Autor: Ahmet Iscitürk
Vergangene Woche hat Bungie endlich erste Spielszenen aus Destiny 2 auf die weltweite Spielergemeinde losgelassen. Überraschung: Ich hasse es jetzt schon, hab’s aber gleich vorbestellt.
Autor: Ahmet Iscitürk
Vergangene Woche hat Bungie endlich erste Spielszenen aus Destiny 2 auf die weltweite Spielergemeinde losgelassen. Überraschung: Ich hasse es jetzt schon, hab’s aber gleich vorbestellt.
Wäre Destiny meine Ehefrau, dann müsste man von einer dysfunktionalen Beziehung sprechen. Destiny verlangt meine bedingungslose Liebe und meine ungeteilte Aufmerksamkeit. Um die Beziehung aufrecht zu erhalten, muss ich viel Arbeit und Geld investieren. Ich brauche ein dickes Fell, denn Destiny erwidert meine Zuneigung nur sporadisch und nimmt meine Bedürfnisse kaum wahr. Kurz: Destiny behandelt mich wie Scheiße und ich lasse alles über mich ergehen.
Während mich andere Spiele mit Aufmerksamkeiten und Geschenken geradezu überschütten, zeigt mir Destiny laufend die kalte Schulter. Als das Spiel 2014 veröffentlicht wurde, waren wir alle über den geringen Umfang und den Mangel an Inhalten besorgt. Das Grundgerüst (Stichwort: Gunplay) war allerdings so geil, dass wir bereit waren, selbst die langweiligsten Aufgaben zigmal zu wiederholen. Um bestimmte Waffen zu ergattern, nahmen wir unvorstellbare Qualen auf uns. Umso größer das Glücksgefühl, wenn wir das Objekt der Begierde endlich in unsere Arme schließen durften.
Wollte man beispielsweise eine exotische Hand Cannon namens „Thorn“ ergattern, musste man durch so viele Reifen springen, dass es beinahe an Körperverletzung grenzt. Das gilt für so ziemlich alle geilen Items. Fast tausend Stunden habe ich ins Spiel gesteckt, Missionen und Strikes wiederholt, bis mir die Finger und Augen bluteten. Und was macht Destiny? Nimmt mir immer wieder alles weg und lässt mich bei Null anfangen. Das Fiese ist nämlich, dass unsere Ausrüstung mit jeder Erweiterung wertlos wurde. Klar, das kennt man auch von anderen MMOs, aber in Destiny sind die cooles Sachen so rar gesät, dass dieser Umstand besonders schmerzt.
Als bekannt wurde, dass uns mit Destiny 2 ein Hard Reset erwartet, war ich nicht überrascht. Schließlich bin ich es von Bungie gewöhnt, wie Dreck behandelt zu werden. Wenn ich bedenke wie viel Zeit und Geld ich in Ausrüstung und überteuerte Emotes gesteckt habe. Alles weg! Tabula rasa lautet die Devise. Ich bin selber schuld. Wer ohne mit der Wimper zu zucken, fünf Euro ausgibt, damit seine Spielfigur den Carlton-Tanz aus Der Prinz von Bel-Air aufführt, hat es nicht besser verdient.
Ich weiß, was Ihr jetzt denkt: „Jammer nicht rum, du Pfosten. Niemand hat dich gezwungen, so viel Zeit und Geld in dieses Spiel zu investieren!“ Damit habt Ihr vollkommen recht. Hätte ich das perfekte digitale Suchtmittel kreiert, dann würde ich die Abhängigen ebenso erbarmungslos melken. Warum sollte uns Bungie mit Destiny 2 einen bunten Strauß innovativer Neuerungen präsentieren, wenn wir Idioten mit so viel weniger zufrieden sind? Meine Mitspieler und ich hätten die 109 € teure Digital Deluxe Edition von Destiny 2 auch dann vorbestellt, wenn darauf ein riesiger „Wer das kauft, ist ein riesengroßes Arschloch“-Sticker kleben würde.
Als endlich die ersten Spielszenen aus Destiny 2 veröffentlicht wurden, war das Gejammer groß. „Das wirkt eher wie Destiny 1.5!“, heulten die meisten Fans. Man sollte aber nicht vergessen, dass Bungie nicht das komplette Spiel, sondern nur einen Ausschnitt daraus gezeigt hat. Wir wissen also noch nicht, was uns zum Release am 8. September wirklich erwartet und ehrlich gesagt, ist es mir auch egal. Ich werde es ja sowieso spielen und habe mir sogar extra dafür freigenommen. Genauso sicher ist, dass ich mich wieder über tausend Dinge aufregen und mich in langweiligen Kolumnen darüber auskotzen werde. Und die normalen, intelligenten Menschen werden sich erneut darüber wundern, dass jemand tausend Stunden in ein Spiel investiert, das er eigentlich hasst.
Es gibt dafür keine rationelle Erklärung, aber zumindest fällt mir dazu ein gutes Zitat von Jerry Seinfeld ein:
„Der größte Segen im Leben ist, genau jene Folter zu finden, mit der man sich am wohlsten fühlt.“
Weisere Worte wurden nie gesprochen!
Ahmet Iscitürk schreibt seit 1998 über Spiele und vieles mehr. Seine Texte sind schlecht und er schämt sich dafür.
Web: www.texteatme.com
Twitter: @SchweinOfLove
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