Starfield ist das nächste große Singleplayer-RPG von Bethesda nach Fallout 4. Es hat ein ganz anderes Setting, aber auch so einige Gemeinsamkeiten mit dem Trip ins Endzeit-Boston.
Es steckt einiges von Fallout 4 drin
Fallout 4 ist ein gutes Spiel, wenn ihr uns fragt. Allgemein gilt es aber nicht als eines der Highlights in der Ludografie von Bethesda Game Studios. Die Nutzerwertungen auf Metacritic für die drei Fassungen (PS4, Xbox One, PC) liegen gerade mal zwischen 5.6 und 6.8. Die Kritikpunkte reichen von der schwachen Geschichte (gut, das ist nicht unüblich für ein Bethesda-Spiel) über enttäuschend maues Questdesign bis hin zu der großen Masse an "zufallsgenerierten" Missionen. Auch dass die Entwickler dem Siedlungsbau eine relativ große Bedeutung zugeschrieben haben, hat einigen Leuten so gar nicht geschmeckt. Und dann ist Fallout 4 in den Augen vieler Leute schlicht kein gutes Rollenspiel, weil die Dialoge kaum noch Entscheidungsmöglichkeiten bieten und die Charakterwerte so gut wie gar keinen Einfluss auf sie nehmen. Starfield soll diese Fehler nicht wiederholen. Allerdings lässt sich nicht von der Hand weisen, dass in dem Sci-Fi-Titel so einiges von der "Fallout 4"-DNS enthalten ist.
Nicht nur in Boston wird viel geballert
Fangen wir erst mal mit dem Offensichtlichsten an: dem grundlegenden Gameplay. Wie in Fallout 4 erkundet ihr auch in Starfield die offene Spielwelt wahlweise aus der Ego- oder Third-Person-Perspektive, wobei das schon seit The Elder Scrolls 3: Morrorwind ein Standardfeature von Bethesda-RPGs ist. Was Starfield jedoch eindeutig vom vorherigen Projekt von Todd Howard und seinem Team geerbt hat, ist das Kampfsystem. Nahkampf ist zwar auch hier eine Option, die meisten Spieler dürften aber auf die Power von Schusswaffen vertrauen.
Fallout 4 ist bereits Shooter-lastiger gewesen als Fallout 3 und das von Obsidian Entertainment entwickelte Fallout: New Vegas. Glücklicherweise hat das Gunplay einen großen Qualitätssprung gemacht gehabt, sodass es deutlich unterhaltsamer gewesen ist, wilde Ghule, Maulwurfsratten und Todeskrallen über den Haufen zu schießen. Mit waschechten Ego-Shootern hat es Fallout 4 in der Hinsicht aber nicht aufnehmen können. Dass Starfield das gelingt, wagen wir an dieser Stelle mal zu bezweifeln. Das zuletzt gezeigte Gameplay-Material aus der Starfield Direct lässt aber darauf hoffen, dass die Ballereien zumindest unterhaltsamer ausfallen als im Quasi-Vorgänger. Das Trefferfeedback macht einen soliden Eindruck, es gibt Kämpfe in der Schwerelosigkeit und die Macher versprechen das bislang größte Waffenarsenal, das sie jemals zusammengestellt haben.
Was es jedoch allen Anschein nach nicht in Starfield gibt: V.A.T.S. beziehungsweise einen Ersatz für diese Mechanik, die es euch in Fallout 4 erlaubt hat, die Zeit zu verlangsamen, um dann gezielt auf bestimmte Körperteile zu feuern und es von euren Charakterwerten und dem "Würfelglück" abhängig zu machen, ob ihr trefft oder nicht. Klar, das "Vault-Tec Assisted Targeting System" ist ein Fallout-exklusives Feature. In der Welt von Starfield existiert nun mal die Firma Vault-Tec nicht. Es würde aber an sich nichts dagegen sprechen, eine ähnliche Funktion mit anderem Namen zu implementieren, um den Spielern eine zusätzliche taktische Option im Kampf anzubieten. Da Bethesda so was bislang aber nicht angekündigt hat und der Release nur noch knapp zweieinhalb Monate entfernt ist, gehen wir nicht davon aus, dass es so ein Feature gibt.
Vom Basteln und Bauen
Wenn ihr uns fragt, was die Besonderheiten von Fallout 4 gewesen sind, würden wir einerseits die vollvertonten Dialoge erwähnen (auch euer eigener Charakter hat eine Synchronstimme), andererseits das umfangreiche Ausrüstungsmodifikationssystem und den Siedlungsbau. Zwei dieser drei Elemente erbt Starfield. Nein, ihr bekommt euren Recken nicht zu hören, von simplen Lauten während der Kämpfe und Erkundung einmal abgesehen. Er ist wie in allen Bethesda-Spielen vor Fallout 4 stumm. Aber ihr dürft eure Waffen auf vielfältige Art und Weise anpassen und – sofern ihr das möchtet – auf jedem der über 1000 Planeten einen Außenposten errichten.
Wenn ihr möchtet, könnt ihr euch in Starfield auch sehr ausgiebig mit dem Thema Crafting auseinandersetzen. Ihr könnt nicht nur Nahrungsmittel und Medizin herstellen, sondern eben auch Mods für eure Klamotten und Waffen. So gibt es für die einzelnen Schießprügel verschiedene Läufe, Griffe, Visiere sowie Mündungen. In Fallout 4 hat es bereits großen Spaß gemacht, Waffen teilweise so stark zu modifizieren, dass sie kaum noch was mit ihrer Grundform zu tun gehabt haben. Ob Starfield hier noch eine Schippe drauflegt, wird sich im September zeigen.
Wie relevant der Basenbau sein wird, steht noch nicht fest. Vielleicht gibt es Quests, die sich darum drehen, vielleicht ist es aber auch eine Aktivität, der ihr ausschließlich aus eigenem Antrieb nachgeht (wir würden aber auf Ersteres wetten, denn es dürfte zumindest eine Form von Tutorial-Quest geben, die euch das System näherbringt). Klar ist, dass es eine wichtige Verbesserung gegenüber Fallout 4 gibt: Wenn ihr einen Außenposten aufbaut, könnt ihr in eine Vogelperspektive umschalten, um eine viel bessere Übersicht zu erhalten. Ihr seid nicht mehr darauf beschränkt, Gebäude aus dem Boden zu stampfen, während ihr immer noch euren Charakter durch die Umgebung bewegt. In Fallout 4 ist das Bauen (nicht nur deswegen) eine sehr frickelige Angelegenheit gewesen, in Starfield scheint es nur aufgrund der neuen Bauansicht viel komfortabler zu sein.
Wie oft wohl Siedlungen eure Hilfe brauchen werden?
Wie in Fallout 4 könnt ihr NPCs bestimmte Aufgaben innerhalb eurer Außenposten zuweisen. So stellt ihr sicher, dass dort zum Beispiel durchgehend die natürlichen Ressourcen des Planeten gewonnen werden. Der Beschreibung im Microsoft Store ist außerdem zu entnehmen, dass ihr "Frachtlinks" einrichten könnt, um Materialien zwischen euren Siedlungen hin und her zu transportieren. Auch das kennen wir bereits ähnlich aus Fallout 4, wo ihr Versorgungsrouten erstellen könnt, sobald ihr den Perk "Lokaler Anführer" freigeschaltet habt. Das hat den Vorteil, dass ihr dann in den Siedlungen, die auf diese Weise miteinander verbunden sind, Zugriff auf sämtliche Ressourcen all dieser Ortschaften habt.
Unklar ist, ob eure Außenposten in Starfield auch so häufig angegriffen werden wie die Dörfer in Fallout 4. Dort ist es irgendwann ziemlich nervig geworden, ständig die Nachricht zu erhalten, dass wieder eine Siedlung von Raidern attackiert wird. Gut möglich, dass euch die Piraten der Crimson Fleet in Starfield genauso oft ans Bein pinkeln möchten. Vielleicht hält sich Bethesda diesbezüglich aber auch zurück, was definitiv eine gute Entscheidung wäre. Man darf nicht vergessen, dass die Spielwelt in Starfield immens größer ausfällt als in Fallout 4. Wenn ihr einen Außenposten errichtet habt, dann aber zum anderen Ende der Galaxie reist und plötzlich "nach Hause" gerufen werdet, weil es Bösewichte auf euer Hab und Gut abgesehen haben, wäre das noch viel nerviger als jeder ähnliche Vorfall, den ihr in dem vergleichsweise überschaubaren Boston und seinem Umland erlebt habt.
Starfield erbt viel, bietet aber auch viel Neues
So viel Starfield auch von Fallout 4 erben mag, es wird nicht einfach nur das gleiche Spiel im Weltall sein. Das Kern-Gameplay mag auf dem aufbauen, was Bethesdas letzter Singleplayer-Titel bietet, und Crafting sowie Basenbau erinnern ebenfalls an diesen. Doch dann kommen eben noch ein stark überarbeitetes Dialogsystem, tiefere Rollenspielmechaniken und das gesamte Gameplay im luftleeren Raum hinzu. Ihr könnt Raumschiffe durchs All steuern, erlebt Dogfights und könnt sogar eure eigenen Schiffe bauen. Starfield hat seine ganz eigene Identität, ist aber trotzdem noch unverkennbar ein typisches Bethesda-Spiel – und wird hoffentlich auch die Kritiker von Fallout 4 zufriedenstimmen.