Augmented Reality ist der neue Heilsbringer im Mobile-Game-Geschäft. Aber welche Spiele machen sinnvoll davon Gebrauch, statt nur Teil des Trends sein zu wollen?
In diesen Spielen ist Augmented Reality mehr als nur ein Gimmick
Nichts verkauft Games heutzutage schneller und zuverlässiger als ein allseits anerkanntes, frisch gebackenes und bestens gehyptes Gimmick. Natürlich waren Marketing-Gags und scheinheilige Verkaufsargumente auch früher schon beliebtes Mittel, um Videospiele an den Mann und die Frau zu bringen. Man bedenke das Zahlengewitter, das Hersteller wie Sega und Nintendo zu den Releases ihrer Mega Drives und Entertainment- Systeme regelmäßig zusammengebraut haben.
Aber in Zeiten durch Algorithmen gesteuerter Suchmaschinen glauben nicht wenige, so viele sexy Buzzwords an das eigene Produkt heften zu müssen wie möglich. Jüngere Beispiele für vielversprechende Widerhaken in der weiten See des Spieleangebots sind unter anderem "3D", "4K", "Virtual Reality" und neuerdings: Augmented Reality oder kurz AR. Bei Augmented Reality werden virtuelle Elemente und Grafiken auf einem Bildschirm sinnvoll in das Bild der realen Umgebung projiziert. Klingt aufregend – ist es auch.
Jedenfalls dann, wenn sich Entwickler ordentlich Gedanken dazu machen, wie Augmented Reality Spielerlebnisse bereichern kann. Aber weil sich simple Augmented Reality inzwischen relativ einfach umsetzen lässt, ist passiert, was früher oder später immer passiert, wenn sich ein Trend in der Spieleindustrie breitmacht: Eine Flut aus schablonenhaften Billigtiteln bricht über die Game Stores dieser Welt herein. Augmented Reality ist irgendwie mit der Brechstange integriert, damit es unter der Kategorie zu finden ist. So richtig Bock macht es aber nicht. Damit ihr nicht auf dreiste Schwarzfahrer im Hype Train hereinfallt, haben wir für euch ein paar Games zusammengetragen, die das meiste aus der Augmented Reality herausholen.
Pokémon GO
Bestes Beispiel dafür, dass bei jedem, aber auch absolut jedem Entwickler Vorsicht geboten ist, sind die Damen und Herren aus dem Hause Niantic. Ihr neuester Wurf hört auf den Namen Harry Potter: Wizards Unite und lässt sich wie folgt zusammenfassen: Harry Potter mit Augmented Reality. Dass sich das zugegebenermaßen vor Details überschwappende Zaubereruniversum nicht wirklich für Augmented Reality Gameplay anbietet, war den Entscheidungsträgern an offenbar nicht aufgefallen oder schlicht egal. Dabei kann sich Niantic mit großem Selbstbewusstsein damit brüsten, Augmented Reality überhaupt erst zum Trend gemacht zu haben. Schließlich stecken sie hinter dem größten Ding seit geschnitten Brot: Pokémon GO!
Pokémon GO ging im Sommer 2016 an den Start und hat mal eben alles zerfetzt, inklusive der eigenen Server. Völlig zu recht, denn das Nintendo Game ist in der richtigen Reihenfolge entworfen. Hier wurde nicht überlegt, was für ein Augmented-Reality-Spiel sich entwickeln lässt, sondern wie ein großartiges Pokémon Game am besten umsetzen ist. Die Antwort ist einfach Augmented Reality. Schließlich geht es bei "Pokémon" seit den ersten Editionen Rot und Blau von vornherein darum, in die Welt hinaus zu ziehen, sie zu erkunden und fabelhafte Wesen zu sammeln. Wir haben uns früher alle vorgestellt, wie es wäre, Pokémon in der Realität fangen und trainieren zu können. Pokémon GO greift genau diesen Wunsch auf und nutzt Augmented Reality als ideales Werkzeug, um ihn wirklich werden zu lassen.
Auf eurem Smartphone findet ihr eure tatsächliche Umgebung als virtuelle Karte wieder. Darauf sind viele bekannten Elemente aus der Pokémon-Welt integriert, zum Beispiel Items, Gebäude wie Shops oder Krankenhäuser und natürlich wilde Pokémon, die es zu bändigen gilt. Aber wem erzählen wir das eigentlich? Wenn ihr nicht vor drei Jahren hinter den Mond gezogen seid, habt ihr Pokémon GO längst ausprobiert und seid hoffentlich noch immer dabei. Denn auch, wenn es nicht mehr omnipräsent ist: Das Pokémon-AR-Spiel ist alles andere als tot.
The Machines
Apropos Kindheitsträume, die wahr werden. Auf die Gefahr hin, wie ein billiger Instagram Account für Nostalgie-Memes zu klingen – kennt noch jemand Beyblade? Irgendwo zwischen dem Sammeln von Diddl-Stickern, Gogos an die Fassade des eigenen Schulgebäudes zu pfeffern und Yu-Gi-Oh! Karten zu zocken, war es für kurze Zeit cool, bunte Plastikkreisel mit Metallgewichten aufeinander loszulassen. Derjenige, dessen Spielgerät sich nach möglichst vielen Kollisionen mit dem Gegnerkreisel am längsten dreht, hat gewonnen. Das Ganze basierte auf dem gleichnamigen Anime "Beyblade". Darin traten coole Kidz in rappelvollen Arenen nach dem gleichen Prinzip gegeneinander an. Nur, dass zwei Kreisel, die sich um einander drehen, sich in einem Video wesentlich spektakulärer in Szene setzen lassen als auf dem Schulhof. Aber die Jugend von heute hat ja Smartphones, die perfekte Lösung.
The Machines funktioniert ganz ähnlich wie Beyblade. Nur, dass der Titel aus dem Hause Directive Games sich Augmented Reality zunutze macht, um Kämpfe ähnlich bombastisch darzustellen wie der Anime. Außerdem kämpfen hier nicht irgendwelche öden Kreisel, sondern verschiedene Roboter gegeneinander. Alles, was ihr dazu braucht, ist ein freier Tisch oder eine andere relative ebene Oberfläche. The Machines projiziert über euer iPhone darauf eine dreidimensionale Kampfarena, in der besagte Maschinerie aufeinander losgeht.
Shadows Remain
Aber Augmented Reality ist nicht nur für Augenwischerei im klassischen Sinne gut. Action-Showpieces und Schnitzeljagd auf Monster im Hosentaschenformat mögen durch AR an mehr Pepp gewinnen. Aber ein eigenes Feature des Gameplays ist sie in besagten Beispielen noch nicht. Konsequent zuende gedacht haben das Konzept die Jungens und Mädels von Halfbrick Studios. Das Ergebnis ist das kostenlose Mobile Game Shadows Remain: AR Thriller.
In Shadows Remain löst ihr das unheimliche Mysterium einer spurlos verschwundenen Familie. Dazu werden verschiedene Dioramen in eure Umgebung projiziert. Ihr könnt die aufwendig entworfenen, dreidimensionalen Räume aus allen möglichen Winkeln betrachten, um die Achse drehen und jede ihrer Ecken ganz aus der Nähe betrachten, um Hinweise zu finden und Rätsel zu lösen. Nach und nach kommt ihr so dem tragischen Geheimnis um die vermisste Familie auf die Spur. Ähnlich funktioniert übrigens auch das Puzzlespiel Splitter Critters von RAC7 Games. Darin helft ihr putzigen, kleinen Aliens dabei, den Weg zurück zu ihren Raumschiffen zu finden. Allerdings hat Shadows Remain der Konkurrenz etwas voraus. Denn abgesehen vom Gameplay profitiert hier auch die Atmosphäre von der Augmented Reality, weil sie bei der von Publishern stets angepriesenen Immersion hilft.
Conduct AR
Conduct AR ist mehr als nur ein spektakuläres Wortspiel mit dem englischen Begriff für Zugführer ("Conductor"). Hinter dem Game der Entwickler von Northplay steckt ein ausgetüfteltes Managementspiel. Als Zugführer müsst ihr dafür sorgen, dass alle Loks inklusive Anhang zur rechten Zeit am rechten Gleis einfahren. Dazu stellt ihr entsprechend Weichen und drosselt gegebenenfalls die Geschwindigkeit des einen oder anderen Zuges.
Dank Augmented Reality bietet auch Conduct AR den gleichen Sammel- und Simulationsspaß wie die Modelleisenbahn eures Großvaters. Allerdings müsst ihr dafür weder Muttis gutes Geschirr aus dem Keller schmeißen, um Platz für physische Züge und Landschaften zu schaffen, noch unfassbar viel Geld für Material ausgeben. Alles, was ihr braucht, ist etwas Freiraum und schon erscheinen Gleise, Züge und Umgebung inmitten des Bildschirms. Der perfekte Grund, um die Toilettenpause auf der Arbeit noch ein wenig zu verlängern oder einfach eine ideale Ablenkung, um in der Schlange bei der Post nicht zum Massenmörder zu werden.
Temple Treasure Hunt
Temple Treasure Hunt ist ein wenig wie der OG unter den AR-Games. Der Titel von MobiTech Solutions hat schon ein paar Jahre auf dem Buckel. Aber das clevere Konzept hat in den Jahren kein bisschen von seinem Reiz verloren. Temple Treasure Hunt ist nämlich quasi eine virtuelle Schnitzeljagd.
Ähnlich wie bei Pokémon GO oder noch mehr wie bei einem früheren Titel von Niantic, Ingress, nutzt das Game GPS, um aus eurer Umgebung ein ganz persönliches Spielerlebnis zu schustern. Dazu verteilt das Spiel um euch herum Hinweise und versteckte Gegenstände, die nach und nach zu einem (virtuell) wertvollen Schatz führen – simpel, aber effektiv und außerdem kooperativ. Temple Treasure Hunt ist nämlich ein Multiplayer Game. Ihr müsst also nicht alleine losziehen, sondern könnt euch gemeinsam mit euren Freunden auf Schatzsuche begeben.