Zwerge, Höhlen und Insekten-Aliens sind die Grundzutaten für Deep Rock Galactic, das sich als wahrer Koop-Hit entpuppt.
Deep Rock Galactic im Test: Zwergtastisch!
Zwerge sind cool! Wenn ihr meint, das sei nicht so, dann spielt Deep Rock Galactic und ihr werdet eure Meinung ändern! Denn was ist noch cooler als Zwerge? Richtig, Weltraumzwerge! In dem Ego-Shooter schlüpft ihr in die Haut kleiner, bärtiger Bergbauarbeiter, die zugleich im Umgang mit Schusswaffen geschult sind – sollten sie auch sein, wenn sie die Ausflüge in die unterirdischen Höhlen des Planeten Hoxxes IV überleben wollen. Denn dort erwarten sie nicht nur lauter wertvolle Mineralien, sondern auch ein Haufen gefräßiger, Insekten-ähnlicher Aliens.
Etwas mehr Abwechslung wäre nett gewesen
Stellt euch Deep Rock Galactic wie eine Mischung aus Minecraft und Left 4 Dead vor! Gut, ihr könnt nichts bauen und von Zombies fehlt auch jede Spur. Aber zumindest baut ihr genauso fleißig Gold und andere, deutlich exotischere Stoffe ab wie im Sandbox-Spiel von Mojang und ballert euch mit bis zu vier Leuten durch größere Gruppen von Gegnern. Dabei erkundet ihr mal mehr, mal weniger verzweigte Höhlensysteme, die prozedural generiert werden.
Deep Rock Galactic bietet fünf unterschiedliche Missionstypen. Auf gewöhnlichen Bergbauexpeditionen gilt es, bestimmte Mengen vorgegebener Mineralien abzubauen. Dabei werdet ihr von der sogenannten M.U.L.E., einer vierbeinigen, autonom agierenden Maschine begleitet, die ihr mit den wertvollen Ressourcen beladet. Habt ihr die geforderte Menge beisammen, könnt ihr die Rettungskapsel anfordern, die euch abholt, und müsst dann innerhalb eines Zeitlimits zur Landezone gelangen. Vom Planeten zu entkommen, ist gar nicht mal so leicht, denn das ruft nur weitere Bestien auf den Plan, die sich euch in den Weg stellen beziehungsweise euch verfolgen.
In anderen Missionen müsst ihr Alien-Eier sammeln, Mini-M.U.L.E.S. reparieren oder bestimmte Kreaturen eliminieren. Zu guter Letzt gibt es noch eine Art Horde-Modus. In den ersten Stunden wechseln sich die Auftragsarten noch schön ab, doch auf lange Sicht könnte Deep Rock Galactic mehr Varianz vertragen. Das Spiel ist darauf ausgelegt, dass ihr es etliche Stunden spielt und da wird es irgendwann etwas eintönig, die fünf immer gleichen Missionstypen zu wiederholen. Immerhin hat Entwickler Ghost Ship Games bereits angekündigt, dass weitere Kategorien per Updates hinzukommen werden, die ersten zwei im dritten Quartal 2020 – und das kostenlos.
Zudem sorgen der Levelgenerator und die Bandbreite an unterschiedlichen Gegnern für Abwechslung. Über 30 verschiedene Monster machen euch das Zwergenleben schwer, darunter Spinnen-artige Wesen und fliegende Feinde. Hoxxes IV beherbergt aber nicht nur eine variantenreiche Fauna, sondern auch neun Biome, jedes mit seinen Eigenheiten. In den Kristallhöhlen etwa stoßt ihr hin und wieder auf elektrisch geladene Kristalle, die Blitze aussenden, denen ihr nicht zu nahe kommen solltet. In anderen Gebieten habt ihr mit Radioaktivität oder eisigen Temperaturen zu kämpfen. Es sind eben nicht nur die Aliens, die euren Tod bedeuten können, wenn ihr nicht aufpasst. Für noch mehr Vielfalt beim Bergbau sorgen diverse Mutatoren. Da kann es etwa passieren, dass ihr in einer Mission bedeutend mehr Gold vorfindet oder aber alle Gegner doppelten Schaden austeilen.
Ein Zwerg für alle, alle für einen Zwerg
Deep Rock Galactic bietet vier spielbare Klassen, die allesamt sehr unterschiedlich sind und sich wunderbar ergänzen. Der Späher verfügt über eines der Trend-Items der Videospielbranche der vergangenen Jahre. Nein, nicht den Bogen, sondern den Greifhaken. Damit erreicht er Stellen, die zu Fuß ohne Weiteres nicht zugänglich sind. Der Bohrer hingegen hat eine dicke Bohrmaschine, mit der er sich in Sekundenschnelle durch die Erde gräbt und so für sich und seine Kameraden den Weg freimacht. Der Ingenieur baut mit seinem Plattformgewehr provisorische Treppen und hat automatische Geschütztürme im Gepäck. Zu guter Letzt gibt es noch den Schützen, der mit seiner gewaltigen Minigun perfekt dafür geeignet ist, größere Gegnergruppen in Schach zu halten. Mit seinem Stahlseilspanner wiederum bringt er das ganze Team heil über tiefe Abgründe oder andere Hindernisse.
In einem vollständigen Viererteam ist jede Rolle wichtig. Die Items der Klassen fördern das Teamplay auf ausgezeichnete Art und Weise. Trotzdem haben es die Entwickler geschafft, dass ihr Deep Rock Galactic auch wunderbar bloß zu dritt, zu zweit oder gar solo spielen könnt. Kleinere Teams freuen sich darüber, auch dann jeden Ort in den Höhlen zu erreichen, wenn etwa kein Ingenieur dabei ist, der Plattformen platzieren kann. Dafür gibt es dann aber den Schützen mit seinen Seilbahnen oder den Bohrer, der schnell einen Weg durchs Gestein freilegt.
Allein lässt's sich auch gut arbeiten
Seid ihr hingegen alleine unterwegs, könnt ihr auch jedes Ziel erfüllen und die Levels bis in den hintersten Winkel ohne Probleme erkunden, egal welche Klasse ihr spielt. So ganz allein seid ihr schließlich nicht. Die kleine Drohne APD-B217 oder "BOSCO", wie sie die ganze Zeit über von den Zwergen genannt wird, ersetzt Teammitglieder. Sie kann gewünschte Ressourcen abbauen, auf Feinde feuern und euch wiederbeleben, solltet ihr mal zu Boden gehen. Da sie fliegt, erreicht sie auch jedes noch so hoch gelegene Vorkommen.
Dadurch ist es ohne Probleme möglich, Deep Rock Galactic komplett im Singleplayer zu spielen und das macht auch Spaß. Freunde müssen also nicht immer zwingend online sein, damit ihr eine gute Zeit auf Hoxxes IV habt. Allerdings kommt im Koop natürlich viel mehr Freude auf und dann wiegt auch die mangelnde Abwechslung bei den Missionen nicht so schwer, als wenn ihr eben alleine die immer gleichen Aufträge erfüllt.
Graben, ballern, graben, ballern
Deep Rock Galactic hat nicht nur ein gutes Konzept, sondern auch einen hervorragenden Gameplay-Loop. Ihr werdet in einer Höhle abgesetzt und fangt an, die Umgebung zu erkunden. Schnell stoßt ihr auf die ersten Vorkommen und baut sie fleißig mit euren Spitzhacken ab, ohne die Zwerge nicht aus dem Haus gehen. Allein das fühlt sich schon fantastisch an. Es ist komisch, an dieser Stelle von Treffer-Feedback zu sprechen, aber ja, das ist wirklich gut. Ihr schlagt zu, Splitter fliegen euch entgegen und nach und nach tragt ihr das Gestein ab. Dabei lassen sich manche Mineralien sehr flott abbauen, weil sie recht leicht sind, bei anderen wie Gold braucht es stets einen Schlag mehr.
Deep Rock Galactic ist aber eben kein friedliches "Ich sammele bloß Ressourcen und singe dabei laut 'Heiho, heiho, wir sind vergnügt und froh'"-Spiel. Immer wieder fallen euch die Bestien an, die in der Erde von Hoxxes IV lauern. Da hilft euch eure Spitzhacke recht wenig, also greift ihr zu größeren Kalibern. Der Späher hat sein Sturmgewehr, der Schütze die bereits erwähnte Minigun, der Bohrer einen Flammenwerfer und der Ingenieur eine Schrotflinte. Das Gunplay ist Ghost Ship Games richtig gut gelungen. Die Waffen klingen wuchtig und getötete Gegner fliegen nicht nur teilweise meterweit durch die Gegend, es fließt auch noch ordentlich Körperflüssigkeit. Besonders befriedigend ist es, Viecher abzuknallen, die gerade die Höhlenwände hinunterkrabbeln und dann einen tiefen Fall gen Boden antreten.
Kein Zuckerschlecken
Im Kampf gegen die Aliens zu bestehen, ist aber nicht leicht. Klar, ihr könnt jede Mission auf einem niedrigen Schwierigkeitsgrad spielen, aber dann fällt die Belohnung geringer aus. Auf "Normal" kann es in Auseinandersetzungen mit großen Massen – also dann, wenn euch ein ganzer Schwarm für mehrere Minuten attackiert – schon brenzlig werden, von den höheren Stufen ganz zu schweigen. Besonders dann, wenn ihr die Rettungskapsel angefordert habt und unter Zeitdruck entkommen müsst, wird es richtig spannend. In diesen Momenten fördert Deep Rock Galactic das Adrenalin wie kaum ein anderes Spiel.
Was die Bergbauarbeit noch zusätzlich erschwert: Für fast alle Waffen und Items habt ihr einen begrenzten Munitionsvorrat. Ist alles verschossen, habt ihr ein Problem. Zum Glück könnt ihr jederzeit Nachschub ordern – wenn ihr denn genug Nitra gesammelt habt. Dieses rote Gestein solltet ihr also niemals links liegen lassen.
Immer ein Grund, die Höhlen zu erforschen
Abseits der Action seid ihr aber auch viel damit beschäftigt, die Höhlen zu erkunden. Es gibt mehrere Komplexitätsstufen für deren Aufbau. Auf den niedrigen gibt es wenig Abzweigungen, dafür könnt ihr euch aber eben auch nicht so leicht verlaufen. Die 3D-Karte erfüllt zwar ihren Zweck, zeichnet jedoch nicht euren Weg ein. Den müsst ihr euch schon selbst merken. Es ist die Absicht der Entwickler, dass ihr euch immer wieder fragt: "Ähm, von wo kamen wir eigentlich her?" Gerade dann, wenn die Levels größer und verästelter werden, wird diese Frage häufig aufkommen.
Erkunden lohnt sich aber auch, denn so findet ihr nicht nur die Materialien, die für eine Mission verlangt werden, sondern noch weitere Ressourcen. Die könnt ihr wiederum gebrauchen, um eure Ausrüstung in der Raumstation, die als Hub-Level dient, zu verbessern. Fast jedes Item lässt sich auf vielfältige Art und Weise modifizieren, wobei ihr aber stets nur eine begrenzte Anzahl an Upgrades einbauen könnt und deshalb immer wieder vor schwierige Entscheidungen der Marke "Erhöhe ich den Schaden meines Gewehrs oder dessen Munitionskapazität?" gestellt seid.
Darüber hinaus lässt sich für jede Klasse jeweils eine zweite Primär- und Sekundärwaffe freischalten, es gibt Upgrades für BOSCO, aktive und passive Perks sowie jede Menge Kosmetik, die ihr mit der erspielten In-Game-Währung kauft. An Dingen zum Freischalten und Aufleveln mangelt es in Deep Rock Galactic ganz und gar nicht, dafür ist aber auch der Grind-Faktor recht hoch. Wer jedoch eh vorhat, richtig viel Zeit in das Spiel zu investieren und dabei nicht irgendwann genug von den Höhlenexpeditionen hat, wird hier bestens bedient, zumal im Endgame noch mit den Beförderungen eine Art Prestige-Rangsystem geboten ist. Bis ihr alles erreicht habt, vergehen etliche Stunden.
Kantig, aber schick
Deep Rock Galactic basiert auf der Unreal Engine 4 und sieht wirklich schick aus, wenn man denn auf den Low-Poly-Look steht. Figuren und Umgebungen sind sehr kantig, aber das ist geschickt eingesetzt und erzeugt ein tolles, stimmiges Gesamtbild. Zudem bietet das Spiel eine sehr gute Beleuchtung. In den Höhlen ist es von Haus aus sehr dunkel. Euren Weg erhellt ihr euch mit Leuchtfackeln, von denen ihr zwar unendlich viele im Gepäck habt, für die es aber eine Abklingzeit gibt. Zudem hält ihre Leuchtkraft nicht lange an. Für etwas mehr Helligkeit kann nur der Späher mit seiner Leuchtpistole sorgen. Spielerisch ist beides nicht unwichtig und optisch gefällt es uns sehr gut.
Die dynamische Beleuchtung trägt zur dichten Atmosphäre genauso gut bei wie die Soundkulisse. Aus den Boxen oder, noch besser, Kopfhörern ertönt coole Synthie-Wave-Musik und die Gegner könnt ihr teilweise sogar durch Wände hindurch hören, sodass ihr wisst: "Wenn ich mich hier durchgrabe, werde ich auf der anderen Seite nicht nett empfangen." Außerdem geben die Zwerge immer wieder amüsante Sprüche in nicht ganz akzentfreiem Englisch von sich, was Deep Rock Galactic gleich noch mal viel sympathischer erscheinen lässt. Ach, und haben wir schon erwähnt, dass ihr in der Raumstation zu unterschiedlicher Musik tanzen und allerlei alkoholische Getränke saufen könnt, die euch mitunter sogar Boni für die folgende Mission verleihen? Tja, während Jäger in Monster Hunter sich vor jeder Quest den Wanst vollschlagen, reicht Zwergen Flüssignahrung mit viel Promille.
Fazit
Schon als Deep Rock Galactic vor über zwei Jahren als Early-Access-Version erschien, war klar: Das Ding wird ein Hit! Und genau das ist es auch geworden, auch wenn wir eine größere Vielfalt an Missionstypen schwer vermissen. Aber für Koop-Abende mit Freunden gibt es derzeit kaum etwas Besseres. Das Spieldesign ist hervorragend, die Optik enorm stimmig, das Gameplay fühlt sich klasse an und die Langzeitmotivation ist dank der vielen freischaltbaren Elemente enorm hoch. Ach ja, und Zwerge sind einfach cool. Sollten euch die Mitspieler fehlen, könnt ihr Deep Rock Galactic zwar auch alleine zocken und dabei Spaß haben oder aufs Matchmaking-System zurückgreifen, die volle Kaufempfehlung sprechen wir euch aber nur aus, wenn ihr zumindest hin und wieder mal mit Kumpels einen Abend lang in der Erde wühlen könnt. Und jetzt entschuldigt uns, wir haben da noch was auf Hoxxes IV zu erledigen. In diesem Sinne: "Rock and Stone!"
- Befriedigendes Gameplay
- Abwechslungsreiche Höhlensysteme
- Umfangreiches Progressionssystem
- Vier perfekt abgestimmte Klassen
- Auch solo gut spielbar
- Stilsichere Optik
- Toller Soundtrack
- Etwas wenig Missionsarten
- Hoher Grind-Faktor