärgerlich: Es ist uns nicht nur einmal passiert, dass wir in engen Gängen umzingelt wurden und schlichtweg festhingen. Wir konnten uns nicht mehr aus der Falle befreien, weil konstant auf uns eingeschlagen wurde, wir somit selbst keine Angriffe zustande bekamen und daher elendig verreckten. So etwas darf auch in einem Spiel, das super hart sein möchte, nicht passieren.
Obendrein stößt uns sauer auf, dass Massive Work das Heilen unnötig verkompliziert hat. Ihr stellt Lebenspunkte wieder her, indem ihr Energie aufbraucht. Das geht ohne Wartezeit und mitten in Bewegungen – so weit, so gut. Was aber, wenn eure Energie aufgebraucht ist? Nun, dann müsst ihr eine Batterie verwenden. Dabei könnt ihr euch dann wie beim Trinken in Dark Souls und Co nicht bewegen, ohne die Aktion abzubrechen. Doch zu Spielbeginn lädt eine Batterie euren Energiebalken, wenn er komplett leer ist, gerade mal zur Hälfte auf. Einmal Heilen verbraucht wiederum 50 Prozent, regeneriert aber nur knapp über die Hälfte eurer Lebenspunkte. Und dann dürfen wir nicht vergessen, dass ihr die Energie ja auch für eure Fernkampfwaffen benötigt. Viel besser wäre es gewesen, wenn die Entwickler nicht beides miteinander vereint hätten, sondern ihr euch klassisch direkt mit Verbrauchsgegenständen heilen würdet. Warum von einem System abweichen, wenn es doch perfekt funktioniert?
Die Menüs des Grauens
Zu guter Letzt müssen wir noch eine Sache erwähnen: Die Menüs in Dolmen sind grausig. Zum einen könnt ihr sie wie in vielen Spielen aus Japan nur mit dem Steuerkreuz bedienen. Das allein ist ja noch nicht schlimm, sondern bloß ein klein wenig nervig. Das Problem ist der Menüaufbau. Schaut euch nur mal das Bild vom Inventarbildschirm unten an und bedenkt, dass ihr jeden einzelnen der Kästen separat mit dem Digi-Pad "ansteuern" müsst, um den jeweiligen Gegenstand auszurüsten oder abzulegen. Und die Kategorie in der Mitte könnt ihr nicht mit den Schultertasten wechseln, nein. Auch das müsst ihr mit dem Steuerkreuz machen. Kurzum: Dolmen gewinnt definitiv schon mal den Preis für die schlechtesten Menüs 2022.
Fazit
Zugegeben, nach dem Release eines Meisterwerks wie Elden Ring hätte es jedes andere Souls-like schwer, Begeisterung in uns auszulösen. Mit seinem Sci-Fi-Szenario hebt sich Dolmen aber so sehr von dem FromSoftware-Hit ab, dass wir ihm herzlich gerne eine Chance gegeben haben. Es stecken ja auch gute Ansätze darin, beispielsweise das Technologiesystem. Aber das Spiel hat einfach zu viele eklatante Schwächen, gerade in Bezug auf das Kern-Gameplay, als dass wir es ruhigen Gewissens empfehlen könnten. Selbst wenn ihr also Elden Ring schon durchgespielt haben solltet, lautet unser Tipp: Geht lieber dessen New Game Plus an und lasst Dolmen links liegen. Und wenn ihr unbedingt ein Souls-like mit Science-Fiction-Szenario zocken wollt, greift zu The Surge 2.
- Nettes Technologiesystem
- Solides Leveldesign
- Ordentliche Bandbreite an Waffen
- Der eine oder andere nette Bosskampf
- Schwaches Kampfgefühl
- Zu viele zu starke Gegnergruppen
- Generische Umgebungen
- Sämtliche Ausrüstung müsst ihr craften
- Schwache Grafik trotz Raytracing ...
- ... im zu ruckeligen Qualitätsmodus
- Grässliche, umständliche Menüs
- Verkomplizierte Heilmechanik
- Lahme Geschichte, schlecht präsentiert