Der Nahkampf und die Erkundung müssen in Horizon Forbidden West sehr viel besser werden, um Jens nicht zu enttäuschen.
Was Horizon Forbidden West besser als Zero Dawn machen muss
Ab dem 18. Februar wandern wieder Robodinos weltweit über die Bildschirme von PlayStation-Zockern. Horizon Forbidden West verspricht im Grunde genommen eine typische Fortsetzung zu werden: Man nimmt das Rezept des ersten Teils, fügt ihm ein paar neue Zutaten hinzu und stellt dann eine größere Portion her. Das ist an sich auch nicht verkehrt, ist Horizon Zero Dawn doch ein gutes Spiel. Auch ich bin 2017 in die Rolle von Aloy geschlüpft, die ich sofort in mein Herz geschlossen habe – und das hat nicht nur mit der tollen Stimme von Ashly Burch zu tun. Sie ist einfach eine der sympathischsten Hauptfiguren, die mir in den letzten Jahren in Videospielen begegnet sind. Obendrein erzählt das Spiel eine spannende Geschichte, sieht klasse aus und hat ein tolles Gameplay-Konzept sowie eine interessante Welt.
Gleichzeitig halte ich Horizon Zero Dawn für eines der am meisten überbewerteten Spiele der jüngeren Vergangenheit. Die PS4-Fassung hat auf Metacritic eine Durchschnittswertung von 89, folglich gibt es diverse Magazine, die dem Titel Noten jenseits der 90 (oder 9, je nach System) gegeben haben. Und solch extrem hohe Wertungen hat es meiner Ansicht nach nicht verdient. Die Gründe dafür sind auch die, wegen denen ich mir noch eine gewisse Skepsis bezüglich Horizon Forbidden West bewahre. Ich habe Lust auf die Fortsetzung, keine Frage – allein schon, damit meine PlayStation 5 wieder mal ordentlich was zu tun und ich das Gefühle bekomme, der Kauf der Konsole hat sich gelohnt. Aber richtige Hype-Stimmung werde ich erst dann entwickeln, wenn ich es selbst gespielt habe oder zumindest die weltweiten Testberichte mir das bestätigen, was ich bestätigt haben möchte. Was das ist? Nun, dazu müssen wir auf Horizon Zero Dawn zurückblicken.
Mehr als Pet Peeves
Es sind im Wesentlichen zwei Dinge, die mich an dem Action-Adventure von Guerrilla Games gestört haben. Da wäre zum einen der Nahkampf beziehungsweise der Kampf gegen menschliche Feinde. Wo es richtig Spaß macht, die teils gigantischen und allesamt fantastisch designten Maschinenwesen mit Pfeil und Bogen, Schleuder, Stolperfallen und Co wortwörtlich auseinanderzunehmen, ist es im Gegensatz dazu richtig öde, mit dem Speer auf die Anhänger feindlicher Stämme einzudreschen. Das besteht schließlich nur daraus, die Angriffstaste zu spammen und hat nichts mit Taktik sowie spannenden Auseinandersetzungen zu tun. Klar, der Fokus des Spiels ist der Fernkampf und ich kann menschliche Gegnern ja auch Pfeile in den Kopf jagen. Doch wenn Guerrilla ein Nahkampfsystem einbaut, dann sollte das auch Spaß machen. Und ebenso sollten auch Menschen interessante, herausfordernde Kontrahenten sein und nicht bloß durch Masse zur Bedrohung werden.
Mein zweiter und definitiv größerer, weil allgegenwärtiger Kritikpunkt an Horizon Zero Dawn ist die Struktur, das Design der Open World. Man muss nicht Game Design studiert haben, um zu erkennen, dass Guerrilla Games hier die Ubisoft-Formel adaptiert hat. Ich muss den Niederländern auch durchaus Respekt zollen: Sie haben es sich zwar leichtgemacht bei ihrem ersten Open-World-Titel (zuvor haben sie nur die linearen Shooter der Killzone-Reihe entwickelt), indem sie eben auf jene Struktur zurückgegriffen haben, zeitgleich haben sie aber auch das wohl beste Ubisoft-Formel-Spiel aller Zeiten gemacht. Dabei sei angemerkt: Ich rede hier wirklich von der alten Formel mit Türmen, auf die man klettern muss, um die Karte aufzudecken, und Nebenaktivitäten, die in unterschiedliche Kategorien einsortiert und (zumindest in den Ubisoft-Titeln) oftmals sehr generisch sind. Heutzutage produziert der französische Publisher, aller Kritik zum Trotz, ja doch wesentlich bessere Open Worlds.
Nichtsdestotrotz – ich wollte hier ja eigentlich Kritik üben und nicht das Spiel loben – krankt Horizon Zero Dawn an dem Problem, das viele Open-World-Titel dieser Art verbindet: Die Erkundung macht kaum Spaß. Statt mich seine Welt auf organische Art und Weise erforschen zu lassen (ich denke da an die klassischen "Hey, was ist das da am Horizont? Das muss ich mir näher anschauen"-Momente), knallt es mir die Weltkarte mit Markierungen voll. Ich muss einem Ort nicht mal besonders nahe kommen, damit er auf der Map markiert wird. Mehrere 100 Meter reichen schon dafür aus. Hinzu kommt, dass es zu wenige wirklich interessante Dinge abseits von Nebenquests zu finden gibt. Guerrilla Games macht zwar Gebrauch von Environmental Storytelling, aber selten in der Form, wie ich mir das von so einem Spiel wünsche. Klar stehen überall Ruinen aus der Zeit vor der Apokalypse, aber deren Inneres ist in der Regel reichlich uninteressant – kein Vergleich dazu, wie etwa die Fallout-Spiele Geschichten erzählen, ohne dass eine Quest, geschweige denn auch nur ein NPC darin verwickelt ist.
In einem Punkt gibt es guten Grund für Optimismus
Es dürfte auf der Hand liegen, dass ich mir von Horizon Forbidden West wünsche, genau diese Kritikpunkte nicht zu wiederholen. Zumindest in Bezug auf das Nahkampfsystem bin ich auch äußerst zuversichtlich. Hier hat Guerrilla schon diverse Details verraten, wie man für ein besseres Gameplay sorgen möchte, etwa durch neue Mechaniken wie den Resonatorstoß: Treffer mit dem Speer laden ihn auf, anschließend übertragt ihr die Energie auf den Gegner und feuert dann ein Geschoss auf ihn, sodass es zu einer Explosion kommt. Das Feature verdeutlicht auch, wie viel enger die Entwickler in Horizon Forbidden West Nah- und Fernkampf miteinander verknüpfen, was für dynamischere Gefechte sorgen soll.
Was die Erkundung betrifft … Nun, da gibt es selbst jetzt, wenige Wochen vor Release, noch große Fragezeichen. Es gibt noch kein Gameplay-Material, in dem die Weltkarte zu sehen ist. Auch haben wir noch keine Beispiele dafür erhalten, was für Dinge es in der Open World zu finden gibt. Wir wissen nicht mal, ob man erneut auf Langhälse klettert, um große Teile der Map zu offenbaren.
Was wir hingegen wissen: Aloy hat diesmal wesentlich mehr Bewegungsfreiheit. Zum einen hat sie das Tauchen gelernt, sodass sich Unterwassergebiete erkunden lassen. Zum anderen kann sie an viel mehr Stellen klettern. Das System ist nicht komplett unlimitiert wie in The Legend of Zelda: Breath of the Wild. Nach wie vor könnt ihr nur da klettern, wo die Entwickler wollen, dass ihr es könnt. Aber das soll eben viel häufiger der Fall und auch weniger restriktiv als im Vorgänger sein. Wo wir gerade schon Breath of the Wild erwähnt haben: Aloy verfügt in Horizon Forbidden West wie Link über einen Gleitschirm und gelangt somit komfortabel von jeder erhöhten Position herunter.
Es ist offensichtlich, dass sich Guerrilla Games hier an Nintendos großem Open-World-Hit orientiert hat. Die Frage, die ich mir stelle: Ist das auf die Bewegungsfreiheit beschränkt oder hat man sich auch was von der Art der Erkundung und dem allgemeinen Spielweltdesign abgeschaut? Ich hoffe inständig, dass das Team den formelhaften Charakter des Vorgängers fallen lässt und diesmal auf eine organischere Exploration mit mehr einzigartigen Entdeckungen setzt. Horizon Zero Dawn ist ja auch erfolgreich genug gewesen, sodass Sony Guerrilla das nötige Budget hätte zur Verfügung stellen können, um mehr Aufwand bei der Gestaltung der Welt zu ermöglichen. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass das Studio aus Amsterdam das fähige Personal hat, um eine der besten Open Worlds aller Zeiten zu kreieren. Die guten Elemente von Horizon Zero Dawn in Sachen Umgebungsgestaltung und Storytelling sind diesbezüglich für mich Beweis genug.