Nicht alle neuen Spiele des Jahres 2018 haben uns vollends glücklich gemacht. Die folgenden Titel haben uns besonders stark enttäuscht.
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Die größten Enttäuschungen 2018
So schön das Videospieljahr 2018 auch gewesen ist, ein paar Titel werden uns doch eher negativ in Erinnerung bleiben. Es gab sie, die richtigen Vollkatastrophen, die wie Autounfälle sind: schrecklich, aber man kann doch nicht weggucken. The Quiet Man zum Beispiel oder Agony. Doch auf diese durchweg schlechten Spiele einzudreschen, wäre langweilig. Also befassen wir uns an dieser Stelle mit einem interessanteren Thema: den Titeln, die uns enttäuscht haben. Sie sind nicht unbedingt schlechte Spiele, haben aber unsere Erwartungen nicht erfüllt beziehungsweise viel Potenzial verschenkt – weshalb wir sie trotz mancher Qualitäten eben nicht als (rundum) positive Erlebnisse in unserem Kopf abspeichern.
Fallout 76
Wir beginnen die Liste mit dem offensichtlichsten Kandidaten der jüngeren Vergangenheit. Bei Fallout 76 ist so ziemlich alles schiefgelaufen. Bethesda wollte mit einem Spiel gleich zwei Trends der vergangenen Jahre aufgreifen und dabei trotzdem noch der Fallout-Marke treubleiben. Einerseits sollte es ein spannendes Survival-Spiel sein, andererseits ein Koop-Shooter à la Destiny, das alles aber in einer typischen Fallout-Welt mit vielen interessanten Orten, jeder Menge Environmental Storytelling und RPG-Elementen.
Wie wir in unserem Test ausführlich aufgezeigt haben, ist dieses Experiment leider gescheitert. Gut, ein komplettes Desaster ist Fallout 76 nicht, aber von Bethesda hätten wir mehr als einen Durchschnittstitel erwartet, der zudem noch zum Release unter vielen Fehlern litt. Ja, die Welt ist hübsch und bietet ein paar Orte, die allein durch ihre Gestaltung nette Geschichten erzählen. Auch das Perk-System mit seinem Sammelkartenprinzip gefällt uns gut. Doch der Verzicht auf menschliche NPCs und richtige Dialoge sowie die wenig spaßfördernden Survival-Elemente und das mittelprächtige Shooter-Gameplay haben Fallout 76 viele Punkte gekostet.
Es ist einfach schlecht konzeptioniert. Die Bugs und so manche Bedienungsprobleme lassen sich mit Patches entfernen, aber wir halten es für unwahrscheinlich, dass Bethesda das Fundament des Spiels nochmal komplett überarbeiten wird. Genau das wäre aber nötig, um aus Fallout 76 ein gutes Spiel zu machen.
State of Decay 2
State of Decay war 2013 ein Überraschungshit. Das kleine Entwicklerstudio Undead Labs servierte ein Open-World-Spiel, in dem ihr in einer ländlichen Region der USA in einer Gemeinschaft in der Zombieapokalypse ums Überleben kämpft. Der Titel war grafisch extremst veraltet, er hatte Bugs und nicht jedes Gameplay-Element war gelungen. Aber State of Decay war etwas Neues und wurde von nicht Wenigen als „The Walking Dead“ zum Selberspielen bezeichnet. Der Witz daran: Eigentlich sollte das Ganze ein Testlauf für ein MMO sein, das später hätte kommen sollen. Daraus wurde nichts, stattdessen veröffentlichten Undead Labs und Publisher Microsoft dieses Jahr einen klassischen Nachfolger.
Nun gut, so eine klassische Fortsetzung ist State of Decay 2 dann doch nicht geworden. Denn eigentlich ist es nicht viel mehr als der erste Teil in hübscherer (aber erneut nicht zeitgemäßer) Optik. Und genau deshalb ist es so eine große Enttäuschung. Obwohl Teil 2 fünf Jahre nach dem Erstling erschienen ist, hat kaum Weiterentwicklung stattgefunden. Ok, es gibt von allem mehr: mehr Maps, mehr Zombiearten, mehr Waffen und mehr Möglichkeiten, die eigene Basis zu verbessern. Aber zum einen kam State of Decay 2 in einem ähnlich fehlerhaften Zustand auf den Markt wie der Vorgänger, zum anderen vermissen wir richtige Neuerungen. Dabei hätte Undead Labs so viel coole Dinge anstellen können. Wie toll wäre es gewesen, wenn sich zum Beispiel richtige Fehden zwischen der Gruppe des Spielers und anderen Gemeinden entwickelt hätten? Wenn euch Charaktere, die ihr aus eurer Basis geschmissen habt, irgendwann mit einer feindlichen Truppe Überlebender angreifen würden? Wenn eure Charaktere entführt werden könnten, um euch zu erpressen? Solche Dinge hätten das Spiel enorm aufgewertet.
State of Decay 2 hat uns trotzdem Spaß gemacht. Der Ausbau der eigenen Basis ist motivierend und hin und wieder kommt es zu spannenden Situationen, wenn eine Horde Zombies angreift und das Leben von einem oder gar mehreren Charakteren am seidenen Faden hängt. Außerdem gibt es, mit Ausnahme des ersten Teils, keine Alternative. Aber State of Decay 2 hätte eben so viel mehr sein können. Unsere Bitte daher an Microsoft: Jetzt, wo ihr Undead Labs aufgekauft habt, gebt dem Team die nötige Kohle, um einen dritten Teil zu produzieren, der genau das bietet, was wir uns schon für den Zweiten gewünscht hatten!
Overkill’s The Walking Dead
Wir bleiben beim Thema Zombies. Overkill, der Entwickler der Payday-Reihe, nahm sich „The Walking Dead“ an und sollte endlich mal ein gutes Actionspiel auf Basis der beliebten Comicreihe von Robert Kirkman auf die Beine stellen. Angekündigt wurde Overkill’s The Walking Dead im Sommer 2014. Bis zum Release im Herbst 2018 gab es mehrere Verschiebungen und eine lange Phase, in der es nichts von dem Ego-Shooter zu sehen gab. Nun ist er erschienen und…ist leider nicht sonderlich toll geworden.
Die Erwartungen an Overkill’s The Walking Dead waren hoch, schließlich hat der schwedische Entwickler mit Payday und vor allem Payday 2 bewiesen, dass er es versteht, richtig gute Koop-Shooter zu produzieren. Aber der Ausflug in die Zombieapokalypse sollte irgendwie nicht so ganz gelingen. Die Missionen sind größtenteils ganz schön öde und bieten kaum Abwechslung, die Grafik ist nur mittelmäßig, die Progression zieht sich unnötig in die Länge und obendrauf kommen noch diverse Bugs und Performance-Probleme.
Overkill’s The Walking Dead hätte der Erbe von Left 4 Dead 2 werden können. Seit jenem Hit von Valve aus dem Jahr 2009 gab es keinen so guten Zombie-Koop-Shooter mehr. Doch Overkill hat das Potenzial nicht genutzt und bloß einen weiteren Durchschnittstitel veröffentlicht, der nichts so richtig gut macht.
Octopath Traveler
Mann, was haben wir uns auf Octopath Traveler gefreut! Square Enix wollte ein Rollenspiel entwickeln, das den Geist der JRPGs aus der 16-bit-Ära wiederaufleben lassen wollte. Optisch ist das den Entwicklern auch vollkommen gelungen. Stilistisch entspricht die Grafik den alten Final Fantasys der 2D-Ära, doch dank 3D-Engine kommt ein hübscher Tiefeneffekt hinzu. Generell ist die Präsentation des Titels sehr gut, vor allem die Musik ist fantastisch. Auch gegen die rundenbasierten Kämpfe ist nichts einzuwenden.
Warum ist Octopath Traveler dennoch in dieser Liste? Der Grund dafür ist die Geschichte. Square Enix hat sich dazu entschlossen, nicht eine große, sondern acht kleine Storys zu erzählen. Anfangs dachten wir noch, jeder der acht spielbaren Charaktere hätte bloß seine eigene Einführung wie die Klassen in Dragon Age: Origins. Doch spätestens dann, als wir in Octopath Traveler auf den zweiten Helden trafen und erstmal dessen erstes Kapitel spielten, fiel auf: Dieses Spiel wiederholt sich andauernd. Und je mehr wir uns damit beschäftigten, desto klarer wurde, dass sich die einzelnen Geschichten der Charaktere nicht zu einem großen Ganzen zusammenfügen.
Es mag ein interessanter Versuch von Square Enix gewesen sein, erzählerisch mal einen anderen Weg zu beschreiten. Aber leider ist die Rechnung nicht aufgegangen. Und eine mitreißende Geschichte ist ein wichtiger Bestandteil für ein gutes Rollenspiel, das auch so viel Wert auf seine Handlung legt.
Marvel’s Spider-Man
„Was?! Was macht denn Marvel’s Spider-Man in dieser Liste?“ Das wird sich bestimmt der eine oder andere von euch fragen, schließlich ist das PS4-exklusive Actionspiel von Entwickler Insomniac Games bei der weltweiten Presse und den Spielern richtig gut angekommen. Doch wer unseren Test gelesen hat, der wird bereits wissen, dass wir nicht restlos begeistert gewesen sind. Ja, Marvel’s Spider-Man sieht toll aus. Ja, die Geschichte ist mitreißend. Ja, das Kampfsystem ist großartig, genau wie die Fortbewegung durch die offene Spielwelt. Sich mit Spidey durch Manhattan zu schwingen, macht enorm viel Spaß.
Nun kommt das große Aber: Als Open-World-Spiel ist Marvel’s Spider-Man leider ganz schön lahm. Es nutzt die Ubisoft-Formel, die Ubisoft selbst mittlerweile abgelegt hat oder zumindest viel besser verschleiert. Das virtuelle Manhattan ist in mehrere Bezirke unterteilt, in denen es Überwachungsanlagen der Polizei gibt, die gehackt werden wollen. So schaltet ihr neue Missionen frei, die dann auf der Karte markiert werden. Marvel’s Spider-Man nutzt die alte Turm-Mechanik aus Assassin’s Creed und Far Cry. Beide Serien haben sich davon mittlerweile verabschiedet, weil es niemand mehr sehen kann. Und das ist gut so! Warum Insomniac dieses System aus der Versenkung holen musste, ist uns ein Rätsel.
Kein Rätsel hingegen ist, warum die Entwickler bei den Nebenmissionen hauptsächlich auf generische Aufträge, deren Inhalt sich ständig wiederholt und stellenweise sogar richtig langweilig ist, gesetzt haben. Man wollte halt die Welt irgendwie füllen, aber nicht zig Nebenquests entwerfen, die jeweils eigene Geschichten erzählen. Hätte Insomniac das gemacht, wäre Marvel’s Spider-Man vielleicht ein „Spiel des Jahres“-Kandidat geworden. So ist es halt „nur“ gut, aber nicht sehr gut, nicht ausgezeichnet, einfach kein Toptitel. Da hatten wir uns schon etwas mehr erwartet.