So immersiv Spiele auch oftmals sein sollen, in den meisten Fällen wird diese Immersion stets durch das Interface gebrochen, doch nicht so in Dead Space.
Die besten Features: Das immersive Interface in Dead Space
Ihr glaubt gar nicht, wie sehr wir dem entgegengefiebert haben, diesen Artikel schreiben zu können. "Warum habt ihr das dann nicht schon früher gemacht?" Na, weil diesen Monat das Remake von Dead Space erscheint. Und welch besseren Zeitpunkt könnte es geben, auf das Original zurückzublicken, als kurz vor dem Release der Neuauflage? Dabei stand schon lange fest, dass wir das Horrorspiel des leider schon lange nicht mehr existenten Entwicklers Visceral Games in dieser Artikelserie ehren werden. Denn mit seinem in die Spielwelt integrierten Nutzer-Interfaces bietet es eines der besten Features aller Zeiten.
Horror braucht Immersion
Dead Space ist ein Survival-Horror-Spiel, quasi eine Art Resident Evil im Weltraum. Die Geschichte spielt auf dem Bergbauschiff USG Ishimura, wo ihr als Ingenieur Isaac Clarke eigentlich nur die Kommunikationsanlagen reparieren sollt, nachdem der Kontakt abgebrochen ist. Der Grund dafür ist aber nicht einfach nur kaputte Technik. Grausige Monster, die sogenannten Necromorphs, treiben auf der USG Ishimura ihr Unwesen. Schnell finden sich Isaac und seine Begleiter in einem wahrgewordenen Albtraum wieder.
Dead Space nimmt das Wort "Horror" sehr ernst. Es ist düster, enorm blutig und will euch mit seiner Soundkulisse sowie Schreckmomenten das Gruseln lehren. Immersion ist für diese Art Spiel ungemein wichtig. Wenn ihr euch nicht in die Spielwelt hineingesogen fühlen würdet, wäre es schwierig, euch zu gruseln. Damit diese Immersion nie bricht, hat Visceral Games sich eines genialem Kniffes bedient: Das komplette Interface ist Teil der Spielwelt. Solange ihr nicht die Pause- oder (falls ihr auf dem PC mit Maus und Tastatur spielt) Escape-Taste drückt, bekommt ihr keinerlei HUD-Elemente und Menüs zu sehen, die nicht innerhalb der Welt existieren – und das Pausemenü umfasst nicht mehr als die Spieloptionen und die Funktionen, das Spiel fortzusetzen oder zu beenden.
Das Interface verbindet Spieler und Spielfigur
Fast alles, was spielerisch relevant ist, wird in der Engine von Dead Space als holografische Anzeige, projiziert von dem fortschrittlichen Anzug Isaacs, gerendert. Davon ausgenommen sind die Anzeigen für die Lebens- und Stase-Energie. Die befinden sich auf dem Rücken des Protagonisten. Der ganze Rest findet sich in holografischer Form in der Spielwelt. Das Inventar, die Map, das Missionslog und die Datenbank werden alle von dem Anzug in die Umgebung projiziert. Das sind keine Anzeigen, die nur für den Spieler existieren, sondern sie existieren auch für Isaac. Wenn ihr durch das Inventar navigiert, folgt der Blick des Helden den Bewegungen innerhalb dieses Menüs, um das nochmal klarzumachen.
Es geht aber noch weiter: Dead Space bietet die Funktion, euch den Weg zum nächsten Missionsziel anhand einer Linie auf dem Boden anzeigen zu lassen. Die wird nicht dauerhaft eingeblendet, sondern ihr müsst einen Knopf drücken, damit diese virtuelle "Brotkrumenspur" kurz zu sehen ist. Daraufhin führt Isaac eine Bewegung mit seiner linken Hand aus, um die Navigationshilfe zu aktivieren. Es handelt sich also nicht nur um eine Aktion des Spielers, sondern auch der Spielfigur.
Andere HUD-Elemente, die in Dead Space nicht irgendwelche auf den Bildschirm "geklebten" Grafiken sind, die nicht Teil der Spielwelt sind, sind die Munitionsanzeige und Infokästen zu Items, die im Level liegen. Um letztere könnt ihr die Kamera drehen, was verdeutlicht, dass sie eben Teil der Spielrealität ist. Wie viel Schuss ihr mit eurer Waffe abgeben könnt, wird direkt an der jeweiligen Knarre angezeigt, während ihr mit ihr zielt. Apropos: Es gibt in Dead Space kein Fadenkreuz. Das wäre ja ebenfalls ein Element, das nur für den Spieler existiert. Als alternative Zielhilfe dienen die Lasier-Pointer der Argumentationsverstärker.
Bitte mehr davon!
Mit diesem immersiven Interface ist Visceral Games 2008 ein wahrer Geniestreich gelungen – so wie mit Dead Space insgesamt. Die beiden Nachfolger haben daran festgehalten, so dass dieses Feature zu einem der Markenzeichen der Serie geworden ist. Das kommende Remake bleibt dem ebenfalls treu. Alles andere wäre auch ein Riesenfrevel. Es ist schade, dass es nicht viel mehr Spiele gibt, in denen das Interface auf ähnliche Weise implementiert ist. Klar, in einem Science-Fiction-Szenario lässt sich so was glaubwürdiger umsetzen als beispielsweise in einem Gegenwarts- oder Fantasy-Szenario.
Es wäre schon seltsam, wenn ein Zauberer in einem Fantasy-Spiel sein Inventar über eine magische Projektion verwalten würde. Aber in den Spielen, wo sich so etwas leicht einbauen ließe, so dass es die Immersion stärken würde, würden wir es auch gerne sehen. Warum zum Beispiel ist die Munitionsanzeige in Starfield kein Hologramm, das die eigene Waffe profiziert? Bethesda, mal ehrlich: Das müsste doch problemlos möglich sein.