Die Spieler werden den "Bethesda Jank" nicht verzeihen, weil Starfield mehrfach verschoben wurde? Wir halten dagegen.
IGN irrt sich
Machen wir uns nichts vor: Bethesda Game Studios hat ein Problem mit Käfern. Nein, das Entwicklerstudio aus Rockville, Maryland braucht keinen Kammerjäger. Wir reden von Softwarefehlern. Bugs sind ein ständiger Begleiter jedes Spielers, der Hunderte, wenn nicht sogar Tausende von Stunden in den gigantischen Open-World-Spielen von Bethesda verbringt. Wer glaubt, dass es mit Starfield anders wird, ist sehr naiv. Müssten wir heute eine Wette abschließen, ob das Sci-Fi-Spiel mit genauso vielen Fehlern wie ein Skyrim oder Fallout 4 erscheinen oder tatsächlich das erste Bethesda-RPG mit Hochglanzpolitur sein wird, würden wir unser Geld niemals auf Letzteres setzen.
Es hat seine Gründe, warum viele immer vom sogenannten "Bethesda Jank" sprechen. Zwar sind Spiele wie Skyrim und Fallout 4 nun alles andere als völlig kaputt und deswegen unspielbar, aber gerade kleinere Fehler begegnen einem in den Sandbox-Welten immer wieder. Starfield, das mit Abstand ambitionierteste Projekt von Todd Howard und seinem Team, wird wohl kaum mit dieser "Tradition" brechen – oder doch? Hey, immerhin wurde es schon zweimal verschoben und soll nun zehn Monate später erscheinen, als es ursprünglich geplant war. Und vergessen wir nicht, dass es davor schon jahrelang in Arbeit gewesen ist. Kann man da nicht erwarten, dass Bethesda ein fehlerfreies Produkt veröffentlicht? Laut IGNs Ryan McCaffrey würden die Fans Starfield mit dem typischen "Bethesda Jank" auch gar nicht tolerieren, weshalb das Studio sich besser anstrengen sollte, den zu verhindern. Wir glauben jedoch, dass die Realität anders aussieht.
McCaffrey bezeichnet den "Bethesda Jank" zwar als "irgendwie liebenswert", glaube jedoch, dass es bei Starfield nicht viel Toleranz dafür geben wird. Er begründet seine Aussage mit der langen Wartezeit (die offizielle Ankündigung erfolgte 2018), die sich nun um insgesamt zehn Monate verlängert hat, weil das Spiel am 6. September 2023 erscheint und nicht schon am 11. November 2022 herausgekommen ist. McCaffrey zählt sich selbst zu denjenigen, die nun eine viel höhere Produktqualität erwarten, als man es von Bethesda gewohnt ist.
Er weist zusätzlich darauf hin, dass das letzte Spiel von Bethesda Game Studios, Fallout 76, in einem desaströsen Zustand auf den Markt kam und den Ruf des Unternehmens schwer beschädigt hat. Was McCaffrey selbst nicht ausspricht, aber hiermit sicherlich implizieren möchte: Bethesda sollte aufgrund dieses Schandflecks in seiner Historie besonders motiviert sein, sich bei Starfield besonders viel Mühe zu geben, dass es nicht mit zig Bugs im Schlepptau erscheint. Man hat ja schließlich etwas gutzumachen. Obendrein ist Starfield eine neue Marke, die sich erstmal beweisen muss. Da wäre es doch sehr gut, wenn man es nicht als typisches Bethesda-Produkt mit jeder Menge Fehlern wahrnimmt.
Bethesda-Fans können viel verzeihen (wenn auch nicht alles)
Wir wünschen uns ja auch, dass Starfield in einem einwandfreien Zustand erscheint. Bethesda Game Studios ist ein großes Entwicklerstudio mit über 400 Mitarbeitern, das AAA-Spiele herstellt. Es müsste es doch endlich mal schaffen, einen Titel zu veröffentlichen, der nicht so "janky" ist, als hätte ihn das um die 30 Mitarbeiter beschäftigte Piranha Bytes aus Essen fabriziert. Aber wie eingangs schon erwähnt: Wir rechnen nicht damit, dass Starfield ein auf Hochglanz poliertes Produkt sein wird. Und wir glauben, dass die Fans es trotzdem lieben werden. Der typische "Bethesda Jank" wird die Leute nicht davon abhalten, ab September für hunderte Stunden in den Weiten der Milchstraße zu versinken – vorausgesetzt, Starfield überzeugt inhaltlich. Dann werden sich die Spieler an zahlreichen Quests, motivierender Erkundung, den umfangreichen RPG-Mechaniken, dem Basen- und Raumschiffbau und der immensen spielerischen Freiheit erfreuen.
Dass das Spiel seine Ecken und Kanten haben und sich wie ein ungeschliffener Diamant anfühlen wird, werden sie in Kauf nehmen. Die Bethesda-Fans haben es ja auch bei fast allen vorherigen Spielen getan. Die einzige Ausnahme ist Fallout 76, das aber zum Launch in etwa so viel "Jank" zu bieten hatte wie Skyrim und Fallout 4 zusammen. Klar, wenn Starfield so verbuggt sein wird wie der reine Multiplayer-Titel, wird es düster für Bethesda. Aber dann reden wir eben auch nicht mehr vom "irgendwie liebenswerten" "Bethesda Jank", den Ryan McCaffrey angesprochen hat.
Die Bethesda-Formel ist einzigartig
Warum wir glauben, dass die Toleranz trotz der langen Wartezeit und Verschiebungen vorhanden sein wird? Ganz einfach: Niemand anderes macht Spiele, wie sie Bethesda produziert. AAA-Open-World-RPGs, die sowohl haufenweise Story-Inhalte als auch eine enorme spielerische Freiheit bieten, gibt es in der Form von keinem anderen Entwickler. Ein The Witcher 3 legt noch viel mehr Wert auf seine Geschichten und bietet daher keine Sandbox-Elemente. Von Assassin's Creed fangen wir gar nicht erst an. Auch Starfield wird ein einzigartiges Spiel sein. Ja, es gibt ein No Man's Sky und ein Star Citizen (zumindest dessen Alpha), aber beide Titel haben ganz andere Schwerpunkte – und sind keine Rollenspiele mit verzweigten Quests.
Bethesda befindet sich hier in einer Luxussituation, aber das ist für Todd Howard und sein Team eigentlich auch nichts Neues. Gab es etwa Riesenaufschreie bei Skyrim und Fallout 4, weil beide Spiele speziell auf dem PC ein ungemein schlechtes Menü-Interface haben? Na ja, Kritik wurde schon laut (weshalb es auch entsprechende Mods gibt), doch dem finanziellen Erfolg beider Titel hat es nicht geschadet – und Starfield hat ja auch einen riesigen Hype. "Die Modding-Community regelt das schon", denken sich bestimmt nicht wenige Spieler. Das ist keine gute Betrachtungsweise, Bethesda dürfte sie aber sehr gefallen.
Microsoft als Heilsbringer?
Tatsächlich gibt es aber ein Minimalmaß an Hoffnung, dass Starfield – entgegen unserer Erwartung – doch in einem deutlich besseren Zustand auf den Markt kommt als bisherige Bethesda-Spiele. Es besteht schließlich ein großer Unterschied zwischen den bisherigen Werken des Studios und dem Sci-Fi-Epos: Erstere sind zu einer Zeit erschienen, wo Bethesda noch nicht zu Microsoft gehört hat. Vielleicht pocht der Redmonder Konzern sehr darauf, dass Starfield ein möglichst bugfreies Produkt wird. Immerhin ist es ein wahres Prestige-Spiel, mit dem man die Sony-Jünger (und Sony selbst) richtig neidisch auf jeden Xbox-Spieler machen kann.
Möglicherweise hätte Bethesda Starfield im November vergangenen Jahres veröffentlicht und es wäre auf dem Qualitätslevel eines Skyrim gewesen, doch weil Microsoft auf ein auf Hochglanz poliertes Produkt gepocht hat, kam es zur Verschiebung. Wirklich daran glauben können wir nicht, allerdings ist es nicht völlig auszuschließen. Die Qualitätssicherung funktioniert bei Microsoft schließlich ganz gut. Oder kennt ihr ein Spiel der letzten Jahre, dass unter dem Xbox-Banner erschienen ist und total fehlerbehaftet war?
Bei großem Hunger ist man vieles
Letztendlich spielt es aber gar keine so große Rolle, ob Starfield den typischen "Bethesda Jank" haben wird oder nicht. Wenn es inhaltlich überzeugt und die Dichte an technischen Problemen zumindest kein "Fallout 76"-Ausmaß erreicht, wird das Spiel im September bejubelt werden. Die Leute werden einfach froh sein, es endlich zocken zu können. Wenn es einen Aufschrei geben wird, dann eher wegen möglicher spielerischer Mängel, doch um die geht es Ryan McCaffrey bei seiner Aussage nicht. Und hey: Wir erinnern nur nochmal daran, dass es Leute gibt, die meinen, Bethesda sollte Starfield gar nicht mehr verschieben, weil das Studio es eh nicht bugfrei veröffentlichen werde und die Modder schneller darin seien, alle Probleme zu lösen.