Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin interpretiert die "Final Fantasy 1"-Story neu und das mit viel Action.
Stranger of Paradise – Final Fantasy Origin: Das Einsteiger-Souls-like
Die Eckdaten
Genre: Action-RPG, Souls-like
Entwickler: Team NINJA, Koei Tecmo
Publisher: Square Enix
Plattformen: PC, PS5, PS4, Xbox Series X/S, Xbox One
USK-Freigabe: ab 16 Jahren
Multiplayer: Online-Koop für bis zu vier Spiele
Release: 18. März
Der erste Eindruck war nicht der Beste
Als im Zeitraum vor der E3 2021 das Gerücht aufkam, dass Team NINJA an einem Souls-like unter dem "Final Fantasy"-Banner arbeite, war unsere Neugierde groß. Immerhin haben die Japaner mit den beiden Nioh-Spielen ihr Können bewiesen. Dessen Gameplay im Verbund mit einer typischen "Final Fantasy"-Welt? Ja, das klang interessant. Als Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin dann vorgestellt wurde, machte sich erst mal Ernüchterung breit. Einerseits wirkte das gezeigte Material optisch enorm veraltet, andererseits versprühte es eine unfreiwillige Komik. Zählt doch nur mal, wie oft in dem Trailer "Chaos" gesagt wird (Spoiler: satte achtmal).
Nun rückt der Release von Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin mit großen Schritten näher – und wir sind ihm gegenüber gar nicht mehr so negativ eingestellt. Im Gegenteil: Wir freuen uns sogar auf das Action-Rollenspiel, weil es zum einen auf Story-Ebene eine interessante Idee verfolgt und zum anderen spielerisch wie ein zahmeres Nioh wirkt. Und vor allem wegen Letzterem sind wir auch überzeugt davon, dass Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin keine Lachnummer wird wie sein erster Trailer.
Eine Jubiläumsfeier der anderen Art
Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin entführt euch in die Welt des allerersten Final Fantasy. Es ist aber kein Remake, sondern eine Neuinterpretation. Das macht sich nicht nur auf Gameplay-, sondern auch Story-Seite bemerkbar. Ihr schlüpft in die Haut von Jack, der an der Seite seiner Freunde gegen Chaos kämpft, sozusagen das ultimative Böse. Die Truppe wird als die Retter des Reiches Cornelia gefeiert, als die Krieger des Lichts. Doch sind Jack und seine Gefährten das wirklich? Immerhin sind die Kristalle, die sich bei sich tragen, schwarz.
Für Kenner von Final Fantasy 1, das dieses Jahr seinen 35. Geburtstag feiert, könnte Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin besonders spannend werden. Es greift zwar die Welt des Klassikers auf, erzählt darin aber doch etwas ganz Eigenes. Die Trailer deuten auch darauf hin, dass die Geschichte recht relevant, also mehr als nur ein Aufhänger für die ganze Action ist. Und das ist deshalb interessant, weil Stranger of Paradise ein Souls-like ist und es bislang kein Spiel dieser Art gibt, dass seine Story sehr direkt erzählt und dabei auch noch ein hohes Niveau erreicht. Die Titel von FromSoftware (Dark Souls, Bloodborne, Elden Ring) haben allesamt eine spannende Lore, aber die müsst ihr euch selbst im Kopf zusammenpuzzeln, in dem ihr Item-Beschreibungen lest und den kryptischen Worten von NPCs genau zuhört. Die eigentlichen Plots sind wiederum sind stets recht belanglos aufgrund ihrer Simplizität.
Nioh 1 und 2 wiederum geben sich da viel klassischer und arbeiten daher mehr mit aktiver Erzählung in Form von Zwischensequenzen. Allerdings sind beide erzählerisch nicht sonderlich gut. Wer Nioh spielt, spielt es aufgrund des Gameplays, nicht wegen seiner Handlung. Ob Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin hier eine bessere Figur machen wird? Was es bislang zu sehen gab, macht zumindest nicht allzu viel Hoffnung, dass das Spiel erzählerisch am Ende mehr bietet als nur eine interessante Prämisse.
Final Fantasy und Nioh bekommen ein gemeinsames Kind
In Bezug auf die Spielmechanik sind wir wiederum viel zuversichtlicher. Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin wirkt dahingehend wie Nioh mit "Final Fantasy"-Skin, aber auch diversen Eigenheiten. Das Spiel macht in der Tat einiges anderes als die beiden vorherigen Team-NINJA-Werke. Das Offensichtlichste: Ihr seid nie allein unterwegs. Wie es sich für ein Final Fantasy gehört, lauft ihr mit einer Gruppe durch die Levels. Ihr selbst steuert dabei aber nur Jack, eure bis zu drei Mitstreiter übernimmt die KI – oder ihr zockt im Online-Koop mit Freunden, dann schlüpfen die in deren Rollen.
Die Kämpfe laufen in Echtzeit ab und bieten ungefähr das gleiche Tempo wie Nioh, sind also deutlich flotter als die Auseinandersetzungen in einem Dark Souls. Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin bietet aber weit mehr als nur simples Schnetzeln. Das Kampfsystem setzt sich aus einer ganzen Reihe von Mechaniken zusammen. Eine zentrale Rolle spielt das Thema Wille: Jeder Gegner hat eine Willensleiste. Greift ihr ihn erfolgreich an, nimmt sie ab. Ist sie komplett aufgebraucht, könnt ihr einen Seelenbrecher ausführen. Das ist ein tödlicher Angriff, durch den ihr zudem nicht nur Mana wiederherstellt, sondern auch euren Maximalvorrat erhöht. Ihr selbst habt aber auch eine Willensleiste, die sich leert, wenn ihr Treffer einsteckt. Ist der Balken weg, geratet ihr in einen Zustand, in dem ihr euch nicht bewegen oder wehren könnt.
Ein Ausdauersystem gibt es in Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin nicht. Das ist ein großer Unterschied zu den FromSoftware-Spielen und anderen Souls-likes. Ihr könnt also so viele normale Attacken, ausführen, wie ihr wollt, und beliebig oft ausweichen sowie blocken. Die einzige Ressource, auf die ihr also achten müsst, ist euer Mana, das ihr für Spezialfähigkeiten und Zauber benötigt.
Eine weitere Besonderheit in Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin ist das Job-System. Diesbezüglich orientiert sich das Spiel sehr an den alten "Final Fantasy"-Teilen. Jedem eurer Charaktere könnt ihr zwei Jobs zuweisen. Im Fall von Jack wechselt ihr mitten im Kampf auf Knopfdruck zwischen den Klassen, die nicht nur bestimmen, welche Fähigkeiten ihr einsetzen könnt, sondern auch, welche Waffe ihr benutzt. Ein Schwertkämpfer schwingt logischerweise das Schwert, Magier greifen bevorzugt auf Streitkolben zurück. Ihr müsst euch aber nicht für immer mit jedem Charakter auf zwei Jobs festlegen, sondern könnt sie über das Menü ständig austauschen. Das erlaubt es euch zu experimentieren und so eine Klassenkombination zu finden, mit der ihr am besten durch das Spiel kommt.
Wie viel Souls-like steckt drin?
Dass es keine Ausdauer gibt, haben wir bereits erwähnt. Es gibt aber noch einen wesentlichen Unterschied zu Nioh und sonstigen Souls-likes: Wenn ihr sterbt, werdet ihr zwar an den letzten Checkpoint zurückversetzt und alle getöteten Gegner sind wieder da, aber ihr verliert keine Erfahrungspunkte. Und nicht nur deshalb könnte Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin der perfekte Einstieg in das Souls-like-Genre sein: Das Spiel bietet auch drei Schwierigkeitsgrade. Wer meint, nicht sonderlich gut zu sein, oder einfach nur die Story genießen möchte, wählt die niedrigste Stufe aus und dürfte dann keine großen Frustmomente erleben. Erfahrene Spieler machen um die einen großen Bogen und stellen sich der vollen Herausforderung. Wie knackig Stranger of Paradise wirklich ist, muss sich aber noch zeigen.
Zumindest in Sachen Komplexität dürfte es den Nioh-Spielen in nichts nachstehen. Es wird jede Menge Loot geben, ein Crafting-System und die diversen Kampfmechaniken, allen voran das Job-System, dürften schon für ausreichend Tiefgang sorgen. Was auch stark an Nioh erinnert, ist die Struktur des Spiels. Auch diesmal setzt Team NINJA nicht auf eine zusammenhängende Welt. Stattdessen gibt es eine Weltkarte, von der aus ihr in die verschiedenen Gebiete für Haupt- und Nebenmissionen springt, die ihr auch beliebig oft wiederholen könnt.
Einschätzung
Es fing nicht sonderlich gut für Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin an. Der erste Trailer war schon ziemlicher Murks. Aber Team NINJA ist kein unerfahrenes Studio. Wie man gute Action-RPGs umsetzt, wissen die Jungs und Mädels aus Fernost, und das bisher gezeigte Gameplay-Material macht Lust auf mehr. Wir haben nur unsere Zweifel, ob die Geschichte zum Spielspaß beitragen oder ihn senken wird. Aber wer weiß, vielleicht ist sie ja auch einfach nur großer Trash, der so schlecht ist, dass er wieder gut ist.