Autor: Christopher Blair
Anlässlich des 50. Geburtstags des beliebten japanischen Manga-Magazins Schônen Jump ist nun das Crossover-Megaprojekt Jump Force erschienen.
Autor: Christopher Blair
Anlässlich des 50. Geburtstags des beliebten japanischen Manga-Magazins Schônen Jump ist nun das Crossover-Megaprojekt Jump Force erschienen.
Schon zur E3 2018 gewährte Bandai-Namco Entertainment einen ersten Blick auf Jump Force und zahlreiche Fans waren außer sich. Denn Jump Force vereint 16 der beliebtesten Manga-Welten in einem Kampfspektakel auf PC und Konsole. Doch leider macht sich bereits in den ersten Spielminuten ein wenig Ernüchterung breit.
Das Spiel beginnt gleich zu dem Zeitpunkt, an dem Frieza New York City dem Erdboden gleichmacht. Während Son Goku versucht dem Fiesling Einhalt zu gebieten, wird ein Zivilist schwer verletzt und von Trunks wiederbelebt. Gleich hier kommen wir als Spieler zum Zug und dürfen entscheiden, ob wir als männlicher oder weiblicher Kämpfer das Schlachtfeld betreten wollen. Schon der Charakter-Editor wirkt sehr archaisch und es gibt nicht allzu viele Möglichkeiten, seine Spielfigur zu erstellen. Irgendwie wirkt es, als sollen alle Charaktere so aussehen, als würden sie einem Toriyama-Anime stammen. Auch die Möglichkeit meinen menschlichen Kämpfer mit grüner oder lila Hautfarbe zu erstellen, entbehrt sich jedem Sinn. Immerhin lässt sich die Brustgröße ein Stück weit editieren. Gleich nach der Erstellung geht es weiter in ein kleines Tutorial, bevor man weitere Hintergrundinformationen erhält. So erfahren wir, dass andere Menschen und Wesen mit den sogenannten Umbra Cubes gesteuert werden und wir einer der drei Fraktionen der Jump Force beitreten sollen, um diese Cubes zu beschaffen und weitere Mitstreiter anzuwerben. Den eigentlichen Grund der Verschmelzung aller Welten, erfährt man erst im späteren Verlauf des Spiels.
Jump Force Launch-Trailer:
Gleich zu Beginn des über 12-stündigen Abenteuers wird einem ersichtlich, wie schmerzhaft langatmig der Fortschritt der Story wird. Wir sollen uns, bevor die Entscheidung für eine Fraktionen fällt, mit den Leitern Goku, Luffy und Naruto unterhalten. Doch das Spiel gibt uns weder Wegmarkierungen noch Richtungsanzeigen, wo wir überhaupt hin sollen. Dafür rennen wir durch eine relativ leblose Basis, die nicht nur unnötig groß ist, sondern auch überall den gleichen Look nutzt. Warten muss man zudem ständig. Egal wie kurz sie auch sind, vor jeder Cutscene bekommt man einen Lade-Screen serviert. Wäre das nicht schlimm genug, so lassen sich zudem keine der Zwischensequenzen überspringen.
Auch wenn Jump Force ein Spiel mit Anime-Charakteren darstellt, die allesamt in den Vorlagen viel Humor beweisen, so nehmen sie alles in Jump Force viel zu ernst. Seltsamerweise reduzierte Entwickler Spike-Chunsoft den Humor drastisch in diesem Titel. So wirkt das Ganze noch mehr fehl am Platz. Besser wird es in den Zwischensequenzen auch nicht dadurch, dass die Lippenbewegungen nicht synchron sind, obwohl das Spiel erfreulicherweise nur die originalen, japanischen Synchronstimmen bietet. Die Interaktion zwischen den einzelnen Anime-Stars wirkt einfach nur hölzern, was für Fans wie mich einfach nur schade ist.
Story-Trailer:
Das angesproche Hub in Jump Force ist zum Glück nicht der Kern des Gameplays. Das Kampfsystem ist die eigentliche Offenbarung des Titels und macht extrem viel Spaß, obwohl es ziemlich simpel ist. Die Zwei-Button-Kämpfe werden in Dreier-Teams abgehalten. Unterschieden werden die Attacken in Heavy Attacks und Rush Combos. Letztere sind quasi Button-Smash-Attacken, mit denen Gegner schnell von einem Ort zum anderen wie ein Ping-Pong-Ball geprügelt werden können. Die Heavy Attacks sind, wie der Name schon vermuten lässt, starke Angriffe, die hart reinhauen aber viel langsamer sind. Der Vorteil ist, dass man diese jederzeit abbrechen kann, um einen Rush Combo rauszuhauen. Jeder Kämpfer besitzt noch vier besondere Spezialattacken, die eine taktische Note einführen. So sind alle bekannten Attacken natürlich mit von der Partie. Bei solch einem Spiel würde ich auch ungerne auf Gokus Kamehameha verzichten.
Diese Spezialattacken sehen zudem verdammt genial aus, benötigen jedoch Unmengen an Zeit und lassen sich nicht verkürzen. Was also zunächst unfassbar gut erscheint, wird umso nerviger je weiter man voranschreitet. Noch nerviger, wenn ich das Ziel dieser Attacken bin und es ertragen muss, eine gefühlte "Stunde" lang durch die Mangel genommen zu werden. Da möchte man glatt den Kaffee, den man in dieser Zeit kochen kann, auf den TV werfen. Am Rand warten die beiden anderen Mitstreiter und können jederzeit einen Assist ausführen oder per Tag in den Ring geholt werden. Im Gegensatz zu anderen Tag-Titeln teilen sich hier alle drei Charaktere eine gemeinsame Lebensanzeige. So sind Geschick und Taktik gefordert, um die beste Kombination im Kampf zu finden. Im späteren Spielverlauf werden die KI-Gegner trotzdem einfach nur unfair schwer, was zu einem hohen Frustfaktor führt.
Zum Launch stehen 42 spielbare Charaktere bereit. Zwei sind neu und die 40 anderen stammen aus den verschiedenen Welten von Shônen Jump. Von Bleach, Dragon Ball, One Piece und Naruto ist alles dabei. Die Kritik, dass es zu wenige weibliche Kämpfer gibt, kann ich teilen. Da sind drei von vierzig aus den Vorlagen einfach viel zu wenig. Für knapp 30€ kann man sich den Character Pass kaufen. Welche Kämpfer und vor allem wieviele kommen werden, lässt sich noch nicht sagen. Wer sich über die fehlenden Frauen hinwegtröstet, wird aber viele seiner Lieblingsfiguren mit ihren bekannten Moves wiederfinden.
Jump Force gibt uns die Möglichkeit offline oder online zu spielen. Ich habe mich aber irgendwann für Offline entschieden, da sich unzählige Mitspieler zwar im Hub aufhalten, aber mir den Weg versperren. Ja, richtig gelesen. Denn an den Missionsschaltern kann es ab und an ein wenig eng werden, bevor man sich einer der freien Missionen zuwenden kann. Mit etwas Geschick kann man schlussendlich die richtige Figur auswählen. Interaktionsmöglichkeiten mit anderen Spielern gibt es dagegen so gut wie gar keine. Gegen andere Spieler kämpfen funktioniert hingegen tadellos und macht jede Menge Spaß. Weder auf Xbox Live noch auf PSN sind uns Performanceprobleme aufgefallen.
Es mag auf dem ersten Blick etwas komisch aussehen und mich persönlich hat es zunächst stark verstört, Son Goku und Co. in einer realistischen Grafik zu sehen. Textilien wie Trunks Jeansjacke sind sehr detailliert und erinnern nur wenig an einen Anime. Sobald man die ersten Minuten gesehen hat, gewöhnt man sich auch an diesen Look. Man hat bei Jump Force jedoch das Gefühl, dass gewisse Teile des Spiels erst im späteren Entwicklungsverlauf entstanden sind. Alle Kämpfer, Moves und Animationen sind genial und sehen wunderbar aus. Auch die unterschiedlichen Welten sind sehr ausgereift und erinnern hundertprozentig an ihre Vorlagen. Doch außerhalb der Kämpfe wird man das Gefühl nicht los, dass das ganze Hub draufgeklatscht wurde. Die Animationen sind hier holprig, die weitläufigen Gebiete sind teilweise einfach nicht schön. Zudem sind uns beim Testen auf Xbox One mehr Slowdowns begegnet als auf PlayStation 4.
Gameplay-Trailer:
Es gibt vieles, was mich an Jump Force stört. Aber ich konnte den Controller nichtsdestotrotz nicht aus den Händen legen. Für Fans der vielen Animes ist das Spiel nämlich trotzdem eine Empfehlung. Man kann drüber streiten, ob das Hub notwendig war und die Cutscenes etwas hölzern sind. Trotzdem fängt das Spiel gekonnt die Seele der Vorlagen ein und bietet viel Content für diejenigen, die es schaffen diese Probleme hinter sich zu lassen. Ich bin zudem gespannt, was der Character Pass in Zukunft zu bieten hat. Vielleicht nimmt sich Bandai-Namco nun die Kritik der Fans zu Herzen und passt die Frauenquote an.