Biomutant kann in Sachen Umfang locker mit AAA-Titeln mithalten kann. Aber Quantität ist eben nicht alles.
Biomutant im Test: Experiment fehlgeschlagen
Auf der gamescom 2017 kündigte THQ Nordic Biomutant an. Wenige Tage zuvor wurde bereits ein Artwork geleakt, auf dem man den Protagonisten sieht: ein anthropomorphes Tier, das wie ein Mix aus Waschbär und Roter Panda wirkt. Das Interesse war sofort geweckt und stieg mit dem ersten Trailer nur noch weiter an. Eine offene Welt, actionreiche Kämpfe, die ein wenig an Devil May Cry erinnern, Rollenspielsysteme – das klang vielversprechend. Und der Release war ja gar nicht so weit entfernt: Im Frühjahr 2018 sollte Biomutant erscheinen. Satz mit X, das war wohl nix! Das Spiel entwickelte sich zu einem kleinen Duke Nukem Forever, weil eine Verschiebung auf die andere folgte beziehungsweise es zwischenzeitlich sehr ruhig um das Projekt wurde.
Hat THQ dem Entwickler Experiment 101 so viel Zeit gelassen, damit der ein absolut rundes, auf Hochglanz poliertes Werk auf den Markt bringt? Nun, nachdem wir Biomutant gespielt haben, sind wir uns sicher: Die lange Wartezeit hat einen anderen Grund. Viele Jahre lang dachten wir, dass es gar kein so großer Titel werden würde. Vielleicht würde es ein Spiel werden, dass uns eher 20 als 50 Stunden beschäftigt und eine kleine, aber dafür vollgepackte Welt bietet. Doch dem ist nicht so: Ja, die Hauptgeschichte könnt ihr in unter 15 Stunden abschließen. Aber ähnliches gilt auch für Skyrim. Biomutant ist riesig. Wer alles machen möchte, ist locker 50 Stunden oder gar länger beschäftigt. Toll, oder? Nein, ist es leider nicht. Es zeigt sich ganz deutlich, dass Experiment 101 die zusätzliche Zeit genutzt hat, um Biomutant aufzublasen. Doch am Ende ist vieles innerhalb dieser Blase eben nichts weiter als leere Luft.
Es hätte so schön sein können
Es ist so schade um Biomutant, denn die Prämisse finden wir nach wie vor großartig: Es spielt in einer nicht näher definierten Zukunft, in der die Menschheit ausgestorben ist. Der Grund dafür: eine Apokalypse, die sie selbst durch ihren schlechten Umgang mit der Umwelt hervorgerufen hat. Während die Menschen ausstarben, mutierten die Tiere und einige von ihnen wurden richtig intelligent. Ihr spielt einen dieser Mutanten und seid der auserkorene Held, der eine zweite Apokalypse verhindern soll. Der Weltenbaum droht zu sterben, weil dunkle Mächte genau das wollen. Um dieses Unheil abzuwenden, müsst ihr vier Weltenfresser besiegen. Aber Biomutant gibt euch auch die Möglichkeit, nicht der Gute zu sein, sondern der Böse, der den Weltuntergang herbeizuführen versucht. Dieses Rollenspielsystem wird mit einer klassischen Progression mit Levelaufstiegen sowie dem Erlernen neuer Fähigkeiten, einem umfangreichen Crafting-System und actionreichen Martial-Arts-Kämpfen gemixt. Das klingt doch absolut fantastisch, nicht wahr?
Eine Alibi-Story
Leider geht das Meiste von all dem nicht auf. Die Geschichte und deren ungewöhnliche Präsentation sind da noch das geringste Übel. Dass sich die Story rund um die drohende Apokalypse in wenigen Zeilen zusammenfassen lässt? Geschenkt! The Legend of Zelda hat auch nie auf wirklichem hohem erzählerischen Niveau operiert und zählt trotzdem zu den beliebtesten und besten Videospielreihen aller Zeiten. Oder habt ihr etwa Breath of the Wild wegen seiner Story gespielt? Nein, ihr habt es gespielt, weil es eine Welt bietet, die zum Erkunden anregt und toll designt ist, weil das Gameplay Spaß macht und zu keinem Zeitpunkt Langeweile aufkommt.
Auf Biomutant trifft das alles nicht zu. Eine spannende Story mit interessanten Figuren wäre also in der Tat sehr hilfreich gewesen. Wir müssen aber zugeben, dass wir erzählerisch nie viel von dem Titel erwartet haben. Von Anfang an wirkte er wie ein Gameplay-fokussiertes Spiel und das ist er auch geworden. Daher würde es uns, wenn der Rest denn überzeugend wäre, nicht stören, dass nicht nur die Handlung dünn ist, sondern auch das Profil jedes einzelnen Charakters. Die Figuren haben in der Regel eine Eigenschaft (meistens ihren Job) und das war's. Da gibt es den Taucher, den Bäcker, den Saftpresser und noch zahlreiche andere Figuren, auf die ihr im Verlauf des Abenteuers trefft. Ihr führt durchaus längere Dialoge mit ihnen, doch während euer Charakter stumm ist, geben sie nur Kauderwelsch von sich. Ein Erzähler sagt euch stets, was euer Gegenüber von sich gibt. Da er seine Texte immer sehr nüchtern vorträgt (sowohl im Deutschen als auch Englischen) können gar keine Emotionen transportiert werden. Dadurch verspielt sich Biomutant jegliche Chance, dass einem Figuren im Kopf bleiben beziehungsweise man mit ihnen sympathisiert. Sie sind letztendlich allesamt nur leere Hüllen.
Trotzdem kommen wir nicht umher, Biomutant einen gewissen Charme zuzusprechen. Das liegt zum einen am Äußeren der ganzen Kreaturen. Der Taucher zum Beispiel ist ein Biber im Taucheranzug – wie kann man das nicht mögen? Zum anderen benutzen die Bewohner der Biomutant-Welt für so gut wie alle Dinge andere Bezeichnungen als wir. Gummienten sind Quaker, Wasser ist Glibber und ein Telefon ist ein Klingeling. Auch die Namen der Charaktere sind teilweise einfach nur niedlich. Einer der Weltenfresser etwa heißt, Achtung, Pummelschnauber. Herrlich!
Cooler Charaktereditor mit wenig Bedeutung
Biomutant will kein reines Actionspiel sein, sondern ein waschechtes RPG. Das soll bereits die Charakterstellung unter Beweis stellen. Nicht nur, dass ihr euch für eine von mehreren Rassen entscheidet, ihr legt dann auch noch fest, auf welche Attribute ihr euch fokussieren wollt, was auch das Aussehen eures Helden beeinflusst. Steht für euch Stärke an erster Stelle, habt ihr einen kräftigen Körperbau. Ist euer Charakter eher intelligent als muskulös, sieht man auch das ganz deutlich.
Zudem entscheidet ihr euch für eine Klasse. Es stehen etwa der Saboteur, der mit zwei Einhandwaffen kämpft, der Psi-Freak, der auf Psi-Kräfte spezialisiert ist, und der Schusswaffen-liebende Kommando zur Auswahl. Doch wirklich relevant ist die Klassenwahl nicht. Sie legt nur eure Startausrüstung fest und es gibt für jede Klasse eine Handvoll exklusiver passiver Talente, die aber letztendlich kaum von Bedeutung sind.
Null Herausforderung
Am Anfang sind das Sammeln von Erfahrungspunkten und die damit verbundenen Levelaufstiege noch richtig motivierend. So steigert ihr einerseits eure Grundattribute und schaltet neue Fähigkeiten frei. Unter den aktiven Skills, von denen ihr bis zu vier Stück "ausrüsten" könnt, finden sich ein paar ziemlich coole, auf die man gerne hinarbeitet. Zum Beispiel könnt ihr mehrere Pilze in der Umgebung platzieren. Die dienen einerseits dazu, dass Gegner unkontrolliert durch die Gegend springen, sodass sie für kurze Zeit wehrlos sind (was noch dazu einfach lustig aussieht). Andererseits könnt ihr sie außerhalb der Kämpfe nutzen, um an höhergelegene Stellen zu gelangen. Auch cool ist die Kombination aus Levitation und Ki-Funke. Dann könnt ihr euch ganz wie Storm von den X-Men fühlen, wenn ihr durch die Luft schwebt und eure Feinde mit Blitzen röstet.
Es dauert aber nicht lange, bis ihr merkt, wie egal das alles ist. Stellt ihr euch anfangs noch bei jedem Stufenaufstieg die Frage, welchen Grundwert ihr nun erhöhen und worauf ihr euch langfristig spezialisieren sollt, kann euch das nach zehn Stunden vollkommen schnurz sein. Auf dem normalen Schwierigkeitsgrad (hier "Mittelschwer" genannt) ist Biomutant viel zu einfach. In 30 Spielstunden sind wir vielleicht einmal innerhalb eines Kampfes gestorben. Ansonsten ist das Spiel ein Spaziergang – vor allem ab dem Moment, in dem ihr herausfindet, dass ein starkes Automatikgewehr euch jedes Gefecht mit Leichtigkeit gewinnen lässt. Selbst Bosse stellen dann keine Bedrohung mehr für euch dar. Einfach auf Distanz bleiben und Dauerfeuer geben und nach wenigen Sekunden liegen selbst größere Brocken regungslos auf dem Boden. Im Nahkampf werdet ihr zwar vermutlich immer wieder Treffer einstecken, aber da ihr Heilgegenstände im Überfluss erbeutet und sie auch unlimitiert verwenden könnt (es gibt keine Abklingzeit dafür), ist auch das kein Problem.
Ein Kampfsystem, dem schnell die Puste ausgeht
"Machen die Kämpfe denn trotzdem Spaß?" Keine irrelevante Frage, denn sie bilden den Löwenanteil des Gameplays von Biomutant. Und ja, sie machen auch durchaus Laune – aber eben nur für eine begrenzte Zeit. Die Steuerung geht mit dem Gamepad flüssig von der Hand (Maus und Tastatur sind nicht zu empfehlen), wobei es schon nervt, dass es keine Lock-on-Funktion gibt. Das Spiel nimmt abhängig davon, wie ihr die Kamera ausrichtet, automatisch Gegner ins Visier, was etwas nervig ist, aber auch kein allzu großer Störfaktor. Eure Angriffe sind flüssig animiert und es gibt coole Comic-Effekte in Form von Lautmalerei.
Die Probleme sind aber eben zum einen der niedrige Anspruch aufgrund des missratenen Balancings und zum anderen der fehlende Tiefgang. Es gibt nicht genug unterschiedliche Gegner mit einzigartigen Verhaltensmustern und die diversen Nahkampfwaffentypen (Einhand- und Zweihandhieb- sowie Schmetterwaffen und noch ein paar Sondervarianten) haben zwar jeweils eigene Spezialangriffe, doch die Tastenkombinationen sind stets die gleichen und letztendlich macht nur das Angriffstempo einen wirklich relevanten Unterschied aus. Dadurch ist es fast egal, ob ihr nun mit einem schweren Hammer oder zwei Dolchen kämpft.
Liebe Entwickler: Bitte mal die Definition von "Rätsel" nachschlagen!
Das Kampfsystem von Biomutant ist alles in allem solide. In einem Spiel, das darüber hinaus noch richtig was zu bieten hat, wäre das kein großes Problem. Leider haben wir es hier nicht mit einem solchen Spiel zu tun. Abseits von Kämpfen und der Bewegung durch die offene Spielwelt gibt es kaum etwas anderes. Wer darauf gehofft hat, clevere Rätsel lösen zu dürfen, wird maßlos enttäuscht sein. Die einzigen Denkaufgaben in Biomutant sind Minigames, die Experiment 101 tatsächlich als Rätsel bezeichnet, was kompletter Humbug ist.
Meistens geht es bloß darum, mehrere Schalter so in Position zu bringen, dass sich deren zwei Farben "berühren" (Weiß an Weiß, Orange an Orange). Nur ganz selten sind wir mal auf andere Arten von solchen Puzzles gestoßen. In der Regel gilt: Wenn es in Biomutant ein Problem mit einem elektronischen Gerät gibt, müsst ihr Schalter umdrehen. Mehr hat der Titel in dieser Hinsicht nicht zu bieten. Biomutant ist das, was übrig bleibt, wenn ihr aus Breath of the Wild oder Immortals Fenyx Rising sämtliche Rätsel und Geschicklichkeitspassagen streicht.
Große Welt, große Leere
Selbst wenn man nun versucht, sich damit zu arrangieren, dass der Fokus auf der Action liegt, wird man nur bedingt Spaß haben. Denn neben den Mängeln, die das Kampfsystem mit sich bringt, wäre da noch ein anderes gewaltiges Problem: Die Spielwelt von Biomutant ist riesig (ganze 64 Quadratkilometer), aber leer. Damit meinen wir nicht, dass es zu viel freie Fläche gibt. Nein, nein, karg ist die Welt keinesfalls. Optisch weiß sie sogar sehr zu gefallen. Es gibt weite Wiesen, dichte Wälder, eine Inselregion, einen Sumpf, eine Berglandschaft und eine Steppe. Überall finden sich Überreste der menschlichen Zivilisation, seien es nun verfallene Hochhäuser, Fabriken oder Schiffswracks. Zudem gibt es diverse Dörfer und Festungen der Mutanten und ihr könnt zahlreiche Höhlen, Tunnelsysteme und Bunker entdecken.
Mit "leer" beziehen wir uns eher auf den Inhalt – darauf, was ihr in der Welt machen und entdecken könnt. Und das beschränkt sich auf vier Dinge: Gegner zum Bekämpfen, Loot zum Sammeln, NPCs, die, wenn sie keine Questgeber oder Händler sind, schlichtweg nur zur Dekoration dienen, und diverse Objekte aus der alten Welt, die als Sammelkram zu kategorisieren und fast alle mit dem oben beschriebenen Minigame verbunden sind. Rätsel gibt es, wie bereits erwähnt, nicht, ihr findet aber auch keine interessanten Orte, die euch anhand ihres Designs Geschichten erzählen. Dabei sind postapokalyptische Settings doch wie gemacht dafür, aber Experiment 101 holt nichts aus dem Szenario raus.
Kennste eines, kennste alles
Obendrein wird nach einigen Spielstunden deutlich, dass die Schweden nicht die Mittel hatten, um diese riesige Welt mit einzigartigen Inhalten zu füllen. Biomutant ist "Asset-Recycling, das Videospiel". Alle naselang stolpert ihr ihr über die immer gleiche Anordnung von Autowracks auf den Straßen, die immer gleichen Bahnhöfe, Tankstellen und Wohnhäuser. Auch die Dungeons sind absolut langweilig und bieten kaum Abwechslung. Jede Höhle besteht aus den gleichen Versatzstücken, die bloß unterschiedlich angeordnet sind.
Am meisten freut ihr euch noch, wenn ihr auf Nebencharaktere stoßt. Aber denkt ja nicht, dass die Aufträge, die sie für euch haben, toll sind. Biomutant überschüttet euch mit 0815-Fetch-Quests. Nur ganz selten erreichen die Aufgaben mal ein Niveau, bei dem wir sagen: "Na gut, das war jetzt ganz ok." Oftmals müsst ihr einfach nur einen bestimmten Ort aufsuchen, dort ein Item einsammeln und das war's. Eine Quest im Speziellen hat uns so richtig enttäuscht: Da hat uns jemand was von einem Dorf erzählt, in dem eine Bombe sein soll. Als wir dort ankamen, stach uns direkt der gewaltige Sprengkörper in der Mitte des Ortes ins Auge. "Wenn das mal keine Hommage an Megaton aus Fallout 3 sein soll", dachten wir uns. Wir sprachen mit dem Bürgermeister, der uns bat, das Ding zu entschärfen. Tja, und alles was wir dann machen mussten, war eben unser zu dem Zeitpunkt schon gehasstes "Bring die Schalter in die richtigen Positionen"-Minispiel. Das war die gesamte Quest – einfallslos, langweilig, vergessenswert.
Lichtblick: Das Crafting
Über all die genannten Kritikpunkte können die beiden herausstechenden Features des Spiels, das Aura- und Crafting-System, nicht hinwegtrösten. Zugegeben, letzteres ist eigentlich verdammt cool: Sowohl Nah- als auch Fernkampfwaffen bastelt ihr euch in Biomutant selbst aus Einzelteilen zusammen. Das ist gerade bei den Schießeisen richtig toll, weil ihr hier eine Vielzahl an Basistypen, Mündungen, Magazinen, Griffen und Aufsatzmodifikationen frei kombinieren könnt, sofern euer Ressourcenhaushalt es zulässt. Jedes dieser Einzelteile hat eigene Werte und die optische Vielfalt ist groß. Zudem können Basistypen besondere Modifikatoren haben. Wir haben uns etwa sehr gefreut, ein Automatikgewehr basteln zu können, dass Sägeblätter verschießt – zumindest bis zu dem Punkt, an dem wir gemerkt haben, dass wir damit jeden Kampf mit Leichtigkeit gewinnen können.
Ein weiterer Nachteil des Systems: Ihr findet unfassbar viel Loot, der für euch nur einen Nutzen hat: ihn direkt zu verschrotten, um Ressourcen zu erhalten, weil er viel zu schwach ist, als dass ihr ihn noch in euren Waffen verbauen wollt. Gleiches gilt für die meisten Rüstungsteile, die ihr findet. Die meiste Zeit sind wir mit den immer gleichen Klamotten durch die Gegend gelaufen, weil wir einfach nichts gefunden haben, das besser gewesen wäre. Blöd nur, wenn man den Kram nicht direkt beim Aufklauben zerlegen kann, sondern das nachträglich im Inventar machen muss – und das, obwohl es für jedes zu lootende Item einen eigenen Bildschirm gibt, in dem erst nach und nach alle Infos eingeblendet werden. Das gilt sogar für Heilgegenstände und ist dadurch extrem nervig.
Gut, böse, uns doch wurscht!
Und was ist mit dem Aura-System? Nun, der Ansatz, dass ihr nicht nur den Helden, sondern auch einen Schurken spielen könnt und das Auswirkungen aufs Ende hat, ist ja schön und gut. Blöd nur, dass die Umsetzung komplett missraten ist. Es ergibt nämlich gar keinen Sinn, warum euer Charakter den Weltuntergang herbeisehnen statt verhindern sollte. Das Spiel lässt euch am Anfang zwischen zwei miteinander verfeindeten Stämmen entscheiden: Der eine will den Weltenbaum retten, der andere ihn vernichten. Schön und gut, dass Experiment 101 euch die Entscheidungsfreiheit gibt, sowohl das eine als auch das andere Ziel verfolgen zu können. Aber es gibt keinen Grund für euren Charakter, sich für die Apokalypse zu entscheiden.
Dass das System irgendwie aufgesetzt wirkt, merkt man immer wieder, speziell an einer der vielen generischen Nebenquests. Einmal sollt ihr über zwanzig Gefangene befreien. Ihr geht also an die entsprechenden Orte, verkloppt alle anwesenden Feinde und öffnet dann den Käfig. Komischerweise bittet euch der, den ihr gerade befreit habt, erst danach darum, ihm zu helfen. Macht ihr das, bedankt er sich bloß bei euch, geht weg und ihr bekommt einen Punkt für eure helle Aura. Entscheidet ihr euch wiederum dagegen, gebt ihr dem Kerl volles Pfund aufs Maul und erntet somit einen dunklen Punkt. Was zur Hölle hat sich Experiment 101 dabei gedacht?! In welcher Welt soll diese Situation Sinn ergeben?
Ganz ehrlich: Am Ende des Tages gibt es nur einen wirklichen Grund dafür, helle oder dunkle Punkte zu sammeln. Die Psi-Kräfte sind nämlich jeweils an eine der beiden Auren gebunden. Ihr wollt Gegner per Telekinese durch die Gegend schleudern? Dann braucht ihr einen Dunkle-Aura-Wert von 20. Der Rest, also der Einfluss des Systems auf den Verlauf der Story, ist komplett zu vernachlässigen. Mehrere Enden sind ja an sich eine tolle Sache, aber da uns die Geschichte von Biomutant und die ganzen Charaktere eh egal sind, erhöht auch das nicht den Spielspaß.
Lauter, bitte!
Wir wünschten, wir könnten wenigstens zur Technik nur positive Worte verlieren. Leider ist das nicht möglich. Grund dafür ist der Sound. Grafisch macht Biomutant für ein Spiel, das weit von AAA-Niveau entfernt ist, eine sehr gute Figur. Die Charaktere sehen dank plüschigem Fell allesamt putzig aus, sind liebevoll animiert und die Umgebung überzeugt mit hoher Weitsicht, vielen Details und schicker Lichtstimmung. Aber was da aus den Boxen oder Kopfhörern schallt, ist schlicht als unfertig zu bezeichnen. Die Tonabmischung ist völlig unausgegoren. Viele Sounds sind entweder viel zu leise oder gar nicht erst vorhanden. Immerhin ist der Soundtrack ganz nett, ihm mangelt es aber an Vielfalt.
Fazit
Wir wünschten, wir könnten Biomutant mögen – ehrlich! Die Welt ist an sich toll, das Spiel hat seinen ganz eigenen Charme und für ein paar Stunden machen die flotten Kämpfe trotz des niedrigen Anspruchs Laune. Dazu noch das coole, wenn auch nicht perfekte Crafting-System. Eine Zeit lang fühlten wir uns gut unterhalten, doch irgendwann wurde uns bewusst, wie wenig Qualität in Biomutant steckt. Wenn es in der riesigen Open World kaum mehr als Zufalls-Loot und Feinde zu entdecken gibt, wenn 90 Prozent der Quests stupide Botengänge sind, wenn wir das immer gleiche nervige Minigame absolvieren müssen und dann auch noch ein zentrales Spielelement (Aura-System) nicht sinnvoll implementiert ist, dann können wir wohl schlecht noch eine Kaufempfehlung aussprechen.
Biomutant ist kein Totalausfall. Hätten die Entwickler eine deutlich kleinere Welt gebaut, wären vielleicht die Ressourcen für abwechslungsreichere Aufgaben und Schauplätze vorhanden gewesen – aber auch nur vielleicht. Denn einige der Kritikpunkte lassen sich eben nicht so einfach mit der geringen Teamgröße entschuldigen, sondern fußen schlichtweg auf schlechten Design-Entscheidungen.
- Schöne Spielwelt
- Viel Charme
- Cooles Crafting
- Spaßige Kämpfe, ...
- ... denen aber schnell die Puste ausgeht
- Kaum Abwechslung
- Keine richtigen Rätsel
- Wenig Spannendes zu entdecken
- Viel zu leicht
- Schlechte Sound-Abmischung
- Unausgereiftes Aura-System
- Viel zu viele Fetch-Quests
- Enorm dünne Handlung
- Keine ikonischen Figuren
- Dieses Schalter-Minigame!