Wir haben die Alpha von EverSpace 2 gezockt, die trotz rohem Zustand schon zeigt, dass da was Gutes auf euch zukommt.
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EverSpace 2: Das Freelancer einer neuen Generation
Halleluja, es gibt wieder Weltraumspiele! Elite Dangerous und Star Citizen sind die besten Beweise dafür, auch wenn letzteres weit von der Fertigstellung entfernt ist. Doch so beeindruckend sie sind, eines können sie uns nicht geben: das Elebnis, das wir damals mit Freelancer hatten. Der Open-World-Hit, ebenfalls von Chris Roberts erdacht, ist bekannt dafür, spielerische Freiheit mit einer durchgehenden Geschichte und arcadigem Gameplay zu verknüpfen. Elite Dangerous und Star Citizen teilen diese Freiheit, sind aber weder Story-lastig noch simpel. Auf einen würdigen Freelancer-Erben warten wir bis heute. Rebel Galaxy Outlaw im vergangenen Jahr hat versucht, das zu sein, geklappt hat es aufgrund von Gameplay-Mankos nicht so ganz. Es gibt aber schon einen neuen Hoffnungsträger: EverSpace 2.
Rogue-lite war gestern
Der eine oder andere von euch hat vielleicht den Vorgänger von 2017 gespielt. Der überzeugt bereits mit spaßigen Dogfights, in denen man weniger mit einer komplizierten Steuerung und mehr mit der Stärke der Gegner zu kämpfen hat. Letztere ist nicht zu unterschätzen, denn EverSpace ist ein Rogue-lite und der Schwierigkeitsgrad daher durchaus gesalzen. Für den Nachfolger hat sich der Hamburger Entwickler Rockfish Games aber mehr vorgenommen – deutlich mehr. EverSpace 2 ist ein richtiges Open-World-Spiel, in dem ihr nicht nach jedem Ablauf wieder ganz am Anfang steht – was nicht heißt, dass der Titel bloß ein Space-Shooter unter vielen ist.
EverSpace 2 erinnert in vielen Punkten an Freelancer und Co. Ihr könnt die verschiedenen Sonnensysteme frei erkunden und selbst entscheiden, wie ihr zu Geld kommen wollt. Ihr wollt Handel treiben? Dann macht das! Ihr wollt Piraten wegen ihres Kopfgeldes jagen? Dann macht das! Ihr wollt selbst zum Outlaw werden? Dann macht das! EverSpace 2 mag keine gigantisch große Sandbox wie Star Citizen sein, zumal ihr niemals euer Schiff verlasst, um Planeten oder Raumstationen zu erkunden, aber das Spiel gibt euch doch genug Möglichkeiten, um Fortschritt abseits der Hauptgeschichte zu erzielen.
Diablo in Space
Rockfish Games hat sich aber auch einen eigenen Kniff einfallen lassen. Im Grunde könnte man EverSpace 2 als Weltraum-Diablo bezeichnen. Euer Schiff ist quasi euer Charakter. Und so, wie ihr etwa euren Barbaren im Hack and Slay mit Äxten, Brustpanzern und Schulterplatten ausrüstet, stattet ihr euren Raumjäger in EverSpace 2 mit verschiedenen Waffensystemen, Energiekernen, Schilden, Minen, Boostern und anderen Dingen aus. Die gibt es in diversen Qualitäts- beziehungsweise Seltenheitsstufen. Je wertvoller eine Komponente ist, desto höher sind ihre Grundwerte und desto mehr sowie mächtigere Affixe, also Boni, hat sie.
Was Barbar, Hexendoktor und Totenbeschwörer in Diablo 3 sind, sind hier die verschiedenen Raumschiffklassen, die in leichte, mittlere und schwere Schiffe aufgeteilt sind. So gibt es beispielsweise schwere Bomber und Schlachtschiffe, aber auch leichte Späher und Patrouillenschiffe. Des Weiteren greift ihr in EverSpace 2 auf Verbrauchs-Items zurück. Zum Beispiel gibt es automatisch feuernde Geschütze, die ihr auf Felsen platzieren könnt, also etwa Asteroiden, damit sie euch im Kampf unterstützen.
Die ganzen Items erhaltet ihr in EverSpace 2 auf die gleichen Arten und Weisen wie in einem klassischen Action-Rollenspiel: Ihr erbeutet sie von besiegten Gegnern, findet sie in Loot-Containern in der Spielwelt, erhaltet sie als Questbelohnung oder erwerbt sie von Händlern. Und da hören die Ähnlichkeiten zu Diablo noch nicht auf: Ihr sammelt Erfahrungspunkte, steigt im Level auf und schaltet nach und nach Perks frei. Und aktive Fähigkeiten gibt es auch noch. Also ja, EverSpace 2 ist tatsächlich eine Art Hack and Slay – oder sollten wir besser sagen, ein Shoot and Slay?
Simpel, schnell, spaßig
Nun, da ihr wisst, wie EverSpace 2 grundlegend funktioniert, sollten wir mal ein paar Worte darüber verlieren, wie es sich spielt. Genau dafür haben wir uns ja die Closed Alpha angeschaut. Kurzum. Uns hat es auf Anhieb gefallen. Das ist aber auch keine große Überraschung, denn bereits der Vorgänger lässt sich wunderbar spielen, egal ob mit Gamepad oder Maus und Tastatur. EverSpace 2 erbt diese Stärke. Die Flüge durchs All und die actionreichen, sehr flotten Kämpfe spielen sich schön unkompliziert und machen einfach richtig Laune. Dieses Freelancer-Gefühl von einst kommt sofort auf.
Die ganze Progression sorgt schon in der Closed Alpha, die wirklich noch in einem sehr rohen Zustand ist, dafür, dass wir das virtuelle Cockpit (auch wenn dessen Darstellung in der entsprechenden Kameraperspektive noch fehlt) nicht so schnell verlassen wollen. Die Jagd nach immer besserem Loot ist in EverSpace 2 ähnlich motivierend wie in Diablo, auch wenn die Schlagzahl, mit der ihr Beute erhaltet, nicht so hoch ist wie im Blizzard-Hit. Im Weltall fliegen eben nicht so viele feindliche Schiffe umher, wie Zombies, Riesenspinnen und andere Monster Sanktuario bevölkern.
Das All hat viel zu bieten
Unser eigentliches Highlight ist aber die Spielwelt selbst. Weltraumspielen laufen leicht Gefahr, dass es ihnen an optischer Abwechslung mangelt. EverSpace 2 umgeht das, indem es euch zum Beispiel auch mal das Innere von Asteroiden erkunden lässt. Außerdem findet ihr Wracks größerer Schiffe, die Schätze beherbergen und es ist sogar möglich, in die Atmosphäre von Planeten einzudringen und über deren Boden zu fliegen. Wie schon gesagt, könnt ihr nicht einfach so auf den Himmelskörpern landen (nur an vorgegebenen Punkten) und ihr verlasst niemals euer Schiff. Aber allein dadurch, dass ihr zum Beispiel mal durch eine Wüstenlandschaft fliegt, anstatt immer nur im dunklen All unterwegs zu sein, macht schon einiges aus.
Das Erkunden der Spielwelt lohnt sich auch. So fanden wir etwa eine Rettungskapsel und erhielten einen Logbucheintrag. Das schaltete eine Nebenquest frei, die uns zu einem großen Raumschiffwrack führte, in das wir hineinfliegen konnten, um dort ein wenig Loot abzugreifen. Dabei bekamen wir es sogar mit einem seichten Rätselelement zu tun, das sich darum dreht, noch aktive Barrieren zu deaktivieren. Anspruchsvoll war das nicht, aber es war eine nette Abwechslung.
Es wird nicht nur geballert
Generell sind wir vom Missionsdesign bislang recht angetan. In einer Hauptquest zum Beispiel sollt ihr Schiffe des Bergbaukonzerns G&B beklauen. Blöd nur, dass die inmitten einer Einrichtung des Unternehmens stehen und von sich bewegenden Laser-Scannern umgeben sind. Werdet ihr von so einem erfasst, werden die Verteidigungsmechanismen der Station aktiviert. Also müsst ihr genau den Moment abpassen, indem ihr nah ans Zielschiff heranfliegen und euch die Beute schnappen könnt, ohne gescannt zu werden.
So was hätten wir gar nicht erwartet, geht es doch in den meisten Weltraumspielen einfach nur darum, Botengänge zu erledigen, Ressourcen abzubauen oder feindliche Schiffe abzuknallen. Klar, all das gibt es auch in EverSpace 2 zu Genüge. Die Alpha zeigt aber bereits, dass Rockfish sich bemüht, noch etwas mehr zu bieten.
Neues Konzept, aber gleiches Universum
Auch wenn EverSpace 2 in Sachen Struktur und Progression einen völlig anderen Weg bestreitet als der Vorgänger, ist es dennoch das, was der Name verspricht: eine direkte Fortsetzung. Ihr schlüpft erneut in die Rolle des Klons von Adam Roslin, den ihr auch im ersten Teil verkörpert. Nach dessen Ereignissen werdet ihr gesucht und gejagt. Damit ihr sicher aus der demilitarisierten Zone von Cluster 34 herauskommt, arbeitet ihr als Begleitschutz für eine Bergbaueinheit von G&B. Doch bei einer solchen Mission werdet ihr von Outlaws angegriffen, euer Kumpel Ben wird schwer verletzt und ihr landet beide in der Gefangenschaft der Verbrecher. Aus der könnt ihr aber dank der Hilfe eines anderen Gefangenen namens Dax entkommen. Im Anschluss geht es unter anderem darum, an medizinische Hilfe für Ben zu gelangen.
Die Story hat uns bislang noch nicht wirklich in ihren Bann gezogen, was aber auch damit zu tun haben könnte, dass die Präsentation in der Alpha noch längst nicht fertig ist. Bis auf eine Zwischensequenz sind alle anderen nicht mehr als eine Abfolge von Storyboard-Zeichnungen, während ein Erzähler erklärt, was passiert. Die sonstigen Dialoge im Spiel, von denen es nicht gerade wenige gibt, sind noch nicht mit richtigen Sprechern, sondern per Text-to-Speech-Software vertont. Ein Urteil wollen wir uns hier also noch nicht erlauben, dafür ist es schlicht zu früh.
Schöne Weltraumpracht
Was wir aber schon mal mit Gewissheit sagen können: EverSpace 2 sieht wirklich hübsch aus. Die Unreal Engine 4 arbeitet unter der Haube und Rockfish Games hat sich richtig ins Zeug gelegt, damit das virtuelle Weltall optisch glänzt. Das eigene Raumschiff ist schön detailliert, vor allem überzeugen aber die Panoramen, die Lichteffekte, die Explosionen. Fliegt ihr durch eine Höhle voller blau schimmernder Kristalle oder guckt hinter einem Asteroiden ein Stern hervor und "blendet" euch mit seinem Licht, sieht EverSpace 2 zum Anbeißen aus.
Mit der Grafikpracht von Star Citizen kann es nicht mithalten, aber wir sprechen hier ja auch von einem Projekt eines vergleichsweise kleinen Hamburger Studios, das auf Kickstarter etwas über 500.000 Euro gesammelt hat. Cloud Imperium Games hat mehrere Teams, die quer über den Globus verteilt sind, und über 300 Millionen US-Dollar per Crowdfunding eingesammelt. Klar, dass dessen Spiel da nochmal deutlich schicker aussieht, aber dementsprechend auch höhere Hardware-Anforderungen hat. EverSpace 2 hingegen läuft auch auf schwächeren Rechnern. Wir haben die Alpha sogar auf einem betagteren PC ausprobiert. Dabei mussten wir zwar auf niedrigen Grafikeinstellungen spielen und ganz ruckelfrei lief EverSpace 2 auch dann nicht, aber selbst auf dieser Detailstufe macht der Titel immer noch was her.
Einschätzung
So roh die Alpha noch ist, unser erster Eindruck von EverSpace 2 ist durchweg positiv. Die Kämpfe und das Fliegen an sich machen Spaß, das Looten und Leveln motiviert und Rockfish Games scheint sich auch beim Design der Spielwelt wirklich Mühe zu geben. Wenn am Ende auch noch die Story richtig zündet und die Missionen sowie Schauplätze auf Dauer abwechslungsreich bleiben, steht uns hier vielleicht wirklich der wahre Erbe von Freelancer bevor. Ab Dezember könnt ihr EverSpace 2 übrigens selbst ausprobieren, denn wenn alles nach Plan läuft, startet dann die Early-Access-Phase.