Neben tollen AAA-Titeln sind 2019 auch viele schöne Indie-Spiele erschienen, die mit frischen Ideen aufwarten.
Die besten Indie-Perlen 2019
Große Blockbuster mit Spitzengrafik, enorm aufwendiger Vertonung und riesigen Spielwelten sind ja schön und gut. Aber es ist ein Segen, dass es als Gegengewicht dazu die Indie-Szene gibt. Hier wird nicht so sehr Markttrends hinterhergerannt, hier entstehen die kreativsten Spielideen – mit wenig Budget, aber in der Regel mit viel Herzblut. 2019 hat so einige Indie-Perlen zu bieten gehabt. Fünf davon wollen wir an dieser Stelle nochmal unsere und hoffentlich auch eure Aufmerksamkeit schenken.
My Friend Pedro
Devolver Digital ist bekannt dafür, immer wieder erfrischenden Spielen die Chance zu geben, ein größeres Publikum zu erhalten. Der Indie-Publisher (eigentlich ein Widerspruch in sich, aber das sei mal dahingestellt) hat Titel wie Hotline Miami, Gris oder auch die Reigns-Spiele veröffentlicht und mit geschicktem Marketing dafür gesorgt, dass sie nicht in der Masse an Indiegames untergehen. Dieses Jahr ist das wohl prominenteste Spiel des Unternehmens der 2D-Shooter My Friend Pedro gewesen. Dessen Prinzip ist ziemlich simpel: Ihr lauft, springt und ballert euch durch simple Levels. Dabei seid ihr mit zwei Pistolen bewaffnet, mit denen ihr unabhängig voneinander in Zeitlupe auf Gegner in unterschiedlichen Richtungen zielt.
Das Besondere an My Friend Pedro ist neben dem extrem coolen Spielgefühl (anders können wir es einfach nicht beschreiben) sein Humor. Der namensgebende Pedro ist nicht euer Hauptcharakter (der hat gar keinen Namen), sondern eine Banane. Ja, richtig gelesen: eine Banane! Das krumme Stück Obst spricht zu euch und ist im Spiel euer bester Freund. Allein deshalb sollte sich jeder zumindest mal ein paar Videos von My Friend Pedro anschauen. Im Idealfall spielt ihr es selbst. Das Vergnügen ist nicht sonderlich lang und das Gameplay hat sich auch nach ein paar Stunden ein wenig abgenutzt, aber für ein paar Abende ist dieser Titel ein toller Actionspaß, der ja auch nicht viel kostet.
Outer Wilds
Es ist schwierig, wenn in einem Jahr Outer Wilds und The Outer Worlds erscheinen. Die Verwechslungsgefahr ist groß, das liegt aber wirklich nur an den Namen. Denn inhaltlich haben die Titel nichts miteinander zu tun – abgesehen davon, dass ihr in beiden mehrere fremde Planeten besucht. Doch während ihr die im Rollenspiel von Obsidian Entertainment bloß über eine 2D-Karte ansteuert, dürft ihr in Outer Wilds euer Raumschiff selbst kontrollieren und wie in No Man's Sky ohne Ladepausen von einem Planet abheben, durchs All düsen und auf dem nächsten Himmelskörper landen. Outer Wilds ist zudem kein RPG, sondern im Kern ein Rätselspiel. Aus der Ego-Perspektive erkundet ihr die unterschiedlichen Planeten, die nicht sonderlich groß sind und dadurch Erinnerungen an "Der kleine Prinz" hervorrufen. Dafür ist alles handgebaut und jeder Ort hat seine Eigenheiten, seine versteckten Geheimnisse.
Outer Wilds ist ein sehr entspanntes Spiel, das viel vom Erkunden und dem Lösen von Rätseln lebt. Die große Kunst dabei: Es ist trotz eines stetigen Zeitlimits entspannend. Denn der Clou ist, dass ihr in einem Sonnensystem unterwegs seid, dessen zentraler Stern alle 22 Minuten explodiert und somit alles im Umkreis zerstört. Dann dreht sich die Zeit zurück und ihr erlebt den genannten Zeitraum von vorne. Euer Ziel: die Supernova verhindern. Doch wie soll das gehen? Stück für Stück puzzelt ihr euch die Lösung zusammen. Outer Wilds ist ein ganz besonders Erlebnis. Es ist clever designt, strengt eure Hirnzellen an und hat ganz viel Charme.
Untitled Goose Game
Der Entwickler House House sagt, sein Spiel Untitled Goose Game habe keinen Namen, sondern sei einfach ein namenloses Spiel mit einer Gans als Hauptcharakter. Doch das ist nicht der Grund, weshalb das Spiel bereits zu einem Internet-Meme geworden ist. Dafür ist eben das (nicht) namensgebende Geflügel verantwortlich. Als Gans ist es euer Ziel, die Einwohner eines kleinen englischen Dorfes so richtig in den Wahnsinn zu treiben. Ihr klaut ihnen Dinge und sorgt dafür, dass die Menschen gewisse Dinge tun, die sie gar nicht tun wollen.
Das Untitled Goose Game ist nach drei Stunden durchgespielt und bietet auch nicht viel Tiefgang. Aber in diesen drei Stunden werdet ihr wahnsinnig viel Spaß haben, weil ihr einfach sehr oft lachen werdet. Es ist halt enorm unterhaltsam, als Gans die Nachbarschaft zu terrorisieren und dabei am laufenden Band zu schnattern – ja, dafür gibt es eine eigene Taste. Wenn das nicht schon als Grund ausreicht, dem Untitled Goose Game eine Chance zu geben…
Disco Elysium
Müssen wir zu Disco Elysium eigentlich noch was sagen? Das Rollenspiel des internationalen Entwicklers ZA/UM, bei dem niemand weiß, wie man seinen Namen ausspricht, hat einen Wertungsschnitt von 91 auf Metacritic. Es war viermal bei den diesjährigen Game Awards nominiert und hat in allen vier Kategorien gewonnen ("Bestes Rollenspiel", "Bestes Indie-Spiel", "Fresh Indie Game" und "Beste Narrative") – das hat kein anderer Titel geschafft.
Klar, Disco Elysium ist ein Spiel für eine sehr spezielle Zielgruppe. Es ist ein Rollenspiel der ganz klassischen Sorte und dann auch wieder nicht. Soll heißen: Ihr steuert euren Charakter mit der Maus, beobachtet die Welt aus der isometrischen Perspektive und führt viele Dialoge – sehr viele Dialoge. Und die sind nur im Ansatz vertont. Und es gibt derzeit nur eine englische Sprachfassung. Und das verwendete Englisch ist relativ anspruchsvoll. Ach ja, Kämpfe gibt es quasi nicht, die haben nämlich auch das Dialogsystem als Grundlage.
Nein, nicht jeder, der ein bisschen was für RPGs übrig hat, wird Disco Elysium mögen. Aber wer so etwas wie Planescape Torment etwas abgewinnen kann, sollte sich diese Indie-Perle nicht entgehen lassen. Disco Elysium erzählt eine spannende Detektivgeschichte, Welt und Charaktere sind sehr interessant, das Writing auf hohem Niveau, es gibt schockierende und absurd komische Momente und ihr habt absolute Handlungsfreiheit. Gabt ihr euch eurer Alkoholsucht hin oder bekämpft ihr sie? Seid ihr ein gewissenhafter Ermittler oder ein "Bad Cop"? Spielt ihr jemanden, der sich selbst vorlügt, ein Superstar zu sein? Einen Kommunisten? Einen Nazi? Disco Elysium fühlt sich von Anfang bis Ende wie ein Pen-&-Paper-RPG an, dass der Spielleiter für euch auf dem PC visualisiert. Und das ist fantastisch, wenn man weiß, worauf man sich einlässt.
Cadence of Hyrule: Crypt of the NecroDancer featuring The Legend of Zelda
Zum Abschluss gibt es das Indie-Spiel mit dem vermeintlichen längsten Titel der Welt (glaubt uns, das ist es nicht, aber wir konnten uns diese Hommage an einen gewissen Schokoriegel nicht verkneifen). Gut, so richtig "indie" ist Cadence of Hyrule: Crypto of the NecroDancer featuring The Legend of Zelda eigentlich nicht. Offiziell ist Nintendo schließlich der Publisher des kleinen, aber wirklich sehr feinen Switch-Exklusivtitels. Doch wie viel Geld der japanische Konzern dem Entwicklerstudio Brace Yourself Games wirklich zur Verfügung gestellt hat, wenn da überhaupt was vom einem aufs andere Konto geflossen ist, ist unbekannt.
Vielleicht hat Nintendo auch einfach nur gesagt: "Hey, ihr dürft die 'The Legend of Zelda'-Marke verwenden und dafür bringt ihr das Spiel nur für unsere Konsole heraus, damit wir an jedem Verkauf ordentlich mitverdienen." Wie dem auch sei, Cadence of Hyrule ist ein fantastischer Mix aus Rogue-like-Action-Adventure und Rhythmusspiel. Genau wie im geistigen Vorgänger Crypt of the NecroDancer müsst ihr euch stets im Takt der Musik durch die Oberwelt und die Dungeons bewegen – genau wie eure Gegner. Nur dann werdet ihr nicht das Zeitliche segnen. Es gibt jedoch auch einen alternativen Modus, in dem ihr euch unabhängig vom Beat des Soundtracks fortbewegt. Aber der sollte nicht der Grund sein, warum ihr Cadence of Hyrule spielt. Die Verbindung aus Rhythmusspiel und klassischem "The Legend of Zelda" ist genial, kurzweilig und damit auch perfekt für die Switch und das mobile Zocken.