Wir blicken zurück auf die Perfect-Dark-Reihe, verraten euch, was bisher passiert ist und warum die Spiele sowohl positiv als negativ hervorstechen.
History Special: Perfect Dark (Nintendo 64)
1997 markierte einen Wendepunkt für das First-Person-Shooter-Genre. Zwar waren Ego-Shooter auf dem PC bereits beliebt, aber den richtigen Popularitätsschub, vor allem auf Konsolen, gab es erst durch das Spiel GoldenEye 007 für das Nintendo 64. Der kommerziell äußerst erfolgreiche Titel bildete zudem den Grundstein für die Entwicklung von Perfect Dark, den geistigen Nachfolger des Bond-Shooters. Doch Perfect Dark ist weit mehr als das Nintendo-64-Kultspiel von Rare. Mittlerweile gibt es neben den drei bislang veröffentlichten Spielen auch Comics, Romane und diverse Merchandise-Artikel. Außerdem befindet sich derzeit ein Reboot der Marke bei den Studios The Initiative und Crystal Dynamics in der Entwicklung. Ein guter Zeitpunkt, um einmal die Geschichte der Spiele etwas näher zu betrachten. Den Anfang macht der Klassiker Perfect Dark für das Nintendo 64.
Die Entwicklung
Kurz nach der Veröffentlichung von GoldenEye 007 begann die Entwicklung von Perfect Dark. Erneut wurde das Team von Martin Hollis geleitet, der auch die Verantwortung bei GoldenEye 007 trug. Kurzfristig wurde für das Projekt, das unter dem Namen Covert Ops (Covert Operations) begann, ein weiteres Spiel mit dem britischen Geheimagenten in Betracht gezogen, aber die Idee wurde schnell wieder verworfen. Die Themen Geheimagent und Spionage blieben bestehen, unter anderem auch weil das Gameplay so viele Möglichkeiten bietet und diese in GoldenEye 007 nur angekratzt wurden. Insbesondere die Gadgets sollten eine größere Rolle spielen, denn einige Teammitglieder sahen darin großes Potenzial.
Gleichzeitig wurde sich für eine Frau als neuer Hauptcharakter entschieden, da das Team um Hollis der Ansicht war, dass es zum damaligen Zeitpunkt zu wenig Games mit einer weiblichen Protagonistin gab. Beim Design von Joanna Dark spielte vor allem eine Hollywood-Schauspielerin eine große Rolle. Das Aussehen von Joanna ist dem von Winona Ryder nachempfunden. Sie entsprach damals ziemlich genau den Vorstellungen des Teams, wie die Heldin auszusehen hat. Für das neue Sci-Fi-Setting fand man entsprechende Anregungen bei Ghost in the Shell oder in den Werken des Autors Philipp K. Dick. Nikita und Akte X dienten ebenfalls als Inspirationsquellen.
Namensfindung und mehr
Der Name wiederum ist eine Abwandlung des Namens der französischen Nationalheldin Jeanne d’Arc (Johanna von Orléans) und war zunächst nicht beabsichtigt. Diese Verbindung wurde erst später hergestellt, passt aber perfekt mit ihrer Persönlichkeit überein. Allerdings wird die Geschichte von einigen Entwicklern anders erzählt, insofern, dass die Namensgebung durchaus von Beginn an gewollt war. Auch der Name des Spiels, Perfect Dark, wurde nicht zufällig gewählt. Das Wort „Dark“ sollte die düstere Natur des Gameplays widerspiegeln sowie das Zusammenspiel von hell und dunkel.
Ursprünglich sollte das nämlich ein zentrales Features der Spielmechanik werden, doch die Hardware des Nintendo 64 war trotz nachrüstbarer Speichererweiterung dazu nicht fortschrittlich genug. Es wurde sogar eine Fackel ins Spiel eingebaut, die aber letztendlich nicht genutzt wurde. Hollis merkte dazu in einem Interview 2005 mit dem Magazin Retro Gamer an: „Noch heute kann man sehen, wie Spieleentwickler damit kämpfen, Hell und Dunkel als grundlegendes Gameplay-Element zu nutzen.“ Und dennoch lassen sich nahezu alle Lichtquellen in Perfect Dark kaputtschießen, ohne dass sich daraus einen spielerischen Nutzen ziehen lässt.
Es geht nicht ohne Verzögerungen
Die Entwicklung von Perfect Dark verlief alles andere als rund. Gründe dafür gab es einige. Mittendrin endete zum Beispiel der Arbeitsvertrag mit Martin Hollis, den er trotz eines Angebots nicht verlängern wollte, und dann ist Rare zu der Zeit in neue Büros nach Twycross gezogen, wo das Studio heute noch sitzt. Damit aber nicht genug, während des Umzugs sind weitere Teammitglieder gegangen, so dass ein Großteil des Teams neu besetzt werden musste. Es folgte so etwas wie ein kleiner Reboot mitten in der Entwicklung. Das Spiel befand sich in der Alpha-Phase, die Geschichte stand fest, die ersten Levels waren grob fertig und der Multiplayer mit zahlreichen Bots nahm Formen an. Trotzdem befand sich die Entwicklung von Perfect Dark in der Schwebe, bis Edmonds als neuer Leiter des Projekts die Führung übernahm und weitere Leute aus anderen Teams von Rare in Boot holte.
Das Ganze hat die Veröffentlichung um mehrere Monate zurückgeworfen. Zudem kam das Spiel noch vor dem Release in die Schlagzeilen. Der tragische Amoklauf an der Highschool in Columbine entfachte eine Debatte um Gewalt in Videospielen und führte dazu, dass ein Feature des Multiplayermodus‘ wieder gestrichen wurde. Mittels der Game Boy Camera sollte es möglich sein, im Mehrspielermodus sein eigenes Gesicht auf einem Charakter zu platzieren. Dieses Feature wurde auch im Rahmen der E3 gezeigt und konnte von Messebesuchern ausprobiert werden. Trotz vorhandener Funktionalität kam es immer wieder zu Abstürzen. Da Nintendo und Rare aber auch nicht ins Kreuzfeuer der aufgeladenen Medienberichterstattung geraten wollten, fehlte diese Funktion einfach in der finalen Version des Spiels. Zudem gab es Bedenken, dass Spieler nicht nur Gesichter damit aufnehmen könnten.
Multiplayer at it's best
All den Widerständen zum Trotz genießt der Multiplayermodus des First-Person-Shooters auch heute noch großen Respekt. Bis heute gibt es kaum Spiele, die eine derart reichhaltige Bandbreite an KI-Gegnern bieten wie der Klassiker von Rare. Während in anderen Spielen häufig nur eine Art von KI-Gegnern verfügbar ist, gibt es in diesem Ego-Shooter Sims (kurz für Simulant, heute sagt man Bots) mit den verschiedensten Handlungsanweisungen und Schwierigkeitsstufen. Einige kämpfen nur mit Fäusten, andere haben es nur auf den führenden Spieler abgesehen und wieder andere töten nur denjenigen, der sie zuvor umgebracht hat.
Sims? Bots? Echte Spieler? Alles vorhanden!
Aber nicht nur die Sims waren außergewöhnlich. Neben den klassischen Modi wie Deathmatch oder Team-Deathmatch hat Rare schon vor mehr als zwanzig Jahren Spielarten wie King-of-the-Hill oder Capture-the-Flag angeboten. Dazu kamen innovative Modi wie Pop-a-Cap oder Hold-the-Briefcase, bei denen man möglichst lange überleben musste, um Punkte zu sammeln. Auch hier stechen zwei Modi besonders hervor. Dank der vier im Nintendo 64 verbauten Controller-Anschlüsse konnte man das Spiel zu zweit im Koop durchspielen oder man entschied sich für den Modus Counter-Operative, der übrigens vom Filmhit Matrix inspiriert wurde. Während ein Spieler als Joanna Dark die Geschichte erlebt, übernimmt ein anderer Spieler die Rolle von wechselnden Gegnern, um Joanna daran zu hindern erfolgreich zu sein. Obwohl dieser Modus damals als absolut innovativ galt, hat er sich bis heute kaum durchgesetzt und ist nur in wenigen Games zu finden.
Was möglich ist, wird gemacht!
Rare hat mit Perfect Dark technisch so ziemlich alle Register auf dem Nintendo 64 gezogen, die möglich waren. Das Spiel bot eine opulente Einzelspielerkampagne, Koop-Modi, einen umfangreichen Mehrspielermodus, eine geplante „Game Boy Camera“-Unterstützung, die Nutzung des Transfer Paks mit Perfect Dark für den Game Boy Color und die damals noch recht junge Rumble-Funktion. Lediglich das Microphone Pak, das nur in Hey You, Pikachu! Verwendung fand, wurde nicht genutzt.
All das hatte jedoch auch seinen Preis. Ohne Nintendos Speichererweiterung für die Konsole war Perfect Dark nur teilweise nutzbar. Wer die 4MB-Erweiterung nicht hatte, konnte weder die Kampagne oder die Koop-Modi noch den Multiplayermodus mit bis zu vier Spielern zocken. Lediglich ein paar Herausforderungen und der Multiplayer mit zwei Spielern oder gegen bis zu acht Sims war möglich. Dabei wollten die Entwickler ursprünglich gar nicht auf die Hardware-Erweiterung zurückgreifen, weil es die Verkaufszahlen hätte mindern können: Erschwerend kam für das Studio hinzu, dass die Entwicklungs-Kits für das Nintendo 64 über mehr Speicher verfügten als die Modelle für den Endverbraucher und immer mehr Funktionen eingebaut wurden, so dass der Einsatz schlussendlich unvermeidlich war. Trotz aller erreichten Erfolge sind einige Mitarbeiter bis heute, trotz aller technischer Raffinessen, unzufrieden mit der Framerate des Spiels.
Aus Ungeduld mit Bugs ausgeliefert
Gegen Ende der Entwicklung wurde es für alle Beteiligten schwierig. Das Nintendo 64 näherte sich dem Ende seines Lebenszyklus entgegen und jede Woche, die das Spiel nicht im Handel war, bedeuteten Umsatzeinbußen. Der Druck war immens, vor allem auch weil die Entwicklung deutlich länger dauerte als erwartet. So kam es dann auch, dass die aus GoldenEye 007 bekannten Button-Cheats, um alles freizuschalten, aufgrund menschlichen Versagens nicht im finalen Spiel gelandet sind. Ein Programmierer entdeckte die Cheats im Quellcode, aber er hielt sie für ein Überbleibsel aus der Entwicklungsphase von GoldenEye 007 und löschte sie kurzerhand. Zudem gab es bis zum Schluss einen Game-Breaking-Bug im Multiplayermodus, den Rare vor der finalen Abgabe noch fixen wollte, doch da hatte Nintendo schon mit der Produktion begonnen, so dass die erste Produktionsreihe damit in den Handel ging. Erst später wurde Perfect Dark dann ohne diesen Fehler ausgeliefert. Wäre die Produktion der Module einen Tag später gestartet, wäre dieser Bug nicht mehr vorhanden gewesen.
High-Definition unter Microsoft
Als Rare im Jahr 2002 an Microsoft verkauft wurde, wollte der Redmonder Konzern natürlich von dem reichhaltigen Portfolio profitieren. Es dauerte dann acht Jahre, bis der Ego-Shooter auch auf einer Microsoft-Konsole spielbar war. Erst 2010 wurde ein Remaster des Spiels für die Xbox 360 veröffentlicht. Die Entwicklung wurde aber nicht von Rare vorgenommen, sondern von 4J Studios, die bereits Banjo-Kazooie und Banjo-Tooie auf die Xbox 360 gebracht haben. Das Kern-Gameplay ist nahezu unangetastet geblieben, während es auf der technischen Seite zahlreiche Verbesserungen gab. Perfect Dark auf der Xbox 360 besitzt eine höhere Auflösung, neue Charaktermodels, eine höhere Framerate und die Integration von Xbox Live, damit der Multiplayer auch online spielbar ist. Größter Unterschied ist in diesem Zusammenhand die Tatsache, dass auf der Xbox 360 bis zu acht Spieler plus Sims in einer Partie mitmachen können. Auf dem Nintendo 64 waren es nur vier.
Die Geschichte
Die Handlung von Perfect Dark spielt im Jahr 2023. Joanna Dark hat gerade erst das Agententraining hinter sich gebracht. Jetzt wird sie auf ihre erste richtig große Mission geschickt. Im Auftrag des Carrington Instituts soll sie dem Hilferuf eines dataDyne Wissenschaftlers namens Dr. Caroll nachgehen. Nach und nach beginnt sich eine Geschichte zu entfalten, in der Unternehmen mit Alienrassen zusammenarbeiten, der Präsident der USA entführt werden soll und schlussendlich das Schicksal der Menschheit in den Händen einer Frau und eines kleinen Aliens namens Elvis liegen. Dabei könnten die Einsatzorte, die Joanna im Verlauf des Spiels besucht, kaum abwechslungsreicher sein. Vom dataDyne Hauptquartier geht es nach Chicago, nach Area 51 in Nevada, ein tropisches Domizil und sogar auf einen fremden Planeten. Sie deckt Verschwörungen auf, nutzt Alien-Technologie und kann doch letztendlich alles zum Guten wenden.
5 Dinge, die ihr über Perfect Dark nicht wusstet
In jedem Level befindet sich ein Stück Käse. Entgegen früherer Theorien haben diese keine Funktion, sondern sind lediglich ein Scherz der Entwickler.
Für die japanische Version wurde Joanna Dark ein anderes Gesicht gegeben, um den dortigen Spielervorlieben entgegenzukommen.
Das Aussehen vieler Nebencharaktere im Spiel basiert auf den Entwicklern, Freunden und verschiedenen britischen Schauspielern.
Die japanische Version sollte unter dem Titel Red and Black vermarktet werden, aber der Name wurde damals als zu ausgefallen betrachtet, so dass man sich für die Transliteration Pāfekuto Dāku entschied.
Perfekt Dark war das erste Spiel für Erwachsene, das von Nintendo in den USA selbst vertrieben wurde. GoldenEye 007 war hingegen in den USA für Teenager freigegeben.
Quellen:
https://perfectdark.fandom.com/wiki/Perfect\_Dark
https://en.wikipedia.org/wiki/Perfect\_Dark
https://www.unseen64.net/2011/03/21/perfect-dark-core-xbox-360-cancelled-prototype/
https://www.unseen64.net/2008/04/04/perfect-dark-n64-beta/
http://www.warpedfactor.com/2020/01/10-things-you-might-not-know-about\_21.html
https://www.youtube.com/watch?v=7CxpdspOV5I
https://www.gamespot.com/articles/perfect-dark-returns/1100-2608740/
https://www.reddit.com/r/perfectdark/
https://www.eurogamer.net/articles/2020-05-22-perfect-dark-the-oral-history-of-an-n64-classic
https://archive.org/details/retro\_gamer/RetroGamer\_019
https://www.ign.com/articles/2000/02/03/perfect-dark-ditches-face-mapping
Rare Replay
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