Immer wieder wird in Kinofilmen gezockt. Und manchmal spielen Videospiele in deren Geschichten sogar eine größere Rolle.
Hollywood und die Videospiele: Wenn in Filmen gezockt wird
Wir sind mal ganz offen zu euch: Videospiele sind nicht unsere einzige Leidenschaft. Nein, wir verbringen nicht unsere gesamte Freizeit vor der Konsole oder dem PC, selbst wenn der „Pile of Shame“ groß genug ist, um den Anlass dazu zu geben. So sehr wie wir Spiele mögen, mögen wir auch Filme. Wir gehen gerne ins Kino oder hocken stundenlang vor Netflix. Und aufgrund unserer Vorliebe für Games freuen wir uns umso mehr, wenn wir in einem Film entdecken, dass die Hauptfiguren darin ein Videospiel zocken.
Früher war das eher selten der Fall. Da hatten Spiele noch nicht die gesellschaftliche Anerkennung, die sie heute genießen. Dementsprechend hat man es auf der großen Leinwand nicht sonderlich oft gesehen, wie Hollywood-Stars mit dem Gamepad in der Hand vorm Fernseher hocken. Wenn ein Videospiel zu sehen war, wurde es meistens von Kindern gespielt. Ein Beispiel hierfür stammt aus „3 Engel für Charlie“. In der ersten Kinoadaption der 70er-TV-Serie mit Cameron Diaz, Drew Barrymore und Lucy Liu in den Hauptrollen gibt es einen Moment, in dem zwei Kids im Wohnzimmer auf dem Boden hocken und Final Fantasy 8 zocken.
„3 Engel für Charlie“ lügt
Wer sich mit dem Rollenspiel aus Japan auskennt, wird zwei Dinge erkennen. Zum einen, dass auf dem Fernseher ein Kampf in der Übungshalle des Balamb Gardens (das ist die Schule, die einige der Protagonisten zu Beginn der Geschichte besuchen) zu sehen ist, zum anderen aber auch ein Fehler: Die Jungs spielen gemeinsam im Multiplayer, beide haben einen Controller in der Hand. Final Fantasy 8 hat aber gar keine Form von Mehrspielermodus, so etwas wurde erst im Nachfolger eingeführt. Entweder dachte sich Regisseur McG, dass das eh niemanden auffallen würde, oder keinem der Verantwortlichen für „3 Engel für Charlie“ war bewusst, dass Final Fantasy 8 weder kooperativ noch gegeneinander gespielt werden kann.
In der Actionkomödie wird der Name des J-RPGs gar nicht erwähnt und für die Handlung ist es auch nicht wichtig, dass die beiden Kinder ein Videospiel zocken. Sie könnten genauso gut fernsehen oder Comics lesen. Sie sind nur dazu da, um Dylan (Drew Barrymore) die Gartentür zu öffnen und zu helfen, nachdem sie nackt vom Balkon eines höheren Stockwerks gestoßen wurde und das überlebt hat. Allerdings stammt „3 Engel für Charlie“ eben noch aus der Zeit, als Konsolen von vielen immer noch als Kinderspielzeug betrachtet wurden (der Film ist mittlerweile schon 18 Jahre alt).
Ganz anders verhielt es sich neun Jahre später. In der Horrorkomödie „Zombieland“ sehen wir am Anfang Hauptfigur Columbus (Jesse Eisenberg) quasi am Vorabend der Apokalypse. Er hockt abends in seiner Wohnung, hat zig Dosen Limo und Pizzakartons um sich und spielt World of WarCraft.
Er thematisiert das Ganze sogar im Voiceover. „Wenn du vor allem und jedem Angst hast, dann gehst du nicht mehr aus dem Haus“, sagt Columbos, während wir eine Rückblende zu sehen bekommen. „Und genau so war es bei mir vor Zombieland. Freitagabend, die dritte Woche in Folge zu Hause, World of WarCraft, der schiefe Turm von Pizzaboxen, Mountain Dew Code Red. Stolz? In weiter Ferne.“ Der Charakter ist aber nicht nur ein Stubenhocker, weil er lieber zockt, als draußen an der frischen Luft zu sein. Columbus ist sicherlich ein Nerd, aber darüber hinaus leidet er an chronischen Angstzuständen. Tja, wie blöd, dass er sich in der Gegenwart des Films mittendrin in der Zombieapokalypse befindet.
Virtuelle Welten als Schauplätze für Filme
Computer- und Videospiele sind in Filmen aber nicht immer nur eine Randnotiz. Es gibt auch Streifen, die sie in ihre Handlung miteinbeziehen – mal mehr, mal weniger. Jüngstes Beispiel ist „Ready Player One“ von Steven Spielberg. In der Verfilmung des gleichnamigen Bestsellerromans von Ernest Cline geht es darum, dass im Jahr 2045 eine virtuelle Welt namens OASIS zu einem gesellschaftlichen Phänomen und Treffpunkt geworden ist. Und darin kann jeder alles sein und machen, was er machen will. So kommt es, dass manche bekannten Charaktere hin und wieder zu sehen sind, meist aber nur im Hintergrund. Doch das sind so viele, dass es für Videospielfans jede Menge zu entdecken gibt. Da ist mal Tracer aus Blizzards Overwatch zu sehen, mal Duke Nukem, mal Chun Li aus Street Fighter.Darüber hinaus spielen alte Arcade-Titel eine nicht ganz unwichtige Rolle innerhalb der Handlung, insbesondere der Klassiker Adventure. Falls ihr „Ready Player One“ noch nicht gesehen habt: Die Geschichte ist flach und überraschungsarm, aber der Fanservice ist es allemal wert.
Ähnlich viele Wiedersehen mit bekannten Charakteren aus der Videospielwelt gibt es in einem Film, der in der Welt der Games spielt. Mit „Ralph reichts“ überraschte uns Disney 2012 damit, dass der Konzern es geschafft hatte, Sonic, Bowser aus den „Super Mario“-Spielen, mehrere „Street Fighter“-Charaktere, Pac-Man und noch ein paar andere Videospielhelden und -schurken in einen Film zu packen. Zwar spielen sie alle am Ende nur eine untergeordnete Rolle, ein paar von ihnen kommen aber tatsächlich zu Wort und laufen nicht bloß im Hintergrund herum.
Eigentlich geht es in „Ralph reichts“ aber doch um eigens für den Film kreierte Figuren, allen voran Titelheld Ralph. Der ist der Schurke eines Videospiels und wäre so gerne mal der Gute. Doch in der Videospielwelt scheint es ein Gesetz zu sein, dass jeder Charakter seine feste Rolle hat und aus dieser nicht ausbrechen kann. Ralph versucht genau das und verursacht dadurch einiges an Chaos. Auch wenn der große Fanservice sich fast nur auf die ersten 20 bis 30 Minuten beschränkt und danach die Disney-typische Geschichte rund um Freundschaft und das klassische Motto „Du kannst alles schaffen, was du dir vornimmst“ dominiert, ist „Ralph reichts“ eine Empfehlung wert – sowohl für Fans von Animationsfilmen als auch Videospielliebhabern.
Adam Sandler gegen die Invasion der Videospielfiguren
Der Disney-Streifen ist in jedem Fall ein besseres Werk als „Pixels“ von Chris Columbus. Der mag zwar für Klassiker wie „Kevin – Allein zu Haus“, „Mrs. Doubtfire“ und die ersten beiden „Harry Potter“-Filme verantwortlich gewesen sein, doch mit seiner jüngsten Regieleistung hat er keine Lorbeeren einfahren können. In „Pixels“ wird die Erde von Aliens angegriffen, doch die kommen nicht einfach wie in „Independence Day“ mit riesigen Raumschiffen angeflogen. Stattdessen wollen sie die Menschheit mit ihren eigenen „Waffen“ schlagen: Sie schicken zum Beispiel einen übergroßen Pac-Man, der alles frisst, was ihm in die Quere kommt. Außerdem wird direkten Bezug auf andere Klassiker wie Space Invaders, Donkey Kong oder Centipede genommen.
Klingt alles nach einer eigentlich witzigen Idee? Nun ja, das schon. Blöderweise hat man sich dazu entschieden, einerseits nicht die besten Autoren das Drehbuch schreiben zu lassen, so dass der Film vor müden Gags nur so überläuft, und andererseits Adam Sandler und Kevin James als Hauptdarsteller zu besetzen. Dass die beiden nun eher weniger für anspruchsvollen oder zumindest charmanten Humor stehen, dürfte jedem bekannt sein. Sowohl Sandler als auch der „King of Queens“-Star haben sehr viele schlechte Komödien abgeliefert. Pixels gehört zwar nicht zur untersten Schublade und hat immerhin visuell einiges zu bieten, mehr als Durchschnittsware ist er aber auch nicht.
Die Flucht aus der Realität
Doch wo wir gerade bei Adam Sandler sind: Der US-Schauspieler hat schon Jahre vor „Pixels“ in einem Film mitgespielt, bei dem das Thema Gaming eine nicht ganz unwichtige Rolle spielt. Jedoch handelt es sich dabei nicht um eine flache Komödie, sondern ein Drama. In „Die Liebe in mir“ („Reign Over Me“ im Original) von Mike Binder spielt Sandler Charlie Fineman, den ein schweres Schicksal erleiden musste: Er hat seine Frau und die drei gemeinsamen Töchter bei den Terroranschlägen am 11. September 2001 verloren. Sein früherer Studienfreund Alan Johnson (Don Cheadle) trifft ihn eines Tages, baut den erneuten Kontakt zu Charlie auf und die beiden verbringen daraufhin viel Zeit miteinander – entweder in einer Punkrock-Bar oder bei Charlie daheim, wo sie Shadow of the Colossus spielen. Das Action-Adventure von Team Ico, das 2005 für die PS2 erschienen ist, spielt dadurch in „Die Liebe in mir“ keine unbedeutende Rolle, auch wenn es nicht im Mittelpunkt der Handlung steht.
Dass Charlie sich von der Welt abschottet und in die virtuelle Welt flüchtet, ist aber nicht zu übersehen. Es ist also mehr als nur ein Gag, dass er Shadow of the Colossus spielt. Der Titel aus Japan ist sicherlich nicht zufällig gewählt: Dessen weitestgehend leere, ausgestorbene Welt sprudelt nur so vor Melancholie und der Kampf gegen die namensgebenden Kolosse könnte als Allegorie auf Charlies inneren Kampf gegen seine Trauer über den Verlust seiner Familie verstanden werden.
Auch in Serien wird gezockt
Es gibt sicherlich noch mehr Beispiele für Games, die in Filmen auftauchen – sei es nun als Beiwerk oder als Teil der Handlung. Mittlerweile haben sich auch einige Serien mit dem Thema Spiele auseinandergesetzt. Wer erinnert sich nicht an die legendäre WoW-Folge von „South Park“? Auch in „Die Simpsons“ finden sich einige Anspielungen auf Videospiele und in der deutschen Serie „You Are Wanted“ mit Matthias Schweighöfer spielt das kostenlose Sci-Fi-Spiel Dreadnought des Berliner Entwicklers Yager sogar eine nicht ganz unwichtige Rolle. Ja, und dann gibt es noch „Big Bang Theory“. Die erfolgreiche Sitcom hat schon viele Male Videospiele thematisiert. Mal spielen deren Charaktere World of WarCraft, mal Age of Conan und wer die Serie zumindest die ersten Staffeln über verfolgt hat, weiß auch von den Halo-Abenden der Wissenschaftler.
Videospiele in Filmen und Serien scheinen mittlerweile fast genauso normal zu sein wie Szenen, in denen eine Figur ein Buch liest oder Fernsehen schaut. Und das ist ein gutes Zeichen. Je mehr sie in anderen Medien als etwas Alltägliches dargestellt werden, desto mehr trägt das auch dazu bei, dass sie eine höhere Anerkennung in der Gesellschaft kriegen. Klar, die Zeiten, in denen Games als Kinderkram galten, sind schon lange vorbei. Aber den Status von Filmen haben sie noch nicht ganz erreicht. Da ist es doch schön, wenn eben jenes Medium einen Teil dazu beiträgt, dass Videospielen genau das gelingt. Daher freuen wir uns gleich doppelt so sehr, wenn wir das nächste Mal in einem Kinosaal sitzen und einem Hollywood-Star dabei zuschauen, wie sich seine Figur bei einem Spiel vergnügt – völlig egal, wie kurz die Szene und wie unrelevant sie für den Rest des Film ist.