Remedy hat die Bullet Time zwar nicht erfunden, aber in Max Payne so gut umgesetzt, dass sie in der Videospielwelt für immer mit dem Shooter verbunden werden wird.
Die besten Features: Die Bullet Time aus Max Payne
1999 erscheint ein revolutionärer Film. Die Rede ist nicht von "Star Wars: Episode I – Die dunkle Bedrohung" und schon gar nicht "Wild Wild West", sondern "Matrix". Was die Wachowskis da geschaffen haben, gilt zurecht als Meisterwerk des Action-Kinos (was man von den Fortsetzungen nicht behaupten kann). Das Geschwisterpaar hat nicht nur eine faszinierende Welt erschaffen, sondern auch technische Maßstäbe gesetzt. Bestes Beispiel dafür ist die sogenannte Bullet Time: ein Effekt, bei dem es so wirkt, als würde die Zeit entweder deutlich verlangsamt ablaufen oder gar stillstehen, während sich die Kamera aber immer noch in normaler Geschwindigkeit bewegt. Jeder von euch kennt sicherlich die Szene, in der Neo (Keanu Reeves) Pistolenkugeln ausweicht. Als Spielefan kommt einem beim Begriff Bullet Time sicherlich Max Payne in den Sinn. Keine andere Reihe steht so sehr für Zeitlupenaction wie diese.
Wir würden aber lügen, würden wir nun behaupten, dass Max Payne von 2001 das erste Videospiel mit Bullet-Time-Feature ist. Bereits zwei Jahre zuvor ist der Ego-Shooter Requiem: Avenging Angel erschienen, in dem ihr auch schon die Fähigkeit habt, die Zeit zu verlangsamen, um Geschossen auszuweichen und leicht mehrere Gegner in Folge zu töten. Tja, nur habt ihr jemals von diesem Titel gehört? Ehrlich gesagt, war er uns bis zur Recherche für diesen Artikel auch gar kein Begriff. Ein schlechtes Spiel scheint Requiem nicht gewesen zu sein, die Wertungen bewegen sich größtenteils im 70er-Bereich, in ein paar Fällen steht sogar eine Acht an erster Stelle. Es hat sich aber nicht als Klassiker etabliert. Kleiner Funfact am Rande: In Nordamerika fallen der Kinostart von "Matrix" und der Release von Requiem: Avenging Angel auf denselben Tag (31. März 1999).
Was Adrenalin so alles bewirken kann
Max Payne ist ohne jeden Zweifel ein Klassiker und der große Durchbruch von Remedy Entertainment gewesen. Das finnische Studio entwickelte zuvor lediglich das Rennspiel Death Rally. Dass es daraufhin einen düsteren Third-Person-Shooter mit Film-noir-Charakter auf die Beine stellen würde, hatte wohl niemand erwartet. Max Payne hat viele Qualitäten: seine Geschichte rund um den titelgebenden Polizisten, der die Ermordung seiner Familie zu rächen versucht, die stilsichere Inszenierung anhand von Zwischensequenzen im Comicstil und das für damalige Verhältnisse echt gute Gunplay. Aber wenn man eben an Max Payne denkt, denkt man zuerst an die Bullet Time.
Jederzeit könnt ihr auf Knopfdruck die Zeit verlangsamen. Das ermöglicht es euch, einfach feindlichem Beschuss auszuweichen und gleichzeitig eure Feinde auszuschalten. Dass ihr währenddessen mit Max stylisch zur Seite, nach vorne und hinten springen könnt, macht die Angelegenheit nur umso cooler. Natürlich könnt ihr nicht endlos von der Bullet Time Gebrauch machen. Sie verbraucht Adrenalin, das sich nur durch das Töten von Gegnern wieder auffüllt.
Zwei Jahre nach dem ersten Teil ist Max Payne 2: The Fall of Max Payne gefolgt, in dem die Bullet-Time-Action dank besserer Grafik und Havok-Physik-Engine inklusive Ragdoll-Effekt noch spaßiger ausfällt. Außerdem lädt sich das Adrenalin hier auch mit der Zeit langsam von selbst auf und wird nicht verbraucht, wenn ihr einfach nur eine sogenannte "Shootdodge" ausführt, also eben in eine Richtung springt. Und wenn ihr während der Bullet Time mehrere Gegner auf einmal erschießt, aktiviert sich sozusagen eine "Super Bullet Time", bei der die Zeit noch langsamer abläuft, sich Max aber schneller bewegt.
Max Paynes Erben
Nach Max Payne 1 und 2 sind diverse Spiele erschienen, die ebenfalls eine Zeitlupenfuktion aufweisen. Ein prominentes Beispiel ist der Ego-Shooter F.E.A.R. von Monolith Productions, in dem ihr ebenfalls auf Knopfdruck das Geschehen um euch herum verlangsamt. Die Besonderheit hieran: Das Feature (hier Slow-Mo genannt) steht euch auch im Multiplayer zur Verfügung. Zwar wird dabei für alle Spieler die Zeit verlangsamt (alles andere wäre technisch gar nicht möglich gewesen), aber das Team des Spielers, der das entsprechende Power-up eingesammelt und eingesetzt hat, profitiert von einer höheren Feuerrate.
Ein anderes Beispiel, das euch allen bekannt sein dürfte, ist die „Red Dead“-Reihe von Rockstar Games. Hier gibt es schließlich die "Dead Eye"-Funktion, mit der ihr die Zeit verlangsamt, um gezielt Körperteile von Gegnern zu markieren. Anschlie0end feuert euer Charakter blitzschnell mehrere Schüsse ab, während die Zeit wieder in normaler Geschwindigkeit läuft. Und wo wir eh schon bei Rockstar Games sind: Die Firma hat bekanntlich die ersten beiden "Max Payne"-Spiele vermarktet und Jahre später Max Payne 3 selbst entwickelt, in dem die Bullet Time natürlich auch wieder ein Kern-Gameplay-Element ist.
Wir könnten hier noch viele weitere Titel mit Zeitlupeneffekt nennen, zum Beispiel die offiziellen Spiele zu "Matrix": Enter the Matrix und The Matrix: Path of Neo. Im Ego-Shooter TimeShift von Saber Interactive könnt ihr die Zeit ebenfalls verlangsamen (sowie anhalten und zurückspulen) und das Third-Person-Actionspiel John Woo presents Stranglehold kommt wie sein indirekter Vorgänger, der Filmklassikers "Hard Boiled", ebenfalls nicht ohne Zeitlupen aus (hier "Tequila Time" genannt). Aber nicht nur Spiele, in denen Schussgefechte im Vordergrund stehen, bieten so ein Feature. Auch im BioWare-Rollenspiel Jade Empire könnt ihr die Zeit auf Knopfdruck verlangsamen, ebenso im Parcours-Spiel Mirror's Edge und dem Puzzle-Platformer Braid. Sicherlich nicht bei all diesen Titeln haben die jeweiligen Entwickler es Remedy nachmachen wollen, aber Max Payne ist ohne jeden Zweifel das Spiel, das die Bullet Time im Gaming-Kosmos groß gemacht hat. Sorry, Requiem: Avenging Angel!